Sorge um Alkoholkonsum von Freund

  • Hallo,

    ich hoffe, ihr könnt mir helfen. Ich weiß nicht was ich machen soll.
    mein Freund und ich sind seit 5 Jahren zusammen. Am Anfang ist es mir gar nicht so aufgefallen, aber mit der Zeit kam er immer 2-3 in der Woche von der Arbeit betrunken nach Hause. Er meinte dann immer, dass er noch mit Arbeitskollegen noch zusammen gesessen ist und so lustig war. Ich hab mir damals schon gedacht, dass das nicht normal ist, weil er wenn er zu Hause war hat er nicht aufgehört zu trinken. Er ist dann immer im Wohnzimmer gesessen, Bier getrunken und sich irgendwelche Videos auf Youtube angesehen. Munter war er dann immer bis 2-4 Uhr, obwohl er am nächsten Tag arbeiten musste. Ich war dann natürlich immer total angefressen und hab ihm immer gesagt, daß das nicht normal ist.
    Dann hat er erfahren, dass er seinen Job verliert weil er dem Unternehmen zu teuer ist und es ihnen wirtschaftlich nicht gut geht (leitungsposition)
    Eines Abends als er mitteilte, dass er sich noch mit einem Arbeitskollegen zusammen setzt(letzten Tage in der Arbeit) , passierte etwas schreckliches.
    Die Polizei stand vor der Tür und teilte mir mit, dass er von der Straßenbahn erfasst wurde und sie wissen nicht wie es im geht. Ich bin sofort ins Krankenhaus und als mir der Arzt mir sagte, dass er 2,3 Promille hat, hat mich das gar nicht gewundert. Er hatte 2 Blutgerinnsel und es geht im wieder besser. Aber als er vom Krankenhaus nach Hause kam und wir das erste Mal einkaufen gingen, hat er sich natürlich ein paar Bier gekauft. Aber durfte 2-3 Wochen keinen Alkohol trinken aufgrund seines Unfalls.
    Als ich natürlich total angefressen war, weil er trotzdem trinkt hat er es immer abgespielt und hat dann immer irgendwelche Argumente gebracht : er meint jeder trinkt gern mal ein Bier am Abend. Die Freunde von meinen Schwestern würden ja auch ein paar Bier am Tag trinken, (wir sind Österreicher und für ihn ist das ganz normal), im Krankenhaus ist er ja untersucht worden und es ist alles OK etc etc etc
    Ich hatte da gerade Urlaub und er hat sich nach 1-2 Wochen glaub ich wegen mir zusammen gerissen. Seit ich meinen neuen Job begonnen habe ist es immer das gleiche: er macht ein Nachmittagsschläfchen und hat davor einige Bier getrunken. Er hat dann schon angefangen, bevor ich nach Hause kam die leeren bierflaschen zum Müll runter zu tragen, damit ich mich nicht aufrege. Das er jetzt arbeitslos ist und gerade Unternehmen keine Leute für seine Position suchen aufgrund corona erschwert das ganze.

    Er will einfach nicht zu geben, dass er ein Problem hat. Immer wenn ich ihn darauf anspreche ist er total böse und sagt dann: du isst ja auch die ganze Zeit süßigkeiten und das ist auch nicht gesund bla bla bla. Oder ich hab ja nichts getrunken. Aber ich merke es sofort wenn er was er getrunken hat.

    Habt ihr einen Tipp für mich wie ich weiter vorgehen soll?
    Oder wie ich es besser ansprechen kann, dass er es mal akzeptiert?

    Liebe Grüße aus Österreich und danke

  • Hallo Sophie,


    Er will einfach nicht zu geben, dass er ein Problem hat. Immer wenn ich ihn darauf anspreche ist er total böse und sagt dann: du isst ja auch die ganze Zeit süßigkeiten und das ist auch nicht gesund bla bla bla. Oder ich hab ja nichts getrunken. Aber ich merke es sofort wenn er was er getrunken hat.

    Habt ihr einen Tipp für mich wie ich weiter vorgehen soll?
    Oder wie ich es besser ansprechen kann, dass er es mal akzeptiert?

    Liebe Grüße aus Österreich und danke

    ich bin hier grade für heute am Zumachen, will Dir aber wenigstens eine kurze Antwort geben.

    Also alles was Du schreibst ist für einen Menschen, der trinken will, meistens kein Grund, damit aufzuhören. Bei manchen reichts, aber zum Beispiel bei mir, hab selbst getrunken, musste es schon noch deutlich dicker kommen. Vor allem musste es mir selbst erst mal ganz furchtbar schlecht gehen, bis ich überhaupt mald dran gedacht habe, damit aufzuhören. So ein bisschen Crash, das steckt man weg.

    Bis da hin hatte ich kein Problem mit meiner Trinkerei, aber mein Partner hatte ein Problem damit.
    Und so liest sich das, was Du schreibst, für mich eben auch. Er kann kein Problem zugeben, weil er aus seiner Sicht keines hat. Aber Du hast ein Problem. Und nur so kann die Kommunikation laufen, das Du so ein großes Problem hast, dass Du es bald nicht mehr aushälst,. Denn er hält es ja noch aus. Ob er dann was macht, steht in den Sternen. Wenn das so einfach wäre, gäbs viele Probleme weniger.

    Lies Dich hier mal durch den Angehörigenbereich, siehst ja schon an den Überschriften, dass es viele mit Deinem Problem gibt. Vielleicht bist Du dann schlauer.

    Gruß Susanne

  • Hallo, Sophie!

    Zunächst einmal möchte ich mich kurz vorstellen: Ich bin m, 57, Alkoholiker, nach mehreren Anläufen seit 12 Jahren trocken und davon seit mehreren Jahren in der Suchtselbsthilfe unterwegs.

