Hallo zusammen!
Mein Name ist Claudia, ich bin 40 (fast 41) Jahre jung, Mutter von 2 Kindern (10+15) und lebe in einer Partnerschaft.
Wie fängt man an, etwas zu erklären, das man selbst noch gar nicht richtig begreift? Ich habe schon immer gerne getrunken. Als Teenie in der Disco, mit Freunden auf Partys, aus Ärger über meinen Ex-Partner. Ihr kennt die Anfänge, es braucht ja noch nicht mal richtig einen Grund.
2014 ist mein Dad umgezogen, mit seiner Frau und Schwiegermutter, und ich habe gemerkt das mein Dad nicht mehr richtig fit ist. Mein Dad lebte 70km einfach von mir entfernt, und aufgrund seines schlechten Zustandes bin ich bis Mai 2016 jede Woche zu ihm gefahren um ihm beim einkaufen zu helfen (meine Stiefmutter hat noch Vollzeit gearbeitet, Schwiegermutter litt unter Demenz). Es war eine schöne und sehr intensive Zeit. Wir hatten unsere Rituale, ich hol ich morgens an der Käsetheke ein, dann laufen wir durch den Supermarkt während ich ihm die Sachen hole die zu weit oben waren, an der Kasse hab ich das Band bestückt während mein Dad von den Problemen mit seiner Schwiegermutter erzählt hat (nichts dramatisches). Dann hab ich das Auto vollgepackt, während mein Papa meine Leberkäsbreze, seinen Kuchen und 2 Tassen Kaffee geholt hat. Dort saßen wir dann gemütlich und haben uns über die vergangene Woche unterhalten. Dann ab ins nächste Geschäft, wo mein Dad mir auch meinen Wochenendwein besorgt hat. Anfangs eine Flasche, später hab ich dann noch eine 2te dazu getan (die ich natürlich selbst bezahlt hab ;-)).
Im Mai 2016 starb mein Papa :(. Es war keine leichte Zeit damals, da nach dem Tod meines Vaters Probleme auftauchten, die ich so nicht erwartet hatte. Zwar wusste ich das mein Dad gerne trank (Quartalssäufer, konnte auch über Monate nichts trinken) und auch das meine Stiefmutter sich selbst als Alkoholikerin bezeichnet, für mich sah es aber immer so aus, als ob sie genau so eine Quartalssäuferin wäre wie mein Vater. Allerdings hab ich das Ausmaß, was mein Vater mit meiner Stiefmama durchgemacht hat, nicht mal ansatzweise erahnen können. Nach dem Tod meines Vaters habe ich meine Stiefmutter mit ihrer Mutter zu mir in die Stadt geholt (Wohnung gesucht, Umzug organisiert). Da wir uns sehr mögen, und meine Stiefmutter nicht mehr in dem Ort bleiben wollte (was ich verstand), war es für uns die beste Lösung. Nach dem Tod meines Vaters hat meine Stiefmutter wieder das trinken angefangen. Da ich aber meist nur am Wochenende vor Ort war um die Umzugskartons zu bringen und für sie auch weiterhin einzukaufen, habe ich die Situation völlig unterschätzt. Ich dachte das hört automatisch auf! Kurz vor dem großen Umzugstag hat sie sich auch wieder berappelt und die Sachen von sich und ihrer Mutter gepackt! Auf geht's, dann kann ja nichts mehr schief gehen.
