Beiträge von - FORTUNE -

    Ja, die Gefahr ist sehr groß, dass man abhängig wird, wenn über einen gewissen Zeitraum stark konsumiert. Aber ich könnte in dem Zuge die Frage stellen, warum habe ich denn von Anfang an mehr konsumiert als der Durchschnitt? Wer hat mich dazu gedrängt, hätte ich mich nur besser unter Kontrolle haben sollen? Wäre ich dann nicht süchtig geworden? (nicht falsch verstehen, ich will mit dieser Frage nicht meine Eigenverantwortung abgeben)

    Prof. Dr. Lindenmeyer von den Saulus Kliniken berichtet in dem Video ab 8' 40'' aus seiner fachlichen Sicht über Ursachen der Sucht. Merkmale wie "Persönlichkeit/Charakter" oder "Vererbung" oder selbst "schwere Schicksalsschläge / schlimme Kindheit" lassen sich nicht mit ausreichender statistischer Belastbarkeit als Ursachen für eine spätere Sucht identifizieren, obwohl ja viele meinen, dass das doch so sein müsse. Der Professor hat schließlich resümiert "Da muss viel zusammen kommen". Er skizziert im Anschluss ein ganz gutes Beispiel, das die Entstehung einer Sucht visualisieren soll.

    https://www.salus-kliniken.de/lieber-schlau-…-kanonenkugeln/

    Lieber rent, ich möchte auch gar nicht in Frage stellen, dass in Deinem Fall bestimmte Ursachen identifizierbar sind und Du folglich daran "arbeitest", diese Ursachen zu beseitigen, also das Loch oder die Leere zu füllen, wie Du selbst sagtest. Ich habe in den letzten Wochen auch noch mal einen Blick auf meine Vergangenheit geworfen, in erster Linie mit dem Ziel, meine Biographie für mich selbst mit einer wohlwollenden Feder zu schreiben, dankbar für Erfahrungen zu sein, die manchmal auch schmerzhaft waren und "Fehler" von mir und anderen, sofern man es denn überhaupt so nennen möchte, in einem milderen Licht zu sehen. Etwas Güte walten zu lassen. Und die Vergangenheit jetzt das sein zu lassen, was sie ist: vergangen.

    By the way: Deine Zeilen zu Hermann Hesses "Siddhartha" und "Steppenwolf" fand ich interessant.

    Ich glaube er hatte erst Siddhartha geschrieben, was ja für ihn ja irgendeine erlebte Erlösung bedeutet haben muss und später den Steppenwolf, was aus meiner Sicht auch seine Verzweiflung, sein nicht "Angekommen sein" ausdrückt.

    Trotz aller Suche ist Hesse offenbar nicht angekommen. Ich finde übrigens, dass man manche Dinge viel eher findet, wenn nicht zu sehr danach sucht. Manche Dinge sind eben mitunter einfach ein "Nebenprodukt" von etwas anderem. Direkt herbeiführen kann man Schlaf, Selbstbewusstsein & Glück nicht. Im Gegenteil: Jeder bewusste Versuch des Herbeiführens ist der garantierte Weg zum Scheitern. Man kann aber jeden Tag die "Saat" für die Nebenprodukte aussäen - und später ernten.

    Ich spreche hier über meine persönlichen Erfahrungen und über mein persönliches Mindset, das in den letzten Monaten nochmals ein "Update" erfahren hat. Und da jeder seine eigene Geschichte hat und da jeder aus dieser Geschichte auch jeweils andere Konsequenzen für sich zieht, können meine Zeilen bestenfalls etwas Reibungsfläche fürs eigene Weltbild bieten.

    Du schreibst, dass bei dir dieser beängstigende Verdacht im Raum stand, der dich nach einer Weile dazu veranlasste, deinen Konsum einzuschränken.
    Bedeutet dass, du hast zunächst genauso, oder vielleicht aus so einem „jetzt ist eh egal“ Gefühl noch mehr getrunken?

    Ich habe zunächst genau so weiter getrunken. Insbesondere das Rauchen ging mir schon seit Jahren selbst auf den Keks, aber ich habe immer auf den richtigen Moment zum Aufhören gewartet. Das Problem an dieser "Taktik" ist, dass der richtige Moment nie kommt. Diese Verdrängungsstrategie beinhaltet ja implizit die Annahme, dass man zuerst seine Probleme lösen müsse und dann könne man problemlos die Zigaretten und den Alkohol weglassen. Es ist aber genau umgekehrt: Wenn man mit Trinken und Rauchen aufhört, verschwinden nicht alle, aber bereits die meisten Deiner Probleme.

