Einfach nur eine ewig lange Fastenzeit ? Und danach ? Nie wieder ?

  • Hallo,

    nun habe ich mich hier auch einmal angemeldet um in dem Kreis der erfahrenen und offenen einmal Feedback und Anregungen zu bekommen.

    Ich hoffe, noch zu denen zu gehören wo der Zug fürs kontrollierte trinken noch nicht total abgefahren ist, aber das wird sich zeigen müssen. Im Moment bin ich mal wieder in Fastenzeit gegangen, meine es aber deutlich ernster am Ende nicht wieder einfach so zu trinken wie davor, das mit dem "Nie wieder" erscheint mir noch recht unwirklich krass.

    M, mitte vierzig, beruflich durchaus verantwortunsvollen Posten im geregelten Anstellungverhaeltnis, keine Probleme da alles auf die Reihe zu bringen, durchaus etwas mehr stress da in letzter Zeit, was ich vielleicht etwas mehr auch mit heimnehme als zuvor. trinkfestes berufliches und privates Umfeld. Single also stellt sich die Frage heimlich trinken eh nicht, mit der Beschaffung und Entsorgung auch keine Probleme.

    Vom Trinktyp sehe ich imich mit einer Kombination aus Genuss-Gewohnheitstrinker und Gelegenheitstrinker. Jedes für sich auf einem uU noch akzeptablen Level riskanter Alkoholkonsum, aber in der Kombination wenn die Tage ohne dann immer weniger werden...

    Gewohnheit: Ja da kommt man nun als Single heim nach einem anstrengenden und stressigen Tag, hat ordentlich was geschafft, da ist eine Brotzeit mit einem guten Kaese und einem guten Glas Wein doch gleich viel mehr ein echtes Essen als ohne den Wein. Durchweg auch eher hochwertige Weine deren Geschmack ich dann auch wahrnehme und zum Wohlbefinden beitragen, wie manch anderm das Stueck oder die Tafel Schokolade. An sich hab ich ja ne Dauerkarte fuers Schwimmbad und das ist noch abends offen... aber nach zwei drei Glas Wein ? Sonstige Hobbies finden dann auch statt wo es meist Bier oder Wein gibt (Tanzen) und da ich Cola und Co geschmaclich nicht viel abgewinnen kann, naja was bestellt man dann schon ? Lange Zeit hab ich das mit dem Glas Wein daheim eigentlich Mo-Mi eher sein lassen, in letzter Zeit hatt ich dann eigentlich konstant ne Flasche im Anbruch und die war dann eher nach zwei Tagen leer als nach dreien. Am Freitag ist die Flasche dann doch auch mal leer wenn man mal was rechtes kocht und dann a la Biolek natürlich schon am Herd am Glas nippt. Immer mal wieder ein paar Wochen Pause, wie etwa zur Fastenzeit oder nach Spitzen im Gelegenheitstrinken, so 2-4 mal im Jahr warens immer.

    Gelegenheitstrinken: Wie gesagt im Umfeld wird einiges gebechert. Unter Ingenieuren wirds bei Weihnachtsfeiern, Abschied in Ruhestand, Treffen verschiedener Abteilungen international, mit oder ohne Kunden schon gern und ausgiebig. Ja ich gehöre dann da allermeist zur Gruppe der "letzten aufrechten", und merke dann dass ich wohl auch durchs Gewohnheitstrnken eher viel gut wegstecken kann, ohne je groben Unsinn zu reden, gilt in den Kreisen ja fast eher als Qualitaet. Privat aehnlich, Familienfeste, essen im Restaurant ... bin ich auch mal schnell der, der als erster nach der Weinkarte fragt, und auch den anstoss gibt doch noch ne zweite Flasche..., denke alle ordnen mich (noch) unter riskanter Konsum ein, wenn man fragte . Aber wenn ich es ehrlich sehe gehoer ich dann von sagen wir hundert Leuten im gemischten Freunde-Familie-Beruf Kntrollgruppe wohl schon zu den Top 10. Ein paar die noch mehr saufen gibts immer ...

    Warum bin ich dann hier. Was mir zu bedenken gibt ist das mit Mitte vierzig eben auch mal der Punkt da ist wo einem die Gesundheit nicht mehr alles so verzeiht. Lange hatte ich kein Problem damit nach einem "Gelegenheitsabend" am Tag drauf aufs Rennrad oder MTB zu steigen zu einer laengeren Ausfahrt, das laesst sich letztens dann doch zeaher an.

