Was soll ich tun?

  • Hallo!
    Ich bin neu hier und stelle mich deshalb einmal kurz vor. Ich bin 39 Jahre alt, habe drei Kinder (10, 8 und 1) und bin seit 12 Jahren verheiratet. Mein Mann trinkt seit ein paar Jahren jeden Abend Alkohol. Wann es angefangen hat, kann ich leider nicht mehr sagen. Er trinkt jeden Abend mittlerweile 5-6 Flaschen Bier und Schnaps. Jedes Mal, wenn er in den Keller geht und sich ein neues Bier holt, trinkt er Schnaps. Das habe ich vor einiger Zeit durch Zufall herausgefunden. Ich habe ihn schon mehrfach darauf angesprochen, er weiß auch, dass es zu viel ist und meint immer, dass er bald damit aufhört. Dieses "bald" trifft aber nie ein. Er hat einen guten Job und treibt auch sehr viel Sport, nimmt an vielen Laufwettkämpfen teil und trainiert momentan für einen Marathon. Ich ermögliche das alles, obwohl ich auch mit den Kindern genug zu tun habe. In der Hinsicht kommt von ihm freiwillig nicht viel. Im Gegenteil, wenn er dann abends zu Hause ist und nicht beim Sport, gibt es immer nur Streit. Er ist überhaupt nicht belastbar und schreit sofort rum, wenn die Kinder sich streiten. Am Wochenende ist kein normales Frühstück möglich, weil er immer wutentbrannt den Raum verlässt, wenn einer sich daneben benimmt. Da stelle ich mir immer die Frage, ob unsere Kinder wirklich so "miserabel" erzogen sind, wie er meint oder kann diese extreme Gereiztheit vielleicht vom Alkohol kommen? Mit 3 Kindern ist es stressig, ohne Frage, aber ich habe das Gefühl, dass ich alles auffangen muss. Die Kinder nehmen ihn schon gar nicht mehr ernst und haben keinen Respekt mehr. Das ist doch schrecklich.
    Langsam weiß ich nicht mehr, was ich machen soll. Ich merke nur, dass es mich total belastet, ich aber einfach nicht mit ihm darüber sprechen kann, weil von ihm dann nichts kommt. Ich hatte schon einen Termin bei einer Beratungsstelle. Der Mann meinte, dass ich meinen Mann bei den Kindern mehr mit einspannen muss, damit ich auch mehr Freiräume habe. Das habe ich dann auch versucht, meinem Mann im einem Gespräch zu vermitteln und ihm auch gesagt, dass ich gerne mal wieder mehr als Familie zusammen machen würde. Danach haben wir uns nur gestritten, weil er es einfach nicht versteht und wir nicht mehr richtig kommunizieren können. Ich bin mir nicht sicher, ob dieses egoistische Verhalten auch mit dem Alkoholkonsum zu tun haben kann oder ob ich es übertreibe?? Die Kinder haben im Moment gar keine Lust mehr auf Ausflüge mit ihm. Wenn ich das alles so schreibe, weiß ich gar nicht, ob unsere Probleme ganz woanders liegen. Ich weiß ja nicht, wie stark der Alkohol schon sein Denken tagsüber beeinflußt?!
    Vielleicht hat jemand einen Tipp für mich?

  • Hallo Lelilu,
    Ich bin 45 ,habe einen 18 jährigen Sohn, war gute 12 Jahre mit einem Alkoholiker zusammen und mein Vater war Alkoholiker und zum Schluss viele Jahre trocken. Mein Sohn ist seit etwa 2 Jahren Drogenabhängig. Ich habe mich gestern hier neu angemeldet. Du kannst dir gerne meinen Bericht durch lesen.
    "Mal Luft machen".Ja es ist so, Alkohol verändert einen Menschen sehr ,sein ganzes Wesen. Alles leidet darunter, die Beziehung,die Kinder,irgendwann die Arbeit.Ich habe auch immer versucht zu reden und oft die rosarote Brille auf gehabt. Nur Streit, Beleidigungen und das ich Schuld bin. Du bist nicht Schuld. Ich habe dann versucht mir selber zu helfen und bin zu Gruppen gegangen. Der Austausch mit anderen Anghörigen hat mir sehr viel Kraft gegeben.Nicht alleine da zu stehen,verstanden werden. Du kannst ihm nicht helfen,das habe ich auch lange geglaubt. Nur wenn dein Mann die Einsicht hat das er ein Problem hat und bereit ist sich Hilfe zu holen,dann kann man die Hand reichen und Wege mit gehen. Ich bin viele Wege für mich gegangen. Mein letzter Weg hat mich bis heute bei der Caritas gehalten. Habe immer noch alle 4 Wochen dort meine Gespräche die ich sehr wichtig finde. Ich musste lernen jemanden fallen zu lassen,ich musste lernen das ich nicht Schuld bin. Versuche dir vielleicht bei der Caritas,Diakone oder durch eine Gruppe Hilfe für dich zu holen. Kannst du mit Freunden reden oder mit deiner Familie? Ich weiß es ist leicht geschrieben aber du musst an dich und deine Kinder denken. Was mir auch immer sehr geholfen hat und das merke ich hier auch wieder...die offene Ehrlichkeit eines Betroffenen. Manchmal harte Worte aber die Realität. Ich habe in den letzten Jahren soviel gelernt und mir selber gegenüber Achtsam zu sein. Jeder kann sich nur selber helfen wenn er es will.

    LG Libelle1972

  • Hallo und auch von mir ein HERLICHES WILLKOMMEN hier im Forum :welcome:

    Kurz zu mir: Ich bin 55, Alkoholiker, seit einigen Jahren trocken und in der Selbsthilfe aktiv.

    Du hast Dich schon im "richtigen" Bereich - dem für Angehörige - vorgestellt. Wenn Du Dir hier die Geschichten der Menschen durchliest wirst Du sehen, dass Du mit Deinen Problemen nicht alleine dastehst.

    Wenn ich das alles so schreibe, weiß ich gar nicht, ob unsere Probleme ganz woanders liegen.

