Mein Freund trinkt viel und es belastet mich und die Beziehung

  • Hallo,

    ja ich bin schon in Therapie u.a. aufgrund meiner Beziehungsmuster. Werde da mit meinem Therapeuten am Montag auch drüber reden.
    Allerdings wurde dieses Problem ja erst vor Kurzem für mich sichtbar, davor konnte ich mein Glück nicht fassen, mal in einer so schönen Beziehung gelandet zu sein.

    Diese Woche hat er seine "alkoholfreie" Woche im Monat gemacht (will er ja einmal im Monat machen). Jetzt muss er noch 7 weitere Tage Antibiotika nehmen und ist gerade schlecht drauf weil er heute Abend ein Glas Wein bei seinen Eltern trinken wollte und ich ihm klar gemacht habe, dass das keine gute Idee mit Antibiotika ist. Er meinte, er hätte sich die ganze Woche auf das Glas gefreut..

    Ja, die Beziehung ist erst 3 Monate alt, aber mir schon sehr wichtig. Dennoch merke ich, dass ich gerade was unsere zuvor unbeschwerte Zukunftsplanung betrifft gerade auf eine Art "Pausenknopf" gedrückt habe. Denn jetzt hat er zwar eine Woche nicht getrunken und nächste Woche werde ich wegen Antibiotika wohl auch meine Ruhe haben, aber das Thema ist ja noch nicht geklärt. Und ich bin mir schon darüber bewusst, dass ich mit dem Konsumverhalten, was er die 3 Wochen zuvor und vor seiner Fastenzeit an den Tag gelegt hat unglücklich werden würde. Und somit wäre die Beziehung auch keine Schöne...

  • Was ich mich auch frage ist... Er bittet mich, ja noch ein paar Wochen abzuwarten und mir seinen Konsum quasi noch etwas anzugucken, um zu sehen, dass es unbedenklich ist. Ob ich - selbst wenn es sich jetzt einpendelt, dass er auf einem relativ normalen Konsumniveau landet - ich jemals wieder ein normales und unbeschwertes Verältnis zu seinem konsum bekommen kann.
    Nun habe ich einmal gemerkt, dass er da auf einer gefährlichen Gradwanderung sich befindet, dass er regelmäßig Alkohol missbraucht ist ja offensichtlich. Und es könnte ja jederzeit wieder mehr werden. Ich hasse dieses Gefühl, ich müsste den Konsum kontrollieren und misstrauisch jedes Glas beäugeln, da er das teilweise nicht tut.

    Er hat übrigens Probleme mit Bluthochdruck. Wir haben da gestern drüber geredet und er meinte es liegt wahrscheinlich vor allem am Stress mit seiner Arbeit. Ich habe gefragt, ob er deswegen manchmal Wein zum runterkommen abends trinkt und er meinte ja. Für ihn wäre das Entspannung und er hätte auch öfters Abends noch von zu Hause aus gearbeitet und dabei gerne Wein getrunken, quasi zur Belohnung. Dass er Alkohol als Entspannung und Belohnung empfindet, sehe ich auch als bedenklich an. :( Wir haben aber darüber geredet, regelmäßig zusammen Yoga zu machen. Vielleicht könnte sich das zu einer Alternative entwickeln...

  • Hallo Muffina,

    Also vieles von dem das du schreibst hört sich für mich alles andere als entspannt an! Was für ein Stress schon zu Beginn der Beziehung...Mich macht es immer wieder betroffen, wie Alkohol eben nicht nur den Suchtkranken runter zieht, sondern auch sein Umfeld. Das war bei mir nicht anders, meine ganze Familie hat sehr unter dieser Krankheit gelitten. Deshalb kann ich dir auch nur (wie alle anderen hier) raten, möglichst auf dich zu achten, deine Wünsche zu respektieren, deine Grenzen zu setzen.

    Eine glückliche Beziehung ist eine, wo man den anderen liebt und achtet so wie er ist, ihn nicht ändern will und auch mit seinen Fehlern leben kann. Das scheint mir bei euch nicht der Fall zu sein...Dir fällt es jetzt schon schwer mit seinem Konsum klar zu kommen, bitte gehe auf keinen Fall davon aus, dass sich das irgendwann mal beruhigt, einpendelt oder er sich für dich zusammenreisst. Vielleicht geht das eine Weile, wie bei den meisten Alkoholikern, die sich und der Welt beweisen wollen gar keine zu sein...auf lange Sicht ist aber Alkoholismus eine fortschreitende Krankheit, der Konsum wird mehr, die Abstände kürzer, dazu kommt später das Verheimlichen, Verstecken, Leugnen etc...Es wird NIEMALS einfach so besser.

    Leider muss ich dir auch ganz ehrlich sagen, dass dein Freund schon viele Anzeichen eines Problemtrinkers / Süchtigen aufzeigt: Verkrampftes kontrollieren (mit Hilfe App), eher Urlaub absagen als den Wein stehen lassen (!!!), sich nach längerer Abstinenzphase regelrecht abschiessen, unterschliedliche Begründungen für sein Trinken parat haben (Runterkommen, Freunde, Feier, Urlaub, Es-sich-Verdienen, Genuss, Lebensstil...etc etc), Kontrollverlust...


