Was soll ich tun?


  • Um es Knall hart auszudrücken,es sollte dich nicht interessieren wie es mit deinem Mann und einer Wohnung weiter geht,denn er sucht es sich ja selber aus wie es mit ihm weiter geht. Es hat ja alle Möglichkeiten etwas zu ändern und Wege zu gehen. Es ist nicht deine Aufgabe dir darüber einen Kopf zu machen wo und wie er dann irgendwo unterkommt. Du solltest jetzt nur an dich und deine Kinder denken und all deine Kraft dafür einsetzen. Das ist eine Grenze die du im jetzt setzt.

    Genau so ist es. Das ist nicht einfach, das ist mir klar. Aber Du hast Verantwortung für Dich und für Dein Leben. Und ganz wichtig, Deine Kinder! Er hat alle Möglichkeiten, von sich Hilfe suchen und Verantwortung für sein Leben übernehmen bis hin zu einem Leben in der Gosse. Das muss er wissen.

    Zitat

    Mit anderen Worten, er ist einfach nicht so weit, oder?


    Naja, er reagiert halt ganz typisch. Er ist ein nasser Alkoholiker, der sich offensichtlich noch nicht seiner Situation bewusst ist. Aber das wäre jetzt das Gleiche, wenn er gesagt hätte "ich weiß das ich ein Problem habe und will ja was dagegen machen. Aber das schaffe ich nur mit Dir". Auch so ein Klassiker. Einsicht zeigen, vielleicht sogar haben, jedoch trotzdem die Verantwortung abschieben.

    Ich denke er ist einfach in einer Phase, wo nur noch Taten zählen. Alles andere hast Du x-fach durch. Darum, lass ihn sein Leben leben und kümmere Dich nur noch um Dich und Deine Kinder. Mach Dir einen Plan wie Du da raus kommst und ziehe diesen dann konsequent durch. Erst wenn Du da raus bist, bist Du wieder frei. Du wirst sicher schnell bemerken, was das für Deine Lebensqualität bedeutet. Und für die Deiner Kinder.

    LG
    gerchla

  • Guten Morgen! Vielen Dank für euren Tipp, mir Hilfe beim Jugendamt zu suchen. Daran hatte ich noch nicht gedacht.
    Bis gestern Abend war ich voller Tatendrang, war sogar im Kindergarten und habe nach einem Platz gefragt. Es gibt jetzt so spontan natürlich keinen. Da ich momentan noch in Elternzeit bin, habe ich nicht so viele finanzielle Möglichkeiten. Irgendwie geht mir das jetzt aber auch mit Kindergarten oder Tagesmutter zu schnell. Eigentlich wollte ich erst nächstes Jahr wieder arbeiten. Vielleicht sollte ich erst noch abwarten, wie es sich entwickelt... Ach, ich bin seit gestern so durcheinander. In meinem Kopf kreisen die Gedanken nur hin und her :-[
    Ich würde mir grundsätzlich auch eine eigene Wohnung suchen, allerdings haben wir ein eigenes Haus, in dem ich gerne mit den Kindern wohnen bleiben würde. Für das Geld, das wir für den Kredit bezahlen, finde ich keine vergleichbare Wohnung mit entsprechenden Kinderzimmern. Natürlich muss nicht jeder ein eigenes Zimmer haben, aber eine gewisse Wohnungsgröße muss ich doch mit 3 Kindern haben.
    Libelle, arbeitet dein Ex-Partner noch? Ich bin mir nicht so sicher, ob du es geschrieben hast.
    Gerchla und Greenfox, hattet ihr eure Arbeitsplätze verloren?

  • Gerchla und Greenfox, hattet ihr eure Arbeitsplätze verloren?

    Zum Glück habe ich meinen Job nicht verloren. Denn auch wenn es landläufig anders heisst: aber auch Beamte können ihren Job verlieren! Und der war mein letzter Halt.

    Ansonsten kann ich Dich verstehen, dass es Dir vielleicht ein wenig schnell geht. Nur:

    Eigentlich wollte ich erst nächstes Jahr wieder arbeiten. Vielleicht sollte ich erst noch abwarten, wie es sich entwickelt...

