Der richtige Zeitpunkt! Der richtige Weg!?

  • Lange habe ich nichts mehr gepostet…aber beim letzten Mal habt ihr mir so freundlich die Augen geöffnet und unheimlich gute Ratschläge gegeben! Das hat mir schon sehr geholfen, mich zu entwickeln…zumindest gedanklich :)
    Deshalb versuche ich es nun noch einmal!

    Ich bin wohl leider alkoholabhängig! So wie auch mein Mann!
    Ich befürchte bzw. weiß es…aber mein Mann bestreitet es!

    (Wenn ich mit den „richtigen“ Leuten zusammen bin oder arbeite, dann trinke ich auch nicht! Aber sobald ich zu Hause mit meinem Mann bin, trinken wir gemeinsam! Und da kann ich auch nicht nein sagen :( und das ist natürlich mein Alltag!

    Mein Mann will nicht hören, dass wir weniger trinken sollten…aber ich habe Angst: wir haben eine kleine Tochter…noch merkt sie nicht, dass wir jeden Abend betrunken sind…aber der Tag wird bald kommen!

    Ich hasse mich dafür, dass ich ab 20 Uhr im Grunde zu nichts mehr tauge…ich trinke am Abend etwa 1 Flasche Sekt…

    Mir ist mein Tag dadurch zu kurz und ich möchte mich nicht vor meinem Kind schämen müssen.

    Davon ab, dass wir auch bei Feiern immer die sind, die als erstes voll sind und als erstes nach Hause gehen. Einfach nur peinlich.

    Ich bemühe mich…aber mein Mann lässt sich total gehen.

    Aber ich habe auch Angst davor, niemals wieder Alkohol trinken zu dürfen. Ich habe vor 12 Jahren mit dem Rauchen aufgehört und möchte dies auch nie wieder. Aber beim Alkohol ist das gesellschaftlich irgendwie gefühlt anders. Alle trinken auf unseren Feiern…im Freundes- und auch Familienkreis!

    Wie kann ich den richtigen Zeitpunkt finden für Entscheidungen? Und was kann ich am besten tun?

  • Hallo Schwachestarke,
    schön mal wieder von dir zu lesen, auch wenn der Anlass letztlich kein so schöner ist.

    Nach dem, was du von dir schreibst, hast du dir selbst inzwischen eingestanden, alkoholabhängig zu sein.
    Verstehe ich das richtig, dass du dich in deiner Einschätzung, ob du’s bist oder nicht, noch von deinem Mann verunsichern lässt?
    Oder bezieht sich das darauf, dass dein Mann deiner Einschätzung nach ebenfalls abhängig ist, es sich selbst und dir nicht eingestehen will und stattdessen abstreitet?

    Ich kann dir nur raten, dich unabhängig davon zu machen, ob dein Mann dir deine Abhängigkeit bestätigt oder ob er sich selbst eingesteht, ein Alkoholproblem zu haben. Wen einer, der bereits abhängig ist, das nicht sehen will, dann sieht es nicht. Erfahrungsgemäß kommt man da mit Reden und Vernunft nicht dran.

    In seinen Augen hat er kein Problem und daher dürfte er auch nicht die Notwendigkeit sehen, irgendwas zu ändern. Er möchte trinken, also trinkt er. Und er darf das, das kann ihm niemand verbieten.
    DU hast ein Problem, weil dir sein Verhalten nicht gefällt.
    Sofern du von IHM erwartest, dass er sich ändert, damit DU mit ihm kein Problem mehr hast, wird’s schwierig.
    Ändern kann eigentlich nur derjenige etwas, der das Problem tatsächlich hat.
    Insofern spielt es im Grunde eigentlich keine Rolle für dich, ob er es sich selbst eingesteht.



    Mein Mann will nicht hören, dass wir weniger trinken sollten…aber ich habe Angst: wir haben eine kleine Tochter…noch merkt sie nicht, dass wir jeden Abend betrunken sind…aber der Tag wird bald kommen!

    Das klingt irgendwie danach, dass du dich von deinem Mann abhängig machst.