    Was ich mich auch frage ist... Er bittet mich, ja noch ein paar Wochen abzuwarten und mir seinen Konsum quasi noch etwas anzugucken, um zu sehen, dass es unbedenklich ist. Ob ich - selbst wenn es sich jetzt einpendelt, dass er auf einem relativ normalen Konsumniveau landet - ich jemals wieder ein normales und unbeschwertes Verhältnis zu seinem Konsum bekommen kann.

    Das fragst du dich zu Recht. Er hält dich im Moment hin, wie gesagt, er will dir unbedingt zeigen dass es soooo schlimm nicht ist. Ganz ehrlich: Wie klingt das für dich? Klingt das nach einem normalem Verhältnis zu Alkohol? Normal ist was du machst...ab und zu was trinken und eben die meiste Zeit nichts, nicht umgekehrt. Sich nach Regeln und Apps orientieren ist alles andere als entspannt und verlangt enorm viel an Kraft und Disziplin, das bricht auf längere Zeit ein, ähnlich wie bei einer Diät. Und dann holt man alles innerst kürzester Zeit wieder nach und konsumiert noch mehr als zuvor. Man wird nur mit einer langfristigen Lebensumstellung glücklich.

    Ich erlaube mir dir dies so zu schreiben weil ich selbst genau diesen Weg gegangen bin. Es hat Jahre gedauert bis ich zum Schluss kam, dass nur die Abstinenz mir ein glückliches Leben verspricht. Aber viele müssen diesen Weg selbst gehen. Du als frisch Angehörige kannst es dir aussuchen, ob du dir das wirklich mit ansehen willst. Bis man zur Trockenheit gelangt muss man vorher meistens sehr lange leiden, immer tiefer sinken, den Tiefpunkt erreichen. Und das dauert sehr sehr lange bei einigen und bei den meisten ein Leben lang, sie schaffen den Absprung nämlich gar nie!

    Meine Beziehung hat die Krankheit bis jetzt überwunden. Es war ein langer und harter Weg, involviert sind auch zwei Kinder. Ich bin mir nicht sicher ob ich das alles an der Stelle meines Mannes ausgehalten hätte, ich denke nicht. Er musste so viel durch machen, das ist kein Spass.

    Ich weiss dass meine Worte bei dir vielleicht gar nicht ankommen, weil du zu verliebt bist, weil du grosse Hoffnungen in diese Beziehung steckst etc...Aber vielleicht bringen sie dich zum Nachdenken. Du als Ausserstehende kannst ihn nicht zum Aufhören bringen, unmöglich. Wenn er selber nicht will kannst du nichts dagegen tun.

    LG

    Rina


  • Und es könnte ja jederzeit wieder mehr werden. Ich hasse dieses Gefühl, ich müsste den Konsum kontrollieren und misstrauisch jedes Glas beäugeln, da er das teilweise nicht tut.

    Das würde mich auch belasten. Ist aber dein Problem wenn du das Gefühl hast das zu „müssen „. Wieso musst du das ? Verstehst du was hier der Zusammenhang zur Co-Abhängigkeit ist?

    Yoga heilt bekanntlich keinen Alkoholkranken...zur Entspannung kann es aber trotzdem sehr gut tun!

  • Er hat übrigens Probleme mit Bluthochdruck. Wir haben da gestern drüber geredet und er meinte es liegt wahrscheinlich vor allem am Stress mit seiner Arbeit. Ich habe gefragt, ob er deswegen manchmal Wein zum runterkommen abends trinkt und er meinte ja. Für ihn wäre das Entspannung und er hätte auch öfters Abends noch von zu Hause aus gearbeitet und dabei gerne Wein getrunken, quasi zur Belohnung.

    Das war eine meiner (nicht nur meiner) Lieblings-Ausreden ... äh, Begründungen, warum ich mir immer mal wieder einen (und dann noch einen, und noch einen und noch einen Liter) genehmigte ...

    Sorry, aber wieviele Scheinwerfer brauchst Du noch, um zu sehen, dass ER ein Problem hat, dass Du im Begriff bist, es zu Deinem zu machen?

    Du redest es Dir immernoch schön und lebst in einer Traumwelt:

    Wir haben aber darüber geredet, regelmäßig zusammen Yoga zu machen. Vielleicht könnte sich das zu einer Alternative entwickeln...

    :lach: :sorry:

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Hallo Muffina,

    Ich bin Mitte 40, w und seit eineinhalb Jahren abstinent.

    Als ich dein letztes Posting gelesen habe, habe ich gedacht, dass hört sich so an, als ob du seine Therapeutin, Sozialarbeiterin wärst! Das hört sich nicht nach einer glücklichen Beziehung an.

    Auch wenn er von dir und von anderen als Alkoholiker eingestuft wird, so ist er doch erst mal einfach nur ein Mensch, der deutlich mehr trinkt als du und das so in Ordnung findet.