    Nach einem Sturz vom MTB (bezeichnenderweise schon 2 Wochen in der trockenen Phase) hatte ich nun eine Zeit im Krankenhaus bis zur Schulter OP, und auch Zeit nachzudenken. Kreislaufspirenzen nach der OP liessen mich auch meinen Lebensstil hinterfragen, mittlerweile normalisierts sich aber wieder hab wohl einen der Medikamentencocktails und das Leben im Krankenhaus nicht recht vertragen. Der Narkosearzt war beim ehrlichen "2-3 Glas Wein / Abend bei Anlässen auch mal mehr" auch nicht gross beeindruckt. Auch in punkto Fitness noch in Summe nichts verloren, BMI an der Grenze von Uebergewicht zu adipös, aber durchaus in der Lage auf dem MTB 1000 Hoehenmeter raufkzukurbeln, klar gibt es immer ein paar fittere die einen überholen, aber voll links liegenlassen dann auch wieder nicht. Zu denen gehörte ich vor 3-4 Jahren auch noch, 10 Kilo weniger fahren einfach schneller den Berg hoch. Aber ich habe den Eindruck ich könnte Fitness und konsumierte Alkoholmenge in einer Grafik zusammenlegen und es wuerd recht genau zusammenhängen.

    Es gibt hier im Forum ja einige Quellen fürs kontrollierte trinken, aber viele scheinen da sehr skeptisch zu sein. Ich sehs mal ganz naiv nicht so anders als die bewusstere Ernaehrung oder gar ganz einfach als einen Teil davon, teils schon der ausschlaggebende weil nach dem dritten Glas Wein ists halt eher noch ein Käsebrot mehr als die abendliche Joggingrunde ? Wenn man die Gesamtmenge und Fitness wieder im Griff hat, sollte es doch kein Problem sein, bei Gelegenheiten auch gesellig dabei zu sein, und sich auch mal eine gute Flasche Wein zu gönnen ?

    Für daheim bin ich jetzt erst einmal beim Tee, da gibts ja echt Sachen, die auch alle irgendwie interessant schmecken im Gegensatz zu dem süsskram in Flaschen. In Summe merk ich einfach dass der Alkohol in den Mengen meinem Koerper nicht guttut und wuerde drum eigentlich gern beide Modi wieder auf ein niederes Level zurückschrauben. Tagebuch führen ? Feste Ziele festlegen ? Bin ich hier noch zu früh und soll mich erst ab einer Flasche pro Abend wieder melden wenns mir dann echt mies ginge ?

    stark am kopf kratz'

    Charly

  • Hallo, Charly!

    Herzlich Willkommen hier im Forum :welcome:

    Ich bin m, 56, Alkoholiker und nun schon ein paar Jahre trocken und in der Suchtselbsthilfe unterwegs.
    Auch ich war damals Single und vermeintlicher Genusstrinker (so hätte ich mich jedenfalls eingeschätzt). Und auch ich habe ähnliche Argumente ::) wie Du gebraucht: habe doch alles im Griff, es gibt Andere, die viel mehr saufen, kann ja auch Mal ohne, etc pp blabla ...

    Ja, und dann ging es "plötzlich" nicht mehr ohne Trockenzeiten, dann kam ich ins schlingern. Und zwar mächtig. Dann bräuchte ich im Endeffekt mehrere Anläufe, um aus diesem Sumpf der Sucht - wo ich früher immer dachte, dass MICH das nie erwischen kann - wieder rauskomme.

    Aber das war MEIN Schicksal. Lies Dich hier erstmal durch und schau selbst, was zu Dir passt.
    Ansonsten empfehle ich Dir noch unsere Linksammlung und unsere "Literatur-Ecke" im Bereich "Selbstbild/Therapie" (Sorry, ich schreibe vom Tablet, deshalb kann ich es nicht verlinken). Dort finden sich viele weiterführende Informationen zum Thema.

    Gruß
    Greenfox

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Zitat

    stark am kopf kratz'

    Moin Charly,

    ich bin erstaunt, dass es immer wieder Menschen gibt, die genauso denken wie ich vor längerer Zeit auch einmal. Erst einmal herzlich willkommen hier und schau dich um. Es ist nicht ganz so einfach, seinen eigenen Weg zu finden. Nachdem ich immer wieder pausiert habe, aber leider dann doch wieder an einem Punkt ankam, wo mir mein Gewissen sagte, dass ich mich doch eigentlich selbst belüge, habe ich den Entschluss gefasst, ganz auf den Alkohol zu verzichten. Hätte ich die Auswirkungen vorher gewusst, dann hätte ich es schon Jahre eher gemacht. Genuss geht auch ohne Alkohol. Sehr gut sogar. Und ich finde nur noch Vorteile im „Nichttrinken“.

    Ich wünsche dir einen guten Austausch hier.

