Beendigung einer Quartalstrinker-Phase ohne Medikamente oder besser mit Tegretal

  • Liebe Leute,

    ich würde mich als Quartalstrinker bezeichnen. Bier (5 l pro Tag – mit längeren Pausen). Meine Leberwerte sind kurioserweise völlig in Ordnung. In der letzten Zeit bin ich auf härtere Alkoholika (Wodka) umgestiegen.

    Beim Beenden von längerem schweren Alkoholkonsum können vereinzelt medizinische Probleme auftreten (Stichwort: Delirium Tremens).

    Ich möchte kein Medikament zu mir nehmen, was mich beduselt oder die Alkoholentwöhnung erleichtert. Also kein Valium oder Distraneurin.

    Ich möchte lediglich medizinische Komplikationen ausschließen.

    Wie ist eure Meinung? Soll ich mir morgen von meiner Ärztin sicherheitshalber Tegretal verschreiben lassen oder es ohne Pillen durchführen.

    Als Quartalstrinker bin ich an Beendigung von Trinkphasen gewöhnt. Nur handelt es sich diesmal nicht um Bier sondern um Wodka. Das könnte gefährlich sein? Weiß ich aber nicht so genau.

    Im Voraus vielen Dank für eure Antworten.

  • Herzlich willkommen und dir ein gutes neues Jahr !

    Ich weiß nun nicht so genau, was du von uns hören willst ?

    Möchtest du medizinischen Rat ?
    Dieser wäre nun in einem Internetforum verantwortungslos.
    Ich denke, das weißt du auch.

    Möchtest du Hilfe, weil du kein Epsilontrinker mehr sein möchtest ?

    Da ich das nicht weiß, gebe ich dir mal unverbindlich und allgemein einige Informationen.
    Der Epsilontrinker ( „Quartalstrinker“ ) ist nach ICD 10 ( Diagnostik psychischer Störungen ) als alkoholabhängig einzustufen.
    Er ist ( noch ) nicht körperlich abhängig, was ein lebensgefährliches Alkoholentzugssyndrom ausschließt.
    Daher ist bei dieser Diagnose keine Entgiftung ( mit medikamentöser Unterstützung
    wie z.B distraneurin ) notwendig.
    Epsilontrinker sind gefährdet, an z.B. Psychosen, Depressionen, Korsakow-Syndrom oder der Wernicke-Enzephalopathie zu erkranken bzw. zu sterben, oftmals -durch die fehlende physische Abhängigkeit- viele Jahre später.

  • Epsilontrinker werden häufig zu Delta-, Gammatrinkern, zu dessen Krankheitsbild dann auch die physische Abhängigkeit zählt.
    Die Pausen werden kürzer, die Menge bzw. Alkoholgehalt ( von Bier auf Wodka ! ) höher.
    Die Gefahr, am Alkoholentzugssyndrom zu leiden oder zu sterben, steigt.

  • Für dich bedeutet dies:
    Du brauchst weniger Medikamente, sondern Werkzeuge, deine viel schwieriger zu behandelnde psychische Abhängigkeit zu behandeln.
    Sofern du das möchtest.

    Viele trinken sich auch einfach zu Tode...

    Deine Entscheidung.

    Liebe Grüße

  • Ich hoffe sehr, dass dir diese Fakten nicht zu hart rüberkommen.
    Aber, wie das Wort schon sagt, sind es Tatsachen.

    Wenn du das Gefühl hast, dass ich dich angreife, solltest du dir die Frage gestatten, warum das so ist.
    Was lösen diese Fakten in dir aus ?
    Erleichterung ? „Prima, ich brauche keine Medikamente !“
    Furcht ? „Ich Alkoholiker...?“

    Zum Schluss noch etwas über mich.
    Ich kenne sowohl beruflich als auch persönlich viele Stufen der Abhängigkeit.
    Seit 4,5 Jahren trocken und clean und mit mir im Reinen.

    Von Herzen wünsche ich dir, dass du deinen Weg findest -und gehst, gerne auch mit unserer Hilfe !

  • Hallo, Vodka,
    auch von mir ein Willkommen hier im Forum.

    Gräfin hat dir schon ein paar detailliertere Antworten gegeben. Da der sogenannte „Kalte Entzug“ lebensgefährlich verlaufen kann, auch wenn’s bislang hundertmal gut gegangen ist, wäre es verantwortungslos von uns, dir nicht dringend zu einem Arztbesuch zu raten.

    Am besten suchst du einen Mediziner auf, der sich mit Sucht tatsächlich auskennt, nicht jeder Hausarzt ist in der Thematik bewandert, was mitunter ziemlich frustrierend ist.

