Meine erste oder letzte Chance?

  • Hallo Forum,

    mein Name ist Dirk ich bin 51 Jahre alt aus der Nähe von Hannover. Ich bin seit 21 Jahren verheiratet, habe eine 21 jährige Tochter und einen 19 jährigen Sohn. Ich bin seit 1995 Geschäftsführer / Gesellschafter einer GmbH, lebe und arbeite mit meiner Familie im eigenen Wohn und Geschäftshaus. Wir haben viele Freunde und Bekannte und ein ausgefülltes Freizeitprogramm mit Sport (Golf, Tennis) und Feiern wo meist auch viel Alkohol getrunken wird.

    Soweit so gut…

    Mein Alkoholkonsum liegt zurzeit bei ca. 2 Flaschen Wein am Tag, die ich meist heimlich trinke. Meine Frau ist die einzige (neben den Ärzten), die davon weiß. Da sich meine Toleranz im Laufe der Jahre so stark aufgebaut hat, sind mir diese großen Mengen Alkohol in der Regel nicht mal anzumerken.

    Es gab natürlich in meiner "Karriere" mehre erfolglose Versuche zu reduzieren oder phasenweise abstinent leben zu können. Der Grund warum ich dann wieder hineingeschlittert bin war oft Selbstüberschätzung dass man es doch wieder schafft, kontrolliert trinken zu können.

    Meine Frage war dann oft, ob man erst ganz unten sein muss um die Motivation für ein abstinentes Leben dauerhaft aufrechterhalten zu können.

    Ich habe vor ein paar Wochen endgültig vor dem Alkohol kapituliert und mich mit der Suchtberatungsstelle STEP in Verbindung gesetzt. Die Anträge zur ambulanten Nachsorge sind im Eilverfahren gestellt. Letzten Mittwoch habe ich bei der Suchtklinik der MHH mein Vorgespräch für die „Entgiftung“ geführt und werde voraussichtlich am 06. August stationär aufgenommen. Nach dem Entzug soll möglich nahtlos die ambulante Nachsorge bei STEP erfolgen. Ich will zusätzlich eine SHG in der Nähe suchen die zu mir passt.

    Zusätzlich habe ich einen der wenigen Ärzte gefunden, der mir „Baclofen“ als Anti-Craving Medikament verschreibt.

    Meine Frau trägt das ganze Thema ebenfalls mit und wir haben uns darauf verständigt, dass nach meiner Rückkehr kein Alkohol mehr im Haus vorhanden sein wird.

    Ich freue mich auf mein neues Leben „danach“ und hoffe, dass ich die Kraft habe für immer stark zu bleiben.

    Es ist wohl meine letzte Chance...

    Liebe Grüße an das Forum
    Dirk

  • Hallo Dirk!

    Herzlich willkommen hier im Forum!

    Du hast Dein Problem erkannt und gehst den Weg in Richtung alkoholfreies Leben wie im Lehrbuch beschrieben an. Sehr gut! Viele eiern noch jahrelang rum, bevor sie diesen Weg gehen. Mit Baclofen kenne ich mich nicht so gut aus, habe aber gelesen, dass es nicht ganz Nebenwirkungsfrei sein soll.

    Ich bin nicht so die Vielschreiberin, aber da werden sicher noch andere Antworten kommen.

    Guten Austausch wünsche ich Dir hier und eine glücklichere, trockene Zukunft.

    LG
    Caroline

  • Hallo, Dirk, und HERZLICH WILLKOMMEN hier im Forum :welcome:

    Kurz zu mir: Ich bin 55, Alkoholiker, nach mehreren Anläufen nun seit einigen Jahren trocken und in der Selbsthilfe aktiv.

    Ich freue mich für Dich, dass Du Dich entschlossen hast - da die anderen halbherzigen Versuche (Reduzierung, "phasenweise" Abstinenz :o ) nicht funktioniert haben - nunmehr "Nägel mit Köpfen" zu machen! 44.
    Du scheinst Dich informiert zu haben und außerdem das große Glück, dass Deine Frau Dir zur Seite steht - was durchaus nicht die Regel ist.

    Ich schlage vor, Du liest Dich hier ein wenig ein - und wenn Du Fragen hast, hau sie raus!
    Außerdem empfehle ich Dir unsere Linksammlung, wo Du auch viele weiterführende Hinweise findest.

    Ich habe nur eine Frage zu dem Baclofen: Wird es Dir jetzt schon verschrieben? Oder wird damit bis zum Abschluß der LZT (Langzeittherapie) bzw. Entgiftung gewartet (was ich persönlich für sinnvoller halte, bin aber kein Arzt)?

    Meine Frage war dann oft, ob man erst ganz unten sein muss um die Motivation für ein abstinentes Leben dauerhaft aufrechterhalten zu können.

    Der viel besprochene "persönliche Tiefpunkt" ... Einige interpretieren es so, dass man erst in der Gosse landen muss, um wieder aufstehen zu können. Nun, da ich und viele Andere nicht dort gelandet sind, interpretiere es eher dahingehend, dass man seinen persönlichen Tiefpunkt erreichen muss, um zu der Einsicht zu gelangen, etwas ändern zu müssen und es dann auch ändern zu wollen. Bei Manchen mag dies die Gosse sein. Bei Anderen ist es der "Liebesentzug" der Partnerin/des Partners. Dazwischen gibt es viele, sehr viele andere Möglichkeiten. Und leider gibt es auch Menschen, die haben keinen solchen Tiefpunkt - erst 1,80 m uNN nixweiss0 Aber dann ist das eben so.