    Und die Probleme sehr wohl genau dort liegen - beim Alkohol.

    Libelle1972 hat es schon geschrieben: Such Dir Hilfe und Unterstützung z.Bsp. bei einer Selbsthilfegruppe. Der wer kann Dir besser helfen, bessere Ratschläge geben als Selbst-Betroffene!?!

    Ansonsten lies Dich hier durch und ein - und wenn Du Fragen hast, stell sie! Wir werden sie Dir beantwortewn.

    Auf einen guten Austausch!

    Gruß
    Greenfox

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Hallo Lelilu,

    herzlich Willkommen bei uns im Forum.

    Ich stelle mich kurz vor: männlich, Ende 40, Alkoholiker und lebe nun schon meherere Jahre ohne Alkohol. Zu meiner Trinkerzeit trank ich heimlich, hatte ich Familie, Frau und 2 Kinder. Nach meinem Ausstieg erfolgte die Trennung von meiner Frau. Heute bin ich wieder verheiratet (mit einer anderen Frau :) ) und wurde auch nochmal Papa einer wunderbaren Tochter. Ich habe jetzt ein wunderbares, glückliches Leben, weil ich es seit vielen Jahren ohne Alkohol führen darf und es in dieser Zeit auch "geschafft" habe, wieder Vertrauen zu meiner Ex-Frau und meinen anderen beiden Kindern aufzubauen.

    Soweit kurz meine aktuelle Situation. Ich bin also kein Angehöriger wie Du, sondern ein Trinker, wie Dein Mann.

    Vorab möchte ich Dir ans Herz legen, dass Du Dir die Geschichte von Libelle durchliest. Ich glaube daraus kannst Du sehr viel für Dich entnehmen.

    Ein paar Anmerkungen zu dem was Du geschrieben hast möchte ich noch gerne machen:

    Zitat

    Dieses "bald" trifft aber nie ein.

    Da gibt es einen alten Country-Song, der heißt "Tomorrow never comes" - der trifft es wie die Faust auf's Auge. Wie oft habe ich mir damals gedacht, heute noch aber morgen ist dann Schluss. Oder: den Geburtstag von xy noch, aber danach hör ich auf. Also, das hast Du ja schon selbst erkannt, da kommst Du nicht weiter. Selbst wenn er in dem Moment wo er sagt "bald höre ich auf" es sogar ernst meint. So einfach funktioniert das mit dieser Sucht leider nicht.

    Zitat

    Er hat einen guten Job und treibt auch sehr viel Sport, nimmt an vielen Laufwettkämpfen teil und trainiert momentan für einen Marathon. Ich ermögliche das alles, obwohl ich auch mit den Kindern genug zu tun habe.

    Das finde ich jetzt allerdings interessant. Denn übermäßiger Alkoholkonsum (und bei dem was Du schreibst darf man davon auf jeden Fall sprechen) schädigt ja nicht nur die Leber sondern ganz erheblich auch das Herz-Kreislauf-System. Ich bin selbst Marathon-Läufer, ich weiß also was das Training einem abverlangt. Ganz zu schweigen vom Lauf selbst. Das kann u. U. sogar gefährlich sein, was er da macht.

    Andererseits, das will ich hier auch mal sagen, habe ich in meiner aktiven Trinkerzeit auch eine Phase gehabt, wo ich offiziell begonnen hatte "zu Laufen". Ich tat das vor meiner Trinkerzeit und hatte sehr viel Spaß daran. Und das ließ ich dann während meiner Trinkerzeit wieder "aufleben" - äääähhmmmmm, also das erzählte ich meiner Frau so... In Wahrheit zog ich mir meine Laufklamotten an und ging in den nahegelegenen Wald, wo ich immer ein paar Bierkästen gebunkert hatte. Da ich immer lange Strecken "lief" (10 - 20 km) hatte ich richtig Zeit zum trinken. Das habe ich mehrere Monate so durchgezogen. Gelaufen bin ich in dieser Zeit aber gar nix, nur bevor ich heim ging dann mal ein paar hundert Meter, dass etwas Schweiß zu sehen war. Irgendwann wurde mir das etwas zu stressig und ich "verletzte" mich leider, so dass ich leider nicht mehr weiter trainieren konnte. Damit war ich dann raus aus der Nummer. Alles nur erlogen gewesen. :o

    Es kann natürlich sein, dass Dein Mann tatsächlich trotz dieser erheblichen Mengen Alkohol, die Du beschreibst, für einen Marathon trainiert. Aber das wäre dann schon echt krass, wenn ich das mal so sagen darf. Und auch gefährlich. Ich hoffe, er lässt sich vor dem Wettkampf dann mal ärztlich abchecken. Den Tipp kannst Du ihm ja mal geben.

    Zitat

    Ich weiß ja nicht, wie stark der Alkohol schon sein Denken tagsüber beeinflußt?!

    Mit zunehmender Dauer der Sucht wird der Charakter eines Menschen erheblich beeinfluss. Bei mir war am Ende von meinem ursprünglichen Charakter nicht mehr viel übrig. Ich log und betrog, wo und wann es nur ging. Ich führte ein Doppelleben vom allerfeinsten. Ähnlich wie bei Deinem Mann hatte auch ich einen sehr guten Job, der auch immer mal Reisen beinhaltete. Meine Reisetätigkeit z. B. verdoppelte sich im Laufe meiner Sucht - allerdings nicht in echt, sondern von mir erlogen. Diese "Reisen" nutzte ich zum Trinken, da hatte ich sogar eigene Räume zum Übernachten. Meine Familie dachte natürlich ich wäre irgendwo in Europo oder sonstwo unterwegs. Ich habe ja auch immer brav zuhause angerufen und erzählt was ich gerade mache. Alles Lug und Trug. Wenn Du einem nassen Alkoholiker die Hälfte glaubst, glaubst Du immernoch die Hälfte zu viel. Zumindest bei mir war das so.