    LG Betty

    Auf dem Weg zu mir lerne ich mich immer besser kennen. <br />Ich habe Freundschaft mit mir geschlossen und freue mich, dass ich mir begegnet bin.<br /><br />Ich bin lieber ein Original als eine herzlose Kopie.

  • Liebe Betty, lieber Greenfox,

    Danke für Eure Antworten.

    Ich habe hier schon einiges gelesen auch in meiner Zeit im Krankenhaus und auch anhand dessen eingesehen, dass ich mich bie den hier geschilderten "Karrieren" wohl schon bei einem sehr kräftigen mittelgrau einordnen würde. Nun sind all die, die hier viel hilfreiches posten, dann ja schon durch die ganz dunkle Zeit gegangen, teils mehrfach, und ich frage mich, muss man da einmal durch um den Entschluss zu fassen, wenn die Feststellung der Einschränkung der Fitness allein zu einem so radikalen Entschluss nicht reicht? Die ehrlichen Schilderungen von Gerchla, greenfox und anderen sowie was man eben gelegentich an der Supermarktkasse so sieht macht mir aber schon klar, dass ich auf jeden Fall auf diese ganz dunkle Zeit ganz verzichten möchte !

    Gibt es hier auch Erfahrungen von dunkelgrau auf 0, oder eben von dunkelgrau zurück auf heiter bis wolkig ? Nun sollte es Menschen geben denen dies gelungen ist, sind sie wohl eher nicht hier im Forum ? Ein guter Freund meiner Schwester etwa hat es für sich so geregelt, dass er nur auswärts trinkt, und ganz klar nie für sich allein, und das scheint für ihn zu funktionieren (nein er geht deswegen nicht täglich in die nächstgelegene Kneipe um dann auswärts zu sein).

    Aber ja, ich werd mich mal durch die Links arbeiten, ob da was für dunkelgrau dabei ist.

    Charly

  • nixweiss0

    Grau hat ja viele Schattierungen. Ich denke, es ist sehr subjektiv ab wann denn dunkelgrau ist. Das musst du für dich selbst herausfinden. Dann, wenn es für dich nicht mehr passt, dann musst du etwas unternehmen. Ich kann dir sagen: Alles geht - und das absolut toll - auch ohne Alkohol. Ich feiere heute sehr lustig, sehr ausgelassen, ganz intensiv ohne Alkohol. Ich habe allerdings einen wunderbaren Vorteil: Ich weiß warum ich wann lache, ich kann mich auch noch daran erinnern am nächsten Tag, ich habe keinen Kater (außer meinem Hauskater, der mit mir schmust). ;D
    Das hat zur Folge, dass ich nach einem Fest immer noch fit und fröhlich bin. Und - ich habe kein schlechtes Gewissen. Für mich sind diese Vorteile sehr nutzbringend und außerordentlich lebens- und liebenswert.

    Bis dahin. Ich wünsch dir erst einmal viel Erfolg für deine Einordnung.

    Gruß Betty

    Auf dem Weg zu mir lerne ich mich immer besser kennen. <br />Ich habe Freundschaft mit mir geschlossen und freue mich, dass ich mir begegnet bin.<br /><br />Ich bin lieber ein Original als eine herzlose Kopie.


  • Hallo,
    ...Ich hoffe, noch zu denen zu gehören wo der Zug fürs kontrollierte trinken noch nicht total abgefahren ist...
    ...Es gibt hier im Forum ja einige Quellen fürs kontrollierte trinken, aber viele scheinen da sehr skeptisch zu sein.... Ich sehs mal ganz naiv nicht so anders als die bewusstere Ernaehrung...
    stark am kopf kratz'
    Charly

    Hallo Charly,
    ich bin Britt, Mitte 50 und Alkoholikerin. Zur Zeit mache ich eine ambulante Suchttherapie.
    Ich bin ein absoluter Gegner des kontrollierten Trinkens. Lebenslange Abstinenz ist und bleibt das Beste, was ich als Alkoholikerin erreichen kann.
    Alkoholismus ist eine chronische Krankheit. Ich bin alkoholabhängig (da beißt die Maus kein Faden ab..), werde also immer (rückfall) gefährdet sein.
    Ich möchte dir nicht zu Nahe treten, aber KT mit Fastenzeit oder bewusster Ernährung gleichzusetzen zeugt in der Tat von Naivität.
    Ich wünsche dir immer die für dich richtigen Entscheidungen
    lg Britt

    ~ bevör ik mi nu opregen deed, is dat mi lever egaal ~

  • Hallo Charly,

    nachdem jetzt sich jetzt ein längerer Text vom mir an Dich eben ins Nirvana verabschiedet hat will ich nur noch mal ganz kurz folgendes schreiben:

    Wo Du gerade stehst, also bezogen auf eine Alkoholsucht, kann Dir wahrscheinlich keiner genau sagen. Du hast ein großes Problem, das ist sicher. Du würdest Dir anderfalls wohl auch nicht solche Gedanken über Deinen Konsum machen.