    Die Abwärtsspirale dreht sich bis nächstes Jahr weiter. Und ICH sehe nicht, dass bzw. warum sich Dein Mann ändern (zum Positiven) sollte, wenn alles beim Alten bleibt. Die Entwicklung wird eher in die andere Richtung gehen.
    Daher zusätzlich zum Jugendamt noch ein Tipp:
    Such Dir einen Rechtsanwalt, der Dich auch in Bezug auf Euer Haus und den Kredit etc beraten kann, wenn Du Dich von Deinem Mann trennen würdest: Wie ist die rechtliche Situation, IHN aus dem Haus zu setzen, damit Du und die Kinder dort wohnen bleiben könnt? Was ist mit dem Kredit - könntest Du das alleine stemmen oder gibt es da Möglichkeiten?
    Vielleicht können einige Fragen auch bei der Suchtberatung geklärt werden. Denn Du bist nicht die erste Frau in dieser Situation.
    (Nur mal so: Es gibt auch Männer in dieser Situation, auch Männer als Opfer häuslicher Gewalt - und häusliche Gewalt ist nicht nur physische Gewalt!!).

    Gruß
    Greenfox

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Guten Morgen Lelilu,

    nein, mein Arbeitsplatz war und ist tatsächlich das einzige, was sich in meinem Leben nach meinem Ausstieg aus der Sucht nicht geändert hat. Meine Arbeit hat mir immer sehr viel Spaß gemacht und ich habe es auch (wie auch immer) bis zum Schluss geschafft, meine Arbeit einigermaßen brauchbar zu erledigen. Man könnte bei mir fast sagen, dass meine Arbeit und mein Team für mich in der ganzen Trinkerzeit, vor allem dann aber in den ganz schlimmen letzten Jahren, die einzige brauchbare Konstante waren.

    Das ist wahrscheinlich eher untypisch aber zeigt auch wieder, wie individuell unsere Krankheit und die Auswirkungen sind. Allerdings bin ich sehr sicher, dass es nicht mehr lage gut gegangen wäre bei mir. Denn ich habe da dann schon täglich auch in der Arbeit und vor allem vor der Arbeit getrunken. Und hatte auch schon recht viele "Krankheitstage". Irgendwann wäre das dann auch mal gekippt. Glücklicherweise konnte ich vorher aussteigen....

    Was Deine Gedanken, Überlegungen betrifft: Ich verstehe das alles was Du schreibst. Eigenes Haus, passt dort alles, die Kinder haben alles, eigene Zimmer, Garten usw. / Kita oder Kindergartenplätze bekommt man auch nicht so einfach, die eigene finanzielle Situation hat man natürlich auch noch im Nacken usw.

    Du musst selbst wissen, in wie weit Du das wegen dieser Gründe, die sicherlich auch welche sind, aushalten willst und kannst. Ich finde das wichtigste was jemand hat, ist sein eigenes Leben. Und finde jeder hat ein Recht darauf, es so zu leben wie er möchte und wie er glücklich ist. Besitz und Geld usw. spielen dabei eine gar nicht so große Rolle. Zumindest habe ich das bei mir so erfahren. Als ich weg war von daheim, war erst mal ein Umzug in eine kleine Wohnung in die große Stadt angestanden. Und das für mich als Landei, der vorher im Haus mit großem Garten inkl. Gartenteich und Baumbestand und ein paar Meter zum nächsten Wald gewohnt hat. Sowas habe ich vorher immer kategorisch ausgeschlossen. Niemals konnte ich mir vorstellen in der Stadt zu leben, in einem Vielfamilienhaus, einem alten Wohnhaus mit 14 Parteien.

    Die Wohngegend in die ich gezogen bin, war nun auch nicht gerade das Sahnestück dieser Stadt, eher das Gegenteil. Vorher eine ruhige Wohngegend auf dem Land mit bester Anbindung in die Stadt. Umgeben von wohlhabenden Familien mit dicken SUV's und anderen diversen Statussymbolen. Dann eine Wohnung im 2. Stock, nähe Hauptverkehrsstraße was ein geöffnetes Fenster fast nicht möglich machte. Einziger Vorteil: fußnähe zu meiner SHG.

    So, dann musste ich natürlich Unterhalt zahlen, was für mich natürlich selbstverständlich war und da blieb mir dann nicht mehr viel. Diverse Schulden, die sich durch meine Trinkerei angehäuft hatten, hatte ich auch noch im Nacken, mussten auch abbezahlt werden. Ich hatte wirklich einen Berg von Problemen, die ich mir als nasser Alki einfangen hatte und den ich nun, trocken, immernoch vor mir hatte. Und jetzt natürlich beseitigen wollte. Ich hätte quasi "gute Gründe" gehabt, weiter zu saufen. Denn meine Situation war jetzt nicht so, dass es so ausgesehen hätte, dass sich all die Probleme so einfach irgendwie von selbst lösen lassen würden.... Nö, eher das Gegenteil. Und hätte ich lange in die Zukunft gedacht und durchgedacht, was alles noch kommen könnte oder kommen wird, dann wäre ich sicher der Verzweiflung sehr nahe gekommen.