    Viele Grüße
    AmSee

    Du kannst nicht zurückgehen und den Anfang ändern,
    aber du kannst jetzt neu anfangen und das Ende ändern.

  • Hallo Vodka,

    herzlich Willkommen hier im Forum.

    Du hast ja von meinen Vorschreiberinnen schon wunderbare Informationen erhalten. Als ich ich gerade Deinen Text gelesen habe, da dachte ich mir ganz spontan: Meint er diese Fragen jetzt wirklich ernst oder was möchte er jetzt eigentlich von uns hören? Eine medizinische Beratung aus einem Laienforum halte ich grundsätzlich für sehr kritisch. Ich würde es jedenfalls niemals wagen, hier irgendwelche Empfehlungen für oder gegen irgendwelche Medikamente zu geben. Dafür sind m. E. Ärtze da.

    So richtig ins Grübeln bin ich dann gekommen, als ich gelesen habe, dass Du Dir die Frage stellst, ob Du Dir von Deiner Ärztin Tegretal verschreiben lassen sollst oder ob Du es lieber ohne Pillen durchziehst....

    Also ehrlich, Du hast es hier mit einer Suchterkrankung zu tun.Nur ganz wenige Betroffene schaffen es überhaupt ernsthaft etwas gegen die Krankheit zu unternehmen, die Masse stirb mit oder an dieser Erkrankung. Von denen die es ernsthaft versuchten schafft es eine mehr als deutliche Mehrheit NICHT diese Krankheit dann auch tatsächlich dauerhaft zu überwinden. Die Statistiken dazu kannst Du, wenn sie Dich interessieren, jederzeit googeln. Es geht hier also aus meiner Sicht nicht darum, sich irgendwas von seinem Arzt verschreiben zu lassen oder nicht (wobei meine Ärtzin MIR sagt was ich nehmen sollte und nicht ich ihr was ich nehmen will), sondern es geht darum, eine der schlimmsten Suchterkrankungen überhaupt zu überwinden.

    Ich rede von einer schlimmsten Suchterkrankungen auch deshalb, weil der Alkohol im Vergleich zu vielen anderen Drogen von einem Großteil der Gesellschaft nicht als solche gesehen wird. Im Gegenteil, er hat ein überaus positives Image, ist jederzeit und überall verfügbar und wird aktiv angeboten. Ein Süchtiger, der aussteigen möchte, hat also nicht nur mit sich selbst sondern auch noch mit der Gesellschaft an sich, seinem eigenen vertrauten Umfeld bis hin zum Warensortiment im Supermarkt zu kämpfen. Und das ist ein wichtiger Grund dafür, dass es nur so wenige schaffen dauerhaft von dem Zeug weg zu bleiben.

    Wenn Du also wirklich ernsthaft etwas erreichen möchtest und wirklich weg willst von dem Zeug, dann geht es nicht darum ob Du jetzt eine Pille schluckst oder nicht. Sondern es geht eher darum, was Du in Deinem Leben verändern möchtest, damit Du Dich nicht mehr alle paar Wochen abschießen musst oder willst. Vielleicht sprichst Du darüber mal mit Deiner Ärztin oder, falls sie da nicht die richtige Ansprechpartnerin ist, vielleicht sprichst Du darüber mal mit einem Psychologen, mit irgend jemanden, der Erfahrung auf dem Gebiet der Suchttherapie hat. Könnte auf Dauer hilfreicher sein, als darüber nachzudenken, ob oder was man sich verschreiben lassen soll oder nicht. Da würde ich mich einfach auf den Rat des Arztes meines Vertrauens verlassen.

    Die große Herausforderung ist Deine psychische Abhängigkeit. Sie ist für die Rückfälle verantwortlich, sie hält die Sucht am Laufen. Nur wenn Du da den richtigen Weg für Dich finden kannst, hast Du eine Chance aus der Suchtspirale heraus zu kommen.

    Alles Gute für Dich!

    LG
    Gerchla

  • Einige Phänomene sind mir unter Alkoholikern aufgefallen:

    1. Die völlige Unterwerfung unter Mediziner oder Psychiater (Suchtexperten). Absolute Aufgabe der eigenen Autonomie als (ehemals) mündige Patienten.

    2. Selbsthilfegruppen: Da kommen nasse Alkoholiker in eine Gruppe, von der sie sich Hilfe erwarten. Das genaue Gegenteil tritt ein. Trockene Alkoholiker machen die Neuankömmlinge nach allen Regeln der Kunst nieder und demütigen sie.

