• Ich hab mal gelesen, so lang man das noch kognitiv lösen kann, und so lange man noch reale, tatsächlich vorhandene Gründe fürs Trinken sieht, ist man noch nicht wirklich süchtig. Denn dann ist es noch nicht geisteskrank.
    Grippe heilt auch nicht, weil man weiss, dass es einem dann besser geht. Da wird eine falsche Kausalität hergestellt, wenn man das glaubt.

    Und bei mir war das tatsächlich so.
    Mein Partner wollte jahrelang wissen, warum ich trinke. Und ich hab Gründe gesucht und gefunden, und dann hab ich die gelöst und weitere Gründe zum Trinken gefunden. So lange, bis nix mehr da war, was mich vorgeblich dazu brachte.

    Und ich hab lange Trinkpausen gemacht, ich wusste ganz genau, dass es mir da besser ging. Hat mich aber nicht davon abgehalten. Brachte mich nicht mal dazu, aufhören zu wollen, kein Gedanke daran.

    Erst als ich keine realen Gründe zum Trinken mehr fand und trotzdem weitergesoffen habe, war ich so weit, mir zu sagen, dass es entweder Sucht oder total idiotisch ist. Und ein Idiot wollte ich noch weniger sein als süchtig.

  • Was mir an dem Gedanken mit der Lebensfreude nicht ganz gefällt, obwohl ich ihn nachvollziehen kann, ist, dass man sich damit nach meinem Gefühl in eine neue Abhängigkeit begibt, wenn man sie als Voraussetzung für Trockenheit sieht.

    Was macht man dann, wenn es aus irgendwelchen Gründen, chronische Krankheit, Alter, Erdbeben, Krieg, so Dinge die täglich in der Zeitung stehen, NICHT läuft? Wenn die inneren oder äusseren Umstände ohne eigenes Zutun so bescheiden werden, dass man keine Lebensfreude hat und man es nicht ändern kann? Säuft man dann wieder?
    Und ich glaube, es ist Selbstüberschätzung, zu glauben, dass man die Lebensfreude vollständig selbst in der Hand hat. Auch wenn es ein paar Jahre und unter günstigen Umständen so aussieht.

    Aus meiner Sicht muss die Trockenheit dann immer noch funktionieren, sonst ist man nur trocken, so lange es nicht regnet. Kein Kunststück. Und sie funktioniert auch unter schlechten Umständen, Gesunde brauchen keine Gründe, um NICHT zu trinken.

    Ist aber meins, muss mir keiner nachmachen.
    Lebensfreude ist ein schöne Sache, keine Frage.


  • Bei mir war das Ziel: Ich will nicht mehr abhängig trinken, aber ich will auch nicht in der Angst leben, dass mich selbst geringste Alkoholmengen wieder zwangsläufig in die Abhängigkeit treiben.

    So trifft das ziemlich genau auch auf mich zu. Und weil ich nicht in dieser Angst leben wollte und will, gab’s/ gibt’s für mich letztlich keine Alternative zur totalen Abstinenz.

    Du, Bassmann, bist der einzige, von dem ich bislang gehört habe, dass er tatsächlich erfolgreich kontrolliert trinken kann. Ich kenne mich gut genug, um zu wissen, dass das bei mir nicht funktionieren würde.
    Übrigens finde auch ich es schön, mal wieder von dir zu lesen. :)


    Als ich noch getrunken habe und überzeugt war, dass mein Weg ok ist, habe ich Alkohol getrunken, um mehr Lebensfreude zu haben, um „richtig“ zu feiern, um kreativer zu sein, usw. und ich glaubte tatsächlich, dass Alkohol mir das Leben leichter macht.

    Insofern war, als ich aus ernsthafter Sorge bereit war mit dem Alkoholkonsum aufzuhören, meine Perspektive nicht, dass der nun eingeschlagene Weg zu mehr Lebensfreude führt.

    Und heftigsten Suchtdruck hatte ich, als ich nach der Corona-Pause, während der ich abstinent geworden war, mit dem „Spaß“ meiner Alkohol konsumierenden Mitmenschen konfrontiert war, und mich von diesem „Spaß“ und der entsprechenden „Lebensfreude“ ausgeschlossen fühlte.