    Du bist (noch) an eine Punkt, wo Du Dir nicht vorstellen kannst ohne Alkohol zu leben. Dein Argument ist der Genuss, der Geschmack, der Dir durch ein Leben ohne Alkohol verloren gehen würde. Andereiseits bemerkst Du aber auch schon die unschönen Nebenwirkungen, die ein zu hoher Alkoholkonsum mit sich führt. Aber Du bist noch in der Lage Dir das schön zu reden bzw. es irgendwie passend machen zu wollen.

    Ich kenne das, ich tat das auch. Wenngleich meine Argumente mir gegenüber andere waren als Deine. Aber diese Denke ist ziemlich normal auf dem Weg in eine Sucht.

    Ob Du jetzt bereits süchtig bist oder eben noch nicht, ich weiß es natürlich nicht. Ich persönlich bin davon überzeugt, dass kontrolliertes Trinken, was Du ja sehr gerne möchtest (ich wollte das übrigens auch und habe es mehrmals versucht) nicht mehr funktioniert wenn man bereits süchtig ist. Da kann es mal eine Zeit lang gut gehen, auf Dauer jedoch funktiort es wohl nicht mehr. Falls Du aber noch nicht süchtig sein solltest, könnte es ein Weg zurück zu einem moderaten Trinkverhalten sein. In wieweit Du das jedoch einfach so "nebenbei" hinbekommst oder ob Du dazu nicht besser an einem richtigen Programm für KT teilnehmen solltest, bleibt natürlich Dir überlassen.

    Was Du auch mal ausprobieren könntest wäre ein längerer kompletter Verzicht auf Alkohol, jedoch ohne den Anspruch nie mehr trinken zu wollen, denn das kannst Du Dir ja nicht vorstellen. Vielleicht versuchst Du mal einen richtig langen Zeitraum von, sagen wir mal 3 Monaten oder warum nicht sogar 6 Monaten komplett ohne Alkohol zu verbringen. Danach kannst Du ja wieder trinken, ganz wie Du das möchtest. Und dann schaust Du mal, was da so abgeht bei Dir / in Dir / mit Dir.

    Wenn Du das ohne Probleme hinbekommst dann könnte das ein Zeichen dafür sein, dass Du noch nicht süchtig bist. Wenn es Dir aber schwer fällt, Du kämpfen muss, Du ein permanentes Gefühl des Verzichts empfindest, dann könnte das ein Zeichen für eine Sucht sein. Wenn Du es erst gar nicht schaffst, dann sowieso. Ein Mensch, der kein Alkoholproblem hat kann ohne weiteres und ohne groß Gedanken daran zu verschwenden mal ein paar Monate keinen Alkohol trinken.

    Und ich denke Du solltest Dir darüber im Klaren sein, dass Du selbst wenn Du noch nicht süchtig sein solltest, große Erfahrung mit der Wirkung des Alkohols hast. Du weißt wie das Zeug funktioniert und wann und wozu man es am besten einsetzen kann. Und das wirst Du auch nie mehr vergessen. D. h. eine Gefährdung vor allem in stressigen, in sehr schwierigen Lebenssituationen auf die Wirkung des Alkohols zurück zu greifen ist bei jemanden der lange Jahre Missbrauch betrieben hat m.E. immer höher als bei jemanden der nie ein Problem mit Alkohol hatte. Selbstverständlich können auch sehr positive und glückliche Momente den dringenden Wunsch nach Alkohol auslösen, z.B. wenn etwas ganz großes ganz positiv abgeschlossen wurde (man sozusagen einen Grund zum Feiern hat) und man sich dann mit einem guten Glas Wein belohnen möchte. Je nachdem wie Du das Zeug eben vorher "eingesetzt" hast. Sei sicher, Dein Hirn hat das abgespeichert. Wachsam wirst Du also immer sein müssen.

    Alles Gute und ich wünsche Dir, dass Du Dir Klarheit verschaffen kannst.

    LG
    gerchla

  • Hallo Charlybrown,

    Zitat von “Charlybrown“

    Ich hoffe, noch zu denen zu gehören wo der Zug fürs kontrollierte trinken noch nicht total abgefahren ist, aber das wird sich zeigen müssen.