    Nach sechs Wochen ohne trinken war ich zwar froh über meinen klaren Kopf und dass ich wieder mehr aus meinem Potenzial schöpfen konnte, aber jetzt frage ich mich rückblickend und wütend, warum mich das nicht in meiner Abstinenz bestärkt hat, sondern sich gleichzeitig wieder die Sehnsucht nach dem Rauschgefühl in mir ausgebreitet hat).

    Na ja, immerhin hast Du schon mal ein paar positive Begleitumstände des Nicht-Trinkens kennen gelernt, die sich doch ganz gut anfühlen. Grundsätzlich ist es erstmal normal, dass Dir Dein Kopf gewisse Geschichten erzählt oder Dir gar gewisse Sehnsüchte schmackhaft macht. Man sollte aber nicht den Fehler machen und alles glauben, was Dein Kopf Dir so alles erzählt und gar vorschwärmt. Da stecken mitunter einfach Bilder der Vergangenheit hinter, die für Dein aktuelles Leben keine Relevanz mehr haben, ja sogar massiv schädlich sein können. Hör Dir die Geschichten mit einer gewissen Distanz ruhig an. Dort gilt zumeist: Je mehr Du dagegen ankämpfst, desto blöder wird's. Irgendwann kannst Du über Dein inneres Plappermaul sogar lachen. Mir haben in solchen Situationen, also wenn mich mein inneres Plappermaul mal wieder zulaberte, zwei Dinge konkret geholfen: (1) Visualisiere Dir das Tagesergebnis des von Deinem Plappermaul geäußerten Konsumwunsches: Das erste Bier, die erste Zigarette mag durchaus ihren Reiz haben, nach der x. Zigarette/nach dem x. Bier ist nix mehr mit Wohlbefinden - Stell' Dir also genau diesen Moment nach x Bieren vor, wenn der Wunsch nach dem ersten Bier aufkommt. (2) Vertraue darauf, dass das aufkommende Gefühl des Suchtdrucks ansteigt, ansteigt - und dann wieder kleiner wird bis es verschwindet. Einfach mal beobachten. Das ist immer so. Wenn Du das ein paar mal beobachtest, verstärkt sich Dein Vertrauen in Deine Selbstwirksamkeit. Klingt komisch, aber es gilt: Glaub auch nicht jedem Deiner Gefühle in Dir, schon gar nicht denen, die durch ein krankes Suchtgedächsnis befeuert werden und Dich immer mal wieder volllabern.

    Du schreibst von einer glücklichen, erfüllten Kindheit. Da habe ich aufgemerkt. Darf ich fragen, wie du- trotz diesem Fundament- in die Sucht geraten bist?
    (Bisher habe ich immer angenommen, dass Sucht von Suche kommt und auf einem Mangel basiert, der in der Kindheit entsteht. Vereinfacht ausgedrückt. Deswegen würde mich deine Antwort sehr interessieren!)

    Das Wort Sucht hat etymologisch mit dem Wort suchen nichts zu tun, sondern kommt von siechen, also an einer Krankheit leiden. Ich finde Menschen im allgemeinen und auch die Wissenschaft, die sich mit dem Verhalten von Menschen - also die Psychologie - beschäftigt, durchaus spannend. Ich bin allerdings vorsichtig bezüglich einfacher Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge bei komplexen Themen geworden. Meist sind das eher Glaubenssätze, die vielfach kein guter Ratgeber für die eigene individuelle Situation sind.

    Abhängig wird man, wenn man über einen gewissen Zeitraum zu hohe Mengen konsumiert. Punkt. Das ist zunächst mal der ganze Zauber. Bei manchen Drogen reicht einmaliger Konsum - und man ist abhängig. Die Kindheit ist dabei völlig nebensächlich.

    Mitunter ist sogar der (irrige) Glaube an einem etwaigen Mangel in einem der eigentliche Grund, das ich dann auch tatsächlich einen Mangel verspüre und irgendwann auch mangelhaft bin. Gerade beim Drogenkonsum herrscht doch bei den Konsumenten fast immer VOR der Abhängigkeit der Irrglaube vor, dass ich irgendwie nicht vollständig sei, dass es mir an irgendetwas mangele. Wenn man nicht gerade psychisch krank ist, sind wir aber bereits von Natur aus vollständig. Im Jahre einer langen Evolution wurden wir so geschaffen, wie wir sind: Kleine Wunderwerke, die aus einer Zellteilung entstanden sind.