    3. In Therapieeinrichtungen verhalten sich Therapeuten den Patienten gegenüber von oben herab. Sofern man mal eine eigene, abweichende Meinung äußert, gerät man in Schwierigkeiten.

    Ich kann den Ausspruch von dem genialen F. Perls mangels Gedächtnis nur sinngemäß wiedergeben: Er meinte, dass für die meisten Psychotherapeuten Therapie mehr Symptom als Berufung sei, insofern sie ihre eigenen Unzulänglichkeiten lieber mit anderen Menschen aus agieren als sich selbst zu verändern.

    Nun zu mir: Ich habe die Wodka-Entgiftung ohne Hilfsmittel durchgeführt. War nicht so schlimm wie ich dachte. Dreimal nächtens musste ich mein nassen Schlafanzug wechseln - aber inzwischen geht es mir wieder gut.

    Ich würde gerne dauerhaft abstinent leben. Das geht bei meiner rebellischen Natur nicht über professionelle Helfer. Ich muss meinen eigenen Weg finden.

    Schön finde ich es, dass sich Menschen überhaupt für mein Leben interessieren. Wie Dich Gerchla und auch die Gräfin.

  • Moin VJ,

    einige (in meinem Kopf unzulässige) Verallgemeinerungen habe ich auch mal gehört:

    1. Einige Polen klauen Autos.

    2. Einige Franzosen sind gute Liebhaber.

    3. Einige Deutsche essen gern Kartoffeln.

    Wieviel kenne ich davon persönlich? Leider nur ein paar deutsche Kartoffelesser ;)

    Will sagen: Ich habe vor vielen Jahren auch allein entzogen. 3 Suchtmittel. Alk (Bier und Wodka immer bis zum kotzen) und Kippen ohne Rückfall, bei THC einen Rückfall. Wäre mir heute evtl. zu riskant. Also das allein entziehen. Wissen ist Macht.

    Freue mich für dich, dass du den ersten harten Schritt geschafft hast. Für mich war das erste Entzugsjahr immer das Härteste, bei allen Suchtmitteln.

    Für welche Menschen interessiert du dich? Also hier so?

    Wenn du zu rebellisch bist für fachliche Hilfe oder SHG's hilft vielleicht Fachliteratur. Bei mir war es die "Suchtfibel" plus Therapie plus SHG.

    ichso - getriggert von deiner "von oben herab und ich weiß Bescheid"Schreibe.

  • Lieber VodkaJelzin,

    ich habe mich richtig gefreut, dass du dich gemeldet hast, und dass es dir gut geht !
    Noch mehr gefreut habe ich mich, dass du deinen abstinenten Weg finden willst, Hut ab dafür !

    Höre ich richtig raus, dass du dich als Alkoholiker siehst, als abhängig ?
    Was ich auch höre, dass du einige schlechte Erfahrungen gemacht hast, was Hilfe von außen anbelangt ?
    Magst du uns davon mal berichten ?

    Liebe Grüße von Mina

  • Hallo VJ,
    erstmal: Schön, dass du wieder etwas von dir hören lässt.

    Ich freue mich für dich, dass du den Entzug nun hinter dir hast und dein Selbstversuch glimpflich abgegangen ist.

    Wie ich heraus höre, hattest du dich über die Risiken informiert und sie bewusst, weil du (aufgrund eigener schlechter Erfahrungen?) wenig Vertrauen zu Medizinern hast, in Kauf genommen.

    Ich würde aufgrund der Erfahrungen mit meinem Vater und der Kenntnisse, die ich inzwischen über dieses Thema habe, immer wieder zu einem medizinisch begleiteten Entzug raten. Ganz besonders, wenn ich in einem anonymen Online-Forum antworte, da ICH die Verantwortung nicht übernehmen mag, wenn’s bei dem- oder derjenigen oder einem stillen Mitleser oder einer stillem Mitleserin schief geht.
    (Übrigens muss der medizinisch begleitete Versuch nicht unbedingt medikamentös und nicht unbedingt ausgerechnet mit Distra erfolgen. Das Zeug ist mir selbst durch meinen Vater aus den 80-Jahren bekannt, weiß gar nicht, ob das überhaupt noch Up-to-Date ist, so, wie das gewirkt hat.)


    Ich frage mich, was du mit deinem Beitrag eigentlich aussagen möchtest.

    Möchtest du einfach mal deinen Frust über Mediziner, Psychiater, Trockene Alkoholiker in Selbsthilfegruppen, Therapeuten in Therapieeinrichtungen, mit denen du schlechte Erfahrungen gemacht hast, raushauen?

