Neu und Angehörige, auf der Suche nach Wissen

  • Ein freundliches Hallo an Alle,
    mein Name ist Mel und Ich bin zum 1. Mal in einem Forum. Ich hoffe, ich mache hier alles richtig und trete niemandem zu nahe!
    Ich bin hier weil Ich nicht mehr weiß wie Ich mich als Angehörige noch verhalten soll.

    Es geht um einen 67 jährigen, aktuell 'nassen' Alkoholiker, welcher seit 2,5 Jahren permanenten Alkoholabusus betreibt. Mit anschließenden Krankenhausaufenthalten.
    Die Alkoholproblematik besteht bereits bei ihm seit Jahrzehnten. Er hat sich alle 1-2 Jahre über Tage oder wenige Wochen stark betrunken und sich anschließen selbst zu Hause auf kalten Entzug gesetzt. Seit 2,5 Jahren allerdings kommt dies alle 4-6 Wochen vor und dann über Viele Wochen bis 2/3 Monate. Gepaart mit Medikamentendosierungen die er im schwindeligen Kopf nicht mehr kontrollieren kann. Seiner Krankheit ist er sich vollkommen bewusst, ist auch seit längerem bestens vernetzt, bei den AA, Selbsthilfegruppen, enger Kontakt zu Suchttherapeuten und war nun kurz davor eine ambulante Therapie über die Caritas anzufangen. Vor ca 15 Jahren hat er wohl auch mal eine Langzeittherapie begonnen, dann aber wieder abgebrochen und lehnt einen erneuten Versuch absolut ab.

    Er ist soweit abgerutscht, dass er keine Termine mehr einhalten kann und seinen wirtschaftlichen Aktivitäten (Immobilieneigentümer- und Verwalter, Gastronom) seit 2 Jahren nicht mehr nachkommen kann. Die selbstauferlegten Entzüge schafft er leider auch nicht mehr. Weder psychisch (er sagte früher "irgandwann legt er einen Schalter um und dann will er nicht mehr") noch körperlich. Die letzten 4-5 Male ging es soweit, dass Ich den Rettungsdienst rief wegen schweren Verletzungen durch Stürzen etc. Die letzten 3x hätten Sie ihn wegen Eigengefärdung mitgenommen, ich konnte Ihn aber davon überzeugen, freiwillig auch für mich mitzugehen. Also 3x kurz vor knapp, hätte Ich ihn nicht gefunden.
    Der letzte 14 tägige Krankenhausaufenthalt ist ca 2 Wochen her. Eingeliefert kurz vor einem Krampfanfall und mit den späteren Diagnosen u.a. Fettleber, Speiseröhren- und Magenschleimhautentzündung, Polyneuropathie.

    Alles in Allem war Er immer ein absoluter Lebemann der sich und das Leben liebte, viel und gerne unterwegs war.
    Seit diesen 2 Jahren, insbesondere in den letzten Monaten aber erkenne Ich seinen Lebenswillen nicht mehr. Er hat des öfteren davon gesprochen, dass er keine Angst vor den Tod hat. Er hat mir vor 1. Woche gesagt, dass er im Krankenhaus darüber nachgedacht hat, vom Dach zu springen. Vor wenigen Tagen, der 1 oder 2. Tag seines Rückfalls, dass er einfach nur noch sterben möchte. Das war auch ungefähr der Zeitpunkt wo Ich begriff, was öffentliche Hilfsstellen und nahe Bekannte meinten mit "kümmern Sie sich um sich selbst. Suchen Sie sich selbst Hilfe".

    Ich habe viel mit der Kranken Person gesprochen, über das, was ich bereit bin zu tun und wozu nicht mehr, wegen mangelnder Kraft und Aushaltevermögen. Er weiss und versteht dies natürlich. Bittet mich lediglich, seinen Weg und seine Wünsche zu respektieren.
    Wir haben es vor einigen Tagen noch geschafft, wichtige Vorsorgedokumente wie Patientenverfügung, Vorsorgevollmachten etc. zu fertigen.
    Nun ist er wieder rückfällig geworden wofür er mir die Schuld gibt weil wir uns gestritten haben. Ich versuche natürlich mir davon nichts anzunehmen, schwierig ist es trotzedm. Vor allem weil er seit seinem Rückfall täglich anruft um mir irgendwie wie im Wahn zu befehlen, ihm Stoff zu besorgen. Wenn ich das nicht tue, bin ich für ihn gestorben und wilde Beschimpfungen folgen. Ich versuche einen Kühlen Kopf zu behalten und wiederhole mich stets Hilfe zu leisten wenn er entzügig werden will, sonst aber nichts mehr tun kann.

    Vor 2 Jahren wusste Ich intuitiv, dass 'das Ende naht'. Er hatte es zuvor auch recht eilig, sein Testament zu fertigen. Ich kann es in Worten kaum beschreiben. Was nun seither alles passierte, ist schlimmer als ich es mir zu denken gewagt hätte. Wegen all den schrecklichen Bildern und der intensive Zeit der Betreuung war ich selbst 6 Monate in Psychologischer Behandlung um mir Unterstützung bei der Verarbeitung zu suchen. Irgendwie ahne Ich (oder ist es vielleicht doch nur die Angst?) , dass das 'Baby jetzt vor die Wand fährt'.
    ich mache mir nur leider so häufig selbst ein schlechtes Gewissen, weil ich denke, Ich lasse einen wichtigen Menschen im Stich. Ich habe auch Angst davor, dass ich mir evtl. Vorwürfe mache, wenn er ableben könnte und ich habe ihm nicht rechtzeitig helfen konnte wie bei den letzten Malen als ich den Notruf rief.
    Manchmal denke Ich, er will es so. Das hat er auch heute am Telefon gesagt. Ich brauche also kein schlechtes Gewissen haben. Aber diese Gedanken kommen so oft.
    Dann widerrum denke ich, SO kann er es doch nicht wollen. Keiner kann soetwas wollen. Ich muss also doch irgendwie etwas machen. Aber was?