    Vielleicht machst Du Dir auch schon mal Gedanken darüber, wie Du Deinem Umfeld verklickern willst, das Du keinen Alkohol mehr trinkst/trinken willst ... Mal so rein prophylaktisch ...

    Auf jeden Fall wünsche ich Dir viel Erfolg und uns allen einen guten Austausch!

    Gruß
    Greenfox

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Hallo Carolin,

    danke für die schnelle Antwort!


    Mit Baclofen kenne ich mich nicht so gut aus, habe aber gelesen, dass es nicht ganz Nebenwirkungsfrei sein soll.

    Es gibt zwei deutsche Foren, die sich intensiv mit dem Thema Baclofen und Sucht-Behandlung beschäftigen. Nebenwirkungsfrei geht bei ALLEN Medikamenten vermutlich nicht. Aber ich mach den Selbstversuch...

    Danke

  • Hallo Greenfox,

    danke für die schnelle Antwort!

    Zitat

    Ich habe nur eine Frage zu dem Baclofen: Wird es Dir jetzt schon verschrieben? Oder wird damit bis zum Abschluß der LZT (Langzeittherapie) bzw. Entgiftung gewartet (was ich persönlich für sinnvoller halte, bin aber kein Arzt)?

    Wie schon oben geschrieben, ist es nicht so einfach an Baclofen heranzukommen. Ich habe mir (durch das Forum) einen Arzt in meiner Nähe schicken lassen. Der hat mir dann das erste Rezept ausgestellt. Ich habe die Pillen immer noch nicht angetastet und warte auf meinen Entzug. Danach muss man die Dosis nach einem Plan steigern was ich auch machen werde. Also um auf deine Frage zu antworten: Erst wenn ich körperlich trocken bin, werde ich anfangen mit Baclofen.

    In den Baclofen Foren gibt es unterschiedliche Herangehensweisen. Manche nehmen schon während des noch vorhandenen Alkoholkonsums das Medikament. Ich will da einen klaren Cut!


    Zitat

    Vielleicht machst Du Dir auch schon mal Gedanken darüber, wie Du Deinem Umfeld verklickern willst, das Du keinen Alkohol mehr trinkst/trinken willst ... Mal so rein prophylaktisch ...

    Das Thema beschäftigt mich schon seit Monaten. Ich bin Selbständig habe eine Firma und einen Ruf zu verlieren.

    Das in unserer Gesellschaft der "Alkoholkranke" vorbehaltslos nur als einfacher Kranker gesehen wird ist (nach meiner Meinung) nicht der Fall. Immer schwingt da noch die Meinung von Charakterschwäche, mangelnder Selbstdiziplin oder Willensschwachheit mit. Bestes aktuelle Beispiel ist das in unseren Medien so gefeierte Torkeln von Jean Claud Junker (Alkohol oder krank?)

    Ich habe den nächsten Segeltörn mit meinen Jungs im Herbst (bei dem auch immer zu viel gesoffen wird) abgesagt mit der Begründung, dass ich gesundheitlich Probleme hätte, die ich noch nicht einschätzen kann. Und darum gebeten keine nervigen Nachfragen an meine Frau und mich zu stellen. Mit Erfolg!

    Ich werde wohl (so ist es geplant) eine schwere Geschichte erzählen. Nebennieren-Karzinom oder was ähnliches wo alle nur "ooohh" sagen und keine weiteren Fragen stellen...

    Oder bessere Idee?

    LG Dirk

  • Ich werde wohl (so ist es geplant) eine schwere Geschichte erzählen. Nebennieren-Karzinom oder was ähnliches wo alle nur "ooohh" sagen und keine weiteren Fragen stellen...

    Hmm - ich will ja nicht von mir auf andere schließen, aber ich ICH das so machen würde: Erst gesoffen und gelogen ("Kann nicht kommen, weil etwas dazwischen gekommen ist", "...es mir nicht gut geht" ...) - jetzt trocken und munter weitergelogen ...

    ICH würde dafür plädieren, so weit wie möglich die Wahrheit zu sagen - dann kann man sich auch nicht verheddern (Wem habe ich was erzählt). Man muss ja nicht gleich sagen, dass man Alkoholiker ist, eine Therapie gemacht hat, jetzt trocken ist und das auch bleiben will (das ist nämlich meine Variante). Man kann ja z.Bsp. etwas von "Alkohol-Intoleranz" erzählen und dass Du Alkohol nicht mehr verträgst und ihn deshalb nicht mehr trinken darfst.
    Ist das gelogen? Nöö.

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    können wir nur selber tun!

  • Danke Greenfox für deine Antwort!

    Ich hatte letztes Jahr eine achtwöchige Abstinenz Phase. Mal abgesehen davon, dass es mir in der Zeit körperlich ziemlich gut ging, musste ich aber Spießruten laufen wenn wir mit Freunden zusammen waren die mich vorher immer als trinkfesten Begleiter kannten.

    Ständig wurde nachgefragt warum ich nicht nur mal ein kleines Bier mittrinken wollte...

    „Hast du was anderes oder warum trinkst du nicht mehr? Wann darfst du denn endlich wieder was trinken? usw…“

    Alkoholintoleranz? Ist das was, was man intelligenten Leuten auch plausibel erklären kann? Da wird doch hartnäckig nachgefragt!

