So, dann will ich mich auch mal an einer Art Abstinenz-Tagebuch versuchen - als zusätzlichen Motivationsschub, weiter durchzuhalten.
Für mich ist heute erst Tag 2 ohne Alkohol. Ich war, muss ich zugeben, leichtsinnig, dass ich dieses Mal versucht habe, alleine aufzuhören. Ich weiß, dass man niemals einen kalten Entzug machen sollte... aber nach dem ersten Entzug Anfang des Jahres, wo ich auch Medikamente bekommen habe, verliefen die weiteren beiden ohne Medikation und ohne Komplikationen...
Wahrscheinlich habe ich mehr Glück gehabt.
Am Donnerstag geht es zum Hausarzt, einmal durchchecken lassen und besprechen, ob es sinnvoll ist, noch einmal in die Klinik zu gehen oder nicht.
Heute war ich so beschäftigt, dass ich nur kurzzeitig den Suchtdruck überhaupt bemerkt habe und gereizt wurde. Ansonsten hatten wir ein volles Tagesprogramm.
Ich hatte eine Riesenangst vor dem Termin in der Beratungsstelle, weil ich ja meinen Rückfall beichten wollte.. naja, wie ihr wisst, ist das alles andere als angenehm. Dennoch fand ich es toll, dass sie so einfühlsam reagiert hat und meinte "Das ist nicht schlimm. Manche machen die Entgiftung 30-40 mal durch... Sehen Sie es als Chance, wieder neu anzufangen, jeden einzelnen Tag!"
Ich habe ihr auch mitrgeteilt, dass ich mich für die Klinik in Bad lippspringe entschieden habe für die Langzeittherapie und sie erzählte mir, dass diese Klinik einen hervorragenden Ruf habe.
Gleichzeitig hab sie mir die Antragsunterlagen für die Langzeittherapie mit. Wir werden uns die nächste Zeit öfter sehen, weil sie zusätzlich zu der Antragstellung einen Bericht mit einsenden muss.
Anschließend waren mein Verlobter und ich einkaufen. Eine Geduldsprobe, an den Alkoholregalen vorbei zu gehen, und der Verführung zu widerstehen. Aber es hat geholfen, mir selbst in dem Moment "Nein" zu sagen.
Gegen Abend ht mein Verlobter mich dann zu unserer Selbsthilfegruppe begleitet. Ich war länger nicht dort, weil ich rückfällig geworden war und dann immer wieder begonnen hatte, zu trinken. Ich muss mich in der Zeit irgendwie "verloren" oder "aufgegeben" haben.
Und ich fand sofort wieder den Anschluss und wurde lieb begrüßt. Für meinen Verlobten wurden die Regeln noch einmal erklärt, und ich fand es super, dass auch er sich dort, unabhängig von mir, öffnen konnte.
Er hat sich fest vorgenommen, etwas anzusprechen: Eine Geschichte, die bisher nur ich kenne.
Er war wohl in den 90ern selbst einmal zum Entzug gewesen, weil sein bester Freund am Alkohol verstorben war. Dadurch hat er sich entschieden, aufzuhören...
Doch vor vier Jahren, als seine Exfreundin an Krebs verstarb, fing er wieder an.
Wegen seiner Kinder, die damals noch minderjährig waren, musste er aus seiner Sicht stark bleiben - und begann, heimlich wieder zu trinken.
Nun hat er sich vorgenommen, als er so die Geschichten der anderen gehört hat, zu erzählen warum er trinkt:
Um die Trauer zu vermeiden udn die Erinnerung an den Schmerz "herunter zu spülen".
Für ihn ist das ein riesiger Schritt, der mich unglaublich stolz macht.
Aber auch für mich konnte ich viele Dinge mitnehmen.
Unter anderem, dass es wichtig ist, nach vorne zu schauen.
Sich morgens vorzunehmen: "Heute bleibe ich nüchtern!"
Und jeden Tag einzeln zu betrachten... ich habe vorher immer die Tage ohne gezählt und war dann enttäuscht wenn ich nach einem Rückfall weniger lange bis zum nächsten gebraucht habe.
Der Austausch in der Gruppe war sehr interessant - auch wenn ich zunächst skeptisch war. Die Hälfte der Teilnehmer könnten meine Großeltern sein.
Aber sie haben auch Respekt vor mir, dass ich in meinem Jungen Alter bereits die Krankheitseinsicht habe und an mir arbeite.
Liebe Grüße
Darky