    Vielleicht kann ja jemand Erfahrenes etwas kommentieren und mir evtl Denkanstöße geben. DAfür wäre ich überaus dankbar!

  • Hallo Mel,
    ich bin Bea, und habe ähnliche Erfahrungen durch.
    Ich bin 29 Jahre mit einem Alkoholiker verheiratet. Mein Mann ist 62 und ich bin 55 Jahre. In sehr vielen Situationen, die du schilderst, sehe ich mich persönlich wieder.
    Genau aus dem selben Grund, wie Du, bin ich in diesem Forum gelandet und habe schon unglaublich viele gute Meinungen und Ratschläge oder auch Bestätigungen erfahren, dass mein Verhalten richtig ist. Das gibt mir persönlich Kraft und Halt.
    Wir sind mit unserem Problem nicht allein auf der Welt. Es ist gut, sich auszutauschen. Darum frag nach, was du wissen möchtest, Du wirst von vielen anderen Betroffenen Antworten erhalten, die Denkanstöße oder einfach nur Zuspruch geben.
    Jeder schreibt auf seine eigene Art und Weise.
    Ich habe mich im Mai von meinem Mann nach reiflicher Überlegung getrennt, weil ich all seine Verhaltensweisen, die Du auch schon beschrieben hast, nicht mehr ertragen konnte.
    Mein Mann hatte Selbstmordgedanken, dann einen Nervenzusammenbruch, landete auf der Intensivstation, dann in der Psychiatrie zur Entgiftung. Dort hat man ihm eine 12wöchige Langzeittherapie vorgeschlagen, die er ablehnte. Das war für mich der Auslöser, Konsequenz zu zeigen. Ich teilte ihm mit, dass ich ausziehe und nicht mehr zu Hause bin, wenn er entlassen wird.
    Das zog ich durch, und war weg, als er nach Hause kam.
    Mit dieser Konsequenz hat mein Mann nicht gerechnet. Er war völlig am Boden zerstört, das ich nun nicht mehr für ihn da war, wo er mich am meisten brauchte.
    Er wollte mich unbedingt zurück und sagte, dass er mich immer noch liebt.
    Ich gab ihm eine Chance, wenn er sich für eine Therapie entscheidet. Das tat er dann auch. Die Zeit, bis er die Therapie beginnen konnte, war die Hölle für mich. Er wollte, dass ich unbedingt wieder zu ihm nach Hause komme. Ich hatte jedoch Angst, vor seiner psychischen Gewalt. Körperliche Gewalt habe ich zum Glück nicht erleben müssen.
    Mein Mann erpresste mich mit einem Ultimatum zum Selbstmord. Die Schlinge lag im Garten schon bereit. Auch das habe ich durchgestanden.
    Seit 4 Wochen ist er wieder zu Hause. Wir haben wieder Kontakt zueinander, sind uns wieder näher gekommen, aber meine Liebe zu ihm ist zerstört und immer noch nicht wieder in Sicht. Ich bin vorläufig nicht bereit, in unsere gemeinsame Wohnung zurück zu kommen.
    Es treten immer wieder Verständigungsprobleme auf, weil er meine Worte anders interpretiert, als ich sie meine. Immer wieder kommt es zu Missverständnissen. Ich weiß wirklich noch nicht, wo unsere "Reise" hingeht. Ich bin, wie Du, noch mitten d´rin in neuen Erfahrungen und freue mich, dass wir uns austauschen können.
    Alles Gute bis zum nächsten Beitrag
    Bea

  • Hallo Mel,
    ich habe deinen Post zwar gestern schon gelesen, aber ich habe etwas Zeit zum Nachdenken gebraucht, um Dir angemessen antworten zu können.

    Ich selbst bin w, 48 Jahre alt und ich habe manches von dem, was du geschrieben hast, vor mehr als dreißig Jahren mit meinem Vater erlebt. Manches kenne ich aus eigener Erfahrung, manches habe ich mir im Laufe der Zeit angelesen.
    Alkoholismus ist eine ziemlich tückische Krankheit, die nicht nur den Trinker, sondern auch seine Angehörigen sehr trifft.
    Du durchlebst zur Zeit eine enorme psychische Belastung. Vor eine Weile hast du dir schon einmal psychologische Hilfe geholt, weil du erkannt hast, dass du Unterstützung bei der Verarbeitung brauchst. Wäre das für dich jetzt nicht wieder eine Option? Bei den Fragen und Gedanken, die dich bewegen, könnte dir eine professionelle Begleitung sicherlich gut weiterhelfen. Es geht ja nicht nur um Wissen bei diesem Thema, um etwas, dass du mit deinem Verstand fassen kannst, sondern um die Gefühlsebene, die seelisch-psychische Ebene.

    Du bist offensichtlich auch schon bei öffentlichen Beratungsstellen gewesen und hast dir dort Rat und Hilfe geholt und du hast auch schon mit nahen Bekannten gesprochen. Den Rat, den sie dir gegeben haben, gebe ich dir ebenfalls.