    Oder soll das der Auftakt für eine allgemeine Auseinandersetzung mit den Themen „Autonomie von (alkoholkranken) Patienten“, „Auftreten trockener Alkoholiker gegenüber Neulingen“, „Auftreten von Therapeuten gegenüber Patienten in Therapieeinrichtungen“ sein?

    Oder soll es uns näher erklären, warum du deinen eigenen Weg finden musst?


    Du schreibst, dass du deinen eigenen Weg finden musst: Hast du dir schon Gedanken darüber gemacht, worauf du dabei achten möchtest? Vielleicht bietet sich darüber am ehesten ein Austausch an. - Gerchla hatte dich ja auf die größere Herausforderung der psychischen Abhängigkeit hingewiesen.

    Viele Grüße
    AmSee

    Du kannst nicht zurückgehen und den Anfang ändern,
    aber du kannst jetzt neu anfangen und das Ende ändern.

  • Bin ich gerade beim nochmal lesen drüber gestolpert:

    Wodka-Entgiftung? Was ist mit den round about 5 Litern Bier hin und wieder?

    Und zur Abgrenzung in SHG's von nassen Alkoholikern ist mir noch eingefallen: Ich will nur von mir sprechen, in die anderen Köpfe kann ich nicht reinschauen. Für mich ist das Selbstschutz, wenn ich mich im Reallife nicht auf nasse oder halbtrockene Menschen einlasse. Allein der Geruch ist unangenehm. Und wenn die Nassen the day after nicht mehr wissen, was gesprochen wurde - warum soll ich es mir dann anhören?

    Und vom ärztlichen Standpunkt macht es sicher auch Sinn, erst etwas stabilisiert die Gruppen zu besuchen. Menschen mit Beinbruch gehen ja "normalerweise" nicht vor der OP in die Reha.

    Bin gespannt, ob du dich hier einlassen willst. Reibung erzeugt (manchmal) Wärme ;)

  • Tjo...
    Endlich mal jemand, der alle Alkoholiker und Therapeuten kennt. Ein echter Experte, dachte ich mir.

    Scherz beiseite. Ich hab weitestgehend alleine aufgehört, da hat man solche Probleme nicht. Und als ich dann nach einem Jahr Trockenheit oder so mal in eine Gruppe gegangen bin, fand ich auch nicht alles gut. Ich habs meist nicht lange ausgehalten.
    Und ich hatte früher mal den Ehrgeiz, es allen zu zeigen, dass es auch anders geht. Bis ich dann selbst irgendwie vorn dran war. Das war das, warum ich eigentlich dabei geblieben bin. Weil ich das Geschwätz nämlich auch nicht abkonnte. Hat mich herausgefordert. Ich mache auch nur, was man mir sagt, wenn es mich überzeugt. Sonst eben nicht.

    AAber..ich habs auch geschafft und kam dann nicht nach Rückfällen angekrochen.
    Gegen das, wie ich getrunken habe, bist Du Hobbytrinker. 5 Liter Bier am Tag? Ich hab 3 Liter Schnaps getrunken, wenn mir danach war. Und nicht nur alle paar Monate.
    Bei dem bisschen brauchst Du Gruppe und Therapie? (etwas provokativ in den Raum geworfen)? Ein der leichtesten Übungen, würde ich sagen.

    Du musst gar nichts. Wer sollte Dich denn zu irgendwas zwingen können?
    Wenn Du so, wie Du es machst, da hin kommst, wo Du hin willst, passt doch alles. Wo ist das Problem?

    Oder wolltest Du dich nur mal ausheulen? Alle sind so böse zu Dir?
    Mann, Alter, wenn Du das alleine machen willst, dann kräht kein Hahn nach Deinem individuellen Weg. Machs doch einfach. Was jammerst Du hier rum?

    Zum rebellieren braucht man halt andere, gegen die man rebellieren kann, das wird das Problem sein. Alleine im Wald machts keinen Spaß. Ich kenn mich da aus, hähä. Ich hab auch so ne rebellische Ader, mich interessiert aber mehr, ob mir das was nützt, was ich mache.

    Wie willst Du denn jetzt weiter machen?

    Gruß Susanne

  • Vielen Dank für Eure Antworten.

    Es gibt unzählige Therapie-Kritiker, nicht nur mein Fritz Perls (von dem ich einiges las) sondern beispielsweise Rolf Degen (Lexikon der Psycho-Irrtümer) und viele andere.

    Therapeut zu sein bedeutet zunächst Macht. Macht über andere Menschen. Als Automatisierungstechniker weiß ich wie schön sich Macht anfühlt, bei mir allerdings nur Macht über Maschinen, die machen, was ich ihnen befehle.

