Hallo,
ich bin Tochter einer alkoholkranken Mutter und eines Co-abhängigen Vaters. In den letzten Monaten beschäftigt mich aus gegebenen Anlass immer öfters, wie Angehörige eigentlich mit dieser ständigen Bedrohung umgehen können, dass der trinkende Angehörige sterben könnte. Ich bin heute 50 jähre und ich erinnere mich, dass mich selbst als Kind schon diese Angst in den Klammern hatte, dass meine Mutter entweder durch das Komatrinken stirbt, einen Autounfall verursacht oder sich in suizidaler Absicht selbst das Leben mit Alkohol etc. nimmt. Immer wieder war meine Mutter auch ganz verschwunden, und niemand wusste wo sie war. Schon als Kind rief ich mehrfach den Rettungswagen, da sie so schwer betrunken war, dass ich Angst hatte, dass sie nicht mehr aufwacht.
Ich habe mich seit meinem Erwachsenenleben sehr von meinen Eltern distanziert, und wohne immer noch 1000km von ihnen entfernt. In den letzten Jahren häufen sich allerdings wieder die Krisensituationen in denen ich mich involviert und verantwortlich fühle. Mein Vater ist jetzt selbst immer wieder schwer krank und kann nicht mehr auf sie "aufpassen". Das heisst, es kam nun schon mehrfach vor, dass er im Krankenhaus lag und meine Mutter (heute 75 Jahre) sich den Alkoholexzessen hingab, allerdings mit Folgen. Einmal fiel sie die Treppe herunter und brach sich die Schulter, ein anderes mal riefen die Nachbarn den Rettungswagen, da sie sie bewusstlos aufgefunden hatten. Das letzte Drama war vielleicht das extremste, da sie mit dem Auto fortfuhr und für mehrere Tage verschwunden war. Sie wurde polizeilich als vermisst gesucht und wurde im Ausland in einem KH gefunden, da sie dort einen Autounfall betrunken verursachte.
Wenn ich dann bei meinen Eltern wegen diesen Krisen bin merke ich, dass ich in die alte Muster verfalle, ich suche nach Flaschen, ich versuche die Situation zu kontrollieren, ich bin angespannt und habe Alpträume. Eigentlich als sei ich nie weggewesen. Meine Mutter lehnt mich ab und beschimpft mich, weil ich ja die Böse bin, die sie am Trinken hindern will und alle anderen Schuld sind. Mein Vater tut sich selbst leid und hasst sei Leben mit seiner Frau.
Wieder zuhause habe ich Schuldgefühle, als sei ich verantwortlich, dass nichts Schlimmes passiert und versuche durch Kontakt mit meinem Vater herauszufinden wie die Lage ist.
Ich kenne die Sätze von Al-Non, wie "ich kann es nicht kontrollieren, die trinkende Person ist alleine selbstverantwortlich....... man muss ich um sich selbst sorgen...", dennoch meine Frage ist, wie geht Ihr mit dem drohenden Tod eines trinkenden Angehörigen um?
Ich merke, dass das "loslassen" sehr schwierig ist, wenn man das Gefühl hat, dass das ganze vielleicht nicht gut ausgeht. Dass man keinen Frieden schliessen konnte, dass die Hoffnung auf etwas was man nie hatte nicht erfüllt wurde.
Vielen dank fürs lesen,
Poepinna