Guten Abend,
ich musste mich überwinden, zum Thema etwa zu schreiben, bzw. richtigzustellen.
Zitat von "Rekonvaleszent"
Du strebst das Kontrollierte Trinken an.
Ein Alkoholiker kann es nicht, ein Nichtabhängiger braucht es nicht. Denn Letzterer hat keine Probleme damit, nach 1-2 Gläsern aufzuhören.
Das sind Aussagen, die offenbaren, dass Du, Rekonvaleszent bei aller Belesenheit und Fachliteratur, denn Sinn und Zweck von KT nach Prof. Körkel, aber auch die Grundlagen von KT nicht verstanden zu haben scheinst.
Natürlich kann auch ein „Nichtabhängiger“ ein neues, erlernbares Augenmerk auf seine Selbstkontrolle beim Konsum von Alkohol brauchen und lernen. Und aufgrund dessen, dass eben Alkohol in allen Gesellschaftskreisen ein gern beliebtes und oft im Übermaß konsumiertes Suchtmittel ist, dessen Abhängigkeitspotential auch heute noch vielen Konsumenten überhaupt nicht bewusst ist, gibt es sehr viele sogenannte Missbraucher, viel mehr als Abhängige, (Das Suchtmittel wird zu einem bestimmten Anlass, oder um etwas Bestimmtes damit zu erreichen, missbraucht.), die noch keine definierte Abhängigkeit aufweisen, aber trotzdem nahezu regelmäßig über die tatsächlich im Voraus geplante Menge trinken.
Wie Gerchla (frank.: „des Gerchla“ = „der kleine Georg“ schon richtig schrieb: Eine Alkoholabhängigkeit konkret von einem eventuell vorübergehenden Missbrauch zu unterscheiden ist auch Fachleuten seriös fast unmöglich. Die Übergänge sind fließend. Eine versuchte Diagnose könnte dazu führen, dass übereilt ein „bloßer“ Missbraucher schnell als Abhängiger eingestuft wird, oder ein bereits nach dem ICD10 (der härtesten Festlegungsmethode mit immer noch hoher Fehlerquote) in die Abhängigkeit gerutschter Suchtkranker, als Missbraucher qualifiziert wird.
An dieser Schnittstelle, also dem Übergang zwischen … und … hat Prof. Körkel angesetzt.
Für Jemand, der entweder extern darauf aufmerksam gemacht wurde, oder aber sich selbst durch eigenen Überlegungen die Frage stellt: „Bin ich abhängig oder kann ich – ggf. nach einer Trinkpause, die mich aus meiner Trinkroutine heraus bringen kann - wieder kontrolliert in Bezug auf meinen Alkoholkonsum umgehen?“ ist sehr wahrscheinlich die endgültige *lebenslange Entscheidung* nie wieder Alkohol konsumieren zu dürfen (weil eben permanenten Kontrollverlust) ein nahezu unvorstellbare Entscheidung.
Kontrollverlust ist nicht gleich „Kontrollverlust durch abhängiges Trinken“!
Einen Kontrollverlust erleiden auch Menschen, die z. B. einmalig aus völliger Fehleinschätzung heraus viel zu viel Alkohol konsumieren.
Ein Kontrollverlust bei Abhängigen ist dagegen das sehr bewusste, immer wieder herbeigeführte Ereignis, dass die konsumierte Alkoholmenge weit über der im Voraus geplanten Menge liegt.
Auch zum Fall hier selbst, hat Gerchla den ganz hervorragenden Vorschlag gemacht, dass Kay ‚komplett freiwillig … angenommene x-Monate‘ auf Alkohol verzichten soll, um selbst feststellen zu können, „wo“ er in Bezug auf seinen Alkoholkonsum tatsächlich steht.
Ausschlaggebend ist die Freiwilligkeit (die eigenständige, bewusste Entscheidung etwas zu tun oder zu lassen) und die Achtsamkeit in dieser abstinenten Zeit auf sein körperliches, vor allem auch psychisches Befinden.
Ich selbst habe KT über Jahre, erlernt durch entsprechende Kurse und Teilnahme an KT-Selbsthilfegruppen, ausprobiert. Es war mir zu anstrengend und zu aufwändig. Dazu kam, was ich jedoch aufgrund meiner Suchtkarriere davor wusste, dass ich den Übergang vom Missbraucher zum Suchtmittelabhängigen schon längst überschritten hatte.
Ich „kenne auch“ ganz persönlich und aus jahrelanger Wegbegleitung nicht wenige Betroffene, von denen ein Teil auch heute noch KT erfolgreich praktiziert, und der eher größere Teil dann irgendwann „endgültig für sich“ die Entscheidung getroffen hat, dass es aufgrund ihrer Suchtveranlagung leichter fällt gänzlich abstinent zu bleiben, wie ständig „gegen das Tier“ in ihrem Selbst ankämpfen zu müssen.
Selbst jene, die KT praktizieren, aber doch immer wieder eine Entgleisung ihres Konsums haben, um dann rasch und aus eigenem Antrieb für … x-Tage … sich in einen geschützten Alkoholfreien Rahmen zu begeben, um dann erneut auf Low-Level Konsum weiterzumachen, haben ihre Lebensqualität gegenüber der Zeit, in der sie quasi hilflos mit Alkohol umherirrten, bei Weitem verbessern können. Ihre mir bekannten Ausfälle z. B. bei ihrer Arbeit bewegen sich in dem Bereich, wie bei jedem anderen, nichtsüchtigen Arbeitnehmer.
Das Alles soll – das wissen auch diejenigen hier, die mich und meine Alkoholiker-Karriere gut kennen – kein Plädoyer „für KT“ sein.
Ich finde aber, dass wir, die tatsächlichen Alkoholkranken Menschen angesichts der ohnehin sehr hohen Zahl von klassisch Abhängigen nicht noch mehr Suchtkranke ‚assimilieren‘ müssen. Mancher, der in Bezug auf seinen – zeitweise entgleisten – Alkoholkonsum wieder lernt mehr Achtsamkeit zu üben, kann m. E. durchaus noch „die Kurve kriegen“, bevor die Sucht endgültig zuschnappt.