Beiträge von Nachdenken87


    Bleibt noch zu ergänzen, dass es bei uns erlaubt ist, sich tot zu saufen. Und dass z.B. Verwahrlosung kein Grund ist, jemanden zwangszubeglücken. Dazu gibts Urteile.
    Wenn einer noch halbwegs glaubhaft machen kann, dass er noch weiss, was er sagt, ist da das Ende der Fahnenstange erreicht.

    Genau dieses Vermögen, noch halbwegs glaubhaft machen zu können, schwindet langsam. Scheinbar sieht es die Person der öffentlichen Stelle aus dem Telefonat eben genauso.
    Mit Ihren Worten: "Die Situation droht zu kippen".

    Ich hatte soeben ein längeres Gespräch mit einer dafür zuständigen Person aus öffentlicher Stelle. Diese kennt die genannte Problematik.
    Interessanterweise hatte sie äußerst vorsichtig selbiges angesprochen wie von AmSee13 angemerktes bzgl. Zwangseinweisung.
    Die Person muss und möchte sich selbst ein aktuelles Bild der Situation machen um zu beurteilen und mir evtl. diese "Entscheidung" bzw Verantwortung abzunehmen zu können.
    Ich bin überaus dankbar, dass wir in diesem Land solch Hilfestellung gebende Stellen haben!

    Ich verstehe was mit Balanceakt der Beurteilung gemeint ist. Ich möchte natürlich nirgends aktiv eingreifen in etwas was mich nichts angeht geschweige denn übergriffig werden. Dieses allerdings zu erkennen: ab wann ist es übergriffig? bis wann ist es o.k.? helfen zu wollen, ist natürlich sehr schwer. Und ich bin mit nichten perfekt und die Weisheit mit Löffen fressend. Ich versuche lediglich nach bestem Wissen und Gewissen zu handeln.
    Warum Ich einem Menschen helfe der mir wichtig ist? Weil Ich es IMMER tun würde, egal wie lange es dauert und wie schwer es ist! Selbiges wünsche Ich mir auch von meiner Familie. Weil man das halt einfach so macht. Vielleicht auch einfach eine grundsätzliche Einstellung zum Leben und zum Menschen. Sicherlich ist es aber auch immer eine besondere Herausforderung und Lernaufgabe, den Grad zwischen sinnvoll und nicht, zu erkennen. Deswegen bin Ich ja auch hier. Um zu lernen.

    Was @AmSee anmerkt bzgl. Depression und Suizidalität, trifft - nur für mich und meine aktuelle Situation - erneut sehr gut zu. Dadurch, dass diese Sterbewünsche nach den harten Phasen wieder vorüber sind, denke ich auch, dass diese Person eigentlich doch Hilfe braucht. Anders wäre es, wenn für mich klar sein würde, durch z.B. offenen Gesprächen bei klarem, vollbewusstem Verstand, dass Jemand ableben möchte. Das würde und müsste ich akzeptieren (wollen) in Punkto Selbstbestimmung.

    In Punkto Achtsamkeit und Selbstfürsorge versuche Ich nun auch mich abzugrenzen und werde beim nächsten Mal dem Notarzt die Entscheidung treffen lassen. Dahingehend erkenne ich meinen möglichen 'Fehler' immer wieder eingegriffen zu haben, um meinen Angehörigen vor einer Zwangseinweisung zu bewahren.

    Zu dem Punkt: "Für dich besteht nun die Schwierigkeit u.a. darin, zu unterscheiden, ob er noch entscheidungsfähig ist oder nicht mehr."
    Er wird es zunehmend weniger. Er selbst hatte dies bereits vor einiger Zeit selbst bemerkt, dass er gewisses Vermögen langsam und stetig verliert und wollte mich deswegen noch schnellst möglich adoptieren. Dies schafft Er allerdings auch nicht mehr. Die Regenerationsphasen zwischen Krankenhaus und nächster Absturz wurden/werden immer kürzer sodass keine wichtigen u.a. notarielle Termine mehr möglich zu sein scheinen.

    WOW! Du sagst so wahrhaftige Dinge die mich zu tiefst berrühren.