    Auch wenn mein Weg mit Alkohol ein völlig anderer war/ist, wie Deiner – ich würde Dir von Herzen wünschen, dass Du nicht zu den Betroffenen gehörst, die eine, meist irreversible Suchtmittelabhängigkeit aufweisen.

    Glücklicherweise für die Menschheit ist die Anzahl der Missbraucher und Hochrisiko-Trinker sehr viel höher, wie die der tatsächlich bereits Süchtigen. Unglücklicherweise erkennen viele Missbraucher und Hochrisiko-Trinker die Gefahr, in eine manifestierte Abhängigkeit zu gleiten, nicht genauso wie Du.

    Die ursprünglichen Gründe, wie Genuss und Gelegenheit/Geselligkeit usw., spielen erst eine Rolle, wenn es darum geht, abstinent bleiben zu wollen, und Risikosituationen nach Möglichkeit meiden zu können.
    Einige Anzeichen Deiner Trinkgewohnheiten sprechen sehr dafür, dass Du eine Tendenz zu süchtigem Trinken aufweist. Eine Abhängigkeit entwickelt sich oft schleichend, und dafür gibt es meist auch deutlich sichtbare Auffälligkeiten: Sozialer Rückzug und/oder speziell fürs Trinken aufgesuchte Geselligkeit, Vernachlässigung der eigenen Bedürfnisse (körperliche Fitness, Vernachlässigung von Hobbies, bei denen es keine Möglichkeit zum gleichzeitigen Konsumieren des Suchtmittels gibt, Vorratshaltung, der Einbruch von festen Vorsätzen (heute nicht zu trinken), u.v.a.m.)

    Ich finde es toll, dass Du jetzt für Dich erkannt hast: Die Gesundheit, besonders aber auch eine ggf. ohnehin vorhandene hohe Toleranzbildung für das Suchtmittel, verzeiht irgendwann nicht mehr.
    Schaffst Du zu dem Zeitpunkt, an dem Du jetzt stehst, den Absprung in ein moderates und/oder abstinentes Konsumverhalten nicht, dann wird Dir später höchstwahrscheinlich nur noch eine der Optionen bleiben: Die absolute Abstinenz.

    Wenn Du Dich über Kontrolliertes Trinken informieren möchtest, dann empfehle ich Dir diese Seiten.
    Suchtkranke, wie Du sie mehrheitlich hier im Forum antreffen wirst, können in aller Regel keine Kontrolle mehr beim kleinsten Kontakt zu ihrem Suchtmittel ausüben.
    Logischerweise aber waren die Versuche, es damit (meist aber nicht nach der definierten Methode nach Prof. Körkel!) zu probieren, und wieder zu einem moderaten Konsum von Alkohol zurückfinden zu können, von Vorneherein zum Scheitern verurteilt. Weil eben bereits eine Suchtmittelabhängigkeit bestand.

    Niemand wird Dir ein fachliche Diagnose erstellen können, „wo“ Du tatsächlich stehst.
    Alles, was man dazu schreiben kann, das ist, dass die Grenze zwischen Missbrauch und Abhängigkeit sehr individuell, sehr fließend und sehr verschwommen ist.

    Zitat von “Charlybrown“

    Bin ich hier noch zu früh und soll mich erst ab einer Flasche pro Abend wieder melden wenns mir dann echt mies ginge?


    Auf keinen Fall ist es zu früh, darüber nachzudenken und auf die Warnsignale des Körpers und der Psyche zu achten!
    Dir selbst gegenüber ist es natürlich verantwortungsvoll, wenn Du jetzt nicht weiter auf Risiko gehst, sondern einfach auch mal die „andere Seite“, eben die abstinente ausprobierst.
    Wenn sie Dir guttut und Du vielleicht sogar feststellst, dass Dir absolut nichts fehlt, wenn Du keinen Alkohol mehr konsumierst, dann würde alles dafür sprechen, ihn auch zukünftig wegzulassen.

    Zitat von “charlybrown“

    Gibt es hier auch Erfahrungen von dunkelgrau auf 0, oder eben von dunkelgrau zurück auf heiter bis wolkig ? Nun sollte es Menschen geben denen dies gelungen ist, sind sie wohl eher nicht hier im Forum ?


    Ja, diese Erfahrungen habe ich bei anderen Betroffenen, die an dem Punkt standen, an dem Du jetzt angekommen bist, schon miterlebt, bzw. nehme ich immer noch an diesen Erfahrungen teil.
    Da die Sucht meist nur aufgrund sehr einschneidender und gravierender Konsequenz in ihrer Folge zum Stillstand gebracht werden kann, und da niemand im Voraus die Entwicklung voraussehen kann, beruhen alle gemachten Erfahrungen auf „Selbstexperiment“. Bei manchen geht das gut aus, bei anderen schlecht.