    Und glaube, das entsprach nun so gar nicht meinem Chrakter vor meiner Trinkerzeit. Die Sucht reißt einen da hinein, immer tiefer und man will einfach nur trinken. Dafür ist man auch bereit zu lügen was das Zeug hält. Hauptsache man kann die Fassade irgendwie aufrecht erhalten und sich irgendwie durchwurschteln. Ich war dann noch jemand, der keinen Konflikt wollte und habe zu allem ja und Amen gesagt und dann alles so hingelogen, dass es irgendwie gepasst hat. Das funktionierte sehr viele Jahre ganz gut. Erst zum Ende hin wurde es immer schwieriger, auch weil ich dann teilweise selbst nicht mehr wusste was erlogen war und was stimmte. Meine beiden Parallelwelten verschwommen ineinander. Das kann man sich als nicht Süchtiger wohl kaum vorstellen.

    Jedenfalls möchte ich Dir auch sagen, dass man nicht einfach aufhören kann mit dem Trinken und dann sagen: so, jetzt ist alles wieder wie vorher.

    Erst mal ist es schon nicht so einfach aufzuhören. Aber wenn man das geschafft hat, geht die Herausforderung erst richtig los. Denn dann will man ja "wieder normal" werden. Das ist nach jahrelangem süchtigen Trinken aber nicht so einfach. Denn das Hirn bleibt erst mal "nass", muss neu lernen wie es im abstinenten Zustand richtig funktioniert. Deshalb ist für viele Menschen eine längere Therapie auch genau das richtige. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass man nach dem Ausstieg aus der Sucht nicht mehr der selbe ist wie vorher. Ich meine damit, wie vor dem Beginn der Sucht. Denn diese Erfahrung des "Süchtig-Seins" prägt und man kann das nicht einfach wegwischen.

    Man ist danach also ein ganz anderer Mensch. Nicht zuletzt deshalb zerbrechen viele Beziehungen erst dann, wenn der trinkende Partner aufgehört hat mit dem Trinken. Meine übrigens ja auch.

    Aber natürlich gibt es glücklicherweise auch andere Beispiele und Paare finden in ein glückliches Miteinader zurück. Da reicht es aber in der Regel eben nicht aus, dass "nur" der Trinker nicht mehr trinkt. Der andere Teil muss auch an sich arbeiten.

    Das waren jetzt nur mal meine Gedanken dazu. Bitte überlege Dir gut, ob und wie Du diese Beziehung weiter führen möchtest. Besonders wegen Deiner Kinder. Die bekommen nämlich alles mit oder zumindest mehr als Du Dir denken kannst. Und das wird sie prägen, wird deren eigenes Leben prägen. Darüber musst Du Dir im Klaren sein.

    Ich wünsche Dir einen guten Austausch hier im Forum und alles alles Gute!

    LG
    gerchla

  • Vielen vielen Dank für eure Antworten. Eure Beiträge haben mich wirklich sehr berührt. Ich habe seit gestern viele hilfreiche Erfahrungsberichte hier im Forum gelesen.

    Eine Frage stelle ich mir seit längerer Zeit immer wieder: Ist für die Kinder eine Trennung in der jetzigen Situation besser als die täglichen Auseinandersetzungen?

    Und noch eine Frage: Drehen sich die Gedanken den ganzen Tag um den Alkohol, auch wenn man erst abends damit anfängt?

  • Liebe Lelilu,
    Es ist schön zu lesen das du dir einiges schon durchgelesen hast.
    Zu deiner Frage ob der Alkohol den ganzen Tag im Kopf ist...Ja, ich bin morgens aufgestanden und habe mich gefragt,gehofft das er heute nichts trinkt. Oder ich habe mich morgens schön gefragt"was wird heute Abend wieder sein, was hat er wieder für eine Laune, im er zu überlegen was man sagen darf ohne das er wieder hoch geht wie eine Rakete". Ja der Alkohol war immer da denn er stand zwischen uns . Kinder kriegen viel mehr mit als man denkt.

    Ich kann mich an meine Kindheit erinnern. Auch mein Onkel war Alkoholiker,wenn ich an mein Onkel denke...meine Cousine hätte ihr Kinderzimmer neben dem Schlafzimmer. Wenn ich dort geschlafen habe,müssten wir immer am Schlafzimmer vorbei.Noch heute kommt wenn ich Onkel im Kopf habe sofort dieser Biergeruch in meine Nase der aus dem Schlafzimmer kam.
    Was ich aber sagen wollte,meine Eltern haben sich sehr früh getrennt,ich war zwei Jahre alt. Mein Onkel und meine Tante haben sich nie getrennt. Mein Onkel starb vor ein paar Jahren an Krebs. Es gab die Situation mit meiner Cousine,glaube wir waren so 9-10 Jahre alt. Es war für mich immer sehr traurig das ich meinen Vater nicht wirklich hatte ,als Kind wünscht man sich ja Papa und Mama. Meine Cousine hat mir damals gesagt "Ich würde mir wünschen das meine Eltern sich trennen"! Sie hatte Mama und Papa, musste die Sucht und das was es alles mit sich zieht jeden Tag erleben. Tag für Tag den Ärger. Als Kind miterleben und zu zu sehen wie die Familie dadurch auseinander bricht.

    Da meine Eltern sich sehr früh getrennt hatten,habe ich die ersten Jahre viel weniger mitbekommen. Es gab dann die Zeiten da war mein Vater wieder sehr oft bei uns. Wenn ihm was nicht passte bzw der Saufdruck kam ist er nach Hause zu seiner Mutter. Da konnte er ja wie er wollte...

    Ich denke das es sehr wichtig ist dir Hilfe zu holen. Wie schon in einem meiner Beiträge erwähnt gehe ich schon lange zur Caritas. Verusche für dich eine richtige Anlaufstelle zu finden. Die Diakonie bietet dieses ja auch an...Bleib nicht auf der Stelle stehen und verschließe die Augen.