    Habe ich aber nicht. Denn ich lebte am Anfang erst mal von Tag zu Tag. Und war jeden Tag froh und dankbar, dass ich ihn ohne Alkohol verbringen konnte. Das ging eine ganz schön lange Zeit so. Und darüber habe ich mich dann natürlich auch daran gemacht, ein ums andere Problem anzugehen und zu lösen. Und tatsächlich, ich hätte das vorher nicht geglaubt, mit Ruhe und auch mit Hilfe von außen, konnte ich nach und nach alle meine Probleme lösen. Und es kam dann der Zeitpunkt, wo es mir (problemtechnisch / auch finanziell) besser und besser ging. Das dauerte, Jahre, aber so lief es letztlich.

    Ich will Dir damit Mut machen, quer zu denken. Was die Kinder betrifft: sie sind mit weniger zufrieden als man denkt. Eigentlich brauchen sie hauptsächlich Liebe , Geborgenheit, Nähe und klare Strukturen. Sie müssen wissen woran sie sind und sich verlassen können. Die ganzen anderen Sachen, der Konsum, das Zimmer, Spielsachen etc. die stehen hinten an. Meine Erfahrung mit meinen Kindern.

    Natürlich ist es nicht sinnvoll, wenn Du einfach alles packst und ausziehst ohne das Du irgendwas organisiert hast. Das wäre nur dann sinnvoll, wenn Deine Situation absolut akut wäre, Du oder Kinder auch körperlich bedroht sind oder die Situation einfach völlig unerträglich ist. Wenn Du "Spielraum" hast, dann solltest Du den nutzen um Dir einen Plan zu machen. Z. B. auch mit einem Anwalt sprechen, was eine Trennung finanziell eigentlich bedeutet. Wie es mit dem gemeinsamen Haus weiter gehen kann, was Dir zu steht oder auch was ihm zu steht. Dann siehst Du klarer, kannst Deine Möglichkeiten besser einschätzen und dadurch die richtigen Entscheidungen treffen.

    Du spielst ja aber jetzt mit dem Gedanken, erst mal abzuwarten. Ich meine, auch ok, aber dann kann es so schlimm ja nicht sein, sonst wäre das keine Option für Dich. Die Hoffnung allerdings, dass er einfach so mit dem Trinken aufhören wird, die solltest Du nicht haben. Diese Wahrscheinlichkeit ist nämlich verschwindend gering.

    Alles Gute wünsche ich Dir und gute Gedanken um für Dich und Deine Kinder richtigen Entscheidung zu finden.