    Du schreibst, dass du dich dafür hasst, dass du ab 20 Uhr betrunken bist. Und dass es dir nicht gefällt, dass dein Tag dadurch zu kurz ist. Und du hast Sorge, dich vor deinem Kind schämen zu müssen.
    Und doch kannst du nicht anders, als jeden Abend doch wieder deine Flasche Sekt zu trinken. Nur, weil ER sich gehen lässt? Oder ist da doch noch was anderes? - Musst du hier übrigens nicht beantworten.



    Wie kann ich den richtigen Zeitpunkt finden für Entscheidungen? Und was kann ich am besten tun?

    Meine Erfahrung ist, dass sich nur durch Vernunft nicht der richtige Zeitpunkt für Entscheidungen finden lässt. Es heißt immer wieder, dass jemand seinen persönlichen Tiefpunkt erreichen muss, um abspringen zu können. Für mich persönlich ist das so ein Zeitpunkt, wo‘s einen emotional mehr oder minder förmlich anspringt, dass man so nicht weiter machen will.

    Was du am besten tun kannst? - Sorge DU für DICH.

    Hast du dir unseren neuen Bereich „Wichtige Erstinformationen“ schon mal näher angesehen? Dort kannst du eine Vielzahl an Informationen finden, die dir weiterhelfen können.
    Vielleicht wäre der Gang zu einer Suchtberatung auch hilfreich für dich, um dich in einem persönlichen Gespräch weiter beraten zu lassen?

    Übrigens: Die Angst, nie wieder Alkohol trinken zu dürfen, hatte ich auch, als ich am Anfang stand. Hilfreich fand ich in dem Zusammenhang, nicht in so großen Dimensionen zu denken, sondern in viel kleineren, wie z.B. „Heute trinke ich nicht.“ Entscheidend finde ich dabei den Gedanken, wirklich nicht trinken zu wollen. Wenn du selbst nicht wirklich dahinter stehst, dürfte es schwer werden.
    Inzwischen habe ich keine Angst mehr, ganz im Gegenteil, ich genieße es, keinen Alkohol mehr zu trinken und bin dabei ziemlich vergnügt. Ich kann Alkohol so gar nichts mehr abgewinnen. Kaum zu glauben, denn ich hab bis vor 1 1/2 Jahren noch ganz ähnlich gedacht und argumentiert wie du in deiner Erstvorstellung, aber es ist wahr und ich genieße diese neue Freiheit voll und ganz.

    Viele Grüße
    AmSee

    Du kannst nicht zurückgehen und den Anfang ändern,
    aber du kannst jetzt neu anfangen und das Ende ändern.

  • Hallo AmSee, vielen lieben Dank für Deine Nachricht und Deine Gedanken zu meinem Post!
    Zunächst möchte ich gerne die Unklarheiten beseitigen, die offenbar durch meine Worte entstanden sind.

    Also:
    Ich bin mir sicher, dass ich ein Alkoholproblem habe, da ich täglich den besagte Falsche Sekt trinke…auf Feiern natürlich mehr. Für mich gehört Alkohol zum Alltag dazu. Zwar kann ich - bei Ablenkung oder im Umfeld, in dem nicht getrunken wird - darauf verzichten, aber sobald ich die Möglichkeit habe bzw. das Umfeld stimmt, dann trinke ich. Die ersten 2-3 Gläser mit Genuß…die nächsten beiden Gläser mit schlechtem Gewissen. Mittlerweile habe ich unter Kontrolle (?), dass ich nicht mehr vollends abstürze.

    Mein Mann meint, dass wir kein Alkoholproblem haben bzw. schweigt sich darüber aus. Mir fällt es schwer, mich von ihm unabhängig zu machen. Schließlich trinken wir abends seit Jahren gemeinsam. Und dadurch, dass er weiter trinkt, fällt es mir um so schwerer, nicht zu trinken.

    Auch fällt es mir schwer, meinen Abend anders zu gestalten mit „kleinem“ Kind und trinkendem Mann auf dem Sofa! Ich muss irgendwie die Routine durchbrechen!