    Bei mir hat jenes Suchtdruck-Erlebnis dann dazu geführt, mich noch mehr mit Selbstfürsorge zu beschäftigen.

    Heute kann ich sagen, dass ich wirklich mehr Lebensfreude habe, auch wenn tatsächlich nicht immer alles schön ist und meine Erkrankungen oder sonstige Lebensumstände mich mitunter arg belasten. Das hat bei mir aber mit meiner Selbstfürsorge zu tun. Die hätte ich jedenfalls nicht so betrieben, wenn ich mehr oder minder auf den alten Pfaden geblieben wäre.

    Grüße
    AmSee

    Du kannst nicht zurückgehen und den Anfang ändern,
    aber du kannst jetzt neu anfangen und das Ende ändern.


  • Insofern war, als ich aus ernsthafter Sorge bereit war mit dem Alkoholkonsum aufzuhören, meine Perspektive nicht, dass der nun eingeschlagene Weg zu mehr Lebensfreude führt.

    Auf die Idee wäre ich aus mir selbst heraus auch nicht gekommen. Das ist tatsächlich dem Buch „Endlich Nichtraucher“ von Alan Carr geschuldet.

    Dass es mit der Lebensfreude so ist, habe ich in der dritten Woche nach dem letzten Zigarettenkonsum erstmalig gespürt, als ich mehrere Stunden lang nichts ans Rauchen denken musste. Auch wenn es während des ersten Jahres immer auf und ab ging, war ich nicht mehr bereit, den eingeschlagenen Weg zu verlassen, nachdem ich dieses erste Mal gespürt hatte, wie es sich anfühlt, nicht mehr rauchen zu müssen.

    Als ich dann fünf Jahre später mit dem Saufen aufhörte, hoffte ich, dass es sich wieder so anfühlen würde.
    Und es fühlte sich so an.

    Es fühlt sich auch in stürmischen Zeiten so an.
    So hatte ich bspw. in der Coronakrisenzeit als Ungeimpfter teilweise richtige Angst vor meinen Mitmenschen und insbesondere den Politikern, und ich sah mich absolut in die Enge getrieben oder sogar ausgeliefert.
    Mit Nikontin- und Alkoholmissbrauch wäre ich nicht nur den Politikern ausgeliefert gewesen.

    Ich glaube, dass man wirklich ganz tief in sich fühlen muss, dass jeder Versuch, Situationen mit anderen Mitteln als denen, die in unserem Selbst verankert sind, begegnen zu wollen, zum Scheitern verurteilt sind.

    Bassmann.


  • So hatte ich bspw. in der Coronakrisenzeit als Ungeimpfter teilweise richtige Angst vor meinen Mitmenschen und insbesondere den Politikern, und ich sah mich absolut in die Enge getrieben oder sogar ausgeliefert.

    tja, und so sahen sich Deine Mitmenschen Leuten wie Dir ausgeliefert.

    Guten Abend.

  • tja, und so sahen sich Deine Mitmenschen Leuten wie Dir ausgeliefert.

    Guten Abend.

    Bitte NICHT in diese Diskussion einsteigen! Das führt zu nichts und gehört auch nicht hierher!

    Bassmann hat ein Beispiel angeführt, das ihm offenbar wichtig war. Lassen wir das bitte einfach so stehen.

    Gruß
    AmSee

    Du kannst nicht zurückgehen und den Anfang ändern,
    aber du kannst jetzt neu anfangen und das Ende ändern.


  • Ich glaube, dass man wirklich ganz tief in sich fühlen muss, dass jeder Versuch, Situationen mit anderen Mitteln als denen, die in unserem Selbst verankert sind, begegnen zu wollen, zum Scheitern verurteilt sind.

    Da stimme ich dir grundsätzlich zu, bezweifle aber (du scheinst die Ausnahme zu sein), dass das alleine reicht, nicht wieder rückfällig zu werden.

    Wie du geschrieben hattest, wird es nie wieder so sein, wie es vor der Sucht war. Alkohol bewirkt etwas im Gehirn, was die eigene rationale Kontrolle aushebeln kann, wenn ein davon abhängig Gewordener ihn wieder konsumiert.

    Bei Rückfällen in Bezug aufs Rauchen habe ich das am eigenen Leibe mehrfach erfahren müssen, obwohl ich VOR dem Rückfall stets glücklich war, nicht mehr rauchen zu müssen und fest daran geglaubt habe, nie wieder rauchen zu wollen.