    LG
    gerchla

  • Guten morgen Lelilu,
    Ich kann all deine Sorgen und Ängste verstehen. Ich hatte damals auch sehr lange überlegt mich von dem Vater meines Kindes zu trennen. Genau aus den Gründen wie ich das alles alleine finanziell schaffen soll. Mein Sohn war 2,5 Jahre alt und war nicht am arbeiten. Nochmal es stand in meiner Ehe nicht der Alkohol dazwischen. Dennoch habe ich mir dann gesagt,lieber weniger Geld aber ich bin vom Kopf her wieder frei.Es gab in der Ehe nur noch täglich Streitereien. Das wollte ich mir und meinem Kind nicht mehr antun. Wir leben nicht mehr in den 50igern das man der Kinder wegen zusammen bleibt und nach außen hin eine tolle Ehe spielt.Heute steht eine Frau nicht mehr alleine da wenn sie sich trennt. Dir und den Kindern steht soviel Hilfe zu. Ja mein Exmann ist immer arbeiten gegangen. Ich muss auch sagen trotz viel Ärger mit ihm all die Jahre nach der Trennung hat er immer Unterhalt gezahlt.
    Dadurch das mein Exfreund und ich im Grunde immer getrennte Wohnungen hatten,war ich in der glücklichen Lage immer zu gehen wenn ich es mit der Trinkererei nicht mehr ausgehalten habe. Ihr müsst eine Räumliche Trennung haben. Du wirst sehen "abwarten auf die Dinge die jetzt passieren"... Es passiert nur eins,er wird dir immer wieder Brocken und leere Versprechungen hinwerfen die dich wieder hoffen lassen und nichts einhalten. Genau das was wir hier sagen,damit hilfst du ihm nicht. Mein Exfreund war vor ein paar Jahren zur Langzeittherapie, alle Hoffnungen habe ich dort rein gesetzt. Und wo war er zuletzt,da wo er vor der Therapie war mit dem Zusatz das er noch mehr getrunken hat. .Ja er geht zur Diakonie und will nochmal eine Langzeit machen,schiebt den Antrag dafür solange es geht raus weil er sein volles gutes Krankengeld ausschöpfen will und im Garten noch fertig werden will. In seoner Not vor 3 Wochen..Mittwochs war er bei (bis Dienstag noch getrunken)mir,mit dem Versprechen das er jetzt weiß das er zu einer Gruppe gehen muss,das ich mitkomme. Ich stand wie schön geschrieben 2 Tage später Zuhause und er hat mich ohne Absage einfach warten lassen und schreibt mir später er wäre dort gewesen.
    Nach 12 Jahren Hoffen,Vertrauen,nach einer Langzeittherapie..Hand reichen, immer wieder neu Vertrauen, Enttäuschungen...
    Genau das passiert wenn du dir immer wieder sagst "ich warte jetzt mal ab was passiert"
    Als dann letzte Woche seine Mutter mir sagte das er jetzt wieder zu ihr kann ist mir quasi der Hintern geplatzt. Das war für mich so ein Schlag ins Gesicht. Dieses Spielchen ging jetzt die letzten Monate so das sie Mutter Theresa spielt,ihn mit Beruhingunstabletten, Schlaftabletten und Essen während seines Entzuges versorgt. Für ihn der einfachste Weg,der ihn in keinster Weise zum Nachdenkennbringt denn er muss nichts ändern weil er ja von Mama alles bekommt. Du erkennst aus meinen Zeilen das dort eine Menge Wut drin steckt.. Solange seine Mutter noch da ist wird er nicht zu der Einsicht kommen das er ernsthaft etwas ändern muss. Bei deinem Mann ist es vielleicht gut das er keine Freunde und Familie hat,die würden ihn wahrscheinlich genauso pudern,"der arme"..Es wird ganz sicher eine Lösung geben was das Haus anbelangt. Es gibt Für alles immer eine Lösung,nur damit kenne ich mich nicht aus. In erster Linie steht dir das Haus mit den Kindern erstmal zu,so meine ich das zumindest. Vielleicht kann der ein oder andere dir hier ein paar Tips mehr geben.
    Ich lege dir nochmal ans Herz, warte nicht länger Wege zu gehen und durch zu ziehen. Es ist dir und den Kindern nicht damit geholfen. Es kommt noch mehr leid und Entäuschung auf dich zu. Es ist unter euch beiden jetzt ein offenes Thema...bleibst du, wird es jetzt noch mehr Reibereien geben,er wird dir immer weiter für jegliche Dinge die Schuld geben was dich immer weiter runter zieht. Das was ihm Heilig ist,das ist sein Alkohol und den willst du ihm Weg nehmen,das ist seine Sichtweise.Mein Exfreund hat damals dann im Auto auf Parplätzen getrunken.. Ich konnte mir damals anhören" ich darf nicht mal mehr in meiner eigenen Wohnung Trinken weil du da bist und das nicht willst"..und das hat er mir nicht lieb und nett gesagt! Du kannst ihn nicht aufhalten,aber du kannst dich selber aufhalten diesen ,Leidensweg dir und den Kinder zu ersparen.
    Lelilu, dienWarheitntut verdammt weh. Au mich macht es traurig von meinem Kind seit ,Wochen nichts zu hören, mich macht es auch traurig das ich wieder Hoffnung in meinen Ex vor 3 Wochen gesteckt habe und Entäuscht wurde. Ich würde dieses aber nicht durchstehen wenn ich keine Hilfe hätte,die mir Kraft geben das durch zu stehen.Hart zu bleiben,bei meiner Entscheidung zu bleiben. Es gibt mir auch sehr viel das ich hier bin und mich austauschen kann.
    Ohne diese Hilfe all die Jahre, würde ich heute bei meinem Exfreund Leben,sein Trinken weiter dulden,meinen Mund halten, regelmäßig Beleidigt werden, für alles verantwortlich gemacht werden,ignoriert werden wenn ihm was nicht passt,einfach die Schuldige für alles sein! Und irgenwann psychisch als ein Haufen Elend enden. Ein Leben mit einem Alkoholiker ist immer das gleiche Drehbuch,das einzige was nicht gleich ist, das sind die Namen der Darsteller. Und nur du Lelilu hast Einfluss auf das Drehbuch das es für dich ein "Happy end " gibt....bleib weiter Stark, schließe nicht mehr die Augen...
    LG Libelle

  • Ich möchte euch vielmals danken. Ich habe viele wertvolle Tipps erhalten und werde es jetzt nach und nach angehen...