    LG Libelle

  • Ich nehme mal an, die Frage nach dem "drehen sich die Gedanken den ganzen Tag um den Alkohol" war jetzt in Bezug auf den Betroffenen/Alkoholiker gemünzt. Und da kann ich Dir nur aus eigener Erfahrung sagen: JA, das tut es! Auch wenn ich erst Nachmittags/Abends anfangen konnte, etwas zu trinken, fieberte ich doch diesem Augenblick entgegen, da dann endlich meine Nerven beruhigt sein würden. Und dann kreisten die Gedanken auch um logistische Fragen: Ist noch genug da? Soll ich nicht doch noch etwas besorgen - und wo? Wie/wo entsorge ich die leeren Flaschen, ohne dass es zu sehr auffällt? Usw usf ...

    Und wegen der Kinder denke ich schon, dass eine Trennung besser ist als eine tägliche Achterbahnfahrt der Gefühle ins Ungewisse. Und je nach Alter der Kinder kann man ihnen es ja auch erklären.

    Eine Frage stelle ich mir seit längerer Zeit immer wieder: Ist für die Kinder eine Trennung in der jetzigen Situation besser als die täglichen Auseinandersetzungen?

    Was ist denn für die Entwicklung der Kinder mit am Wichtigsten? Ruhe und Stabilität.

    Gruß
    Greenfox

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Ich bin euch sehr dankbar, dass ihr mir meine Fragen beantwortet. Ich glaube, dass ich viel zu lange alles in mich hinein gefressen habe. Eure Antworten und Erfahrungen öffnen mir wirklich die Augen. Ich habe mittlerweile Angst um das seelische Wohlergehen meiner Kinder. Ich merke selbst bei mir schon lange eine Veränderung, wenn mein Mann abends nach Hause kommt. Ich bin total angespannt und hoffe immer, dass es nicht gleich wieder Stress gibt.
    Mein Schwiegervater war auch Alkoholiker und ist vor 12 Jahren an Krebs gestorben. Mein Mann leidet heute noch unter seiner Kindheit mit ihm. Meine Schwiegermutter war ganz lieb und ein toller Mensch. Ich denke, dass sie viel aufgefangen hat, aber alles ging halt auch nicht. Sie ist leider auch vor ein paar Jahren gestorben. Wenn ich jetzt nichts unternehme, haben meine Kinder vielleicht auch später ähnliche Probleme.ä

  • Halo Lelilu,
    Ja die Warheit und Erkenntnis tut weh. Als ich damals in dem Cafe für Suchtkranke gearbeitet habe, hatte mich die Leiterin gefragt ob ich in einer Angehörigen Gruppe über meine Zeit als Kind sprechen möchte. Meine Antwort war Nein. Die Begründung für mich war das ich nie groß vor anderen reden konnte. In der Schule,wenn wir vor der Klasse ein Gedicht vortragen mussten habe ich mich geweigert und lieber eine 6 kassiert. Als ich dann in der Beziehung mit meinem Ex war, da ist erstmal alles aus meiner Kindheit hoch gekommen. Es war nicht der Grund das ich vor anderen das nicht erzählen wollte, Nein es war einfach viel zu weit weg in meinem Inneren. Von da an als das alles hoch kam war ich auch bereit das zu verarbeiten. Ich bin vor acht Wochen umgezogen. Na ja da findet man ja so einiges beim Ausmisten der Unterlagen. Ich habe einen Brief gefunden den ich meiner Oma geschickt hatte. Den hat mein Vater all die Jahre aufgehoben. Wie schön erwähnt, mein Vater hatte ja bei ihr gelebt und ich hatte den Kontakt zu ihm abgebrochen.
    Der Brief hat mich sehr berührt. Ich hatte sie darum gebeten das ich den Kontakt zu ihr nicht abbrechen möchte aber nicht mehr zu ihr kommen kann,weil ich es nicht mehr Ertrage Papa so zu erleben, immer nur betrunken und das ich eine sehr traurige Kindheit deswegen hatte.Der Brief was sehr lang und emotional.
    Ich war damals 18.
    Deine ganze Anspannung überträgt sich auch auf die Kinder. Man steht nur noch unter Strom,ist selber gereitzt durch diese ganze Situation. Das jeden Tag. Das geht auf deine Gesundheit. Ich habe irgendwann abends in den Spiegel geschaut und stellte feste das meine rechte Gesichtshälfte taub und leicht gelähmt war. Ich habe sofort im Krankenhaus angerufen und musste direkt dort hin. Es bestand der Verdacht auf eine Schlaganfall oder einem Zeckenbiss. Am anderen Morgen wurden sämtliche Untersuchungen durchgeführt, meine Nerven vom Kopf wurden gemessen,es würde mir Rückenmarkflüssigkeit entnommen..das Ergebnis war das es alles Stress bedingt kam. Ich habe dann eine Woche im Krankenhaus gelegen mit einmal täglich Kortison am Tropf. Ich hätte großes Glücke das sich das alles nach ca 14 Tagen wieder normalisiert hatte. Es kann manchmal Monate dauern bis diese Lähmung wieder zurück geht.
    Heute nach vielen Jahren merke ich immer noch wenn sehr viel Stress auf kommt das mir mein rechtes Auge stark schmerzt.

    Pass auf dich ,deine Kinder und deiner Gesundheit gut auf. Es wäre schön sich weiter mit dir hier auszuschauschen.

    LG Libelle

  • Hallo Lelilu,

    ich möchte erst mal noch ganz kurz auf Deine Frage bezüglich des Denkens an Alkohol eingehen. Greenfox hat das eigentlich schon beantwortet. Ich möchte Dir aus meiner eigenen Erfahrung heraus dazu noch sagen, dass der Alkohol IMMER omnipräsent ist. Zumindest wenn man ein bestimmtes Level der Abhängigkeit erreicht hat. Und Dein Mann scheint schon ein höheres Level erklommen zu haben.

    Bei mir drehten sich die Gedanken ab einer bestimmten Phase meiner Sucht dann stark darum, dass ich jetzt vor xy Uhr ja noch nix trinken "darf". Du kennst vielleicht den Spruch "kein Bier vor vier", der dann im fortgeschrittenen Suchtniveau ergänzt wird mit "und wann vier uhr ist, das bestimme ich". Eigentlich gar nicht witzig, weil leider drehte sich lange Zeit genau darum mein halber Tag.