    Die Betroffenen, bei denen eine erfolgreiche Rückkehr zu einem moderaten, oft sogar sehr, sehr seltenen Konsum von Alkohol gelungen ist, haben hier im Forum anfangs zwar gepostet, sind aber hier nicht mehr anzutreffen.
    Eigentlich logisch: Sie haben ja bei genauer Betrachtung kein „Problem“ mehr mit dem Alkohol.

  • britt, Gerchla, Dietmar,

    auch Euch Vielen Dank für die ausführlichen Antworten, auch Betty für die zweite !

    Die "andere Seite" ausgiebiger ausprobieren klingt gut, zumal ich sowieso den Erfolg der OP sowohl von der Verheilung her als auch von den Folgen beschwingter Missgeschicke nicht gefaehrden mag, und das kann noch eine Weile dauern. Da diesmal nun die Fastenzeit nicht Ostern wieder zu beenden ist also sowieso besser.

    Ich weiss es sollte eigentlich kein Grund sein, aber fürs trinkfeste Umfeld ist das erst einmal auch eine einfache Begründung warum man nun mit der Apfelsaftschorle anstoesst.

    Vielleicht muss ich am Ende um den Sturz vom Rad dankbar sein, da er mir die Zeit gab, mal über einiges nachzudenken.

  • Hey Charlybrown :)

    Herzlich Willkommen hier!
    Ja, auch ich lese mich selber etwas in deiner Geschichte.

    Kurz zu mir:
    Vor eineinhalb Jahren wurde mir das erste Mal richtig bewusst, dass ich wohl ein Alkoholproblem habe. Ich habe damals ca. 3 Monate aufgehört zu trinken, dies mehr weil es von meinem Exfreund erwartet wurde, nicht weil ich es wirklich wollte. Als die Beziehungsgeschichte dann eh zu Ende war, hatte ich keinen Grund mich weiter zur Abstinenz zu zwingen, entschied kontrolliert wieder anzufangen. Kontrolliert war der Konsum so etwa 2 Wochen lang, dann uferte ich wieder aus, resp. die Trink-Ausnahmen wurden immer häufiger, ich trank in kurzer Zeit mehr als vorher.
    Am 22.01.19 habe ich aufgehört weil ICH es wollte.
    Auch ich war keine Alkoholikerin wie man sich dies allgemein vorstellt. Ich habe eine führende Stellung, treibe sehr viel Sport (bestreite sogar Hindernisläufe), bin sozial gut vernetzt und habe wegen der Trinkerei nicht ein einziges Mal gefehlt im Büro.
    Dennoch bin ich Alkoholikerin. Wenn ich anfange zu trinken kann ich einfach nicht aufhören, ein genussvolles Glas geht bei mir nicht.

    Ob du auch bereits so weit bist, kann und will ich auch nicht beurteilen.
    Du wirst es selber herausfinden wenn dein Weg das kontrollierte Trinken sein soll. Ich habe auch ein sehr trinkfestes Umfeld. Nach meiner Einschätzung sind da die einen oder anderen die sich suchtgefährdet verhalten, viele Andere aber auch die das kontrollierte Trinken absolut im Griff haben.
    Ich finde es gut, dass du dir diese Gedanken machst, dein Handeln hinterfragst. Wieso nicht einfach das Fasten etwas in die Länge ziehen? Einige gesundheitliche Aspekte sprechen bei dir sehr dafür, oder? Deine OP, dein BMI...

    Gerchla hat gut beschrieben wie das funktioniert mit dem Suchtgedächtnis. Wenn dieses bei dir quasi schon startklar festsitzt, dann wird das kontrollierte Trinken nicht funktionieren und ich hoffe für dich, dass du dann ehrlich zu dir selber bist, dir und deiner Gesundheit zuliebe auf jeglichen Alkohol verzichtest.

    Zitat

    Ich kann dir sagen: Alles geht - und das absolut toll - auch ohne Alkohol. Ich feiere heute sehr lustig, sehr ausgelassen, ganz intensiv ohne Alkohol. Ich habe allerdings einen wunderbaren Vorteil: Ich weiß warum ich wann lache, ich kann mich auch noch daran erinnern am nächsten Tag, ich habe keinen Kater (außer meinem Hauskater, der mit mir schmust). ;D
    Das hat zur Folge, dass ich nach einem Fest immer noch fit und fröhlich bin. Und - ich habe kein schlechtes Gewissen. Für mich sind diese Vorteile sehr nutzbringend und außerordentlich lebens- und liebenswert.

    Bis dahin. Ich wünsch dir erst einmal viel Erfolg für deine Einordnung.