    Willst/ kannst du damit leben oder nicht?

    Bis er mit seinem Konsum an einen Punkt kommt, an dem er was ändern möchte kann es noch sehr lange dauern und es kann auch noch viel mehr werden. Und das ist allgemein gesellschaftlich absolut akzeptiert. Wenn du daran rütteln willst, kämpfst du gegen Windmühlen.

    Du kannst nichts daran ändern. Da muss er selber durch und das muss er selber entscheiden. Da kannst du mit ihm Yoga machen so viel du willst, wahrscheinlich sagt er am Ende: „Du bist ja nie zufrieden, jetzt habe ich schon mit dir Yoga gemacht, jetzt lass mich in Ruhe meinen Wein trinken.“

    Ganz ehrlich: Du willst nicht so mit ihm zusammensein wie er ist, du willst das er sich ändert.

    Er will sich nicht ändern, warum auch...

    Warum willst du mit jemandem Zusammensein, der so wenig deinen Vorstellungen entspricht. In so einem elemenstaren Bereich? Warum suchst du dir so jemanden aus?

    Jetzt sagst du: Ich will aber unbedingt genau den einen Menschen, aber ich will, dass er sich ändert...

    Versuch mal die Perspektiven zu wechseln und von anderen Seiten auf dein Thema zu gucken.

    Viele Grüße, <br />Risu

  • Hallo,

    nun melde ich mich auch mal wieder. Ich habe gemerkt, dass es mir nicht gut tut, mich zu viel mit dem Thema zu beschäftigen und habe deswegen etwas Abstand genommen. Jetzt fühle ich mich wieder bereit!

    Es hat sich vieles getan, seitdem ich das letzte Mal geschrieben habe. Ich habe mit meinem Therapeuten wegen dem Thema Co-Abhängigkeit geredet sowie ein Angehörigen-Gespräch mit der Diakonie und dem Blauen Kreuz gehabt. Mein Freund und ich haben sehr viel geredet und seine Einstellung hat sich inzwischen sehr verändert. Er ist inzwischen aus seiner Abwehrhaltung rausgekommen und gibt zu, dass sein Konsum vor allem die letzten 1 - 1,5 Jahre bedenklich wurde (ihm wäre das selbst schon vor einem halben Jahr aufgefallen) und ist motiviert, etwas zu ändern. Er hat sich selbst schon die Regeln gesetzt, alleine nicht mehr zu trinken (auch nicht alleine mit mir, wenn ich nichts trinke) und wenn wir Abends etwas vorhaben, wo getrunken wird, setzt er sich immer Ziele. Er trinkt sehr langsam, genießt mehr, trinkt mehr Wasser zwischendurch und lehnt auch oft ab, wenn Freunde oder Familie ihm nachschenken wollen. Bisher klappt das auch ganz gut-
    Entspannt bin ich immer noch nicht, was seinen Konsum betrifft, aber ich hoffe, das wird mit der Zeit besser, wenn mein Vertrauen in ihn wächst, was das betrifft. Es gab z.B. wieder einen Abend, wo er wieder etwas mehr getrunken hat. Bei Exfreunden von mir hätte ich darin kein Problem gesehen, es war für einen Freitag Abend auch noch absolut im Rahmen (1 großes Bier, 1 Sekt und 2 große Weingläser), aber bei ihm kann ich das nicht mehr so locker sehen...

    Am Donnerstag haben wir ein Gespräch beim Blauen Kreuz zusammen. Ich denke, da wird es darum gehen, Strategien für einen reduzierten Konsum zu finden, evtl. auch mit anfänglicher längerer Pause. Ich hoffe, wir finden da Strategien/Ziele, die für uns beide in Ordnung sind. So, dass ich entspannen kann aber auch so, dass er voll und ganz dahinter steht, sonst wird es langfristig schwierig. Ich werde dann auch konkret danach fragen, wie ich mit Abenden umgehen soll, an denen er trinkt. An dem besagten Freitag habe ich ihm das 2. Glas Wein quasi weggerissen und so soll es auf keinen Fall laufen. Oder auch schon mal in Bezug auf unseren Urlaub... Ich habe das Gefühl, ich brauche ganz klare Regeln und Ziele, sonst werde ich nervös. Wenn es diese Ziele gibt, vertraue ich ihm auch, dass er das einhält und kann "loslassen". An den Abenden, an denen er sich selbst Ziele gesetzt hatte (bspw. nicht mehr als 2 Weingläser) konnte ich das auch ganz gut. Und da ich weiß, dass er alleine nichts mehr trinkt, bin ich wenn ich zu Hause bin auch wieder sorgenfrei. Problematisch sind noch so "Grauzonen", wo wir noch keine Ziele, die für beide in Ordnung sind, gefunden haben.

    Ich danke euch auf jeden Fall für eure vielen tollen und gedankenvollen Antworten. Ich hatte diese meinem Freund zu lesen gegeben und man hat gemerkt, dass das etwas in ihm ausgelöst hat. Ebenso in mir.

    Viele Grüße!

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