  • Hallo!
    Ich wünsche allen Frohe Weihnachten und bedanke mich bei allen ganz herzlich für die tollen, informativen und hilfreichen Beiträge. Ich habe schon lange nicht mehr geschrieben, aber dafür lese ich immer mit.

    Ich bin immer noch "in der Co-Abhängigkeit" gefangen, allerdings habe ich ein paar Angelegenheiten für mich erledigt. Ich hatte nochmal ein Beratungsgespräch (diesmal bei einer sehr guten und erfahrenen Beraterin), nehme zum Jahresbeginn meine Arbeit nach der Elternzeit wieder auf, war bereits bei einer Familienanwältin und habe mich darüber informiert, was mir zustehen würde und ich hatte ein Gespräch mit einer Kinder- und Jugendpsychologin, bei der meine Tochter letztes Jahr eine Verhaltenstherapie gemacht hat (weil sie sich im Unterricht so selten meldet). Letzte Woche habe ich mir noch zwei Bücher für Angehörige gekauft, um noch mehr verstehen zu können. Als ich das eine Buch gelesen habe, musste ich an einer Stelle richtig heulen, weil es so passend war. Die co-abhängige Frau wurde mit den "Nachkriegs-Trümmerfrauen" verglichen, die sich um alles alleine kümmern mussten und viele Stärken entwickeln mussten, aber dabei ihre eigenen Interessen völlig vergessen haben. Genauso empfinde ich es auch.

    Aber trotz dieser Erkenntnis und meiner mittlerweile sehr abgekühlten emotionslosen Art meinem Mann gegenüber, bekomme ich es nicht hon, mich von ihm zu trennen. Ich frage mich immer, was mich hält. Das Finanzielle ist es nicht, auch die Wohnsituation würde man irgendwie lösen können. Die Kinder würde es auch nicht in große Verzweiflung stürzen...

    Warum fällt es mir so schwer "loszulassen"? Ist es nur die Gewohnheit? Hat das auch etwas mit der Co-Abhängigkeit zu tun, weil ich die (letzte) Kontrolle über ihn nicht aufgeben möchte?

    Zu der aktuellen Trinksituation wollte ich noch etwas schreiben. Nachdem wir hier nochmal richtig Stress hatten, trinkt er jetzt nur noch zu besonderen Anlässen. Unter der Woche zu Hause wollte er nichts mehr trinken, meinte er, weil er wüsste, dass es zu viel sei. Diese besonderen Anlässe sind natürlich sehr häufig, gerade in der letzten Zeit. Zu Hause wird dann einfach Bier in eine Flasche alkoholfreies Bier umgefüllt und natürlich weiterhin heimlich Schnaps getrunken. Mit anderen Worten: er trinkt jetzt heimlich und versucht mich zu täuschen und belügt mich natürlich, wenn ich ihn darauf anspreche.

  • Liebe Lelilu,

    Zitat von "Lelilu"

    Warum fällt es mir so schwer "loszulassen"? Ist es nur die Gewohnheit? Hat das auch etwas mit der Co-Abhängigkeit zu tun, weil ich die (letzte) Kontrolle über ihn nicht aufgeben möchte?

    Ich schenke Dir zu Weihnachten die Erkenntnis, die ein Internetfreund seiner Tochter geschenkt hat:

    Eine der größten Schwierigkeiten bei der Selbstveränderung liegt darin begründet, daß viele Menschen, die sich in ungünstigen Situationen befinden, paradoxerweise dazu neigen, den Ist-Zustand gegenüber der Veränderung zu bevorzugen. Der Grund dafür liegt nicht etwa - wie so oft gesagt wird - in der Bequemlichkeit. Im Gegenteil, es ist oft beeindruckend, wieviel Energie Menschen aufbringen, um einen Zustand beizubehalten, unter dem sie leiden. Das Neue, Unbekannte ängstigt, lieber bleibt man beim alten Zustand, auch wenn dieser noch so belastend ist - aber er ist zumindest vertraut.
    (airport1.de)

  • Hallo Lelilu,

    ich war in einer ziemlich ähnlichen Situation und habe es jetzt wirklich geschafft, mich nach langen harten Kämpfen zu trennen.