    Ich wollte eigentlich schon z. B. vor 12 Uhr trinken, hatte aber NOCH die Kraft es zu verhindern. Ich fieberte sozusagen hin, dass es endlich 12 Uhr wurde und ich endlich mein erstes Bier trinken konnte. Vorher waren meine Gedanken aber bereits nur damit beschäftigt, stundenlang. Die Laune war dann entsprechend.

    Ich brach dieses Tabu übrigens während einer Zeitumstellungsphase. Also als mal wieder die Uhr zurück gestellt wurde. Da war's dann plötzlich erst 11 Uhr und ich wollte doch so dringend was trinken..... Ich glaube ich habe das 2 Jahre lang "abgewehrt", aber dann war die Sucht schon so weit fortgeschritten, dass ich mir sagte: eigentlich ist ja schon 12 Uhr. Und ich trank. Kaum war dieses Tabu dann mal gebrochen, wurde es immer früher. Irgendwann erübrigt es sich dann, ständig an Alkohol zu denken, weil man ihn dann einfach ständig trinkt. Man denkt dann verstärkt an die Beschaffungs- und Entsorgungslogistik, für mich als heimlichen Trinker war das natürlich noch eine ganz besondere Herausforderung. Wenn man 10 Flaschen Bier am Tag trinkt muss man die auch wieder los werden. Und natürlich auch besorgen.

    Also im Grunde drehen sich dann nicht "nur" die Gedanken um Alkohol, sondern das komplette Leben, wirklich das ganze komplette Leben.

    Was Deine Kinder betrifft, ich sage das aus eigener Erfahrung: Diese bekommen mehr mit als Du glaubst. Auch ganz kleine Kinder. Die haben so feine Antennen. Da kann man so viel kaputt machen, den Kindern ein Bündel mit auf den Weg geben für ihr künftiges Leben. Das ist wirklich schlimm.

    Wir waren mit unserer Tochter dann beim Psychologen. Zusammen, meine Ex-Frau und ich. Um ihr zu helfen das aufzuarbeiten. Soweit ich das einschätzen kann, ist heute alles ok. Zu 100 % kann ich das aber nicht sagen, es wird sich zeigen wie sie später mal sein wird. Sie ist jetzt ein Mädel, besser eine junge Frau. Ob sie irgendwann und irgendwie mal von der Vergangenheit eingeholt wird weiß man nicht. Ich hoffe wir haben da dann doch noch alles richtig gemacht.

    Also, Kinder brauchen klare Verhältnisse. Sie müssen wissen woran sie sind. Diese klaren Verhältnisse kannst nur Du schaffen. Dein Mann ist dazu nicht in der Lage so lange er trinkt.

    LG
    gerchla

  • Dann ist es wirklich so, wie ich mittlerweile schon befürchtet habe und sich die Gedanken immer um den Alkohol drehen. An den Spruch "kein Bier vor vier" musste ich auch schon oft denken. Wenn wir meine Eltern besuchen, trinkt er kein Bier vor 17 Uhr. Das ist mir schon häufiger aufgefallen.

    Libelle, habe ich das richtig verstanden, dass du als Kind nichts vor der Klasse sagen wolltest? Meine große Tochter (10 Jahre) hat nämlich vor kurzem wegen ihrer sozialen Ängstlichkeit eine Verhaltenstherapie gemacht.

    Morgen werde ich zu einer Beratung der Caritas gehen. Das habe ich meinem Mann auch vorhin erzählt, damit er merkt, dass ich etwas unternehme. Puh, die Reaktion war nicht so, wie ich es erwartet oder erhofft habe. Er meint, dass wäre ein Vertrauensbruch, weil ich mich hinter seinem Rücken informiere. Er wollte eh aufhören, aber wenn ich ihn so unter Druck setzen würde, dann macht er es nicht. Es kamen noch viele Vorwürfe, Suizidandrohungen... Leider keinerlei Einsicht. Ich glaube ihm auch nicht, dass er jetzt wirklich aufhört. Er ist wirklich davon überzeugt, dass er alleine aufhören kann. Schließlich hätte er das ja schon gezeigt (3 Tage in der Vorbereitungszeit zu einem langen Lauf)...

  • Hallo Lelilu,
    Das ist genau das richtige was du machst. Ein sehr wichtiger Schritt für dich und die Kinder.Dort wird DIR geholfen.Zu deinem Mann und seine Reaktion das du dir für dich Hilfe suchst. All die Vorwürfe in den Rücken fallen und Selbstmordgedanken..ich kann ein Lied davon singen. " wie kannst du nur mit anderen darüber reden,du bist das aller letzte usw. Ja natürlich kann und will ich mit anderen darüber reden,denn es ist auch mein Leben was durch diese sucht zerstört wird und ich mich damit kaputt mache. Er hat nur seinen Alkohol im Kopf. Ja und die Frau die seine Aufgaben übernimmt,die sich aber jetzt zu recht anfängt zu wehren! Er isr es der sein Leben mehr und mehr weg wirft und nichts ändern will. Natürlich in einer normalen Beziehung oder Ehe ist es ja auch normal das die Freu das Essen macht und sich überwiegend um den Haushalt und der Kinder kümmert,aber nicht für einen Mann der sich täglich zu zieht und nur seinen Alkohol und seine Berdüfnisse sieht,was ja nun mal fast nur noch das Trinken ist. Ein Mann mit dem kein zusammen sein mehr funktioniert weil sich sein Wesen mehr und mehr verändert, der einem für alles die Schuld gibt,den man in keinster Weise mehr was recht machen kann,egal was man tut. NEIN.