    In einem Gespräch mit dem Chefarzt hat er mir ein Psychogramm seiner Mitarbeiter aufgezeichnet und mir erklärt wie man mit den entsprechenden Therapeuten umzugehen hat. Seltsam verdreht fand ich seine Auffassung. Als hätte ich als Patient für einen reibungslosen Ablauf in der Klinik zu sorgen.

    Daneben fanden in der Klinik Alk-Partys statt. Als Kritiker hatte ich es doppelt schwer. Einerseits als Petze gegenüber den Mitpatienten und andererseits gegenüber der Klinikleitung, die diese Zustände tolerierten.

    Ich will nicht behaupten, dass mir der Aufenthalt in der Klinik nichts brachte. Als Einzelner gegen den Therapeuten, gegen die Gruppe und gegen den Chefarzt anzureden, hat natürlich meine Diskussionsfähigkeit gestärkt, insbesondere weil ich die Fähigkeit besitze immer völlig sachlich zu bleiben. Aber was den Alkohol betrifft, so hat mir der Aufenthalt in der Klinik nicht geholfen.


  • Aber was den Alkohol betrifft, so hat mir der Aufenthalt in der Klinik nicht geholfen.

    kann ja sein. Du selbst hilfst Dir aber auch nicht, denn Du säufst ja. Bis vor ein paar Tagen jedenfalls. Damit machst Du Dein Problem ja auch größer.

    Ich konnte mich anfangs kaum auf jemanden einlassen, ich hatte auch immer Bedenken, das die mich manipulieren und verbiegen wollen. Auf der anderen Seite ist es natürlich auch schwierig, so jemandem dann zu helfen, der keine Hilfe annimmt, gar nicht annehmen kann, weil er Angst hat, dass ihm ein Zacken aus der Krone bricht oder dass er untergebuttert wird oder irgendwas. Oder weil man sich auf der Suche nach dem eigenen Weg nicht stören lassen möchte. Das mag ja teilweise auch seine Berechtigung haben, aber dann muss man es tatsächlich alleine schaffen. Und wenn man das dann nicht schafft, sieht es schlecht für einen selbst aus.

    Ich sage ab und an, vor dem Schnapsregal ist jeder mit sich alleine. Es nimmt einem niemand ab, dass man den Alkohol selbst stehen lässt. Alles Andere können nur Hilfsmittel und Werkzeuge sein. Die braucht man, oder man braucht sie nicht.

    Was bringt Dir die Diskussion über Therapeuten und Gruppen, wenn Du das Problem mit dem Alkohol hast? Natürlich kann man sich da drüber unterhalten, aber was bringt es Dir? Müsstest Du da nicht erst bei Dir selbst anfangen? Oder wartest Du, dass Dir jemand die Windeln wechselt Dich jemand vor Dir selbst rettet?
    Bist Du enttäuscht, dass die das nicht für Dich richten können? Die können Dich nicht ändern, kannst Du nur selbst.

    Und willst Du überhaupt aufhören, oder suchst Du nach Möglichkeiten, das zu kontroliieren? Wäre ja auch mal interessant.
    Fakt ist, DU greifst zur Flasche, sonst wärst Du ja nicht hier. Weder Therapeuten noch Gruppen werden Dich fesseln und Dir den Alk in den Hals schütten. Was ist da mit Deiner Macht über Deine eigenen Finger? Hast Du Deine Hände nicht unter Kontrolle, säufst Du gegen Deinen eigenen Willen?

    Und ich habe z.B. keine Macht über Dich. Sonst würdest Du nämlich ganz einfach nie wieder was trinken, weil ich das so will. Will ich aber gar nicht haben. Ich diskutiere aber auch nicht lange mit Dir. Ich muss Dich nicht retten.

  • ...weil ich die Fähigkeit besitze immer völlig sachlich zu bleiben...

    Schön.

    Was ist mit deiner Wut, deiner Trauer, deiner Angst, deiner Freude? Bitte auf dem Sach Ohr lesen^^

    Tut mir leid, dass dieser Aufenthalt nicht der richtige war. Evtl. eine andere Klinik ausprobieren? Oder was Ambulantes? Denn ich schätze, deine Maschinen auf Arbeit "brauchen dich". Ist selbstredend spekulativ. Als ich damals ausfiel in der Spedition, dachte ich, in spätestens 4 Wochen stehen da alle Räder still. Heute, über 20 Jahre später, fahren die Jungens immer noch. Also seitdem ohne mich ;)

    Und was ist mit den 5 Litern? Da bin ich dem kleinen Prinzen von Antoine de Sant-Exupèry ähnlich. Ich vergesse selten eine Frage, wenn ich sie mal gestellt habe.