    "Die Frage ist, was schlimmer für dich ist: Seinen Zustand weiter auszuhalten und das, was das mit dir macht, oder zu versuchen, einer Situation, die für dich nicht mehr auszuhalten ist, zu entkommen und das Letzte zu tun, was du noch tun kannst, nachdem du alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft hast."

    Ich glaube, da liegt der Punkt. Ich könnte nicht damit leben, wenn Er mir nicht verzeihen könnte, dass ich ihn in eine - für ihn - unwürdige Situation bringen.
    Demnach lasse Ich den Gedanken lieber wieder los, in diese Richtung aktiv zu werden.
    Ja, ich merke absolut wie innerlich zerrissen und mittlerweile weit von sich selbst entfernt Er ist. Und ja, ich weiß auch wie sehr Er sich gegen stationäre Aufenthalte in psychiatrischen Häuser wegen schlechten Erlebnissen dort wehrt. Und ich weiss auch, dass Er sich all dessen und den Folgen absolut bewusst ist bzw. war als wir offen, ehrlich und vertrauensvoll in seinen klaren Phasen gesprochen haben. Seine Eltern selbst hatten diese Probleme, 2 seiner Geschäftspartner ebenfalls.
    Bei meiner wichtigsten Frage darüber, wie ich ihm am besten helfen und unterstützen kann, ohne dass Er sein 'letztes Hemd' lässt, ist mir am wichtigsten dass ich seinen Willen nicht 'breche'. Ich verstehe und bin dir sehr dankbar für den "Trick". Ich selber würde nicht aktiv werden wollen, werde aber bei einer eventuellen und absehbaren nächsten Situation diesen "Trick" im Hinterstübchen behalten und es abhängig machen von meiner Intuition. Eben diese hat ihm die letzten Male den Hintern gerettet. Ohne mich an dieser Stelle selbst beweihräuchern zu wollen!

    Dein Tipp bzgl. Achtsamkeit, Meditation etc. ist auch sehr interessant! Ich beschäftige mich seit fast 15 Jahren (ich bin 33) mit diesen Themen. Ich würde mich selbst auch als spirituelle und hochsensible Type bezeichnen. In der letzten Zeit frage Ich mich allerdings manchmal, ob ich es immer nur oberflächlich getan habe? Ich schaffe es stellenweise nicht mehr in meine eigene Mitte zu finden. Und ja, über Co-Abhängigkeit fange ich auch gerade an mich mehr zu informieren.

    Vielleicht ist ja wirklich die Lösung für MEIN Problem, im Zusammenhang mit dem meines Angehörigen, die reine AKZEPTANZ und LOSLASSEN können. Wer weiß, für welche Lernaufgabe mich das Schicksal zu dieser Person mit einem Problem welches älter ist als ich, geführt hat.
    Vielen lieben Danke für deine sehr wertvollen Zeilen AmSee13

    Hallo,
    erst einmal vielen lieben Dank für die Antworten!
    Ja, es ist wirklich hilfreich zu wissen, dass Andere selbiges oder ähnliches durchstehen mussten/müssen und man sich austauschen kann.
    Zu AmSee13
    Genau das ist es, was mich aktuell wirklich psychisch-mental in die Knie zwing, dass "... mancher Trinker trinkt sich sehenden Auges zu Tode...".
    Die Betonung liegr dabei auf 'sehenden Auges'. Einfach grausam auszuhalten. Die vor kurzem geendete Therapie half nur wenig. Klar, einige Dinge wurden klarer aber den gewissen Schritt muss man ja immer selbst gehen. Ich denke aktuell darüber nach, mich einer Angehörigen-Gruppe vor Ort anzuschließen. Bedingt durch Corona ist es allerdings gerade etwas schwer... Aber das wird angegangen! Ich merke ja, dass Ich noch einiges an Hilfe bei der Verarbeitung benötige.

    Den Gedanken bzgl. der Einweisung in eine Geschlossene wegen Eigengefährdung fand Ich sehr Interessant. Soetwas wünscht man natürlich niemandem. Aber vielleicht könnte das ein letzter Versuch sein, ob vielleicht nicht doch noch etwas zu retten ist. Er ist die letzten Monate und war zuletzt die Tage vor seinem Rückfall stark depressiv und äußerte vermehrt den Wunsch zu sterben. Als wir seine Patientenverfügung allerdings fertigten, Er war klar bei Sinnen und voll geschäftsfähig, äußerte Er jedoch den Wunsch, alle lebenserhaltenen Maßnahmen fortzuführen im Falle eines Falles. "Ich will leben, nur keine Schmerzen leiden. Kann ja sein, dass Ich eines dieser Wunder bin, das sich doch wiedererwartens zurück in's Leben kämpft" waren seine Worte!