    Du schreibst, dass du dir so häufig selbst ein schlechtes Gewissen machst, weil du denkst, du lässt einen wichtigen Menschen im Stich. Und du hast Angst davor, dass du dir evtl. Vorwürfe machst.
    Wenn ich das richtig sehe, hast du bereits sehr Vieles gemacht. Du hast viel mit deinem Angehörigen gesprochen, du hast mit nahen Bekannten gesprochen und bist bei einer öffentlichen Beratungsstelle gewesen. Du hast mehrfach den Rettungsdienst gerufen.
    Was könntest du tatsächlich jetzt noch tun?
    Alkoholismus ist eine sehr tückische Krankheit und mancher Trinker trinkt sich sehenden Auges zu Tode, kann vom Alkohol einfach nicht lassen, obwohl er weiß, dass es ihn umbringt. Dein Angehöriger ist schon lange dabei, er ist, wie du schreibst, gut vernetzt (AA) und er hat auch schon Therapien hinter sich. Und er hat es in all den Jahren nicht geschafft, aufzuhören.

    Er ist ein erwachsener Mensch, der sich weigert, weiter mitzuarbeiten und da kannst du herzlich wenig dran ändern. Alkoholismus führt auch zu Depressionen und kann auch zu dem Wunsch zu sterben führen.

    Du hast mit deinem Angehörigen gewiss über dieses Thema gesprochen und das ist richtig so. Was kannst du jetzt noch tun? Was musst du tun? - Zum Therapeuten kannst und solltest du selbst nicht werden. Was du tun kannst, ist, ihn dazu zu bewegen, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Das aber wiederum verweigert er.
    Das bedeutet, dass du nicht mehr für ihn tun kannst, als du bereits getan hast. Nur eine Sache hätte ich an deiner Stelle anders gemacht und ich verrate dir auch, warum: Du schriebst, dass sie ihn die letzten 3x wegen Eigengefärdung mitgenommen hätten, du ihn aber davon überzeugen konntest, freiwillig mitzugehen. - warum hast du das gemacht? - Ich hätte sie ihn wegen Eigengefährdung mitnehmen lassen, denn das bedeutet Zwangseinweisung über einen Arzt und psychologische Begutachtung. Für den Betroffenen ist das zwar grauenvoll und die Geschlossene ist echt heftig, aber, wer sich selbst gefährdet, ist u.U. nicht mehr Herr seiner Entscheidungen und ein Facharzt übernimmt dann sozusagen die Verantwortung. Das Gericht entscheidet dann, wann der Gefährdete wieder herauskommt. Das bedeutet für dich, dass du aus der Verantwortung, mit der du eh überfordert bist, heraus bist. Es macht einen großen Unterschied, ob du freiwillig in der Psychiatrie bist, oder zwangseingewiesen.
    Die Frage ist doch, kann er selbst noch entscheiden oder kann er es nicht. Kann er es nicht, kannst du nur darauf dringen, dass er professionelle Hilfe in Anspruch nimmt.
    Was kannst du noch tun, was musst du tun?
    Rechtlich macht sich jeder der unterlassenen Hilfeleistung schuldig, der ab dem Augenblick, wo ein Todesbereiter bewusstlos ist, nichts unternimmt. - Bislang hast du das immer getan! Du kannst aber nicht die ganze Zeit neben ihm stehen. Das ist auch für dich eine untragbare Belastung. Auch deshalb hätte ich ihn an deiner Stelle zwangsweise mitnehmen lassen. Vielleicht ist ihm dort noch zu helfen. - Vielleicht aber auch nicht. Du aber kannst nichts mehr für ihn tun.

    Das Einzige, was du jetzt noch tun kannst und tun solltest, ist, für dich zu sorgen. Du spürst, wie du innerlich hin- und hergerissen bist. Das sollte dir Warnzeichen genug sein, jetzt etwas für dich zu unternehmen. Hilfreich könnte es für dich sein, bei dir vor Ort Kontakt zu einer Selbsthilfegruppe für Angehörige von Alkoholikern aufzunehmen. Oder aber du nimmst nochmals, wie oben bereits gesagt, professionelle psychologische Hilfe in Anspruch.

    Folgendes ist klar: Du bist definitiv nicht Schuld daran, dass er jetzt wieder säuft. Ein nasser Alkoholiker findet immer einen Grund zum Trinken und solche Gründe werden ganz gerne genannt, sind aber Unsinn.
    Und seinen Stoff musst du ihm auch nicht besorgen.

    Ich wünsche dir alles Gute und viel Kraft!
    Viele Grüße
    AmSee

    Du kannst nicht zurückgehen und den Anfang ändern,
    aber du kannst jetzt neu anfangen und das Ende ändern.

  • Hallo,
    erst einmal vielen lieben Dank für die Antworten!
    Ja, es ist wirklich hilfreich zu wissen, dass Andere selbiges oder ähnliches durchstehen mussten/müssen und man sich austauschen kann.
    Zu AmSee13
    Genau das ist es, was mich aktuell wirklich psychisch-mental in die Knie zwing, dass "... mancher Trinker trinkt sich sehenden Auges zu Tode...".
    Die Betonung liegr dabei auf 'sehenden Auges'. Einfach grausam auszuhalten. Die vor kurzem geendete Therapie half nur wenig. Klar, einige Dinge wurden klarer aber den gewissen Schritt muss man ja immer selbst gehen. Ich denke aktuell darüber nach, mich einer Angehörigen-Gruppe vor Ort anzuschließen. Bedingt durch Corona ist es allerdings gerade etwas schwer... Aber das wird angegangen! Ich merke ja, dass Ich noch einiges an Hilfe bei der Verarbeitung benötige.