  • Hallo Vodka Jelzin,

    freut mich wirklich sehr, dass Du Dich hier nochmal gemeldet hast und dass Du es offenbar angegangen bist. Und schön, dass Du außer etwas erhöhtem Schwitzen keinerlei Probleme hattest.

    Ich will jetzt mal versuchen auf ein paar Dinge von Dir einzugehen:

    Zitat

    1. Die völlige Unterwerfung unter Mediziner oder Psychiater (Suchtexperten). Absolute Aufgabe der eigenen Autonomie als (ehemals) mündige Patienten.

    Das hört sich sehr verbittert an, für mich jedenfalls. Vielleicht bist Du ein Mensch, der auch in anderen Bereichen nur schwarz oder weiß kennt, nur gut oder böse und dazwischen gibt es für Dich nichts. Die Gründe dafür können vielfältig sein und es steht mir nicht zu darüber zu urteilen. Was ich sagen kann, weil es so war, ist, dass ich in meiner Trinkerzeit auch fast nur gut oder böse kannte. Wobei, gut hat es fast nicht gegeben. Eigentlich waren fast alle da draußen Deppen, allen voran die Psychofuzzis. Für mich waren Psychiater Menschen, die diesen Beruf nur deshalb ausüben, weil sie selbst ein Problem haben. Das wusste ich ganz genau, denn das hat irgendwer mal gesagt und irgendwo hab ich das auch mal gelesen. Die wollen sich nur selbst therapieren und missbrauchen dazu ihre Patienen.

    Ich hatte in dieser Zeit beruflich regelmäßig Coachings, da ging es immer um Persönlichkeitsentwicklung, um die Entwicklung von Führungsstärke, etc. In diesen Coachings spielte Psychologie immer eine große Rolle, es ging oft darum, Selbsterfahrung zu machen, es ging oft darum sich selbst zu öffnen und einen Blick auf die eigenen Gefühle, die eigene Persönlichkeit, die eigenen Fehler zu werfen.

    Was soll ich sagen, ich war der Horror für alle Trainer. Ich war der Systemsprenger. Denn ich wusste ja, dass das alles Deppen sind. Außer ich natürlich, ich war der einzige der wirklich wusste was Sache ist.

    Naja, wenn ich da heute drauf schaue, dann war ich eine fürchterlich ganz arme Sau, ein Mensch, der sein Leben nicht mehr im Griff hatte, der eigentlich total unsicher war, der saufen musste ob er wollte oder nicht, einfach um irgendwie mit mir selbst und meinem Leben klar zu kommen. Ich hatte keine Ahnung, davon aber jeder Menge und vor allem, ich hatte für jeden da draußen eine Schublade, in die er/sie passte. Es gab nichts und niemanden, das oder den ich nicht in eine Schublade gepackt hätte. Mein Motto: Vorurteile muss man pflegen, sonst könnten sie einem verloren gehen.

    Ich bin jetzt schon ein paar Jahre damit beschäftigt, mich mit ehemals trinkenen Menschen auszutauschen. Teil persönlich, teils per Mail, teils auch hier im Forum. Viele habe ich gesprochen, mit vielen mittlerweile mich auch getroffen. Das was Du schreibst über Psychologen, ich kann es nicht bestätigen. Ja, einige erzählen, dass sie an den oder die falsche geraten sind. Kommt vor, passiert auch in anderen Bereichen des Lebens hin und wieder. Und ja, ich kenne auch welche, die mehrmals an für sie falsche Psychologen/Therapeuten geraten, auch das gibt es tatsächlich. Aber die absolute Mehrzahl sprach und spricht absolut positiv über ihren Psychologen / Therapeuten. Viele sagen, sie hätten es ohne wahrscheinlich nicht geschafft.

    Natürlich gibt es auch jene, die es ganz ohne geschafft haben. Sie haben einen anderen Weg gefunden, wie halt jeder seinen Weg finden muss, wenn er da raus kommen will.

    Ich hatte damals auch einen Psychologen, in den ich ganz große Hoffnung setzte. Ich musste ewig auf einen Termin warten und war dann bitter enttäuscht. Ich dachte mir: So ein Idiot, der hat keine Ahnung was bei mir eigentlich los ist. Ja, das dachte ich mir.

    Und ja, ich spürte, dass er mir bei meinem Problem nicht helfen können wird. Aber ich wusste auch, dass ich gerne Hilfe hätte, dass es alleine schwierig werden könnte. Dass die Gefahr rückfällig zu werden, wenn ich meine Probleme selbst nicht in den Griff bekomme, sehr hoch ist.