    Aber natürlich kann mein Mann sein Leben selbst entscheiden. Ich habe nur Angst davor, dass ich es mit ihm (trinkend an meiner Seite) nicht schaffe, abstinent zu bleiben und noch größere Angst davor, dass es dann später ein Trennungsgrund werden könnte, um für mich zu einem glücklichen Leben ohne den ständigen Alkohol zurück zu kommen! Ich wünsche mir sehr, nicht mehr täglich zu trinken und erst recht keine ganze Flasche.

    Andererseits zieht mich dieses Bild (Cocktail im Sommer, Weißwein zum Fisch, Bier beim Picknick, Rotwein vorm Kamin) magisch an. Es hat für mich etwas von Leichtigkeit und Fröhlichkeit und Gemeinschaft. Aber leider weiß ich, dass ich nicht an diesem Punkt stehe, sondern leider viel weiter abgerutscht bin und es diesen Schein für mich nicht mehr geben kann (aber in meinem tiefsten Inneren wünsche ich es mir immer noch…das ist vielleicht das Problem?!).

    Fakt ist: ich möchte wirklich nicht mehr so viel trinken, aber an jedem einzelnen Abend öffne ich die Flasche Sekt und trinke Glas für Glas. Ein Versuch auf alkoholfreien Sekt umzusteigen hat nach etwa 3-4 Monaten keinen Spaß mehr gemacht (?) und ich bin zurück zum Alkohol.

    Aufgrund meiner Position im Job könnte ich mich leider niemals an eine Selbsthilfegruppe oder Beratungsstelle wenden (wenn nur anonym). Ein Outing würde erhebliche Konsequenzen mit sich bringen (vermutlich könnte ich dann u.a. nicht mehr in diesem Job arbeiten).

    Gerade habe ich etwas in den Erstinformationen gestöbert und bin über einen tollen Satz von ichso gestoßen, den ich mir gerne merken möchte: „Krebs ist tödlich. Leben auch.“ Der Satz hat mich gefühlstechnisch sehr getroffen. Und er passt so gut!

    Ich habe das Gefühl, als könnte ich ein Hilfsmittel gut gebrauchen.
    So etwas wie „anstatt trinken, mache ich DAS“…oder gibt es vielleicht Globulis oder Tees, die einen zumindest mental unterstützen können?
    Ich merke auf jeden Fall, dass mir das Schreiben hier gut tut. Der Austausch und die Gedanken zu reflektieren.

    Deshalb Danke ich von Herzen für Eure Worte, die mich wirklich unterstützen!

  • Hallo, Schwachestarke!

    Habe mir gerade erstmal Deinen ersten Faden angeschaut und muss sagen, dass ich von Deinem Nickname nur den ersten Teil sehe. Den zweiten Teil hältst Du scheinbar irgendwo unter Verschluß nixweiss0

    Verzeih, aber ich bin kein Freund der Samthandschuhe - weder auf Arbeit, noch in der Suchtselbsthilfe. Dazu habe ich selbst zu viel Scheiße durchgemacht und mir alles selbst schön und damit kaputtgeredet.

    Mein Mann will nicht hören, dass wir weniger trinken sollten…aber ich habe Angst: wir haben eine kleine Tochter…noch merkt sie nicht, dass wir jeden Abend betrunken sind…aber der Tag wird bald kommen!

    Wie alt ist sie?? 3-4 Monate?? DANN würde sie nichts mitbekommen - aber dann hättest Du sie bekommen, WÄHREND Du kräftig Alkohol getrunken hast. Und das würde ich schon als gefährliche/schwere Körperverletzung einstufen.
    Aber ich glaube eher, sie ist älter als 2 Jahre und sie war schon bei Deinen letzten Posts da. Nur - täusch Dich nicht, was Kinder in diesem Alter schon alles mitbekommen! SEHR viel mehr, als wir denken und noch wesentlich mehr, als uns lieb ist.
    Ich weiß, wovon ich rede. Meine große Tochter war 2 Jahre, als ich zu meiner ersten Therapie ging und meine kleine Tochter war 3 Jahre und die Große 8, als ich vor 15 Jahren am Ende meines 4 Jahre dauernden Rückfalls zu meiner (hoffentlich) letzten Therapie ging. Und das, was die mir beide an den Kopf geknallt haben (Kindermund tut Wahrheit kund), obwohl ich auch dachte, sie haben nichts mitbekommen haben, waren neben meinen Selbstzweifeln und meinem Selbsthass die eigentlichen Auslöser, verdammt nochmal meinen Arsch hochzukriegen und etwas zu unternehmen.
    "Papa, will nicht kuscheln, Du stinkst schon wieder!" Das tut weh, wenn es Dir Deine 2jährige Prinzessin sagt!