    Diese Diskrepanz zwischen 'ihn los lassen' weil Er sich nicht helfen lassen WILL, die totale Selbstzerstörung also in Kauf nimmt
    und
    'doch noch mal probieren' ihm irgendwie zu helfen weil Er ja eigentlich nicht sterben möchte, was Er in klaren Momenten oft äußerte, ist das was mich ebenfalls verrückt macht.
    Viele sagen, wenn man sich nicht helfen lassen will, dann kann ich nichts tun. Was ist aber wenn man so wesensverändert ist, dass man es wirklich nicht mehr schafft , sich helfen lassen zu wollen? Zum Beispiel aufgrund von beginnender Demenz? Wenn man vielleicht einfach vergisst, was man Gestern noch im 'klaren' vollbewussten Zustand für sich selbst richtig hielt? Dahingehend hat mich dein Beitrag bzgl. Zwangseinweisung zum nachdenken gebracht. Vielleicht sollte man einen 'Fachmann' darauf schauen lassen?
    Sollte es wieder dazu kommen, wie bei den letzten Malen, und das ist absehbar, schreite Ich nicht ein um ihn zu überzeugen.

    Schwierig ist es gerade auch, weil Er mich täglich anruft und förmlich darum fleht und bettelt ihm etwas zu besorgen. Was ich natürlich nicht mache (obwohl ich darüber nachdenke aus Sorge dass Er entzügig zu krampfen beginnen könnte) und auf meine ständigen Wiederholungen, ihn in ein Krankenhaus zu bringen dann verbal äußert aggressiv wird, Dinge sagt wie Ich sei dann ab sofort für Ihn gestorben. All seine Wut und Agression richtet sich gerade auf mich. Das tut weh und ist schwer auszuhalten. Ich habe halt aktuell das Gefühl 'jetzt geht's richtig rund und wird wild'.

    Ein freundliches Hallo an Alle,
    mein Name ist Mel und Ich bin zum 1. Mal in einem Forum. Ich hoffe, ich mache hier alles richtig und trete niemandem zu nahe!
    Ich bin hier weil Ich nicht mehr weiß wie Ich mich als Angehörige noch verhalten soll.

    Es geht um einen 67 jährigen, aktuell 'nassen' Alkoholiker, welcher seit 2,5 Jahren permanenten Alkoholabusus betreibt. Mit anschließenden Krankenhausaufenthalten.
    Die Alkoholproblematik besteht bereits bei ihm seit Jahrzehnten. Er hat sich alle 1-2 Jahre über Tage oder wenige Wochen stark betrunken und sich anschließen selbst zu Hause auf kalten Entzug gesetzt. Seit 2,5 Jahren allerdings kommt dies alle 4-6 Wochen vor und dann über Viele Wochen bis 2/3 Monate. Gepaart mit Medikamentendosierungen die er im schwindeligen Kopf nicht mehr kontrollieren kann. Seiner Krankheit ist er sich vollkommen bewusst, ist auch seit längerem bestens vernetzt, bei den AA, Selbsthilfegruppen, enger Kontakt zu Suchttherapeuten und war nun kurz davor eine ambulante Therapie über die Caritas anzufangen. Vor ca 15 Jahren hat er wohl auch mal eine Langzeittherapie begonnen, dann aber wieder abgebrochen und lehnt einen erneuten Versuch absolut ab.