    Diesen Text von Betty möchte ich so mit unterschreiben :sun:

    Alles Gute
    Liv

  • Auch ich war keine Alkoholikerin wie man sich dies allgemein vorstellt. Ich habe eine führende Stellung, treibe sehr viel Sport (bestreite sogar Hindernisläufe), bin sozial gut vernetzt und habe wegen der Trinkerei nicht ein einziges Mal gefehlt im Büro.
    Dennoch bin ich Alkoholikerin. Wenn ich anfange zu trinken kann ich einfach nicht aufhören, ein genussvolles Glas geht bei mir nicht.

    Ja, im Allgemeinen verbindet man mit dem Wort "Alkoholiker" sofort die Typen, die vor dem Bahnhof, den Kaufhallen, Spätis oder in den Parks etc mehr liegen als sitzen, sich vollpinkeln und vor sich hinstinken ...
    Dabei sind das nur die Extreme. Aber wegen denen ist das Wort derart negativ besetzt und alle tun sich so schwer, sich als Alkoholiker zu sehen/akzeptieren. Und deshalb wird oft erst zu spät angefangen, über Hilfe nachzudenken ...
    "Ich kann ja kein Alkoholiker sein - ich sitze ja nicht auf der Straße, ich trinke ja nur die guten Sachen und nicht nur die billige Plörre, gehe ja (noch) arbeiten ..."
    Alkoholiker finden sich in allen gesellschaftlichen Schichten - und nicht nur im Penner-Milieu ...

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

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  • kookie, greenfox, vielen Dank fuer Eure Beitraege.

    ich habe derweil noch fuenf andere Tees und doch auch mal diverse Fruchtsaefte gekauft fuers Osterwochenende und danach, der Verzicht aufs Glaeschen Wein faellt im Moment einmal nicht sonderlich schwer, aber der Teufel der Versuchung wird schon noch kommen.

    schoene Ostertage allen

    Charly

  • Moin Charly,

    dann wünsch ich dir mal saftige Ostertage und da es dir ja wohl auch ganz gut geht, dass es so bleibt. Mach dir schöne Tage "ohne", denn das macht wirklich Spaß.

    Alles Gute und bis dahin mit Grüßen aus dem Norden von

    Betty :sun:

    Auf dem Weg zu mir lerne ich mich immer besser kennen. <br />Ich habe Freundschaft mit mir geschlossen und freue mich, dass ich mir begegnet bin.<br /><br />Ich bin lieber ein Original als eine herzlose Kopie.

  • Hallo zusammen,

    wollt mich nur mal wieder melden.

    Nachdem ich auch mal dazu gekommen bin den Freund der nunmehr nur zu Anlässen auswärts Alkohol anrührt und das ganz gut hinbekommt zu interviewen, kam der mir der Beobachtung, dass ihm längere Pausen eher nix gebracht hatten, eher im Gegenteil, er dann danach schnell wieder auf dem alten Level war oder dann auch gar drüber war. Also eine Art Jojo-Effekt der Trinkpausen, und das liest man ja durchaus auch in andern Schilderungen hier.

    Daraufhin fand ich nun auch das Experiment fordernd, ob nun ein wenig trinken und wieder aufhören si easy geht, das hatte ich sonst eher nicht so gehalten, sondern Ende des 'Ramadan' war dann auch immer irgendwie ein Anlass.

    Nun was soll ich sagen, es geht. Leider für alkoholaffine Singles gibt es ja nicht viele Läden die überhaupt brauchbaren Wein in halben Flaschen haben und die wos gibt, da ist die Auswahl auch sehr begrenzt, dennoch in meinen Augen eine gute Alternative.

    So die Kontrolle verlieren, dass ich dann noch einmal los zur Tanke oder so das hatte ich eher nie, aber wie schon geschrieben am Wochenende wurd die Flasche auch schonmal leer wenn sie dann mal offen dastand.

    Also gesagt getan, am 30.4. einmal so eine 0.375 zu was feinem zu Essen besorgt und durchaus genossen, und das wars dann auch wieder.

    Ich muss schon feststellen dass nun am wochenende drauf das Teufelchen wieder etwas lauter wurde mit dem hat doch letztens auch nicht wehgetan und ist sehr lecker, aber das Vernunft-Engelchen hat da, wenn auch nicht ganz mühelos, doch souverän gesiegt. Ich verstehe also schon das 'KT zu anstrengend, besser gar nicht dran denken' - Argument. Auch ein zwei Gelegenheiten auswärts, wo die andern locker das Bier in der Hand hatten und ich eine Johannisbeerschorle hab ich also überlebt.