    Natürlich ist die Wahrheit immer das Beste Mittel der Wahl - Auch für mich!

    Aber mein lieber Greenfox: Gibst du mir die Garantie, dass unsere finanzielle Basis mit meiner Firma durch ein ehrliches Outing nicht stark in Mitleidenschaft gezogen werden kann?

    Wenn nicht, dann lüge ich lieber…

    LG Dirk

  • PS: zum Thema Lügen...


    Hmm - ich will ja nicht von mir auf andere schließen, aber ich ICH das so machen würde: Erst gesoffen und gelogen ("Kann nicht kommen, weil etwas dazwischen gekommen ist", "...es mir nicht gut geht" ...) - jetzt trocken und munter weitergelogen ...

    PS: Ich habe meine Segeljungs mit der Begründung, "dass ich gesundheitlich Probleme hätte" ja auch nicht wirklich angelogen oder?

  • Ich wäre ja mit dem Klammerbeutel gepudert, wenn ich das garantieren würde ...

    Mal was anderes: Ich bin seit über 35 Jahren Polizist. Als ich mich vor nunmehr 16 Jahren geoutet habe, hat das meiner Reputation nicht geschadet. Im Gegenteil: meine Kollegen fanden es stark, dass ich so offen bin und aktiv werde. Und als ich rückfällig wurde und ankündigte, eine erneute Therapie machen zu wollen, um wieder trocken zu werden, bekam ich jede Menge Unterstützung. Heute kommen Kollegen, mit denen ich relativ wenig zu tun habe/hatte, zu mir und fragen um Rat.
    Eine Gruppenfreundin arbeitete beim Auswärtigen Amt, in einer ziemlich hohen Position als stellvertretende Botschafterin. Klar fiel es ihr auch schwer und fühlte sich, als hätte sie ein großes "A" wie Alkoholiker auf die Stirn tätowiert - und hat sich doch getraut. Sie hat sich geoutet und etwas für sich getan. Seit 4 Jahren arbeitet sie wieder - als stellvertretende Botschafterin.

    Du machst jetzt Nägel mit Köpfen. Willst Du auch weiter auf Eiern tanzen?

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  • Danke Greenfox für die Beispiele!

    wir leben in einer Kleinstadt mit konservativer fast dörflicher Mentalität...

    Ich habe ja noch ein paar Tage bis ich mich zum Thema "Öffentlichkeitsarbeit" entschieden haben muss...

  • Lass mich raten - Bayern?

    Okay, waren ja auch nur Beispiele. Entscheiden muss jeder selbst, wie er damit umgeht. "Öffentlichkeitsarbeit" find ich gut ;)

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  • Hallo Dirk,

    ein verspätetes herzlich Willkommen von mir.

    Ich habe jetzt ein wenig Deinen Thread nachgelesen. Gut, dass Du Nägel mit Köpfen machen willst.

    Ich bin Ende 40, Alkoholiker und lebe jetzt aber schön länger ohne Alkohol.

    Das Thema Outing ist glaube ich, für jeden trockenen Alkoholiker ein recht zentrales Thema. Wem sage ich es, wem nicht. Sage ich es überhaupt jemanden oder ziehe ich das alles lieber alleine durch usw.

    Ich habe in meiner Trinkerkarriere, die zum größten Teil heimlich verlief und damit meine ich richtig heimlich, also auch vor meiner Familie, mehrere Versuche gestartet mit dem Trinken aufzuhören. Diese Versuche habe ich alle auch wiederum heimlich gestartet, denn da ja keiner wusste das ich trinke erschien es mir recht praktisch, einfach heimlich damit aufzuhören. Für mich eine WIN/WIN Situation. Ich muss mich nicht outen und meine Familie muss sich keine Sorgen darüber machen, dass sie einen Alki in ihrer Mitte hat.

    Tatsächlich schaffte ich dann auch recht lange Trinkpausen. Eine davon war viele Monate lang. Nun gab es bei mir, im Gegensatz zu Dir, kaum Menschen, die mich fragten warum ich keinen Alkohol mehr trinke. Zwar wurde ich ab und an von Arbeitskollegen/innen mal angesprochen, Freunde fragten auch mal nach, aber ich war ja nicht als einer bekannt, der regelmäßig trank. Diese Fragen kamen dann eher bei typischen Anlässen wie Betriebsfeiern oder beim gemeinsamen Besuch eines Weihnachtsmarktes oder so. Da reichte es dann, wenn ich sagte, dass ich gerade keinen Alkohol trinke.

    Ich hatte also eigentlich gar keinen Druck von außen mich erklären zu müssen. Ich hätte also eigentlich wirklich recht bequem heimlich mit dem Trinken aufhören können. Wie Du Dir denken kannst ging das immer in die Hose. Irgendwann griff ich wieder zur Flasche. Meine monatelange Pause beendete ich z. B. dadurch, dass mein neuer Nachbar, den ich gar nicht kannte, mir spontan von Gartenzaun zu Gartenzaun ein Biermischgetränk angeboten hat. Welches ich völlig entspannt und ohne nennen von Gründen ablehen hätte können. Da wäre nichts passiert, wir kannten uns noch nicht mal und er hätte mich auch sehr gut als jemanden kennen lernen können, der keinen Alkohol trinkt.