    Das Zitat von Dietmar trifft es enorm gut: Man kennt den täglichen Schmerz und hat wahnsinnige Angst vor dem Unbekannten (könnte ja noch schlimmer sein). Die letzte Entscheidung trifft man meistens erst wenn der Schmerz so überhand nimmt dass er nicht mehr auszuhalten ist.

    Als ich Deinen Bericht über das nur noch zu besonderen Anlässen trinken (mit der Korrektur des Heimlichtrinkens) gelesen habe musste ich lächeln. Eigentlich sind die nassen Alkoholiker sooo austauschbar. Mein Mann war übrigens auch ein sehr guter Sportler, dadurch habe ich das auch lange nicht fassen können. Die nächste Stufe sind nach meiner Erfahrung laaange Spaziergänge morgens, mittags und auch abends - man muss ja was für die Gesundheit tun. Und freu Dich auf den Tag, wenn er auf Deine Frage wo denn der Schnaps im Keller hingekommen ist den Verdacht auf Deine Große lenkt (na ja vielleicht ist sie doch noch ein bisschen jung - habt Ihr eine Hund, der den Schnaps getrunken haben könnte?)

    Liebe Lelilu, ich bin jetzt noch nicht lange wieder allein, aber ich entdecke jeden Tag wieder ein kleines Stück Lebensfreude für mich, auch wenns nur ganz kleine Dinge sind. Helfen bei Deiner Entscheidung wann du loslässt kann Dir keiner - aber lass die Hoffnung fahren, dass sich von seiner Seite etwas ändert. Darauf solltest Du auf keinen Fall bauen.

  • Als ich Deinen Bericht über das nur noch zu besonderen Anlässen trinken (mit der Korrektur des Heimlichtrinkens) gelesen habe musste ich lächeln. Eigentlich sind die nassen Alkoholiker sooo austauschbar.

    Eigentlich sollte es ja wehtun, aber ... Wenn ich meine eigene Geschichte mit der von anderen Betroffenen vergleiche - sowohl hier als auch von denen, die ich in meiner SHG oder bei meinen Krankenhausvorstellungen/Infoabenden in Entgiftungsstationen höre -, dann entdecke ich immer wieder Ähnlichkeiten, Parallelen. So zum Beispiel dieses "nur zu besonderen Anlässen" und gleichzeitig heimlich trinken. Wobei es mit der Zeit unheimlich heimlich wird - nur ich merkte nicht, das es fast jeder gemerkt hat ...
    Oder das Verstecken :o Ich habe, als ich schon ein paar Jahre trocken war, mal das Aufräumen unseres Kellers in Angriff genommen. Und vorsichtshalber meine Frau vorgewarnt ... Tatsächlich bin ich auf Verstecke von (leeren) Flaschen gestossen, die ich zwischenzeitlich vergessen hatte :-\

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    können wir nur selber tun!

  • Hallo! Bei mir ist in den letzten Tagen einiges passiert und jetzt habe ich noch ein paar Fragen....
    Mein Mann war Anfang der Woche bei der Suchtberatung und möchte jetzt eine ambulante Reha machen. Dazu wurde ihm auch geraten und wohl nicht zu einer Langzeittherapie. Eine Entgiftung hat er nicht gemacht und er sollte es auch nicht. Seit Silvester hat er nichts mehr getrunken. Einen Tag nach dem Termin habe ich ihm gesagt, dass ich einfach nicht mehr kann, weil schon so viele Jahre einiges schief läuft und ihm gesagt, dass ich eine räumliche Trennungbrauche, um erstmal ein bisschen Abstand zu bekommen und mir über meine Gefühle klar werden möchte. Seitdem geht es mir total schlecht und ich bereue es schon, dass ich es ausgesprochen habe, obwohl ich eigentlich weiß, dass es so nicht mehr ging. Dann mache ich mir jetzt Vorwürfe, weil er jetzt endlich etwas unternehmen möchte und ich ihm zeitgleich sage, dass er sich eine Wohnung suchen soll. Was meint ihr dazu?

    Ab wann kann man eigentlich sagen, dass jemand trocken ist?

    Unsere Kommunikation ist ja schon sehr schwierig und er versteht einfach nicht, was durch den Alkohol bei uns passiert und kaputt gegangen ist und warum ich nicht mehr kann. Wird über solche Sachen auch in der ambulanten Reha gesprochen?

  • Ab wann kann man eigentlich sagen, dass jemand trocken ist?