    So hab ich mir denn die Reduktion überlegt im vorher-nachher

    beliebige Tage: halbe Flasche --> 0
    ein Tag vor arbeitsfrei (also entweder Fr oder Sa oder vor Feiertag) Flasche --> 0.375
    Gelegenheiten: einfach nicht jede Runde mittrinken / auch mal ein Wasser ordern.

    Aber solang da mit der Schulter noch am werden ist, sollen es wenn dann ganz seltene Versuche mit den kleinen Flaschen bleiben.

    Soweit der Plan, schaun mer mal

    Gruss

    Charly

  • Es würde mich ehrlich interessieren, wie weit Du mit Deinem Plan kommst - wenn Du ehrlich bist/bleibst.
    Natürlich hoffe ich für Dich, dass es funktioniert, aber Du hast es schon selbst angesprochen: KT ist auf Dauer zu anstrengend. Vielleicht aber nur für Weicheier wie mich ...

    Gruß
    Greenfox

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Hallo Charly,

    schön, dass Du uns hier von Deinen Erfahrungen berichtest. Ich würde mich freuen, wenn Du das weiterhin ab und an machen würdest. Ob das was Du gerade tust von Erfolg gekrönt sein wird oder ob Du in ein paar Wochen / Monaten wieder da bist wo Du vorher warst (oder auch ein neues Level erreichst), wird die Zeit zeigen.

    Tatsächlich ist es mir in meinen Suchtanfängen auch sehr gut gelungen, reduziert zu trinken, quasi auch mal ein normales oder schon "unterdurchschnittliches" Trinkverhalten an den Tag zu legen. Das war zu der Zeit, als ich noch nicht heimlich trank und meine Frau mich darauf ansprach, ob es nicht zu viel sei, wenn ich jeden Tag EIN Feierabendbier tränke. Des lieben Friedens Willen habe ich dann halt nur mal eines oder zwei Biere in der Woche getrunken. Mit ähnlichen Erfahrungen die Du schilderst, nämlich dass da jemand flüsterte, das es doch gar nicht schlimm ist ein Bier am Tag zu trinken und dass ich mir das nicht nehmen lassen sollte usw.

    Führte letztlich dazu, dass ich nach ein paar Wochen wieder im alten Fahrwasser war und meine Frau mich erneut ansprach. Auf die Länge gesehen umging ich diese "Problematik" dann dadurch, dass ich einfach heimlich trank. Da gab es dann keinen Grund mehr für sie mich anzusprechen und ich bekam was ich wollte bzw. brauchte. Damals auf noch sehr niedrigem Niveau aber halt schön süchtig.

    Wie das bei Dir ist wirst Du erleben. Falls es schief geht wünsche ich Dir, dass Du ehrlich mit Dir selbst sein kannst und wirklich auch die richtigen Konsequenzen ziehst. Je früher desto besser und auch einfacher. Ich wünsche Dir wirklich das Du das dann erkennst. Viel mehr wünsche ich Dir aber, dass Du erst gar nicht betroffen bist und künftig ab und an mal ein Glas Wein genießen kannst ohne dass da jemand auf Deiner Schulter sitzt und "meeeeehr" brüllt. Aber sei wachsam und mache nicht den Fehler (wie ich) Dich selbst zu belügen.

    Übrigens, die Erfahrung, dass man nach Trinkpausen mehr trinkt als vorher habe ich auch gemacht. Mehrmals. Es war so, als ob ich einen Freibrief hätte jetzt erst mal richtig zuzuschlagen. Mit gutem Gewissen, weil ich mir ja bewiesen hatte, dass ich kein Problem habe. Ich konnte ja verzichten oder reduzieren. Es war, als ob ich kompensieren wollte was ich verpasst hatte. Mit der Folge, dass mein dauerhaftes Trinkniveau nach jeder längeren Pause anstieg und auch gesteigert blieb.

    Also, wenn aufhören, dann richtig und wirklich dauerhauft. Aber soweit bist Du ja noch nicht. Nur denke daran, lüg' Dir nicht in die eigene Tasche wenn Du merkst, dass Du das Zeug mehr brauchst als Dir lieb ist.

    Alles Gute und ich würde mich freuen, ab und an von Dir zu lesen. Idealerweise natürlich nur Positives, aber im anderen Fall sind wir natürlich auch gerne für Dich da.

    LG
    gerchla

  • Hallo Charly,
    Auch wenn dir dieses Experiment viel abverlangen wird, viel Erfolg dabei!
    Allerdings wünsche ich mir, dass du hier NICHT berichtest, wie toll alles läuft. Ist natürlich dein Thread und deine Entscheidung.
    LG Britt

    ~ bevör ik mi nu opregen deed, is dat mi lever egaal ~

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