    Aber ich nahm das Getränk und trank es. Denn ich hatte ja auch nicht zu befürchten, dass irgendjemand zu mir sagt: ich dachte Du bist Alkohliker? Bist Du rückfällig geworden? Denn es war ja alles heimlich.

    Als ich dann irgendwann tatsächlich Ausstieg aus der Sucht, wollte ich das anders machen. Und da stand dann für mich erst mal mein Outing ganz am Anfang. Nach wie vor hatte ich meine Trinkerei gut verheimlicht. Zwar hatte ich schon starke körperliche Einschläge zu verzeichnen, die allesamt alkoholbedingt waren, jedoch war ich bis zum Ende trotz erheblicher Trinkmengen in der Lage gewesen, dass zu vertuschen bzw. anderweitig zu begründen.

    Das bedeutete aber, dass ich jetzt erst mal meine Familie vor den Kopf stossen musste. Sie erfuhren als erste was los war. Also meine Frau und meine Kinder. Meiner Frau musste ich erst mal meine ganzen Verstecke zeigen bevor sie mir glaubte, was ich ihr erzählte. Der Reserveradkasten vom Auto, der kein Reserverad mehr enthielt sondern dutzende von Plastikbierflaschen hat sie dann erst mal überzeugt. Aber ich konnte auch noch ein paar andere ganz nette Verstecke anbieten.

    Soweit so schlecht. Dann waren meine Eltern dran. Zwar bin und war ich kein Geschäftsführer einer eigenen GmbH, jedoch ein beruflich recht erfolgreicher Mensch im gehobenen Management, auch mit viel Personalverantwortung und einem wirklich spannenden und sehr interessanten Aufgabengebiet. Und so war ich bekannt in meiner Familie. Als erfolgreicher Mensch, der die Karriereleiter erklommen hat und bei dem immer alles rund läuft. Ein Mensch, der Europa- und Weltweit unterwegs ist, Vorträge hält und einfach ganz toll ist. Das war ich in den Augen der meisten Menschen. Dazu noch ein guter Familienvater mit einer guten Ehe.

    Nun erfuhren sie, dass ich Alkoholiker war der ständig gelogen und betrogen hat. Auch meine Geschwister erfuhren das und auch meine (wenigen noch verbliebenen) engsten Freunde.

    Das war's dann aber erst mal. Einem größeren Kreis habe ich das erst mal nicht offenbart und ich sah zunächst auch keinen Grund, das z. B. bei mir in der Arbeit zu kommunizieren. Und zwar deshalb nicht, weil es dort aus meiner Sicht keine Trigger für mich gab. Es gab keine oder kaum Situationen, wo ich in der Arbeit mit meinen Kollegen oder wie auch immer mit Alkohol konfrontiert gewesen wäre. Weihnachtsfeiern und co. mal ausgenommen, die ich anfangs ja aber auch mal ausfallen lassen konnte.

    Mit der Zeit jedoch (damit meine ich über Jahre gesehen) bemerkten meine Kolleginnen und Kollegen, vor allem aber mein eigenes Team, dass ich zu keiner Gelegenheit mehr etwas Mittrank. Und irgendwann wurde ich dann auch mal von den Leuten angesprochen. Ungefähr so: "sag mal, mir ist aufgefallen Du trinkst ja überhaupt nie mehr was mit. Warum eigentlich?"

    Darauf antworte ich sinngemäß etwa so: "Erinnerst Du Dich noch, wie ich vor letztes Jahr / vor x Jahren ausgesehen habe?" (ich war dick, aufgedunsen, sah blass und krank aus, hatte über 25 kg mehr auf den Rippen etc.) - darauf erfolge immer ein "ja klar, Du hast echt schlecht ausgesehen und bist jetzt ein ganz anderer Mensch".

    Und sagte ich: "siehst Du, damals war ich an einem Punkt wo ich eine Entscheidung treffen musste. So weiter leben oder mein Leben komplett ändern. Ich entschied mich für komplett ändern und dazu gehört auch, dass ich seither keinen Alkohol mehr trinke, und zwar gar keinen mehr. Ich habe damals recht viel und auch regelmäßig getrunken und für mich gab es nur zwei Optionen: Einfach so weitermachen oder mein Leben ändern. Du siehst ja wie es mir heute geht."

    Sinngemäß habe ich das so im Laufe der Zeit fast allen engern Mitarbeitern und Kollegen erzählt wenn die Sprache darauf kam. Ich habe ihnen nie gesagt "ich bin Alkoholiker und trinke deshalb nichts mehr" oder noch schlimmer "darf deswegen nichts mehr trinken". Ich habe das immer ganz bewusst nicht getan, wobei ich sicher bin, dass sich die meisten genau das denken.

    Einige wenige haben das dann auch mal angesprochen, also so: "glaubst Du dass Du Alkoholiker bist?" - Ich darauf (wieder sinngemäß): "es könnte sein, aber ich weiß es nicht 100%ig. Ich wüsste es nur, wenn ich wieder Alkohol trinken würde. Aber mittlerweile ist ein Leben ohne Alkohol für mich so normal, dass ich gar keinen Sinn mehr für mich darin erkennen kann Alkohol trinken zu können, somit stellt sich diese Frage für mich überhaupt nicht".

    Nun, ich erntete immer Zustimmung. Ich hatte und habe nie Probleme damit. Heute ist es einfach ganz normal, völlig normal, dass ich keinen Alkohol trinke. Niemad fragt da noch nach oder reagiert irritiert.

