Hallo,
auch wenn sich einige Dinge vielleicht ganz lustig (oder vielleicht sogar lächerlich) anhören mögen, so möchte ich euch bitten, mein Anliegen ernst zu nehmen.
Im Moment weiß ich einfach nicht mehr, was ich machen soll. Ich bin männlich, 34 Jahre alt und bin wieder bei meinen Eltern eingezogen (auch aufgrund der aktuellen Situation, aber auch aus anderen Gründen - ich habe einige Male versucht, allein zu leben, aber es klappt leider nicht).
Eine enge Beziehung im Sinne von Partnerschaft zu führen ist für mich absolut unvorstellbar.
Ich halte meinen Alkohol-Konsum für bedenklich, aber ein Problem dabei ist, dass das in meinem Umfeld scheinbar nicht wirklich ernst genommen wird. Zum Einen ist es so, dass viele Leute glauben, ich würde überhaupt nicht trinken, da ich meistens alleine trinke und nur hin und wieder zu gesellschaftlichen Anlässen. Außerdem versuche ich, die zusätzlichen Kalorien immer durch Sport loszuwerden. Ich trinke ca. 1 Kiste Bier im Monat, ich kann das nur auf das Monat bezogen einigermaßen genau sagen, weil ich immer wieder versuche, ein alkoholfreies Monat einzulegen. Das hat zwar im Vorjahr geklappt, da habe ich von Jänner bis März gar nichts getrunken, nach einer OP habe ich dann aber wieder angefangen. Ich vermute, dass mich die Narkose damals getriggert hat, da ich hauptsächlich trinke, um mich zu betäuben.
In der letzten Zeit hat sich aber so etwas wie eine Regelmäßigkeit eingestellt, alle 3 Tage trinke ich ca. 3 -5 Bier (halbe Liter Flaschen), meistens sind es 4 Bier. Das heißt also, dass der Konsum sich im letzten Monat verdoppelt hat.
Die Tage dazwischen laufen immer ähnlich ab, am Tag danach habe ich ein schlechtes Gewissen, am übernächsten Tag mache ich Sport und am Tag darauf gehe ich auch Spazieren. Dann trinke ich aber wieder, weil ich Angst habe, dass ich durch den Sport zu viele Muskelmasse aufbaue (das geht bei mir sehr schnell) und ich daher an Gewicht zunehme. Ich glaube, ich habe auch eine Essstörung, wahrscheinlich eine Form von Bulemie, allerdings erbreche ich nicht sondern suche anderen Ausgleich, um die überflüssigen Kalorien wieder los zu werden.
Da mein Umfeld - also mein Vater, meine Mutter, mein Bruder, mein bester Freund und zT auch mein Schwager sowie die meisten meiner Onkel - ebenfalls einen sehr "alkoholnahen Lebensstil pflegen", wie ich es immer ausdrücke, werde ich diesbezüglich nicht wirklich ernst genommen. Außerdem ist Alkohol in Form von Bier für mich immer irgendwie verfügbar. Wenn ich zu viel schnorre und mich das schlechte Gewissen plagt, spendiere ich einfach wieder einmal eine Kiste und dann ist sozusagen alles wieder gut.
Etwa seit meinem 17. Lebensjahr leide ich an Depressionen und vor einigen Jahren wurde bei mir eine selbstunsicher-vermeidende Persönlichkeitsstörung diagnostiziert. Nach einem Suizidversuch, bei dem auch Alkohol im Spiel war, kam auch die Diagnose emotional instabile Persönlichkeitsstörung dazu. Ich kann mich mit diesen Diagnosen aber nur bedingt identifizieren, was bei mir aber immer präsent ist sind die sozialen Ängste, die innere Anspannung und die Angst vor Kritik und Zurückweisung. Ich kann aber auch mit Lob nicht wirklich gut umgehen, eigentlich ist mir jede zwischenmenschliche Interaktion entweder peinlich oder ich habe Angst davor, von irgend jemandem bloßgestellt zu werden. Darum habe ich mir ein großes Maß an Allgemeinwissen zugelegt, um andere zu beeindrucken und ich habe auch viele künstlerische Talente, die ich auch dazu nutze, um Anerkennung zu bekommen. Aber im Großen und Ganzen bin ich jemand, der sich kaum etwas sagen traut und unter Alkoholeinfluss kann ich mich zumindest dazu überwinden, online zu diskutieren. Das ist mir aber dann auch immer wieder peinlich, wenn ich wieder nüchtern bin und ich versuche dann, meine Beiträge zu löschen - auch, wenn ich positives Feedback bekommen habe.
Im Großen und Ganzen setze ich mich selber immer sehr stark unter Druck, sogar bei meinen Hobbys. Wenn ich z.B. Musik mache, muss alles perfekt sein, auch wenn mir niemand zuhört. Ich habe auch Angst davor, dass mich jemand hören könnte und daher spiele ich meistens nur sehr leise, wurde aber trotzdem schon kritisiert.
Das ist einer der Punkte, warum es mit einer eigenen Wohnung noch nie geklappt hat, ich habe immer Probleme mit den Nachbarn, die entweder zu laut sind oder sich von mir gestört fühlen (aus welchem Grund auch immer, und ich gebe dann auch immer gleich nach...)