    Ja Lelilu, ich habe lieber meiner Lehrerin gesagt ich habe das Gedicht nicht gelernt als mich dahin zu stellen und es einfach aufzusagen. Ich war auch etwa bis zu meinem 18 Lebensjahr unheimlich ruhig. Klar unter Freunden war ich immer die Ulknudel. Ich war immer die Träumerin tief in ihren Gedanken. Leider hat dieses meine Mutter nicht wirklich interessiert sodass sie mit mir vielleicht Hilfe gesucht hat. Zu meiner Mutter hatte ich nie ein gutes Verhältnis. Im arm nehmen oder mir sagen das sie mich lieb hat,ich kann mich nicht wirklich erinnern. Mein Bruder ( 2Jahre älter),er war immer der Liebling für den alles gemacht wurde. Meine Oma hätte mir mal gesagt das sich meine Mutter so sehr einen 2. Jungen gewünscht hätte..ja und ich war kein Junge. Ich habe mir oft als Kind gewünscht das ich irgendwo Papiere finde das ich Adoptiert wurde,so ungeliebt fühlte ich mich von meiner Mutter. Mein Vater der nicht in der Lage war durch sein Trinken mir liebe zu geben.. Oft sagt man das man das an seiner Kinder weiter gibt. NEIN ich liebe meinen Sohn und habe ihm dieses immer gesagt und gezeigt. Als ich ihn letztes Jahr der Jugendschutzeinrichtung übergeben habe hätte ich ihm auch gesagt" Justin das was ich jetzt mache hat nichts damit zu tun das ich dich nicht Liebe, du bist mein Kind was ich liebe aber ich schaffe es nicht mehr für dich unter diesen Umständen Sorge zu tragen, ich bin kraftlos und nicht in der Lage dir zu helfen, du brauchst Hilfe die dir dort Angeboten wird"
    Ich habe im Grunde nichts anderes getan wie mein Leben lang zu Kämpfen. Immer musste ich Entscheidungen treffen. Irgendwann will und kann man nicht mehr sich für andere aufzuopfern. Lass dir kein schlechtes Gewissen von deinem Mann machen. Es ist dein Leben was du Leben willst worauf du ein Recht hast.

    LG Libelle

  • Das habe ich meinem Mann auch vorhin erzählt, damit er merkt, dass ich etwas unternehme. Puh, die Reaktion war nicht so, wie ich es erwartet oder erhofft habe. Er meint, dass wäre ein Vertrauensbruch, weil ich mich hinter seinem Rücken informiere. Er wollte eh aufhören, aber wenn ich ihn so unter Druck setzen würde, dann macht er es nicht. Es kamen noch viele Vorwürfe, Suizidandrohungen...

    Das ist zwar nicht die Reaktion, die Du Dir erhofft hast - die ich Dir aber so oder so ähnlich hätte vorhersagen können. Eben weil sie typisch ist für Alkoholiker - Angriff ist die beste Verteidigung und noch besser ist es, die Verantwortung für mein Trinverhalten dem Anderen zuschieben. "Ich wollte ja aufhören - aber DU hast mich ja sooo unter Druck gesetzt ...", "Mit Deinen ständigen Vorwürfen ziehst Du mich sooo runter, dass ich ja trinken MUSS!" Oder, wenn Du die Reissleine ziehen willst/gezogen hast: "Du hast mich im Stich gelassen, wie soll ich denn ohne Dich aufhören zu trinken?!"

    Der Partner ist IMMER schuld: entweder weil er da ist - oder weil er nicht da ist. Weil er das Trinkverhalten anspricht - oder eben nicht. Und wenn es mal nicht der Partner ist, der schuld daran ist, dann gibt es 1001 Gründe: Montag, Dienstag, Mittwoch ... gute Laune, schlechte Laune ... ein quer sitzender Furz, ein eingerissener Fingernagel, ein Blödmann von der Straße ...
    Nur Einer ist nie schuld ...

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Guten Morgen! Ist es dann auch eine normale Reaktion, wenn er später einsichtig ist und sich entschuldigt? Er meinte dann, dass er meinem Rat gefolgt ist und sich einiges im Internet durchgelesen hat und er sich ernsthaft damit beschäftigt. Ich solle ihm noch ein paar Tage Zeit geben. Das sind doch auch wieder nur leere Versprechungen, um mich für die nächsten Tage ruhig zu stellen, oder?

  • Guten morgen Lelilu,
    Ja es ist normal,er wirft dir ein paar Brocken hin um dich umzustimmen. Es ist nur Gerede. Immer wieder bin ich drauf rein gefallen und nichts versprochene wurde eingehalten. Er sieht und merkt jetzt das du Wege gehst. Wie du es selber schon erkannt hast, ein paar Tage ruhig stellen und nichts ändert sich.
    12 Jahre habe ich das mitgemacht. Eine Langzeittherapie hatte er. In diese Therapie hatten wir ein gemeinsames Gespräch mit seiner Therapeutin,wie sich jeder die Zukunft weiter vorstellt. Ich habe unter anderem gesagt, wenn es mal ein paar Jahre ohne Alkohol zu einer normalen funktionierenden Beziehung kommt das ich eventuell bereit wäre nochmal mit ihm zusammen zu ziehen. Was er selbst auch so gesehen hat,er würde da auch keinen Druck machen. Nach seiner Theraphie,als er wieder mehr und mehr in sein altes Muster verfallen ist meint er ich sollte doch meine Wohnung aufgeben. Worüber wir mit seiner Therapeutin gesprochen haben, Nein das hätte er nie gesagt und mich als Lügner hingestellt.

    Zuletzt war es ja vor ca 3 Wochen. Es stand vor meiner Tür.Mal wieder ein Rückfall mit dem Versprechen, ich weiß das ich es ohne eine Gruppe nicht schaffe,lass uns bitte zusammen hingehen. Ich hatte gesagt ok ich gehe mit .

    Er kam nicht. Ich stand Zuhause fertig gemacht und nichts passierte. Irgendwann spät abends schrieb er mir dann er wäre in der Gruppe gewesen.
    Bis heute gab es meinerseits auf diese Lüge keine Reaktion. Das war für mich einfach der Rest. Wir hatten uns seit einem halben Jahr im Grunde gar nicht mehr gesehen. Alle 3-4 Wochen ein Rückfall der ca 7 bis 9Tage geht. Wenn er dann mal wieder halbwegs zu Verstand kam hat er nur noch den Kontakt zu seiner Mutter gesucht weil er dort keine Grenzen bekommt und sie in quasi durch ihr HELFEN für den nächsten Rückfall trocken macht.