    Übrigens habe ich mich damals ganz bewusst gegen Lügen entschieden. Das lag daran, dass Lügen meine gesamte Alkoholikerkarriere begleitet hatte, in der Endphase sogar dominiert hatte. Jedes noch so kleine Problem versuchte ich "weg zu lügen". Ich war ein Meisterlügner und ich hatte es so "drin", dass ich automatisch immer erst mal daran dachte, welche Geschichte ich jetzt erzählen könnte um aus irgend einer Nummer heraus zu kommen. Zu sagen wie es eigentlich tatäschlich ist, also die Wahrheit, kam mir gar nicht in den Sinn. Bei meinem Outing hatte ich dann auch einen Berg, wirklich einen riesen Berg an Lügen zu beichten und diese belgeiteten mich dann auch lange in die erste Zeit meiner Trockenheit. Und da schwor ich mir: Ich lüge nicht mehr, jedenfalls nicht mehr bei elementaren Dingen. Aber selbst auf kleine und harmlose Notlügen versuche ich so gut es geht zu verzichten. Das ist für mich ein wichtiger Teil meines neuen Lebens.

    So war das bei mir.

    Alles Gute für Deinen Weg und einen guten Austausch wünsche ich Dir.

    LG
    gerchla

  • Hallo gerchla,

    vielen Dank für die Zeilen von dir. Sie haben mich sehr nachdenklich gemacht. Ich werde einen Weg für mich finden der auch ohne Lügen auskommt!

    Ich habe genau wie du auch lange Jahre heimlich getrunken und gelogen. Meine Verstecke waren auch immer perfekt. Die Ersatzbeschaffung und Altglas-Entsorgung war auch nie ein Problem. Selbst in Sondersituationen wir Urlauben, Dienstreisen oder mehrtägigen Konferenzen hatte ich "alles im Griff". Ich bin es jetzt leid, wie ein Agent mit zwei Gesichtern leben zu müssen. Von daher werde ich mir Gedanken machen, wo die "Trigger" wie du es geschrieben hast bei mir wirklich sind.

    Meine Eltern sind beide 83 Jahre alt und leben ziemlich zurückgezogen. Ihr Sohn (also ich) ist neben den Enkeln (also meinen beiden Kindern) das einzige, was ihnen noch Freude im Leben bereitet. Ich weiß nicht genau, ob ich das ihnen auf ihre alten Tage noch antun soll oder nicht?

    Meine Schwester hat sich seit Jahren zurückgezogen was für meine Eltern auch sehr schwer zu ertragen ist. Sie ist aber neben meiner Frau und den Ärzten eine der wenigen die über mich Bescheid wissen.

    Das Thema Outing wird mich also noch weiter umtreiben. Ich danke dir aber herzlichst für die ausführlichen Denkanstöße und halte euch auf dem Laufenden...

    LG Dirk

  • Hallo Dirk,

    das finde ich jetzt sehr interessant. Du hattest also ein ähnliches Trinkmuster oder Verhalten wie ich damals.

    Das Verheimlichen ging bei mir recht lange sehr gut. In den Zeiten, in denen ich noch mit 4 oder 5 Bier am Tag gut ausgekommen bin war das vor allem auch logistisch noch ganz gut machbar. Irgendwann hat sich die Menge dann mehr als verdoppelt. Dann war das mit der Beschaffungs- und Entsorgungslogistik für mich ein erheblicher Stressfaktor. Ganz schlimm war, dass ich mich manchmal nicht mehr genau erinnern konnte (wenn ich mal wieder neben Bier noch ne' Flasche Wein reingeschuttet hatte), wo ich das Leergut versteckt habe. Ich hatte die Angewohnheit, Leergut auch manchmal an Stellen zu bunkern, wo es durchaus jemand finden könnte. Da ich aber immer recht früh aus dem Haus bin, habe ich das immer heimlich eingesammelt. Blöd nur, wenn ich wusste, dass da irgendwo noch was sein müsste, ich aber einfach nicht darauf kam, wo genau....

    Wenn ich zurück denke überfällt mich das Grausen. Und ich werde sehr dankbar, weil ich heute ein so wunderbares Leben führen darf.

    Offenbar bist Du auch ab und an unterwegs, genau wie ich. Ich nutzte meine Reisen natürlich zum Trinken in Ruhe, auf dem Hotelzimmer nach den offiziellen Terminen. Herrlich, niemand der stören könnte. Aber irgendwann begann ich auch Reisen zu erfinden, also meiner Familie gegenüber. Diese Reisen gab es nicht, ich war aber trotzdem nicht zuhause und nutze die Zeit wiederum zum Trinken.

    Und das ganze natürlich gedeckt durch einen Haufen Lügereien. Das war am Ende alles so belastend für mich, dass ich das nie mehr wollte. Ich musste aber feststellen, dass das nachdem man trocken ist, nicht einfach weg ist. Also es steckte so in mir drin, dass ich auch nach ein paar Wochen ohne Alkohol immernoch lügen "wollte", also ganz automatisch weil's ja so gelernt war.

    Da musste ich erst mal per Kopf gegensteuern, ganz bewusst gegensteuern. Und daraus entstand dann letztlich auch mein Bewusstsein immer ehrlich sein zu wollen. Ich bin sehr froh das es jetzt so ist.