    Unsere Kommunikation ist ja schon sehr schwierig und er versteht einfach nicht, was durch den Alkohol bei uns passiert und kaputt gegangen ist und warum ich nicht mehr kann. Wird über solche Sachen auch in der ambulanten Reha gesprochen?

    Hallo!

    Als trocken bezeichne ich Leute, die mindestens 1 Jahr ohne Vor- und/oder Rückfälle in Freiheit verbracht haben.

    Ja, darüber wurde auch in meiner ambulanten Therapie gesprochen. Bei mir wurden die Angehörigen einbezogen und zwar durch Gespräche zwischen meiner Familie und den Therapeuten, ohne dass ich dabei war.

    Ich will dir kein schlechtes Gewissen machen, aber Du machst es ihm momentan auch nicht leicht. Jetzt, wo er endlich beginnt, was gegen seine Sucht zu unternehmen, willst Du die Beziehung beenden oder auf Eis legen. Das kann dir niemand verbieten und Du solltest auch nicht in einer Beziehung verharren, die für dich keine Zukunft hat. Ob der letztgenannte Punkt bereits erreicht ist, kannst nur Du beantworten. Falls nicht, dann mach ihm eine klare Ansage: "Die Therapie wird komplett ohne wenn und aber durchgezogen und anschließend schauen wir, ob die Beziehung eine Zukunft hat." Bei mir hat so eine Ansage gewirkt.

    Gruß
    Rekonvaleszent

  • Hallo Rekonvaleszent!
    Vielen Dank für deine Antwort.
    Ich hatte bzw. habe ein richtig schlechtes Gewissen, wobei ich ihm am Freitag (das hatte ich gestern nicht geschrieben) gesagt habe, dass ich ihn jetzt nicht vor die Tür setze und er sich auch jetzt keine Wohnung suchen muss. Wahrscheinlich war das von mir auch so eine Kurzschlussreaktion, weil er sagt, dass ich ihn zur Suchtberatung geschickt hätte. Ich bin halt unsicher, ob er es wirklich ernst meint oder nur macht, weil ich seit langer Zeit davon spreche. Andererseits hat er es einem Kollegen/Freund erzählt und mit meiner Mutter hat er darüber gesprochen. Meine Eltern wussten bis zu dem Zeitpunkt noch nichts davon.
    Aber gesagt ist gesagt, das kann ich jetzt nicht mehr rückgängig machen.

  • Hallo Lelilu,

    zur Frage wann ist jemand trocken:

    Ich weiß gar nicht, ob es eine offizielle Definition dafür gibt. Meine Meinung ist, dass man dann trocken ist, wenn man auch trocken denkt. Ich würde das gar nicht so sehr mit einer Zeitschiene versehen wollen. Klar brauchts erst mal eine gewisse Zeit in der man nichts mehr trinkt um sich überhaupt auf den Weg zum richtig trocken werden zu machen.

    Wenn ich mich mal als Beispiel nehme: Ich trank mal viele Monate lang keinen Tropfen Alkohol, fast ein Jahr lang. Trotzdem war ich nicht trocken, denn meine Gedanken drehten sich immer wieder um Alkohol und ich hatte auch nicht den Wunsch, dauerhaft nicht mehr zu trinken. Erst mal eine Zeit lang nicht mehr trinken, das waren damals meine Gedanken. Und ich habe das auch für jemand anderen getan, nicht für mich. Ich wurde dann also auch nicht rückfällig, sondern ich beendete meine lange Trinkpause.

    Als ich dann wirklich aufgehört hatte, fühlte es sich vom ersten Tag ganz anders an als die vielen Versuche vorher. Es war der tiefe Wille und Wunsch nie mehr zu trinken und ich wollte das für mich tun, um mein Leben wieder selbst leben zu können, um überhaupt eine Chance zu bekommen, wieder ein lebenswertes Leben zu führen.

    Nach und nach veränderte sich alles mögliche bei mir. Erst mal der Körper rein äußerlich, und langsam Schritt für Schritt auch die Psyche, der Geist, das Denken. Im Nachhinein kann ich sagen, ich hatte keine Rückfallgedanken, ich hatte fast keine Triggermomente und ich spürte jeden Tag die positiven Auswirkungen des alkoholfreien Lebens. Und hatte dabei nie das Gefühl, dass ich etwas vermisse. Ich denke mal, ich war recht früh auch im Kopf "trocken".