    Aber ich habe auch Angst davor, niemals wieder Alkohol trinken zu dürfen. Ich habe vor 12 Jahren mit dem Rauchen aufgehört und möchte dies auch nie wieder. Aber beim Alkohol ist das gesellschaftlich irgendwie gefühlt anders. Alle trinken auf unseren Feiern…im Freundes- und auch Familienkreis!

    Ich bin so froh, nie wieder Alkohol trinken zu müssen!
    Der Alkohol hat nur noch mein Leben bestimmt: Wann kann ich endlich nach Hause, um etwas zu trinken? Ist noch genug da? Muss ich noch etwas besorgen und wo hole ich den Nachschub heute? Gibt es am Urlaubsort auch Möglichkeiten, etwas zu trinken - Gaststätten oder, besser noch, Geschäfte, um billig etwas zu holen? Und, und, und ...

    Aufgrund meiner Position im Job könnte ich mich leider niemals an eine Selbsthilfegruppe oder Beratungsstelle wenden (wenn nur anonym). Ein Outing würde erhebliche Konsequenzen mit sich bringen (vermutlich könnte ich dann u.a. nicht mehr in diesem Job arbeiten).

    Ich frage mich, was für Vorstellungen Du im Kopf hast?! Glaubst Du etwa, dass in dem Moment, wo Du zu einer Beratungsstelle oder einer Selbsthilfegruppe gehst, leuchtet draußen auf der Straße und in allen Online-Medien ein großes Schild auf "Achtung! Achtung! Leute, schaut mal her, XY ist gerade zu einer Beratung/SHG für ... gegangen!!" ??? Ich habe soetwas noch nie gesehen. Da es nämlich ANONYM ist! Übrigens: auch wenn eine SHG nicht "Anonyme Alkoholiker" heißt, in ALLEN Gruppen werden die Personalien anonym behandelt!!
    Und selbst WENN Du in einer SHG eine/n Kollegen/Kollegin treffen solltest, dann garantiert nicht, weil er/sie Dir nachspioniert, sondern höchstwahrscheinlich, weil er/sie dasselbe Problem hat wie Du und etwas dagegen unternimmt!

    Sorry, aber Du nimmst Dich in diesem Fall für viel zu wichtig! Was ist den besser: Aus eigener Entscheidung die Weichen zu stellen - oder auf's Abstellgleis geschoben zu werden, weil sich irgend wann Fehler einschleichen oder Körper/Geist schlapp machen?

    Für mich liest sich das Ganze, dass Du am liebsten so weiter machen würdest wie bisher und darauf hoffst, dass eines (möglichst baldigen) Tages ein Mittel erfunden wird, der uns ohne jegliche Mühe und fast ohne eigenes Dazutun von der Sucht befreit - und Du trotzdem weitertrinken kannst.
    Sorry, aber noch ist Synthehol nur im Bereich der Science Fiction bei Star Trek zu finden und noch muss man selbst etwas dafür tun, um sein Leben zu gestalten. Entweder in die eine oder andere Richtung.
    Und dazu kann es auch gehören, dass man sich gegebenenfalls von seinem Partner trennt - lies mal hier in den Geschichten der Leute. Da wirst Du nicht nur eine solche finden.
    Denn wenn, dann solltest Du Dein Leben NUR und ausschließlich FÜR DICH - und natürlich im Interesse Deines Kindes, welches noch nicht für sich selbst verantwortlich ist und für sich selbst entscheiden kann - gestalten. Dein Mann ist für sein Leben selbst verantwortlich.