    Den Gedanken bzgl. der Einweisung in eine Geschlossene wegen Eigengefährdung fand Ich sehr Interessant. Soetwas wünscht man natürlich niemandem. Aber vielleicht könnte das ein letzter Versuch sein, ob vielleicht nicht doch noch etwas zu retten ist. Er ist die letzten Monate und war zuletzt die Tage vor seinem Rückfall stark depressiv und äußerte vermehrt den Wunsch zu sterben. Als wir seine Patientenverfügung allerdings fertigten, Er war klar bei Sinnen und voll geschäftsfähig, äußerte Er jedoch den Wunsch, alle lebenserhaltenen Maßnahmen fortzuführen im Falle eines Falles. "Ich will leben, nur keine Schmerzen leiden. Kann ja sein, dass Ich eines dieser Wunder bin, das sich doch wiedererwartens zurück in's Leben kämpft" waren seine Worte!

    Diese Diskrepanz zwischen 'ihn los lassen' weil Er sich nicht helfen lassen WILL, die totale Selbstzerstörung also in Kauf nimmt
    und
    'doch noch mal probieren' ihm irgendwie zu helfen weil Er ja eigentlich nicht sterben möchte, was Er in klaren Momenten oft äußerte, ist das was mich ebenfalls verrückt macht.
    Viele sagen, wenn man sich nicht helfen lassen will, dann kann ich nichts tun. Was ist aber wenn man so wesensverändert ist, dass man es wirklich nicht mehr schafft , sich helfen lassen zu wollen? Zum Beispiel aufgrund von beginnender Demenz? Wenn man vielleicht einfach vergisst, was man Gestern noch im 'klaren' vollbewussten Zustand für sich selbst richtig hielt? Dahingehend hat mich dein Beitrag bzgl. Zwangseinweisung zum nachdenken gebracht. Vielleicht sollte man einen 'Fachmann' darauf schauen lassen?
    Sollte es wieder dazu kommen, wie bei den letzten Malen, und das ist absehbar, schreite Ich nicht ein um ihn zu überzeugen.

    Schwierig ist es gerade auch, weil Er mich täglich anruft und förmlich darum fleht und bettelt ihm etwas zu besorgen. Was ich natürlich nicht mache (obwohl ich darüber nachdenke aus Sorge dass Er entzügig zu krampfen beginnen könnte) und auf meine ständigen Wiederholungen, ihn in ein Krankenhaus zu bringen dann verbal äußert aggressiv wird, Dinge sagt wie Ich sei dann ab sofort für Ihn gestorben. All seine Wut und Agression richtet sich gerade auf mich. Das tut weh und ist schwer auszuhalten. Ich habe halt aktuell das Gefühl 'jetzt geht's richtig rund und wird wild'.

  • Die Sinne eines „nassen“ Alkoholikers sind total vernebelt. Alkoholiker ticken irgendwie anders als „normale“ Menschen oder „trockene“ Alkoholiker. Wenn du hier im Forum etwas mitliest, stößt du öfter auf dieses Phänomen. Was auch immer da genau im Gehirn geschieht, es führt dazu, dass Alkoholiker die Wirklichkeit anders wahrnehmen und sich auch gänzlich anders verhalten, als sie dies in trockenem Zustand tun würden. Wenn ein Alkoholiker dann tatsächlich trocken wird, dauert es lange, teils mehrere Monate, bis er geistig wieder richtig klar wird. (Es sei denn, er hat sich das Gehirn tatsächlich kaputt gesoffen. Was aber bei deinem Angehörigen noch nicht der Fall zu sein scheint. Ob er tatsächlich schon durch Demenz wesensverändert ist, kann nur ein Fachmann klären.)
    Alkoholismus ist eine schlimme Sucht, warum ihr manchereiner nicht entkommt oder sogar nach Jahren, in denen er völlig abstinent gelebt hat, plötzlich wieder anfängt und sich dann zu Tode säuft, lässt sich nicht erklären, es passiert leider.
    Ich kann nachvollziehen, warum dein Angehöriger lebensmüde ist, denn er ist in all den Jahren seiner Sucht nicht entkommen. Die Sucht macht innerlich total kaputt. Mein Vater war 43 Jahre alt, als er durch einen selbstverschuldeten Unfall starb, aber er fühlte sich in den Monaten davor wie über 80. Er hatte es immer wieder versucht, der Sucht zu entkommen, hatte mehrere Entzüge und Langzeittherapien, aber rutschte immer wieder in die Sucht und war selbst todunglücklich darüber.
    Das Ganze als Angehöriger auszuhalten ist die Hölle und ich kann sehr gut nachvollziehen, dass dich das jetzt „psychisch-mental in die Knie zwingt“. Wir taten damals, was wir nur konnten. Meine Mutter hat dieses Leben an der Seite ihres alkoholkranken Mannes letztlich psychisch zerbrochen. Ich selbst habe psychische Schäden davongetragen, unter denen ich noch heute leide.