Beruflich sieht es so aus, dass ich jetzt die dritte Ausbildung angefangen habe, ich habe zwar schon zwei oder sogar drei Berufe erlernt (den dritten kann ich wahrscheinlich nicht mehr ausüben) und kann in diesen Berufen aber nicht arbeiten, weil mir das soziale Umfeld sofort zu viel wird. Ganz besonders furchtbar sind natürlich Chefs, die den Boss raushängen lassen, aber auch mit Kollegen hatte ich immer wieder Probleme, weil ich ihnen meistens nicht auf Augenhöhe begegne. Daher wurden mir auch schon Aufgaben übertragen, für die ich nicht qualifiziert bin (weil ich nicht Nein sagen konnte) und dann wurde ich kritisiert, weil ich die Aufgaben natürlich nicht erfüllen konnte.
In solchen Fällen schäme ich mich wieder für mich selbst und versuche, all die Gefühle mit Alkohol zu betäuben.
Aber in letzter Zeit trinke ich sogar, wenn es mir gut geht. Vielleicht sind wir alle in einer Ausnahmesituation und in diesem Monat war es besonders viel, aber ich bemerke auch, dass der Alkohol mir nicht gut tut.
Wenn ich nichts trinke, bin ich unruhig und schnell gereizt und ich habe auch einen sehr schlechten Schlafrhythmus, was zT wahrscheinlich auch am Trinken liegt. Außerdem gehen die Gefühle wie Scham, schlechtes Gewissen oder auch Wut auf mich selber nicht wirklich weg sondern verschieben sich nur um ein paar Stunden und schlagen dann aber mit voller Wucht zu, weil ich nach dem Trinken ja sehr verletzlich bin, da muss sich der Körper ja regenerieren, etc.
Ich bin auch in Psychotherapie und nehme Medikamente, diese sind zwar "nur" pflanzlich und sehr leicht, aber ich sollte trotzdem zu den Medikamenten nichts trinken.
Daher möchte ich komplett aufhören zu trinken, aber egal was ich auch versuche, es klappt einfach nicht!
Natürlich weiß ich, dass es der innere Druck und zT auch der Druck von außen ist, der mich dazu veranlasst, zur Entspannung ein paar Bier zu trinken. Ich habe auch versucht, zum Ausgleich Sport zu machen, aber da setze ich mich wieder unter Druck und trinke vielleicht unbewusst sogar, um keinen Sport machen zu müssen. Ich habe schon verschiedenen Systeme versucht, auch, was mir in der Therapie geraten wurde, aber irgendwie funktioniert keines davon. Außerdem war ich auch bei der Alkoholberatung, aber die hat nicht so viel gebracht. Die erste Therapeutin war viel zu nett und mir hat da der "Arschtritt" gefehlt, den ich gebraucht hätte und jetzt hat die Alkoholberatungsstelle leider geschlossen.
Wie gesagt, meistens nach drei Tagen kommt ein leichtes Craving, manchmal kann ich dem ja widerstehen, aber meistens greife ich dann zu einer Flasche Bier. Dann nehme ich mir vor, nur eine weitere Flasche zu trinken (als Jugendlicher habe ich immer nur zwei Flaschen Bier "gebraucht" und war dann auch schon stockbesoffen) und meistens kommt dann der Appetit auf eine dritte. Nach der Dritten kommt es auf meine Verfassung an, entweder sage ich mir, es ist ohnehin das letzte Mal oder ich denke, es ist eh schon egal und ich trinke dann hin und wieder noch eine vierte und - in seltenen Fällen - sogar eine fünfte Flasche Bier. Ich weiß, dass sich das für manche anhört als wäre es nicht viel und ein weiteres Problem ist vielleicht, dass ich am nächsten Tag keine Kopfschmerzen und (wenn überhaupt) nur einen leichten Kater habe, ich fühle mich nur zum Wegschmeißen, das schlechte Gewissen bringt mich fast um (auch wegen den Kalorien, denn Bier hat ja viele Kalorien). Ich trinke übrigens nur Bier und sehr, sehr selten einmal ein paar Gläser Wein, da kann ich die ersten Gläser aber genießen, weil mir der Wein schmeckt - im Gegensatz zum Bier, ich mag den Geschmack eigentlich nicht, aber ich habe noch keinen anderen Alkohol gefunden, der diesen Effekt bei mir auslöst. Es geht in erster Linie um Realitätsflucht und Betäubung, gerne auch in Kombination mit einer bestimmten Art von Musik (Doom Metal, meistens Blackened Doom oder Funeral Doom, also eine sehr hypnotische Atmosphäre, solche Musik mache ich übrigens selber auch, aber eben nur für mich). Wie ich schon sagte, mein Umfeld ermutigt mich nicht gerade zur Abstinenz, außerdem fühle ich mich "religiös" (wenn man das so bezeichnenkann) zum Neuheidentum hingezogen, ich befasse mich auch mit den Wikingern und da stößt man fast schon zwangsläufig auf das Thema Alkohol, weil es zu dieser Zeit und in diesem Kulturkreis sogar bei Ritualen getrunken wurde. Früher hatte ich sogar ein Trinkhorn, das ich aber aufgegeben habe, weil es so unpraktisch ist.
Ich hoffe, dass mir jemand, der schon weiter ist und/oder ähnliche Situationen hinter sich hat wertvolle Tipps geben kann.
Wie gesagt möchte ich komplett mit dem Alkohol aufhören, ich bin auch fasziniert von der Straight-Edge-Szene im Hardcore Punk, eine Subkultur, die absolut drogenfrei lebt, manche trinken nicht einmal Kaffee.
"Kontrolliertes Trinken" ist nichts für mich, das habe ich schon herausgefunden, auch wenn ich eine gewisse Regelmäßigkeit habe und objektiv betrachtet nicht so viel trinke.
Hoffentlich habe ich niemanden gelangweilt.
Ich wünsche allen einen schönen Sonntag, liebe Grüße aus Österreich!