    Also: Entweder redest Du Dir weiter alles schön - dann Prost. Oder Du wirst aktiv.

    Gruß
    Greenfox

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Hallo Schwachestarke,
    nun kann ich mir etwas besser vorstellen, vor welchem Problem du stehst, und kann dir vielleicht ein paar hilfreiche Gedanken dazu dalassen.


    Zwar kann ich - bei Ablenkung oder im Umfeld, in dem nicht getrunken wird - darauf verzichten, aber sobald ich die Möglichkeit habe bzw. das Umfeld stimmt, dann trinke ich. Die ersten 2-3 Gläser mit Genuß…die nächsten beiden Gläser mit schlechtem Gewissen. Mittlerweile habe ich unter Kontrolle (?), dass ich nicht mehr vollends abstürze.

    Was dir vorzuschweben scheint, nennt sich „Kontrolliertes Trinken“. Das ist etwas, was sich so mancher, der vor einem ähnlichen Problem steht wie du, wünscht. Es soll Alkoholiker geben, die das hinbekommen, aber ich habe noch keinen kennengelernt oder von einem solchen gehört. Ich kenne selbst auch keine SHG, in der das diskutiert wird, auch wenn es angeblich welche geben soll.

    Ich weiß aber von seeeeeeeeeeeehr vielen Alkoholikern, die das eben nicht hinbekommen, sondern auf diesem Weg scheitern. Ich hab‘s selbst mehrfach versucht, bevor ich mich hier angemeldet habe - und diesen Begriff auch noch nicht kannte - und hab‘s nicht hinbekommen. Ich musste für mich erkennen, dass ich nicht kontrolliert trinken kann, sondern stets geneigt war, die mir VOR dem Konsum gesetzte Grenze immer wieder zu überschreiten. Bei mir kam der Durst sozusagen mit dem Trinken.
    Dass so viele mit dem sogenannten kontrollierten Trinken scheitern, dürfte der Grund sein, warum es in den mir bekannten SHGs nicht diskutiert wird.

    „Abgestürzt“ bin ich übrigens nie, aber Schluss war zuletzt immer erst, wenn ich nicht mehr mochte und mich müde, zerschlagen und erschöpft fühlte.
    Als ich mich hier angemeldet habe, habe ich mir noch vorgemacht, dass ich täglich nur eine Flasche Sekt oder Wein konsumiert habe und dass das ja noch in einem gewissen Rahmen sei. Tatsächlich aber war es mehr als eine Flasche, meine Dosis hatte sich längst schon schleichend erhöht.


    Mein Mann meint, dass wir kein Alkoholproblem haben bzw. schweigt sich darüber aus. Mir fällt es schwer, mich von ihm unabhängig zu machen. Schließlich trinken wir abends seit Jahren gemeinsam. Und dadurch, dass er weiter trinkt, fällt es mir um so schwerer, nicht zu trinken.

    Auch fällt es mir schwer, meinen Abend anders zu gestalten mit „kleinem“ Kind und trinkendem Mann auf dem Sofa! Ich muss irgendwie die Routine durchbrechen!

    Sich einzugestehen, ein Alkoholproblem zu haben, ist ja auch kein sooooo leichter Schritt. Dein Mann scheint es nicht sehen zu wollen und, wenn das so ist, wirst du ihn mit Worten oder auch Drohungen kaum erreichen. Im Gegenteil, wenn du ihm etwas, was er „liebt“, wegnehmen willst, wird er das als Einmischung in seine Angelegenheiten wahrnehmen und dich als „Feind“ sehen. - Ich hab‘s meinem Mann auch übel genommen, wenn er mich auf meinen Konsum angesprochen hat.

    Das kann ich durchaus nachvollziehen, dass dir das schwer fällt. Viele trockene Alkoholiker wählen nicht ohne Grund zunächst den Weg der Vermeidung, d.h. ziehen sich aus gesellschaftlichen Runden, in den Alkohol konsumiert wird, zurück, schaffen sich ein alkoholfreies Zuhause und so weiter.