Im September sind die beiden umgezogen, im Oktober fing die Sauferei an. Als wir drüber gesprochen haben, hat sie mir versprochen aufzuhören. Sie machte wohl einen kalten Entzug zuhause. Nach ein paar Wochen fing das Spiel von vorne an. Diesmal bin ich am Wochenende früh zu ihr, hab die Wohnung von Flaschen befreit, Restalkohol vernichtet, neue teure Flaschen eingepackt um sie in mein Schränkchen zu stellen. Wär ja zu schade zum weg werfen. An diesem Wochenende habe ich realisiert, das das ganze nicht ohne ist. Sie hat gezittert, konnte kaum laufen usw. Das volle Programm. Ach du Scheiße! Kurz vor Weihnachten fing es wieder an, nur noch schlimmer. Die Wohnung, ihre Mutter, sie selbst, vernachlässigt, verdreckt ... ich hab geholfen so gut ich konnte. Hab ihrer Mama essen gebracht, hab wieder eingekauft. Es endete nach Weihnachten im Krankenhaus für Entzug für sie, in der Kurzzeitpflege für ihre Mutter. Das Spiel hab ich bis Juni 2017 dann noch 3 mal veranstaltet. Allerdings hab ich zwischenzeitlich, auch mit der Bitte ihrer Mutter, dafür gesorgt, das sie in der Nähe in ein Altenheim kommt, wo sie gepflegt wird, regelmäßig essen bekommt - gewaschen wird! Meine Stiefmutter kam wieder ins Krankenhaus für 2 Wochen. Ich hab ihr diesmal die Wohnung nicht geputzt, hab alles so verdreckt gelassen wie es war. Ich konnte nicht mehr! Sie ist aktuell bis heute trocken. Ihre Mutter starb letzten November, sie musste die Wohnung kündigen, viel Geld für die Schäden die sie angerichtet hat bezahlen. Wir haben sie unterstützt wo wir konnten, allerdings musste sie vieles alleine machen. Ich konnte und wollte nicht mehr alles für sie tun. Sie hält sich tapfer, aber ich habe trotzdem Angst.
Nach dem Tod meines Vaters und dem Umzug meiner Stiefmutter habe ich auch angefangen, unter der Woche Abends mal ein-zwei Gläser Wein zu trinken. Wann genau aus diesen 1-2 Gläsern eine ganze Flasche wurden, daran kann ich mich nicht erinnern. Ich habe zumindest von Weihnachten 2016 bis jetzt jeden Tag eine Flasche Weißwein getrunken. Hier und da mal 1-2 Tage nicht, um mir selbst vorzulügen das ich nicht abhängig bin.
Anfang des Jahres habe ich die Idee bekommen, mich zur Bilanzbuchhalterin ausbilden zu lassen. Nach mehreren Wochen Recherche, Überlegungen ob ich dies auch mit den Kindern, meinem Partner und meiner Stiefmutter vereinbaren kann, habe ich mich letztendlich in der Schule angemeldet. Ab Oktober bis September 2020 werde ich diese Ausbildung machen. Aber schaff ich es, während der Lernzeiten nicht zu trinken? Werde ich das vermasseln, weil ich aufgrund des Alkohols nicht richtig nachdenken kann, wie es schon auf Arbeit vorkam? Ich musste mir selbst eingestehen, das ich wohl ein Problem habe. Ich habe einen Termin bei der örtlichen Suchtberatung ausgemacht und letzte Woche Donnerstag war es soweit. Ich bin geschockt dort raus. Klar, ich wusste das ich ein Problem habe - aber sooooo ein großes??? Die Dame dort sagte mir, wenn ich mich entschließe einen Entzug zu machen, dann nur im Krankenhaus oder unter Aufsicht meines Arztes. Hab ich natürlich nicht gemacht. Ich hab mir Freitag nochmal die Kante gegeben und seit Samstag keinen Tropfen angerührt. Samstag war ein typischer Katertag, den zähle ich also nicht. Sonntag war ich deprimiert mit Kopfschmerzen. Montag hatte ich Schweißausbrüche, Kopfschmerzen und Brustschmerzen und hab laufend geheult. Gestern hatte ich Kopfschmerzen und war den ganzen Tag müde und schlapp habe aber übers Internet viel drüber gelesen und dadurch euch gefunden.
Heute geht es mir recht gut, ein wenig Druck im Kopf und müde. Aber ich möchte weg vom Alkohol. Am Montag habe ich einen weiteren Termin bei der Suchtberatung, da werde ich auch hin gehen. Ich weiß nicht ob ich es schaffe, der Wunsch ein Glas zu trinken ist fast übermächtig. Aber ich möchte es zumindest bis Montag schaffen, und vielleicht geht's ja dann auch noch etwas länger ... wer weiß. Ich freu mich hier sein zu dürfen!
Beste Grüße
Claudia