    Für dich besteht nun die Schwierigkeit u.a. darin, zu unterscheiden, ob er noch entscheidungsfähig ist oder nicht mehr. Und DAS ist gar nicht so einfach. Zwar sind einem Alkoholiker die Sinne benebelt, aber, solange dein Angehöriger einfach nur so trinkt, wird ihn die Polizei oder der Notarzt nicht mitnehmen. Wenn er aber krampft, bewusstlos wird oder deutlich ist, dass er sich umzubringen versucht, dann erst kannst du gewissermaßen handeln, dann ist er klar nicht mehr entscheidungsfähig. Wenn er „nur“ krampft o.ä. kommt er ins Krankenhaus und wird dort lediglich medizinisch überwacht. - Das klingt jetzt so harmlos, aber tatsächlich kann das lebensgefährlich sein. - Der „Trick“ ist tatsächlich, wenn sie ihn wegen Eigengefährdung zwangsweise mitnehmen.
    Er wird dir das mit Sicherheit sehr, sehr übelnehmen und Dinge sagen, wie „Du bist ab sofort für mich gestorben.“. Das muss dir klar sein und du wirst es aushalten müssen.
    Ich rate dir aber dazu, weil du dich selbst schützen musst. Du sprachst ja selbst die Schuldgefühle an und wie es dir derzeit geht. Die Frage ist, was schlimmer für dich ist: Seinen Zustand weiter auszuhalten und das, was das mit dir macht, oder zu versuchen, einer Situation, die für dich nicht mehr auszuhalten ist, zu entkommen und das Letzte zu tun, was du noch tun kannst, nachdem du alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft hast.
    Bei dem Hin- und Her, das du mit ihm erlebst, Stichwort „Patientenverfügung“, siehst du, wie hin- und hergerissen er selbst ist. Vielleicht ist ihm noch zu helfen.
    Es kann aber auch sein, dass du ihm nicht helfen kannst, dass alles nichts hilft.
    Stoff solltest du ihm definitiv nicht besorgen, auch wenn die Gefahr, dass er krampft usw. und an den Folgen eines kalten Entzuges stirbt, besteht. Du wirst das mit dir selbst auch nicht vereinbaren können und es wird ihm auch nicht helfen, der Sucht zu entkommen. Wenn er Stoff braucht, muss er sich selber kümmern, so grausam das auch ist.
    Wenn er dich täglich anruft, könntest du ihm immer wieder raten, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Ansonsten ist es wichtig für dich, dich abzugrenzen. Hast du dich schon mal über Co-Abhängigkeit informiert?

    Es ist sehr, sehr wichtig, dass du dich um dich kümmerst. Wenn du in Therapie warst, hast du möglicherweise die Idee der „Achtsamkeit“ kennengelernt. Übe dich darin, immer und immer wieder. Ich habe zum Beispiel das Meditieren und - erst vor Kurzem - Yoga für mich entdeckt. Es hilft mir, im Hier und Jetzt und bei mir zu bleiben. Und es hilft mir beim Wahrnehmen und Annehmen meiner Gefühle. Nicht immer, aber immer wieder.
    Gut, dass du das mit der Selbsthilfegruppe in Angriff nehmen willst!

    Schreibe hier weiter, was du denkst. Vielleicht tut dir das gut und es klärt sich auch beim Schreiben einiges für dich.

    Viele Grüße
    AmSee

    Du kannst nicht zurückgehen und den Anfang ändern,
    aber du kannst jetzt neu anfangen und das Ende ändern.

  • WOW! Du sagst so wahrhaftige Dinge die mich zu tiefst berrühren.

    "Die Frage ist, was schlimmer für dich ist: Seinen Zustand weiter auszuhalten und das, was das mit dir macht, oder zu versuchen, einer Situation, die für dich nicht mehr auszuhalten ist, zu entkommen und das Letzte zu tun, was du noch tun kannst, nachdem du alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft hast."

    Ich glaube, da liegt der Punkt. Ich könnte nicht damit leben, wenn Er mir nicht verzeihen könnte, dass ich ihn in eine - für ihn - unwürdige Situation bringen.
    Demnach lasse Ich den Gedanken lieber wieder los, in diese Richtung aktiv zu werden.
    Ja, ich merke absolut wie innerlich zerrissen und mittlerweile weit von sich selbst entfernt Er ist. Und ja, ich weiß auch wie sehr Er sich gegen stationäre Aufenthalte in psychiatrischen Häuser wegen schlechten Erlebnissen dort wehrt. Und ich weiss auch, dass Er sich all dessen und den Folgen absolut bewusst ist bzw. war als wir offen, ehrlich und vertrauensvoll in seinen klaren Phasen gesprochen haben. Seine Eltern selbst hatten diese Probleme, 2 seiner Geschäftspartner ebenfalls.
    Bei meiner wichtigsten Frage darüber, wie ich ihm am besten helfen und unterstützen kann, ohne dass Er sein 'letztes Hemd' lässt, ist mir am wichtigsten dass ich seinen Willen nicht 'breche'. Ich verstehe und bin dir sehr dankbar für den "Trick". Ich selber würde nicht aktiv werden wollen, werde aber bei einer eventuellen und absehbaren nächsten Situation diesen "Trick" im Hinterstübchen behalten und es abhängig machen von meiner Intuition. Eben diese hat ihm die letzten Male den Hintern gerettet. Ohne mich an dieser Stelle selbst beweihräuchern zu wollen!

    Dein Tipp bzgl. Achtsamkeit, Meditation etc. ist auch sehr interessant! Ich beschäftige mich seit fast 15 Jahren (ich bin 33) mit diesen Themen. Ich würde mich selbst auch als spirituelle und hochsensible Type bezeichnen. In der letzten Zeit frage Ich mich allerdings manchmal, ob ich es immer nur oberflächlich getan habe? Ich schaffe es stellenweise nicht mehr in meine eigene Mitte zu finden. Und ja, über Co-Abhängigkeit fange ich auch gerade an mich mehr zu informieren.