    Am Ende war es dann ein Mönch, der mein wichtigster "Helfer" raus aus der Suchtspirale war. Einfach nur deshalb, weil dieser Mensch für mich jemand war, dem ich mich öffnen konnte und der mich durch seine Art und Weise sehr beeindruckt hatte. Hatte übrigens nicht, absolut nichts mit Religion oder so zu tun. Als jemand, der alles besser wusste war ich selbstverständlich nicht gläubig.

    Nun, was will ich sagen? Es ist Deine Sache, was Du von Psyschologen oder Therapeuten hälst. Du hast ein Problem und willst da raus kommen. Wenn Psychologen, Therapien, etc für Dich keine Option sind, dann ist das eben so. Dann hilf Dir einfach selbst, wenn Du das kannst. Und dass Du das kannst, davon scheinst Du ja überzeugt, also einfach machen.

    Zitat

    2. Selbsthilfegruppen: Da kommen nasse Alkoholiker in eine Gruppe, von der sie sich Hilfe erwarten. Das genaue Gegenteil tritt ein. Trockene Alkoholiker machen die Neuankömmlinge nach allen Regeln der Kunst nieder und demütigen sie.

    Dazu will ich sagen: Nachdem ich ja völlig ohne Plan mit dem Trinken aufgehört hatte, empfand ich es als eine gute Idee, erst mal zu einer SHG zu gehen bevor irgendwo anders hin gehe. Ich hatte großen Respekt vor dieser Krankheit und dachte mir, ich hol mir mal alle Hilfe die ich schnell bekommen kann. Also ging ich bereits am ersten Tag bzw. Abend ohne Alkohol zu den AA. Was soll ich sagen, nichts von dem was Du schreibst war der Fall. Ich wurde herzlich aufgenommen, hatte tolle Gespräche abseits der offiziellen Sitzungen (die ja ein Monolog-Format haben und deshalb kaum eine direkten Austausch bieten) und konnte erst mal auch all meine anstehenden Fragen stellen und diese wurden mir dann auch beantwortet. Ich bekam auch mit, dass da noch andere Menschen sind, die irgendwann mal auch da standen wo ich gerade stand und einige davon, waren sogar noch viel tiefer gefallen als ich das war.

    Die Gruppe hat mir am Anfang sehr geholfen mich zu orientieren, zu mir zu finden. Und ja, nach ein paar Wochen stellte ich fest, dass ich hier nicht weiter komme. Immer die gleichen Themen, immer die gleichen die sprechen und die meist auch immer das gleiche sagen. Das half mir nicht mehr und ich entschied mich, die Gruppe zu verlassen und mir anderweitig Hilfe / Austausch zu suchen.

    Ich würde aber niemals auf die Idee kommen heute zu sagen, dass mir das nichts gebracht hat, nur weil ich irgendwann an den Punkt kam, dass ich dort nicht weiter komme. Außerdem bin ich nicht der Nabel der Welt. Für mich war dieses Format auf Dauer nichts, für andere ist es ihr Lebensinhalt, sie verdanken ihr nüchternes Leben ausschließlich ihrer SHG. Wer bin ich, dass ich hier urteilen würde, dass das alles schwachsinn ist oder dass dort Neuankömmlinge nieder gemacht werden? Mal abgesehen davon, dass ich genau das Gegenteil davon erlebt habe. Und ja, wie immer wird es sicher Gruppen geben, wo der Ton nicht so toll ist. Es sind immer die Menschen die den Ton machen, immer und überhall sind es die Menschen, die den Ton machen. Egal ob das SHG sind oder Kirchengemeinden oder Sportvereine. Es sind immer die Menschen, nicht "die Selbsthilfegruppen". Was man m. E. aber auch nicht vergessen sollte: nicht jeder der da in eine SHG kommt muss ein netter symphtischer Mensch sein. Damit meine ich jetzt mal die Neuankömmlinge. Ich habe das selbst nicht erlebt aber ich weiß von glaubwürdigen Erzählungen, dass da immer auch mal Menschen ankommen, die erst mal der Meinung sind, sie müssten den Leuten dort mal erklären, wie das Leben funktioniert. Wenn man zu dieser Sorte Mensch gehört, dann könnte es natürlich sein, dass einem die Reaktion der Mitglieder einer solchen SHG nicht sonderlich gefällt. Vielleicht müsste man sich dann mal selbst reflektieren, was aber als frisch abstinenter Alkoholiker meist kaum möglich ist, weil man ja meist noch im alten Muster steckt.

    Und übrigens: Ich hatte noch zwei andere Gruppen in petto, für den Fall das ich mich dort nicht wohl gefühlt hätte. Was sicherlich der Fall gewesen wäre, wenn sie mich "nieder" gemacht hätten. Ich brauchte sie nicht, ich fühlte mich gleich sehr wohl.