    Die Frage ist für dich nur, wie DU aus deinem Problem aussteigen kannst. Das kannst letztlich nur du selbst entscheiden und das wird ganz davon abhängen, wie hoch dein Leidensdruck ist.

    Meine Erfahrung ist folgende: Solange du dich selbst dafür bedauerst, nichts trinken zu DÜRFEN, wirst du’s schwer haben.
    Ich selbst hatte den Punkt, trinken zu MÜSSEN noch nicht erreicht, aber als ich mich nach meiner Anmeldung hier endlich näher mit dem Thema beschäftigte und mich meinem Problem endlich stellte, wurde mir klar, wohin es mich führen würde, wenn ich so weiter machte wie bisher.
    Und so hörte ich mit dem Trinken auf.
    Im Hintergrund spielte bei mir aber, das wurde mir erst im vergangenen Sommer bewusst, als ich plötzlich heftigen Saufdruck verspürte und mich am liebsten mit Alkohol abgeschossen hätte, noch eine Rolle, dass ich mich selbst dafür bedauerte, nicht trinken zu dürfen. Mit Hilfe habe ich diese Attacke erfolgreich überstanden und mich bei der Aufarbeitung anschließend von diesem Gedanken des Bedauerns befreit.
    Ich bedaure mich seither überhaupt nicht mehr dafür, nicht trinken zu dürfen, im Gegenteil bin ich froh, es nicht mehr zu müssen, bin ich froh und glücklich, frei zu sein. Ich darf mich tatsächlich zufrieden abstinent nennen.

    Meine eigenen Erfahrungen und die Erfahrungen vieler anderer, von denen ich Kenntnis habe, sind in den Informationstext „Selbstfürsorge“ eingeflossen.



    Aber natürlich kann mein Mann sein Leben selbst entscheiden. Ich habe nur Angst davor, dass ich es mit ihm (trinkend an meiner Seite) nicht schaffe, abstinent zu bleiben und noch größere Angst davor, dass es dann später ein Trennungsgrund werden könnte, um für mich zu einem glücklichen Leben ohne den ständigen Alkohol zurück zu kommen!

    Dazu kann ich dir nur sagen: Ein Schritt nach dem anderen!
    Ob du’s schaffst, abstinent zu bleiben, oder nicht, liegt letztlich in deiner Hand. Es liegt an dir, dich mit allem zu beschäftigen, was deine Abstinenz gefährden könnte, und entsprechend Selbstfürsorge zu betreiben.
    Es mag sein, dass eine Trennung irgendwann auf dich zukommt, aber das dürfte sich für dich erst dann ergeben, wenn dein Leidensdruck so hoch ist, dass dir keine andere Wahl mehr bleibt, wenn du nicht selbst untergehen willst.


    Andererseits zieht mich dieses Bild (Cocktail im Sommer, Weißwein zum Fisch, Bier beim Picknick, Rotwein vorm Kamin) magisch an. Es hat für mich etwas von Leichtigkeit und Fröhlichkeit und Gemeinschaft.

    Oh, dieses Bild hatte ich auch mal. Alkohol ist nun einmal ein Mittel, das im Gehirn bestimmte Botenstoffe freisetzt, ohne dass man dafür arbeiten muss. Er schafft eine höchst willkommene Abkürzung und unser Gehirn/ Belohnungszentrum/ Suchtgedächtnis ist nun einmal so simpel gestrickt, dass es diese einmal kennengelernte Abkürzung nur zu gern auf dem Plan ruft und anbietet. Die negativen Seiten werden da völlig ausgeblendet.

    Inzwischen habe ich die Erfahrung machen dürfen, dass ich ohne Alkohol sogar besser und frei von unangenehmen Nebenwirkungen den Frühling, Sommer usw., den Fisch, ein Picknick, einen Sonnenuntergang, einen Abend am Kamin genießen kann.


    Ein Versuch auf alkoholfreien Sekt umzusteigen hat nach etwa 3-4 Monaten keinen Spaß mehr gemacht (?) und ich bin zurück zum Alkohol.