    Glaube mir,ich verspreche dir,du hast so recht,es tut mir alles so leid,ich weiß jetzt das ich Hilde brauche,du wirst sehen..bla,bla,bla.
    Es ist ein Spiel was DU verlierst wenn du dich immer wieder darauf ein lässt. Sollte er sich wirklich etwas eingelesen haben, dann wird er auch gelesen haben das es richtig ist das der Angehörige sich Hilfe holen soll. Wie du aber auch selber hier lesen kannst von Betroffenen,jeder bestätigt dir das sie die besten Schauspieler waren um den Partner hinzuhalten. Honig um den Bart schmieren. Lass dich nicht von deinem Weg aufhalten. Es ist genau richtig das du heute zur Diakonie gehst.

    LG Libelle

  • Guten Morgen Lelilu,

    Zitat

    Ist es dann auch eine normale Reaktion, wenn er später einsichtig ist und sich entschuldigt?

    Wie Libelle Dir schon geschrieben hat: Ja, das ist leider sogar eine sehr typische Reaktion. Libelle hat das viele Jahre mitgemacht. Ich als Alkoholiker habe das viele Jahre so gemacht. Obwohl ich überwiegend heimlich trank, gab es natürlich immer wieder mal Situationen, wo mich meine Ex-Frau "stellte", weil ich in irgendeinem Bereich großen Mist gebaut hatte (immer alkoholbedingt, was sie aber nicht wusste). Reaktionsmuster: beschwichtigen, Einsicht zeigen, Besserung geloben, warten bis etwas Gras über die Sache gewachsen ist, weiter machen.

    Also, Du würdest einen großen Fehler machen, wenn Du auf seine Worte etwas geben würdest. Er ist so weit mit seiner Sucht das nur noch Taten zählen. Nur noch Taten, sonst nichts. Kein blabla ich brauch noch Zeit, kein blabla ich will erst mal x oder y machen, kein blabla ich schaffe das alleine usw. usf.

    Er müsste zum Arzt, zur Suchtberatung und ggf. auch mal eine Selbsthilfegruppe aufsuchen. Und zwar weil ER das will von SICH aus. Mit dem Arzt müsste er über die Möglichkeiten zur Behandlung seiner Sucht sprechen. Bei ihm wahrscheinlich eine Entgiftung in der Klinik, vielleicht eine Langzeittherapie im Anschluss und danach die entsprechende Nachsorge, z. B. auch durch den regelmäßigen Besuch einer SHG.

    Wenn er das macht, wenn er diesen Weg geht, dann könntest Du Dir überlegen, ob Du ihn dabei begleiten möchtest. Nur dann! Und, wie Du am Beispiel von Libelle siehst, heißt das dann aber noch lange nicht, dass das dann auch funktioniert. Libelle musste ja leider erleben, dass ihr Partner nach der Therapie da weiter gemacht hat wo er vorher aufgehört hatte. Aber da gibt es glücklicherweise auch andere, positive Beispiele.

    Auf sein nasses, typisches Alkoholikergerede, seine "Einsicht" usw. brauchst Du jedenfalls nichts geben. Das ist die ganz normale Alki-Masche. Ich weiß, dass das auch schwer zu glauben ist, weil wir Alkoholiker sind wirklich außergewöhnlich gut im manipulieren und schauspielern. Das liegt auch daran, dass wir uns so in "unsere" Welt hineinsteigern (bedingt durch die langjährige Wirkung des Alkohols), dass wir das was wir sagen auch selbst glauben. Und wenn man etwas selbst glaubt, dann ist man absolut überzeugend. Also, zumindest bei mir war das so. Ich weiß nicht ob andere Alkoholiker das genauso erlebt haben. Ich jedenfalls konnte perfekt lügen und ich wusste irgendwann wirklich selbst nicht mehr, was erlogen und was richtig war. Was mich dann auch manchmal in schwierige Situationen brachte aus denen ich mich dann wieder herauslügen musste.

    Du merkst, das Wort LÜGEN kommt recht häufig vor. Mein ganzes Alkoholikerleben bestand daraus. Es war fürchterlich. Also meine Überzeugung ist: Glaube einem nassen Alkoholiker erst mal gar nix.

    LG
    gerchla

  • Guten Morgen!
    Wenn ich mir eure Antworten, Libelle und Gerchla, durchlese, dann gibt mir das im Moment wirklich viel Kraft und Motivation nicht wieder zu resignieren. Die letzten beiden Tage waren hier zu Hause die Hölle (bis auf die Abende, wenn der Alkohol fließt). Den ganzen Tag übelste Vorwürfe übers Handy, zu Hause, beim Essen...
    Das Beratungsgespräch tat gut. Im Grunde wurde mir aber nur bestätigt, was ich jetzt schon die letzten Tage hier im Forum erfahren habe. Nämlich, dass ich eine klare Grenze setzen muss. Ich habe dann gestern zu ihm gesagt, dass ich möchte, dass er sich ernsthaft Hilfe sucht, ansonsten wäre eine Trennung unvermeidlich. Wenn ich ihn so "hintergehen und unter Druck setzen würde und ihn öffentlich als Alkoholiker an den Pranger stellen würde, würde er eh nichts machen". Mit anderen Worten, er ist einfach nicht so weit, oder?
    Wenn es dann wirklich zu einer Trennung kommt, weiß ich gar nicht, wie es räumlich umgesetzt werden kann. Da er keine Familie mehr hat (und auch keine richtigen Freunde), könnte er nirgends kurzfristig unterkommen. Wie war das bei euch? Dein Partner, Libelle, ist immer bei seiner Mutter aufgenommen worden oder?!