    Er ist soweit abgerutscht, dass er keine Termine mehr einhalten kann und seinen wirtschaftlichen Aktivitäten (Immobilieneigentümer- und Verwalter, Gastronom) seit 2 Jahren nicht mehr nachkommen kann. Die selbstauferlegten Entzüge schafft er leider auch nicht mehr. Weder psychisch (er sagte früher "irgandwann legt er einen Schalter um und dann will er nicht mehr") noch körperlich. Die letzten 4-5 Male ging es soweit, dass Ich den Rettungsdienst rief wegen schweren Verletzungen durch Stürzen etc. Die letzten 3x hätten Sie ihn wegen Eigengefärdung mitgenommen, ich konnte Ihn aber davon überzeugen, freiwillig auch für mich mitzugehen. Also 3x kurz vor knapp, hätte Ich ihn nicht gefunden.
    Der letzte 14 tägige Krankenhausaufenthalt ist ca 2 Wochen her. Eingeliefert kurz vor einem Krampfanfall und mit den späteren Diagnosen u.a. Fettleber, Speiseröhren- und Magenschleimhautentzündung, Polyneuropathie.

    Alles in Allem war Er immer ein absoluter Lebemann der sich und das Leben liebte, viel und gerne unterwegs war.
    Seit diesen 2 Jahren, insbesondere in den letzten Monaten aber erkenne Ich seinen Lebenswillen nicht mehr. Er hat des öfteren davon gesprochen, dass er keine Angst vor den Tod hat. Er hat mir vor 1. Woche gesagt, dass er im Krankenhaus darüber nachgedacht hat, vom Dach zu springen. Vor wenigen Tagen, der 1 oder 2. Tag seines Rückfalls, dass er einfach nur noch sterben möchte. Das war auch ungefähr der Zeitpunkt wo Ich begriff, was öffentliche Hilfsstellen und nahe Bekannte meinten mit "kümmern Sie sich um sich selbst. Suchen Sie sich selbst Hilfe".

    Ich habe viel mit der Kranken Person gesprochen, über das, was ich bereit bin zu tun und wozu nicht mehr, wegen mangelnder Kraft und Aushaltevermögen. Er weiss und versteht dies natürlich. Bittet mich lediglich, seinen Weg und seine Wünsche zu respektieren.
    Wir haben es vor einigen Tagen noch geschafft, wichtige Vorsorgedokumente wie Patientenverfügung, Vorsorgevollmachten etc. zu fertigen.
    Nun ist er wieder rückfällig geworden wofür er mir die Schuld gibt weil wir uns gestritten haben. Ich versuche natürlich mir davon nichts anzunehmen, schwierig ist es trotzedm. Vor allem weil er seit seinem Rückfall täglich anruft um mir irgendwie wie im Wahn zu befehlen, ihm Stoff zu besorgen. Wenn ich das nicht tue, bin ich für ihn gestorben und wilde Beschimpfungen folgen. Ich versuche einen Kühlen Kopf zu behalten und wiederhole mich stets Hilfe zu leisten wenn er entzügig werden will, sonst aber nichts mehr tun kann.

    Vor 2 Jahren wusste Ich intuitiv, dass 'das Ende naht'. Er hatte es zuvor auch recht eilig, sein Testament zu fertigen. Ich kann es in Worten kaum beschreiben. Was nun seither alles passierte, ist schlimmer als ich es mir zu denken gewagt hätte. Wegen all den schrecklichen Bildern und der intensive Zeit der Betreuung war ich selbst 6 Monate in Psychologischer Behandlung um mir Unterstützung bei der Verarbeitung zu suchen. Irgendwie ahne Ich (oder ist es vielleicht doch nur die Angst?) , dass das 'Baby jetzt vor die Wand fährt'.
    ich mache mir nur leider so häufig selbst ein schlechtes Gewissen, weil ich denke, Ich lasse einen wichtigen Menschen im Stich. Ich habe auch Angst davor, dass ich mir evtl. Vorwürfe mache, wenn er ableben könnte und ich habe ihm nicht rechtzeitig helfen konnte wie bei den letzten Malen als ich den Notruf rief.
    Manchmal denke Ich, er will es so. Das hat er auch heute am Telefon gesagt. Ich brauche also kein schlechtes Gewissen haben. Aber diese Gedanken kommen so oft.
    Dann widerrum denke ich, SO kann er es doch nicht wollen. Keiner kann soetwas wollen. Ich muss also doch irgendwie etwas machen. Aber was?

    Vielleicht kann ja jemand Erfahrenes etwas kommentieren und mir evtl Denkanstöße geben. DAfür wäre ich überaus dankbar!