    Von daher kann ich Dir sowohl aus eigener Erfahrung als auch von vielen Erzählungen anderer Betroffener - und Angehöriger - sagen, dass dies das typische Verhalten eines Alkoholikers ist. Einschließlich der Ausreden und Gegen"argumente".


    Lies Dich hier mal durch den Angehörigenbereich, siehst ja schon an den Überschriften, dass es viele mit Deinem Problem gibt.

    Du wirst dort vermutlich auch das Gefühl bekommen, dass jemand anderes DEINE Geschichte aufgeschrieben hat. Jedenfalls ähneln sich die Geschichten immer wieder.
    Ebenso wie die Ratschläge, wie darauf reagiert werden sollte ...

    Gruß
    Greenfox

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Hallo Sophie,

    herzlich Willkommen bei uns im Forum.

    Ich bin 50 Jahre alt und selbst Alkoholiker, trinke jetzt aber glücklicherweise schon länger keinen Alkohol mehr.

    Ich möchte mal ganz pragmatisch auf Deine Fragen eingehen:

    Zitat

    Oder wie ich es besser ansprechen kann, dass er es mal akzeptiert?


    Du hast ihn ja bereits angesprochen, wenn ich das richtig gelesen habe. Er hat reagiert wie ein typischer uneinsichtiger Alkoholiker halt so reagiert. Da erfüllt er mit seinen Reaktionen voll die klassischen Reaktionsmuster.
    Wenn Du ihn darauf noch einmal ansprechen möchtest, dann solltest Du ganz klare Botschaften senden. Sag ihm wie Du die Situation siehst, sag ihm was Du erwartest und sag ihm was Du tun wirst, wenn er diese Erwartungen nicht erfüllt. Und das alles ohne Vorwürfe und ganz ruhig und sachlich. WICHTIG: Kündige nichts an was Du nicht halten kannst oder willst und halte anschließend aber auch alles ein was Du angekündigt hast. Falls er die von Dir vorgegebenen Grenzen und Regeln nicht einhalten sollte, wovon Du ausgehen solltest.

    Zitat

    Habt ihr einen Tipp für mich wie ich weiter vorgehen soll?


    Versuche Dir darüber klar zu werden, was Du Dir wert bist. Und versuch Dir darüber klar zu werden, was Dein Leben Dir wert ist. Versuche Dein Denken auf Dich und Deine Bedürfnisse zu fokussieren und nicht auf seine. Versuche zu lernen und zu verstehen, dass er für sein Leben selbst verantwortlich ist und dass er so viel und so lange trinken kann wie er das möchte. Es ist seine Entscheidung, nicht Deine. Versuche zu akzeptieren, dass Du auf sein Trinkverhalten keinerlei Einfluss hast, spätestens dann nicht mehr, wenn er trotz Deiner geäußerten Wünsche einfach weiter trinkt und nichts verändert. Und wenn er aufgrund Deiner Intervention etwas verändert was er aber nur mit Mühe und auch nur kurze Zeit durchhält, dann versuche zu verstehen, dass er ein süchtiger Trinker ist, dem von außen (also auch durch Dich) nicht geholfen werden kann. Versuche zu verstehen, dass nur ER SELBST etwas gegen seine Sucht unternehmen kann.

    Und dann überlege Dir, ob Du Dein Leben längere Zeit oder dauerhaft an der Seite eines Alkoholikers verbringen möchtest. In dem Wissen, dass Du niemals einen Einfluss auf seinen Konsum haben wirst. Egal was Du tust, egal wie Du Dich verhälst. Und wenn Du zu der Erkenntnis kommen solltest, dass Du das alles nicht möchtest, dass Du ein selbstbestimmtes und freies Leben führen möchtest, dass Du ein zufriedenes und glückliches Leben führen möchtest, dann setze alle Hebel in Bewegung, dass Du dieses Ziel erreichen kannst.

    D. h. dann, Du holst Dir Hilfe von außen. Vielleicht in einer SHG für Anghörige, vielleicht eine gute Freundin, ein Freund, vielleicht auch ein Psychologe (könnte sein das Du Probleme mit Co-Abhängigkeit hast). Egal was Du tust, es sollte dabei immer um DICH und nicht um ihn gehen. Dein Leben, Deine Verantwortung - sein Leben, seine Verantwortung. Am Ende musst Du eine Entscheidung für DICH treffen. Wenn Du mit der aktuellen Situation (und mit der Wahrscheinlichkeit, dass es wohl noch schlimmer werden wird) leben kannst und leben willst, dann steht es Dir selbstverständlich frei so weiter zu machen. Wenn nicht solltest Du aber nicht auf ein Wunder hoffen sondern selbst aktiv werden.

    Das waren jetzt mal zusammen gefasst meine Gedanken. Ich weiß auch, dass das alles leicht daher geredet ist. Besonders dann, wenn Du tatsächlich in eine Co-Abhängigkeit gerutscht sein solltest. Es ist leider so, wenn Du nichts tust, wenn Du glaubst Du könntest ihn heilen, Du müsstest nur lange genug durchalten, Du hättest irgendwas in der Hand, dann könnte das in eine lange Leidenszeit führen. Versuch das nicht zuzulassen, das hast Du sicher nicht verdient. Lies Dir die Geschichten anderer Angehöriger hier durch. Im Grunde ähneln sich sowohl die Geschichten als auch die Wege heraus aus diesen kranken Beziehungen.

    Ich drücke Dir die Daumen und wünsche Dir alles alles Gute für Deine Zukunft. Und Deinem Partner wünsche ich, dass er vielleicht doch irgendwann selbst erkennt, dass er gerade sein Leben weg wirft.

    LG
    gerchla

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