  • Guten morgen Lelilu,
    Erstmal sehr gut das du weiter nach vorne schaust und bei der Beratungsstelle warst. Ein sehr wichtiger erster Schritt. Ich habe im Grunde immer meine eigene Wohnung gehabt. Bis auf einem Jahr, er hatte damals ca 1 Jahr nichts getrunken ohne Hilfe. Bin dann zu ihm gezogen.Ich war damals noch nicht ganz soweit das ich gehofft hatte das er es ohne Hilfen schaffen kann. Aber genau das ist eingetroffen was alle Betroffenen sagen,es reicht nicht nur den Alkohol weg zu lassen und die Welt ist in Ordnung. Ich habe damals sehr viel aufgegeben als ich zu ihm zog.Die ersten Monate waren wirklich schön. Er hatte zwar nicht sofort wieder zu Flasche gegriffen aber sein ganzes Verhalten..schlechte Laune,ich wurde beleidigt, verbal angegriffen,wenn mir was nicht passt soll ich doch gehen, für alles Schuld was nicht rund lief bei ihm. Ich muss dabei sagen das er in der Zeit an einer Gürtelrose erkrankte, wodurch er nervlich sehr angeschlagen war. Er nahm auch Medikament die er dann einfach ohne ärztlichen Rat abgesetzt hat. Sein ganzes Verhalten war genauso wie zu der Zeit als er getrunken hatte. Ich hatte ihm mehrmals gesagt das er die Tabletten wieder nehmen müsse und zum Arzt soll. NEIN.Im Nachhinein wurde mir dann klar das seine Abbhängigkeit damit wieder durch kam. Ich hatte, so hart es war, dann den Entschluss getroffen auszuziehen. Ich musste komplett von vorne anfangen. Ich hatte ja nie wirklich ein gutes Verhältnis zu meiner Mutter, bin dann mit meinem Sohn zu meiner Mutter. 7Monate haben wir dort gelebt. Wie gesagt ich musste bei Null anfangen. Eine nicht leichte Zeit mit 3 Generationen unter einem Dach in einer kleinen Wohnung.
    Um es Knall hart auszudrücken,es sollte dich nicht interessieren wie es mit deinem Mann und einer Wohnung weiter geht,denn er sucht es sich ja selber aus wie es mit ihm weiter geht. Es hat ja alle Möglichkeiten etwas zu ändern und Wege zu gehen. Es ist nicht deine Aufgabe dir darüber einen Kopf zu machen wo und wie er dann irgendwo unterkommt. Du solltest jetzt nur an dich und deine Kinder denken und all deine Kraft dafür einsetzen. Das ist eine Grenze die du im jetzt setzt. Jeder Abhängige hat seine eigene Schmerzgrenze,bei dem einen reicht es zu sagen," machst du jetzt nichts,gehe ich",der andere wiederum muss alles verlieren,Frau , Arbeit, Führerschein usw. Bis es bei ihm Klick macht. Bei mir war es die zweite Variante. Und da Mutti ja noch alles macht...muss man nichts ändern. DU musst deinen Weg gehen....
    Wie oft hast du mit ihm geredet,wie oft hat er dir für alles die Schuld gegeben,stellt dich quasi als dumm hin. Wie oft ist es ihm egal wie er mit dir umgeht...und er macht trotzdem weiter. Ein Freund ( 3 Jahre trocken) hat mir vor ein paar Wochen gesagt" Man erträgt so viel Leid wie man es selber zu lässt.."
    Und deinem Mann wird weiter alles egal sein wenn er nicht sieht und spürt das du Grenzen setzt und diese umsetzt.
    Es ist dein Leben und das deiner Kinder was jetzt zählt. Und du nimmst den Kindern ja nicht den Vater weg,du schützt sie ,was genau richtig ist.

    LG Libelle

  • Besser hätte ich es nicht ausdrücken können!! Und noch besser, dass diese Worte von einer selbst betroffenen Angehörigen kommen!


    Um es Knall hart auszudrücken,es sollte dich nicht interessieren wie es mit deinem Mann und einer Wohnung weiter geht,denn er sucht es sich ja selber aus wie es mit ihm weiter geht. Es hat ja alle Möglichkeiten etwas zu ändern und Wege zu gehen. Es ist nicht deine Aufgabe dir darüber einen Kopf zu machen wo und wie er dann irgendwo unterkommt. Du solltest jetzt nur an dich und deine Kinder denken und all deine Kraft dafür einsetzen. Das ist eine Grenze die du im jetzt setzt.
    ...
    Es ist dein Leben und das deiner Kinder was jetzt zählt. Und du nimmst den Kindern ja nicht den Vater weg,du schützt sie ,was genau richtig ist.

    Ich möchte nur noch ergänzen, dass ich es für wichtig erachte, das Jugendamt mit ins Boot zu holen. Denn die können Dich (theoretisch) auch unterstützen - z.Bsp. wenn DU Dir eine eigene Wohnung für Dich und die Kinder suchen willst, falls es keine Möglichkeit gibt, IHN aus der jetzigen Wohnung zu setzen, oder in Fragen Umgangs-/Sorgerecht etc.

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Dem Stimme ich zu was Greenfox geschrieben hat. Es ist in dem Fall wichtig das Jugendamt mit ins Boot zu ziehen. Ich weiß, der Gedanke diese Wege zu gehen ist nicht schön aber sehr wichtig. Er ist ja der Vater der Kinder und hat ein Umgangsrecht. Als ich mich damals von meinem Ehemann getrennt hatte, spielte Alkohol ja gar keine Rolle . Das Jugendamt war für mich damals wichtig für die Regelung des Unterhaltes ..das ich einen Titel hatte wenn er nicht zahlen will.Ich muss auch sagen das ich immer froh war das mein Ex Partner nicht der Vater meines Kindes war. Oft habe ich mir ausgemalt wenn es doch so gewesen wäre...das Kind 14 tägig zu ihm mit seiner Trinkerei. Oh Gott. NEIN du musst vorher schon für offene Karten sorgen. Und auch damit dir eventuell mit einer Wohnung geholfen wird.

    Mit dem Jugendamt bin ich quasi wegen der Geschichte mit meinem Sohn erst wieder in Kontakt getreten. Es ist oft von Stadt zu Stadt und Mitarbeiter sehr unterschiedlich. Ich musste sehr viel Druck ausüben damit man mir geholfen hat. Auch dort hast du einen Anspruch auf Hilfe.

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