    Eine besondere Herausforderung ist natürlich die Geschichte mit Deinen Eltern. Ich wage es nicht Dir hier einen Rat zu geben. Manchmal kann man Dinge auch einfach so lassen wie sie sind, wenn die Wahrheit jemanden unnötig verletzen würde. Entscheidend, das finde ich jedenfalls, bist Du und ist Deine künftige Abstinenz. Vielleicht ist es egal, wenn Deine Eltern nicht bescheid wissen. Jedoch solltest Du für Dich Deine Abstinenz an aller erste Stelle stellen. Und zwar VOR allem anderen.

    Mir war klar, wenn ich jemals wieder trinken sollte, dann ist das mein Untergang. Soweit so gut, wenn ich untergehe ist das mein Problem. ABER - alle die mich lieben, und das sind jetzt erst mal meine Kinder und natürlich auch meine jetzige Frau und auch meine Eltern und Geschwister, würden einen nicht mehr gut zu machenden Schlag versetzt bekommen. Sie würden elendig leiden, meine Kinder z. B. die ja wissen was los ist, die wären bis ins Mark getroffen. Darum habe ich auch schon einige Entscheidungen im Leben getroffen, die hart waren für mein Umfeld, die jedoch für mich wichtig waren um sicher abstinent Leben zu können. So hart die Entscheidungen waren (z. B. die Trennung von meiner Ex-Frau, der Mutter zweier meiner Kinder), sie waren verglichen zu dem Szenario das ich wieder trinken würde, vergleichsweise harmlos. So sehe ich das und das hat mich sehr stark und sehr stabil gemacht.

    Um den Bogen zum Outing zu spannen: mir hat es besonders in den Anfangsmonaten geholfen, dass meine Familie wusste was los ist. Denn ich konnte einerseits nicht einfach zurück rudern, weil dann Fragen gekommen wären und hatte andererseits aber auch (das ist nicht zu verachten), das entsprechende Verständnis für bestimmte Situationen oder Entscheidungen. Es war hilfreich, das bestimmte Menschen wussten was los ist.

    Es freut mich, wenn ich Dir ein paar Anregungen oder Denkanstösse geben konnte. Letztlich sind die Wege aus der Sucht sehr indiduell, wie auch die Wege hinein. Du musst Deinen eigenen finden. Dafür alles Gute von mir.

    LG
    gerchla

  • ...und nochmals ich (habe jetzt Deine Vorstellung gelesen).

    Du segelst (um das beneide ich Dich fast ein bisschen) uns lässt einen Segeltörn sausen, weil Du nicht auffallen möchtest? Also Du musst selber wissen was Du tust, aber ich fände es jammerschade, auf so eine schönes Erlebnis zu verzichten. Du hast ein tolles Hobby, ich würde es auf jedenfall weiterpflegen.

    Du machst Dir zu viele Gedanken, was die "Öffentlichkeitsarbeit" betrifft. Aber so erging wohl es allen beim aufhören. Ich habe einen Mittelwege gewählt, die engsten Freunde wussten sowieso bescheid. Sonst habe ich je nach Situation verschiedene Varianten ausprobiert: mag heute nicht / keine Lust / trinke keinen Rotwein mehr, tut mir nicht gut etc etc. Hätte ich eine regelmässige Runde gehabt (wie Du evtl. mit den Mitseglern) hätte ich wohl ein klares Statement abgeben, um nicht jeden Tag eine neue Diskussion führen zu müssen. Z.B. der Arzt hat gemeint, es sei besser wegen xy, oder auch einfach in der Art "mir ging diese viele Sauferei auf den Keks und jetzt trinke ich erst mal gar nichts mehr...

    Geoutet im Sinn von "ich bin Alkoholikerin" oder "ich kann nicht mit Alk umgehen und trinke deswegen keinen mehr" habe ich mich nirgends.

    Zu Deiner Befürchtung, es könnte Dir und Deinem Geschäft ein Nachteil entstehen wenn Du nicht mehr mittrinkst: Erstens kann ich mir das echt nicht vorstellen: kann es sein, dass Du Dich und Deine Handlungen/Deine Wirkung etwas überschätzt? Den Leuten ist es doch nach kurzer Zeit total egal, ob Du jetzt mittrinkst oder nicht. Zweitens: Wir haben alle genau ein Leben, und Du tust gerade etwas, um Deine Lebensqualität zu verbessern. Weil Du genug hast, weil Du etwas ändern willst. Ist es da wirklich wichtig, was die anderen davon halten? Sie sind nicht Du, Du tust es für Dich und nicht für die anderen. Ausserdem wirst Du merken, dass nicht alle soviel trinken. Mir fiel erst nachdem ich aufgehört habe auf, dass doch einige Leute nur wenig und oder auch gar nichts trinken. Vorher hatte ich auch das Gefühl, ich wäre dann die einzige ich und mein Nicht-trinken würden immer auffallen. Dem ist aber nicht so.. und die Leute gewöhnen sich schell daran.

    Lg Mira

  • Danke Mira für die lieben Zeilen,

    Zitat

    Du segelst (um das beneide ich Dich fast ein bisschen) uns lässt einen Segeltörn sausen, weil Du nicht auffallen möchtest? Also Du musst selber wissen was Du tust, aber ich fände es jammerschade, auf so eine schönes Erlebnis zu verzichten. Du hast ein tolles Hobby, ich würde es auf jedenfall weiterpflegen.