    Zitat

    Ich würde gerne dauerhaft abstinent leben. Das geht bei meiner rebellischen Natur nicht über professionelle Helfer. Ich muss meinen eigenen Weg finden.

    Deinem letzten Satz stimme ich uneingeschränkt zu. Genau darum geht es. Du sagst von Dir, Du hast eine rebellsiche Natur. Es ist gut, dass Du das selbst so erkennst und so einschätzt. Also, dass Du mit dieser Art mit einem professionellen Helfer nicht weiter kommst meine ich. Wenn Du aber trotzdem den festen Willen hast dauerhaft ohne Alkohol zu leben, dann solltest Du offen für Alternativen sein. So wie ich damals, bei mir war es dieser Mönch, welcher ja auch kein professioneller Helfer war. Und es war auch, das möchte ich nicht verschweigen, ein guter Freund der sehr viel geholfen hat. Der war auch kein professioneller Helfer. Ich hatte zwar im Gegensatz zu Dir keine Aversionen gegen professionelle Helfer, auch nicht gegen Selbsthilfegruppen aber ich hatte letztlich bis auf das kurze Intermezzo beim Psychologen, keine professionelle Hilfe in klassischer Form, auch keine Therapie.

    Apropos Psychologe: Heute verstehe ich übrigens was "mein" Psychologe damals bei mir erreichen wollte, aber damals hat er mich einfach nicht erreichen können. Wir haben einfach nicht zueinander gepasst. Bei jemand anderen hätte damit vielleicht großen Erfolg gehabt, so ist das halt manchmal.

    Will sagen, es kann auch sein, dass sich Dein Hilfsbedürfnis im Laufe der Zeit verändert. Je länger Du ohne Alkohol lebst, desto mehr wirst Du Dich verändern. Am Anfang ist erst mal wem oder fast nichts verändert, der Kopf ist nach wie vor im Alkimodus, auch ein paar Wochen nach dem letzten Tropfen noch. Erst mal verändert sich hauptsächlich das körperliche Wohlbefinden. Denkweisen, Verhaltsweisen, jahrelang antrainierte Denkmuster, das alles braucht viel mehr Zeit. Aber genau darum geht es. Letztlich geht es darum ein zufriedenes Leben zu erreichen, zufrieden ohne Alkohol. Was oft auch bedeutet, dass sehr vieles am eigenen Leben verändert werden muss.

    Wenn Du es schaffst, irgendwann mal positiv, optimistisch und zuversichtlich zu sein, wenn Du es schaffst dankbar zu sein für das was Du hast, was Du erreicht hast, was Du sein darfst, wer Du sein darfst in Deinem Leben, dann hast Du es geschafft. Dann wirst Du Dich auch nicht mehr über Psychologen aufregen oder über SHG oder sonst was. Dann bist Du bei Dir, kümmerst Dich um Dich und Dein Leben und gestaltest es nach Deinen Vorstellungen. Ich wünsche Dir, dass Du dahin kommst.

    Alles Gute auf Deinem weiteren Weg.

    LG
    Gerchla

  • Gerchla

    Ihr ausführlicher Kommentar hat mich zum Nachdenken angeregt. Das ist jetzt kein höfliches blabla, sondern meine ich ganz ernst. Ich habe Ihren Kommentar, der meiner Meinung nach, eine tiefere Substanz enthält, mehrmals gelesen.

    Vielen Dank.

  • @Gräfin

    Deine Kommentare sind auch nicht schlecht.

    Was die Medikamente angeht, so ist es natürlich zunächst ausgebildeten Ärzten vorbehalten darüber fachliche Urteile abzugeben. Daneben ist es aber absolut zulässig, dass auch Betroffene über ihre Erfahrungen mit Medikamenten berichten. Das ist nicht verboten in einem Land in dem Meinungsfreiheit herrscht.

  • AmSee13

    Dein Kommentar ist angriffig und unsachlich. Solche Leute wie Dich nennt man NPC.

    Ich kenne Mitpatienten, die nach einem 3-monatigen Klinikaufenthalt als erstes eine Tankstelle aufsuchten um sich Alk zu besorgen. Wohlgemerkt nach 3 Monaten Klinikaufenthalt.

    Geht es bei den Suchtkliniken nur darum den Mitarbeitern einen guten Job mit einem schönen Gehalt zu besorgen?

    Darf man über den Sinn oder Unsinn dieser Einrichtungen, die den Krankenversicherten eine Menge Geld kosten, nicht diskutieren?

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