    Also, lange Rede, wenig Sinn: Eine allgemeingültige Formel wird's wohl nicht geben, denke ich. Und die Gefahr rückfällig zu werden, die bleibt ja ein Leben lang. Es ist für den Betroffenen einfach so, dass er sich sein Leben lang irgendwie mit seiner Krankheit außeinder setzen muss, zumindest mit ihr umgehen muss. Er kann nicht sagen: jetzt ist soviel Zeit vergangen, jetzt bin ich trocken, jetzt kann nichts mehr passieren. Und somit können auch Angehörige nie sagen, er/sie wird nie mehr trinken, denn er/sie ist ja jetzt trocken.

    Zitat

    Einen Tag nach dem Termin habe ich ihm gesagt, dass ich einfach nicht mehr kann, weil schon so viele Jahre einiges schief läuft und ihm gesagt, dass ich eine räumliche Trennungbrauche, um erstmal ein bisschen Abstand zu bekommen und mir über meine Gefühle klar werden möchte. Seitdem geht es mir total schlecht und ich bereue es schon, dass ich es ausgesprochen habe, obwohl ich eigentlich weiß, dass es so nicht mehr ging. Dann mache ich mir jetzt Vorwürfe, weil er jetzt endlich etwas unternehmen möchte und ich ihm zeitgleich sage, dass er sich eine Wohnung suchen soll. Was meint ihr dazu?


    Dazu meine ich, dass Du Dir keine Vorwürfe zu machen brauchst. Du musst Dir nur selbst die Frage beantworten, ob Du mit ihm weiter zusammen leben möchtest, wenn er tatsächlich trocken werden sollte. Wenn Du jetzt Abstand brauchst um z. B. genau diese Frage für Dich beantworten zu können, dann ist das eben so. Das sollte er akzeptieren. Du musstest seine Trinkerei ja auch akzeptieren. Hier hat er auch alleine entschieden und Dich nicht gefragt. Sein Leben, seine Entscheidung - Dein Leben, Deine Entscheidung.

    Es kann ja durchaus sein, dass Du gar nicht mehr mit ihm leben willst, auch wenn er trocken werden würde. Vielleicht ist schon zu viel kaputt gegangen, vielleicht kannst Du kein Vertrauen mehr aufbauen und willst nicht dauerhaft in der Angst leben dass er rückfällig werden könnte, vielleicht habt ihr Euch einfach generell außeinander gelebt oder was auch immer. Es muss nicht immer alles mit dem Alkohol zusammen hängen.

    Andererseits könntest Du auch zu dem Schluss kommen, dass Du weiter mit ihm Leben willst, wenn er nicht mehr trinkt. Und dass Du bereit bist ihn hier auch zu unterstützen. Auch ok, Deine Entscheidung die Du nach räumlicher Trennung und reiflicher Überlegegung vielleicht so getroffen hast.

    Wenn er es ernst meint, dann sollte er sich auf seine Therapie konzentrieren. Die größte Chance sein Leben weiter mit Dir zu verbringen hätte er doch, wenn er Dir zeigen würde, dass er schaffen will und schaffen wird. Und dass er es in erster Linie für sich macht, weil er verstanden hat, dass darin ein Schlüssel zum Erfolg liegt.

    Weißt Du, es hört sich für mich halt nicht gut an, wenn er sagt, Du hättest ihn zur Suchtberatung geschickt. Das impliziert für mich, dass er der Meinung ist, dass er dort nicht hingehört. Es hört sich so an wie: dann mach ich da halt mal damit sie zufrieden ist. Das ist nicht der beste Start in ein abstinentes Leben. Allerdings kenne ich auch Geschichten von ehemals zur Therapie "gezwungenen" Alkoholikern, die im Laufe dieser Therapie gemerkt haben, dass sie sehr wohl dort hin gehören und es darüber auch tatsächlich geschafft haben ihr Leben dauerhaft ohne Alkohol zu leben. Leider gibt es aber eben auch die vielen anderen, die nach der Therapie (oder schon während) wieder trinken, weil sie ja nie wirklich eingesehen haben, dass sie Alkoholiker sind.

    Also, ich finde Deine Idee einer Ausszeit und einer (temporären) räumlichen Trennung gar nicht schlecht. Es gibt beiden die Möglichkeit aus dem Alltag mal raus zu kommen und die Dinge in Ruhe zu überdenken. Vielleicht solltest Du das durchziehen.

    LG
    gerchla

  • Vielen lieben Dank Gerchla für deine Antwort. Es tut mir immer sehr gut, wenn ich deine Beiträge lese....

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