    Ja, das ist schon richtig, aber die Woche Segeln in Kroatien ist sowas von Alkohol-Intensiv, dass ich da erst mal nicht mitmachen will (obwohl ich heulen könnte). Vielleicht fühle ich mich nächstes Mal schon etwas robuster in der Richtung und bin wieder dabei... Ist also wenn man so will nur eine präventive Vorsichtsmaßnahme.

    Zitat

    Zu Deiner Befürchtung, es könnte Dir und Deinem Geschäft ein Nachteil entstehen wenn Du nicht mehr mittrinkst:

    Das hast du vermutlich falsch verstanden. Es geht nicht darum bei Firmen-Events nichts mit zu trinken. Das wäre eine einfache Aufgabe. Es geht darum, dass bei uns im "Dorf" (Obwohl wir eine Kleinstadt sind) einem alkoholkranken Chef einer Firma vermutlich kein Vertrauen auch in Aufträgen mehr gegeben wird....

    Ich werde meinen Weg aber finden...

  • Hallo golfsegler,

    Zitat

    a, das ist schon richtig, aber die Woche Segeln in Kroatien ist sowas von Alkohol-Intensiv, dass ich da erst mal nicht mitmachen will (obwohl ich heulen könnte). Vielleicht fühle ich mich nächstes Mal schon etwas robuster in der Richtung und bin wieder dabei... Ist also wenn man so will nur eine präventive Vorsichtsmaßnahme.


    Ich finde es sehr gut, dass Du das so siehst. Nichts, absolut nichts ist wichtiger als Deine Abstinenz. Du solltest notfalls wirklich bereit sein, Dein komplettes Leben (in diesem Fall Dein Freizeitverhalten) zu verändern, falls es da starke Triggerpunkte gibt.

    Und ich finde es auch keine schlechte Strategie, Situationen bei denen man immer getrunken hat und die man mit trinken verbindet, erst mal zu vermeiden. Also nicht nach dem Motte: "Da muss ich jetzt durch und ich kann mich doch nicht mein Leben lang abschotten" sondern " ich vermeide jetzt erst mal diese Situationen und versuche meine frisch gewonnene Abstinenz zu stärken".

    Es kann durchaus sein, dass Du irgendwann wieder Segeln gehen kannst, sogar mit den selben Jungs. Wenn die "Fronten" mal geklärt sind, Du stabil bist, Dein Umfeld weiß und akzeptiert, dass Du keinen Alkohol mehr trinkst und Du selbst kein ungutes Gefühl dabei hast, dann kann das durchaus mal wieder funktionieren. Es kann aber auch sein, dass Du das gar nicht mehr willst. Nicht mehr in dieser Form, weil Du Gefahr siehst, weil Du es mit "Deinem alten Leben", Deinem nassen Leben verbindest. Aber das wird sich finden.

    Ich habe auch Freizeitbeschäftigungen, lieb gewonnene Freizeitbeschäftigungen aufgegeben. Ich sang viele Jahre im Chor, das hat mir viel Spaß gemacht. Nun war ich ja heimlicher Trinker, habe dort also unregelmäßig und wenn, dann wenig getrunken. In den Pausen oder danach beim Wirtshausbesuch. Jedoch trank ich heimlich auf der Hinfahrt, ich trank auf der Heimfahrt und ich "verlängerte" die Heimfahrt mit einem Besuch auf dem nahegelegenen Waldparkplatz um noch mehr trinken zu können. Und das war quasi mein Ritual, meine positive Erinnerung an die Chorproben. Die immer für mich bedeuteten, dass ich neben den 1,5 h singen, auch richtig Gelegenheit hatte alleine in Ruhe zu trinken.

    Als ich trocken wurde, wollte ich das nicht mehr. Nicht, dass mir der Chrogesang jetzt plötzlich nicht mehr gefallen würde, nein ich mag das nach wie vor sehr gerne. Aber es ist ein Teil meines alten, nassen Lebens. Und damit wollte ich abschließen und damit habe ich abgeschlossen. Jetzt habe ich andere Hobbies, z. B. laufe ich einmal im Jahr eine Marathon und liebe Langstreckenläufe grundsätzlich. Seit Jahren laufe ich mehrmals die Woche vor der Arbeit und genieße jeden KM. Also ein Hobby, das ich bereits vor meiner Trinkerzeit hatte und das ich während meiner Trinkerzeit gar nicht hätte ausführen können. Viele liebe Menschen, ganz andere Menschen als beim Chor, habe ich dadurch kennen gelernt. Wir haben viel Spaß, Alkohol spielt keine Rolle. Ich vermisse nichts!

    Das ist jetzt nur ein Beispiel. Ich denke Du weißt was ich meine.

    Ich bin sicher, Du wirst Deinen Weg finden.

    LG
    gerchla

  • Danke Gerchla,

    die Segeltörns (und eigentlich waren es ja nur zwei im Jahr) sind sicherlich eines der wenigen Trigger, die außerhalb stattgefunden haben. Da wurde dann schon um halb 12 bei der ersten erfolgreichen Wende das erste "Wendebier geköpft" und so ging es pausenlos weiter...

    Deshalb habe ich mich ja entschieden da erstmal nicht mehr mit zu machen. Wie du schon schreibst, ist aber für die Zukunft alles offen. Entweder ich segel mit der alten Crew in Zukunft wieder mit, weil ich dann schon sicher in meiner Trockenheit bin, oder ich suche mir vielleicht eine neue Crew wo Alkohol an Board kein Thema ist. Oder ich lasse es mit dem Segeln halt sein. Da hängt jetzt auch nicht mein Leben von ab!