    Wenn ich aber rückfällig geworden war, wenn ich denn doch mal eine Ausnahme gemacht hatte, war alles Schöne/ alle Freude des Nicht-mehr-Rauchens, was vorher definitiv vorhanden gewesen war, wie weggeblasen. Der Rückfall kam nicht unmittelbar direkt nach dem Konsum, sondern es war eher so, dass sich ein paar Tage oder auch eine gute Woche später ziemlich stark der Gedanke aufdrängte: „Jetzt könnt‘ste eine.“ Und es war dann ziemlich schwer, dem zu widerstehen. Und es war dann auch der Gedanke dabei: „Kannst ja sofort wieder damit aufhören, hast du ja beim letzten Mal auch geschafft.“ Und irgendwann habe ich denn doch nachgegeben und bin tatsächlich rückfällig geworden.

    Und Alkohol greift ja noch mehr / tiefer in die Neurochemie des Gehirns ein, hat sozusagen mehr Wumms als Nikotin…. Und das eine Glas Bier oder Wein oder …., das ich mir gönnen würde, wäre bei mir schnell geleert und entweder hätte ich beim Trinken nur daran gedacht, dass es nur dieses eine sein darf, und bedauernd zugesehen, wie sich dieses Glas leert und dass danach gemäß den Regeln Schluss sein muss, oder ich hätte mit einem ungutem Gefühl konsumiert, weil ich weiß, was bei mir passieren kann.

    Grüße
    AmSee

    Du kannst nicht zurückgehen und den Anfang ändern,
    aber du kannst jetzt neu anfangen und das Ende ändern.

    Einmal editiert, zuletzt von AmSee13 (19. Februar 2023 um 22:10)


  • Ein Nachtrag an dich, Kölschejung:
    Nur nicht mehr zu trinken, ist m.E. kein Ziel, das einen umhaut.
    Warum willst du nicht mehr trinken?
    Fühlst du dich dann besser, stärker, bist du dann besser gelaunt usw.? Wenn ja, dann hast du ein erstrebenswertes Ziel. Nämlich diesen Zustand nicht nur für kurze Zeit, sondern Tag für Tag zu erleben.

    Deswegen schrieb ich ja und versuchte einen Weg zu finden der mich kontrolliert trinken läßt. Bei Dir hat es ja anscheinend funktioniert. Warum ich nicht mehr trinken möchteoder zumindest nicht mehr so wie bisher? Ich fühle mich fitter, meine Werte (Schlaf/ Puls/Blutdruck) haben sich enorm verbessert und meine Frau hat mir gesagt das sie stolz auf mich ist ;) Ich habe übrigens das Karnevalswochenende locker überstanden. Es waren zwar nicht die härtesten Trinker dabei aber trotzdem hat es mir nichts ausgemacht bei Cola Zero und Wasser zu bleiben während neben mir Bier getrunken wurde. Ich habe auch trotz der "Fresserei" von Freitag bis Sonntag nicht zu- sondern eher noch etwas abgenommen :)

  • Hallo Kölschejung,

    es freut mich, dass du das Wochenende "unfallfrei" überstanden hast. Meist wird ja davon abgeraten, sich in solche Situationen zu begeben. Aber jeder Mensch ist eben anders. Ich kann mich erinnern, dass ich während meiner Nikotinentwöhnungsphase oft in den Raucherpausenraum ging. Dort konnte ich die Gier der Raucher am besten studieren und mich dadurch motivieren, meinen eingeschlagenen Weg nicht zu verlassen.

    Weiterhin alles Gute
    Bassmann


  • Ich kann mich erinnern, dass ich während meiner Nikotinentwöhnungsphase oft in den Raucherpausenraum ging. Dort konnte ich die Gier der Raucher am besten studieren und mich dadurch motivieren, meinen eingeschlagenen Weg nicht zu verlassen.

    Weiterhin alles Gute
    Bassmann

    Genau, man(n) sieht die Welt mit anderen Augen. Ich schaue mir gerade eine amerikanische Serie an. Wenn man mal darauf achtet, die trinken nur Bier, Rotwein oder Whiskey. Wasser gibt es da nicht

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