    Vielleicht ist ja wirklich die Lösung für MEIN Problem, im Zusammenhang mit dem meines Angehörigen, die reine AKZEPTANZ und LOSLASSEN können. Wer weiß, für welche Lernaufgabe mich das Schicksal zu dieser Person mit einem Problem welches älter ist als ich, geführt hat.
    Vielen lieben Danke für deine sehr wertvollen Zeilen AmSee13

  • Zu dem Punkt: "Für dich besteht nun die Schwierigkeit u.a. darin, zu unterscheiden, ob er noch entscheidungsfähig ist oder nicht mehr."
    Er wird es zunehmend weniger. Er selbst hatte dies bereits vor einiger Zeit selbst bemerkt, dass er gewisses Vermögen langsam und stetig verliert und wollte mich deswegen noch schnellst möglich adoptieren. Dies schafft Er allerdings auch nicht mehr. Die Regenerationsphasen zwischen Krankenhaus und nächster Absturz wurden/werden immer kürzer sodass keine wichtigen u.a. notarielle Termine mehr möglich zu sein scheinen.


  • "... mancher Trinker trinkt sich sehenden Auges zu Tode...".
    Die Betonung liegr dabei auf 'sehenden Auges'. Einfach grausam auszuhalten.

    so weit ich das verstehe, ist das ja Deine eigene Entscheidung, das auszuhalten.

    Ansonsten ist Deine ganze Schilderung eine klare Beschreibung dessen, dass Du nichts machen kannst. Verlorene Zeit und Lebensenergie, die Du da reinhängst. Du kämpfst gegen Windmühlen. Bringt Dir nichts, bringt ihm nichts, macht nur Dich kaputt und möglicherweise wäre sogar er schon weiter, wenn man ihn ganz hart in seiner Situation hängen gelassen hätte. Hätte ihm mehr weh getan, wäre möglicherweise, aber ohne jede Garantie, vielleicht für ihn ein Anlass zum Umdenken gewesen. Wenn nicht, ist es trotzdem immer noch sein Leben und nicht Deines. Geht Dich im Grund nicht mal nur nichts an, sondern ist sogar übergriffig, was Du da machst. Aber OK, er will das ja auch so und benutzt Dich für seine Zwecke, auch hochmanipulativ.

    Nicht das ich Dir damit ein schlechtes Gewissen machen möchte, aber "Hilfe durch Nicht-Hilfe" ist manchmal effektiver. Aber dazu müsste er erst mal selbst hundertprozentig und mit aller seiner Kraft aufhören wollen, selbst dann wärs noch nicht sicher ob er das schaffen würde...für mich nirgendwo erkennbar, dass er das von ganzem Herzen will. Da glaube ich schon eher, dass er wirklich auf Abriss säuft.

    Du könntest Dich von daher ja schon lange um etwas anderes kümmern, wovon Du selbst mehr hättest. Oder gehts da um das Geld, das er hat (wegen der angesprochenen Adoption)..ansonsten erschliesst sich mir nicht, warum Du das so lange machst. Muss ich klar so sagen.

    Gruß Susanne

  • Wenn ich dir in diese schweren Zeit ein paar Denkanstöße geben konnte, die dir weiterhelfen, freut mich das natürlich.
    Gut, wenn du für dich eine Lösung gefunden hast, die zu dir passt.


    Bei meiner wichtigsten Frage darüber, wie ich ihm am besten helfen und unterstützen kann, ohne dass Er sein 'letztes Hemd' lässt, ist mir am wichtigsten dass ich seinen Willen nicht 'breche'.

    Das mit dem „Trick“, der Zwangseinweisung, ist ein sehr schwieriger Balanceakt. „Bricht“ man damit den Willen des anderen? Ich denke, ich weiß, was du damit meinst, und ich finde es auch richtig, wenn du dir darüber Gedanken machst, was für ihn nun wichtig und richtig ist, Stichwort „Akzeptanz“ und „Loslassen“.
    Ich habe diese Möglichkeit besonders im Zusammenhang mit schwerer Depression und Suizidalität kennengelernt. Wer unter in einer Phase schwerer Depressionen leidet, trägt sich oft mit Selbstmordgedanken. Hört diese Phase wieder auf, sind diese Gedanken wieder weg. Daraus folgt, dass so jemand nicht ganz Herr seiner Entscheidungen ist, der Hilfe braucht. Nun fühlen sich diese Phasen sehr real an und so, als ob sie schon immer da waren und niemals mehr aufhören und man hat den sehnlichsten Wunsch, dass das dieses unerträgliche Leiden endlich aufhört. Der Tod scheint eine Erlösung zu sein und der letzte Rest von Selbstbestimmung, wo man doch sonst jegliche Kontrolle über sein Leben verloren hat. Wie gesagt, hört diese Phase auf, so sind diese Selbstmordgedanken wieder weg. Daraus folgt, dass so jemand professionelle Hilfe braucht, u.U. gegen seinen Willen.
    Und dann kommst du oder ein anderer Angehöriger oder ein Freund oder sonst jemand ins Spiel. Ich hab das am eigenen Leib erlebt. Da sagt dir ein Freund, deine Mutter, dein Vater oder einfach nur ein Bekannter, dass er sterben will. Was macht das jetzt mit DIR? Kannst du das einfach so zulassen, dass er oder sie sich umbringt? Kannst du das vor dir selbst verantworten oder wirst du dir womöglich ein Leben lang schwere Selbstvorwürfe machen? - Das ist das, was ich meine, wenn ich sage, dass du dich selbst schützen musst. Wenn du dann die Polizei rufst oder den Arzt, mit dem Ziel, dass dein Angehöriger erstmal aus dem Verkehr gezogen wird, schützt du dich selbst und womöglich deinen Angehörigen.
    „Brichst“ du damit seinen Willen? - Meine Mutter war sehr wütend auf meine Schwester und mich, dass wir sie auf die Geschlossene haben einweisen lassen. Auch für uns war das sehr, sehr schwer. In ihrem Fall war das aber gut und richtig, denn sie fing sich wieder.
    Bei einem Bekannten hat jemand anderes, der sich mit diesen Dingen auskennt, mir diese Entscheidung abgenommen. Wenn der Bekannte sich umgebracht hatte - und er hatte sich nur mir anvertraut und ich glaubte, sein Vertrauen nicht brechen zu dürfen - , hätte ich gewiss sehr darunter leiden müssen.