    Ich spiele auch noch Tennis und Golf und fahre ab und zu Rennrad. Das sind alles keine richtigen Triggerpunkte weil dort Alkohol eine sehr untergeordnete Rolle spielt. Natürlich gibt es auch das Bier danach (welches ich immer mit Alkohol getrunken habe) aber der Großteil der Clique trank sowieso alkoholfreie Getränke. Also das sollte überhaupt kein Problem sein.

    Mein zentraler Trigger befindet sich zu Hause! Ich habe über die Jahre immer wieder neue Verstecke und Möglichkeiten gefunden Alkohol heimlich zu kaufen, in den eigenen vier Wänden zu verstecken und (vermeintlich) heimlich zu trinken. Dadurch, dass ich in einem relativ großem Wohn und Geschäftshaus lebe und arbeite war und ist das möglich geworden. (ich habe in meinem anderen Thread "Ein Ort der Hölle" dazu etwas genauer geschrieben)

    Diesen Trigger zu entschärfen wird wohl meine größte Aufgabe bei der Bewältigung meine Sucht sein.

    Ich werde es trotzdem schaffen!

    LG Dirk

  • Zitat

    Mein zentraler Trigger befindet sich zu Hause! Ich habe über die Jahre immer wieder neue Verstecke und Möglichkeiten gefunden Alkohol heimlich zu kaufen, in den eigenen vier Wänden zu verstecken und (vermeintlich) heimlich zu trinken. Dadurch, dass ich in einem relativ großem Wohn und Geschäftshaus lebe und arbeite war und ist das möglich geworden. (ich habe in meinem anderen Thread "Ein Ort der Hölle" dazu etwas genauer geschrieben)

    Genau wie bei mir! Das ist tatsächlich eine Herausforderung. Ich koche z. B. sehr viel und sehr gerne, also eigentlich fast immer. Auch da war für mich klar: während des Kochens wird getrunken. Auch wenn das wieder heimlich war oder, wenn ich "ganz offiziell" einen "Kochwein" für eine leckere Soße benötigte. Es gab einige Weinflaschen, die ich dann einfach leer gesoffen habe und ersatzweise mit Tee oder Wasser aufgefüllt habe, je nachdem ob Rot- oder Weißwein. Da meine Frau quasi nichts trank, bestand nur geringe Gefahr, dass sie bemerken würde, dass da gar kein Wein mehr drinnen ist. Nach ein paar Tagen musste ich ihn dann natürlich wiederum "ganz offiziell" weg schütten. Weil da war er dann ja umgekippt. Wow, schon krass wenn ich da so im nachhinein darüber nachdenke. Ganz schöner Aufwand nur wegen der Sauferei....

    Aber ich habe diese Herausforderung ganz gut hinbekommen. Auch die mit dem Kochen. Ich wollte das ja weiter machen, also ich meine für meine Familie kochen. Ich glaube da ist es ziemlich entscheidend, dass sich erst mal überhaupt kein Alkohol mehr im Haus befindet. Also kar keiner mehr, auch nicht für eventuellen Besuch oder so. Alles weg tun, am besten persönlich und hochoffiziell wegschütten, auch oder gerade wenn es teueres Zeug war. Egal. Weg damit und einen klares Zeichen setzten.

    Und auch da ist es so, dass Du an einen Punkt kommen kannst, wo Du durchaus mal wieder temporär Alkohol im Haus haben kannst. Weil Du z.B. Gästen ein Glas anbieten willst. Ich kann das mittlerweile. Aber das ist sehr sehr selten, denn irgendwie wissen ja alle das ich (wir, meine Frau trinkt auch kaum) nichts trinken und unser Umfeld ist kein Trinkerumfeld. Somit verzichten diese Menschen auch ganz automatisch. Sie erwarten keinen Alkohol wenn sie bei uns sind. Und das funktioniert wunderbar....

    Aber klar, manchmal gibt es besondere Situationen, z. B. als ich zum zweiten Mal geheiratet habe und wir eine Feier bei uns organisiert hatten, wo eben schon einige ein Glas trinken wollten. Was ja auch ok ist, denn ich will jetzt nicht mein Problem auf alle anderen projezieren. Und damit kann ich mittlerweile ganz entspannt umgehen. Das kannst Du auch erreichen, nur pass' bitte verdammt auf und gib Dir dafür genügend Zeit.

    LG
    gerchla

  • Jetzt verstehe ich Deinen Entscheid besser. Es ist gut, wenn Du auf dein Gefühl hörst.


    Das hast du vermutlich falsch verstanden. Es geht nicht darum bei Firmen-Events nichts mit zu trinken. Das wäre eine einfache Aufgabe. Es geht darum, dass bei uns im "Dorf" (Obwohl wir eine Kleinstadt sind) einem alkoholkranken Chef einer Firma vermutlich kein Vertrauen auch in Aufträgen mehr gegeben wird....

    Mir macht es eher den Anschein, dass die Gesellschaft zu hohen Alkoholkonsum als Kavaliersdelikt ansieht, selbst wenn schon vermutet wird, jemand könnte Alkoholiker sein. Solange man funktioniert, ist doch alles bestens.

    Und ich glaube auch, Du wirst Deinen Weg finden :)

    Lg

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