    Kein Wunder, denn deinem Belohnungszentrum gaukelst du mit alkoholfreiem Sekt vor, dass es etwas kriegt, was es gar nicht kriegt. Es wird dich bei sowas immer wieder darauf aufmerksam machen, dass ihm der bekannte und beliebte „Wumms“ fehlt.
    Erfolg wirst du nur haben, wenn du in einer ganz anderen Richtung unterwegs bist und dein Belohnungszentrum/ Suchtgedächtnis eben nicht triggerst.

    Das hier schicke ich erstmal ab. Ist eh schon recht lang geworden.

    Viele Grüße
    AmSee

    Du kannst nicht zurückgehen und den Anfang ändern,
    aber du kannst jetzt neu anfangen und das Ende ändern.

  • Will nur noch ein paar Worte zu den Themen KT (Kontrolliertes Trinken) und "alkoholfreie" Biere/Weine/Sekt o.ä. sagen:

    AmSee13 hat ja schon geschrieben, wie schwer es ihr mit dem KT gefallen ist. Kann ich aus eigener Erfahrung nur bestätigen. Das war so, als wenn man sich vorgenommen hat, "nur ein bißchen Sex" zu haben und kurz vor dem Höhepunkt aufhören zu müssen - eine Qual.
    Da ist es mir wesentlich einfacher gefallen, ganz auf den Alkohol zu verzichten als mich ständig zügeln zu müssen.

    Und bei den "alkoholfreien" Alternativen spielen 2 Faktoren eine Rolle:

    Zum Einen dürfen sich in Deutschland Getränke "alkoholfrei" nennen, die sich anderswo nur "alkoholarm" nennen dürfen, da immernoch ein kleiner Restalkohol enthalten ist. Und das zusammen mit dem Geschmack triggert dann das Unterbewusstsein, welches sich dann natürlich - zu Recht - verscheißert vorkommt und nach dem "richtigen" Stoff verlangt.

    Mehr zu diesen Themen findes Du übrigens auch in der Rubrik "Bewahrung der eigenen Abstinenz durch "Selbstfürsorge", dieser Ausschnitt stammt aus einem/dem Link "Wie gefährlich sind Rotweinsauce und Co wirklich?", die wir dort zusammengestellt haben zu Themen, die unseres Erachtens interessant und wichtig sind.

    Vielleicht stöberst Du auch mal ein wenig in DIESEN Links?!?

    Gruß
    Greenfox

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Liebe Schwachestarke,

    die Tatsache dass Du so reflektiert thematisieren kannst zeigt ganz klar dass Du 1.) an einer Veränderung interessiert bist und 2.) auch zu einer Veränderung fähig bist.
    Ich hab gut reden, schließlich befinde ich mich selber in einer misslichen Lage mit dem Alkohol. Meinen eigenen Schritt zur Veränderung bereite ich seit Monaten, ja fast Jahren, vor und hoffe ihn bald (morgen schon) zu finalisieren. Du bist aber längst auch an einem Punkt angekommen wo Du die Merkwürdigkeit Deiner Suchtroutine erkennst. Es macht keinen Spaß mehr, höchste Zeit damit aufzuhören. Die Zeit bis dahin wo Du überhaupt kein Verlangen nach Sekt mehr hast kann erschrecken, manchmal reichen aber wenige Monate. Es ist doch verrückt dass Zusammensein mit Freunden und Bekannten immer an diese verdammte Droge geknüpft ist.
    Ich hab immerhin mal mit dem Kiffen aufgehört, da war ich Anfang Zwanzig. Das Ergebnis war: Überhaupt kein Problem. Das einzige was ich nicht mehr konnte war mit Kiffenden zusammenzusitzen weil ich deren bekifftes Gequatsche einfach zu dümmlich fand. Für Dich gilt es nun herauszufinden ob Deine Bekannten und Freunde nur angesoffen vor sich hin labern oder es durchaus möglich wäre auch nüchtern mit ihnen zusammenzusitzen. Denn vergnügliche Abende mit Freunden sind durchaus auch ohne Drogen möglich.

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