    Wie eingangs gesagt, der „Trick“ ist ein schwieriger Balanceakt. Wenn du angesichts der Situation deines Angehörigen „akzeptieren“ und „loslassen“ kannst und dabei mit dir selbst im Reinen bist, ist das in Ordnung. Wenn du aber für dich selbst Gefahr läufst, die Verantwortung nicht tragen zu können - denn es ist auch eine Verantwortung, die du da trägst -, dann musst du diese Verantwortung abgeben.

    Ansonsten kann ich dir nur raten, dich da so weit wie möglich rauszuziehen. Und wenn du wieder den Notarzt rufst, weil du ihn rechtzeitig gefunden hast, und sie ihn wegen Eigengefährdung mitnehmen wollen, nicht mehr dazwischen zu gehen. Er hat seine Wahl getroffen, soll er damit leben...

    Du kannst nicht zurückgehen und den Anfang ändern,
    aber du kannst jetzt neu anfangen und das Ende ändern.

  • Zitat

    Daraus folgt, dass so jemand professionelle Hilfe braucht, u.U. gegen seinen Willen.

    das entscheidet sowieso nur ein Richter nach ärztlicher Begutachtung, niemals ein Angehöriger. Ein Angehöriger oder sonst Nahestehnder ist viel zu sehr mitbetroffen, um vernünftig und objektiv zu entscheiden.

    Und die Zwangseinweisung ist natürlich auch zwiespältig. Viele kommen danach nie wieder auf die Beine (kenne selbst solche Leute), da kannst Du Dich dann auch fragen, was derjenige unterm Strich dann davon hatte. Oder sie werden zu Drehtürpatienten, da würde ich persönlich den Tod wohl noch klar vorziehen. Ich glaube, wenn mich jemand gegen meinen Willen retten wollte, müsste er aufpassen, dass ich ihm nicht an die Gurgel gehe...Das Einzige ist, dass man sich selbst von der Verantwortung für die Situation entlastet.

  • das entscheidet sowieso nur ein Richter nach ärztlicher Begutachtung, niemals ein Angehöriger. Ein Angehöriger oder sonst Nahestehnder ist viel zu sehr mitbetroffen, um vernünftig und objektiv zu entscheiden.


    So ist es. Das habe ich weiter oben gemeint.

    Zitat


    Und die Zwangseinweisung ist natürlich auch zwiespältig. Viele kommen danach nie wieder auf die Beine (kenne selbst solche Leute), da kannst Du Dich dann auch fragen, was derjenige unterm Strich dann davon hatte.


    So kann es sein. Kenne ich auch.

    Zitat


    Das Einzige ist, dass man sich selbst von der Verantwortung für die Situation entlastet.


    DAS ist der entscheidende Punkt für den Angehörigen.

    Du kannst nicht zurückgehen und den Anfang ändern,
    aber du kannst jetzt neu anfangen und das Ende ändern.

  • Bleibt noch zu ergänzen, dass es bei uns erlaubt ist, sich tot zu saufen. Und dass z.B. Verwahrlosung kein Grund ist, jemanden zwangszubeglücken. Dazu gibts Urteile.
    Wenn einer noch halbwegs glaubhaft machen kann, dass er noch weiss, was er sagt, ist da das Ende der Fahnenstange erreicht.

  • Ich hatte soeben ein längeres Gespräch mit einer dafür zuständigen Person aus öffentlicher Stelle. Diese kennt die genannte Problematik.
    Interessanterweise hatte sie äußerst vorsichtig selbiges angesprochen wie von AmSee13 angemerktes bzgl. Zwangseinweisung.
    Die Person muss und möchte sich selbst ein aktuelles Bild der Situation machen um zu beurteilen und mir evtl. diese "Entscheidung" bzw Verantwortung abzunehmen zu können.
    Ich bin überaus dankbar, dass wir in diesem Land solch Hilfestellung gebende Stellen haben!

    Ich verstehe was mit Balanceakt der Beurteilung gemeint ist. Ich möchte natürlich nirgends aktiv eingreifen in etwas was mich nichts angeht geschweige denn übergriffig werden. Dieses allerdings zu erkennen: ab wann ist es übergriffig? bis wann ist es o.k.? helfen zu wollen, ist natürlich sehr schwer. Und ich bin mit nichten perfekt und die Weisheit mit Löffen fressend. Ich versuche lediglich nach bestem Wissen und Gewissen zu handeln.
    Warum Ich einem Menschen helfe der mir wichtig ist? Weil Ich es IMMER tun würde, egal wie lange es dauert und wie schwer es ist! Selbiges wünsche Ich mir auch von meiner Familie. Weil man das halt einfach so macht. Vielleicht auch einfach eine grundsätzliche Einstellung zum Leben und zum Menschen. Sicherlich ist es aber auch immer eine besondere Herausforderung und Lernaufgabe, den Grad zwischen sinnvoll und nicht, zu erkennen. Deswegen bin Ich ja auch hier. Um zu lernen.

    Was @AmSee anmerkt bzgl. Depression und Suizidalität, trifft - nur für mich und meine aktuelle Situation - erneut sehr gut zu. Dadurch, dass diese Sterbewünsche nach den harten Phasen wieder vorüber sind, denke ich auch, dass diese Person eigentlich doch Hilfe braucht. Anders wäre es, wenn für mich klar sein würde, durch z.B. offenen Gesprächen bei klarem, vollbewusstem Verstand, dass Jemand ableben möchte. Das würde und müsste ich akzeptieren (wollen) in Punkto Selbstbestimmung.

    In Punkto Achtsamkeit und Selbstfürsorge versuche Ich nun auch mich abzugrenzen und werde beim nächsten Mal dem Notarzt die Entscheidung treffen lassen. Dahingehend erkenne ich meinen möglichen 'Fehler' immer wieder eingegriffen zu haben, um meinen Angehörigen vor einer Zwangseinweisung zu bewahren.


  • Bleibt noch zu ergänzen, dass es bei uns erlaubt ist, sich tot zu saufen. Und dass z.B. Verwahrlosung kein Grund ist, jemanden zwangszubeglücken. Dazu gibts Urteile.
    Wenn einer noch halbwegs glaubhaft machen kann, dass er noch weiss, was er sagt, ist da das Ende der Fahnenstange erreicht.

    Genau dieses Vermögen, noch halbwegs glaubhaft machen zu können, schwindet langsam. Scheinbar sieht es die Person der öffentlichen Stelle aus dem Telefonat eben genauso.
    Mit Ihren Worten: "Die Situation droht zu kippen".


  • Bleibt noch zu ergänzen, dass es bei uns erlaubt ist, sich tot zu saufen. Und dass z.B. Verwahrlosung kein Grund ist, jemanden zwangszubeglücken. Dazu gibts Urteile.
    Wenn einer noch halbwegs glaubhaft machen kann, dass er noch weiss, was er sagt, ist da das Ende der Fahnenstange erreicht.

    Gut, dass du das einbringst!
    Diese rechtliche Seite ist mir nicht so bekannt. Hast du da eine Seite oder Infos, die du mir ggf. als PN zukommen lassen könntest?

    Du kannst nicht zurückgehen und den Anfang ändern,
    aber du kannst jetzt neu anfangen und das Ende ändern.

  • Der 2. Link ist äußerst interessant. Hirnorganische Wesensveränderungen und Lebererkrankung wären meine Vermutung gewesen, eine Unterbringung zu rechtfertigen.
    Vielen Dank für die Links!

  • Danke für die Links, Susanne. Gewiss ist das allgemein sehr interessant.

    Der Artikel unter dem zweiten Link bestätigt das, was ich meine. Es muss geprüft werden, ob jemand „noch einen freien Willen bilden“ kann. Ein Angehöriger kann das nicht, nur, wie oben zusammengefasst, ein Richter nach fachärztlicher Begutachtung.

    Dass das eine knifflige Angelegenheit ist, steht außer Frage. Und der zweite Artikel unterstreicht letztlich, wie knifflig.
    In diesem speziellen Fall geht es darum, dass Mel eine Lösung findet, mit der sie besser leben kann. Sie hat ja deutlich gemacht, wie sehr sie diese Situation „psychisch-mental in die Knie zwingt“.

    Du kannst nicht zurückgehen und den Anfang ändern,
    aber du kannst jetzt neu anfangen und das Ende ändern.

  • Der erste Link enthält die rechtlichen Informationen, die mir noch gefehlt haben.
    Dass einer sich grundsätzlich zu Tode saufen darf, war mir bekannt, aber da mir die Zusammenhänge im Zusammenhang mit Depressionen ganz gut bekannt sind, konnte ich bislang die rechtliche Situation nicht zusammenbringen, denn, wenn Depression im Spiel ist, wird das, wie ja auch deutlich geworden ist, mit der Entscheidungsfähigkeit schwierig. Kann er noch einen freien Willen bilden oder kann er das nicht mehr.

    Verstehen - oder besser nachvollziehen - kann ich beide Seiten. Dass jemand, der der Sucht in Jahren bzw. Jahrzehnten trotz Therapie usw. nicht entkommen konnte, lebensmüde ist, habe ich bei meinem eigenen Vater erlebt und akzeptieren lernen müssen. Und ich kenne auch die Innensicht einer jahrzehntelangen Depression, die lebensmüde macht.

    Ich kenne aber eben auch die andere Seite, die Seite, die gezwungenermaßen zusehen muss und, weil sie der Situation so hilflos ausgeliefert ist, psychisch selbst schwer damit zu kämpfen hat.

    Die Frage ist dabei doch, auf wen man selbst in einer solchen Situation mehr Rücksicht nehmen muss.

    Ich hoffe für Mel, dass sie etwas klarer sieht, welche Möglichkeiten ihr zur Verfügung stehen, und dass sie aufgrund dieses Wissens für sich eine akzeptable Lösung ihres Problems finden kann.

    Du kannst nicht zurückgehen und den Anfang ändern,
    aber du kannst jetzt neu anfangen und das Ende ändern.

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