    Bei mir spielt eine gewisse Rolle, dass ich ein ADHSler bin - mit allen Vorzügen und Nachteilen. Für diese Menschen haben Drogen wie Alkohol eine gewisse dämpfende Wirkung. An sich war Alkohol lange einfach ein guter Freund, der jedoch bei ehrliche Betrachtung bereits vor Jahren an Reiz verlor. Ich war eh nie eine starker Trinker, aber der Rauschzustand, den ich mal genossen hatte, ließ sich einfach mehr in dem Maße herstellen, wie ich es aus der Erinnerung kannte. Der Zauber war bei mir schon vor einigen Jahren in zunehmenden Maß verflogen; ich hatte es nur nicht sehen wollen, da die Bilder der Vergangenheit, die mal richtig waren, längst zu einem überkommenden Relikt geworden sind. Vielleicht war es auch nie so schön, wie ich mal dachte? Wer weiß.

    Und während ich das schreibe, flüstert irgendwas in mir „naja, aber manche betrunkene Abende, an denen keine Angst war und du deswegen dein Herz öffnen konntest, oder all der Schmerz aus dir fließen konnte, vor dem du dich sonst zu sehr gefürchtet hast, wo du Menschen ohne Scham nah sein konntest- das war schon auch erfüllend“ 😡 das macht mich echt wütend. In Anbetracht des hohen Preises ist das einfach verdreht, aber die Stimme ist manchmal da.

    An anderer Stelle hatte ich schon geschrieben, dass ich keinen Kampf gegen mich selber führen würde. Lass' die Gedanken ruhig zu, betrachte sie aber mit etwas Distanz, werte sie nicht. Lass sie einfach fließen. Denke aber bitte auch an was Schönes und nicht zu viel nach, beschäftigte dich, bringe ggf. etwas Struktur in Dein Leben (regelmäßiges zu Bett gehen und Aufstehen, regelmäßiges Spazieren gehen in der Natur), zeig' das Schöne und das Wertvolle in Dir Deiner Umgebung und Dir selbst und umgib Dich mit netten Menschen. Eigentlich war's das schon. Ich glaube es gibt da kein Geheimrezept, das Du noch nicht gefunden hast (sagt Dir ein 58jähriger, der danach lange Zeit suchte). By the way: Du kannst genau jetzt starten;-) Viel Erfolg!

    Bei mir ist es der Drang nach Gesundheit und Sport. Aus vielerlei Gründen. Und so ist seit März aus dem 100% "no Sports" alkoholrote Augen Guy mit fetter Bierplauze ein mittlerweile, für die kurze Zeit, ein ziemlich fitter, gutaussehender Typ geworden. Und der Typ sieht defintiv nicht aus wie 45 sondern einige Jahre jünger.
    Und daran halte ich mich fest. Es war nicht immer einfach, es gab immer Hürden und Umwege aber ich hab mich da reingebissen, Ziele definiert. Auch Ziele aufgeben müssen oder verlegt. Aber das gehört zum Prozess dazu. Aber was ich dafür erlebt habe waren wunderschöne Momente und das spüren. Das Spüren von sich selber und den Momenten.

    Das klingt richtig gut, lieber Honk. Du bist ein tolles Beispiel, wie ein 45jähriger mit Bierplauze seine Segel wieder in den Wind gestellt hat und nunmehr bereits den Rückenwind in Form von "wunderschönen Momente" genießen darf. Es klappt übrigens sogar mit 56. Das war mein Alter, wo mir dämmerte, dass mein Schiff sich vom für mich richtigen Kurs entfernt hatte - und zwar schon Jahr vorher. Das soll aber nicht heißen, dass meine Segeltörns der Vergangenheit einer Odyssee glichen. Es gab damals gleich mehrfach Phasen mit schönem Wetter und schönen Frauen in den Häfen, was ich auch nicht missen möchte. Ein bisschen Nostalgie finde ich im Übrigen ganz angenehm, aber manche Bilder der Vergangenheit sind im Hier und Jetzt einfach nicht mehr die richtigen Ratgeber. Dessen sollte man sich bewusst sein.

    Ich kann auch absolut anerkennen, dass ich rational verstehe, dass ich allen Grund habe, konsequent nüchtern zu leben.
    (...)

    Aber ich bin wirklich bereit dran zu bleiben, mich weiter zu befassen, Erkenntnisse in mich hinein fließen zu lassen, mich zu hinterfragen!

    Dass mit dem "rational verstehe(n)" und "Erkenntnisse (...) hinein fließen zu lassen" ist die eine Sache; bei mir musste es irgendwie "klick" machen, also der Schritt, dass die Erkenntnis in das Innerste von mir vordringt und dort Gehör findet.

    Ein Punkt der mich zum Nachdenken brachte, war ein gleich zweimaliger Krebsverdacht in 2021. Das hat schon was mit mir gemacht. Ich stellte mir die Frage, ob ich in der gleichen Situation wäre, wenn ich in meinem Leben weniger geraucht und getrunken hätte. Schließlich lösten sich meine Sorgen - Gott sei Dank! - zweimal in Luft auf. Was blieb war die "Erkenntnis", dass ich nur dieses eine Leben habe und ich daran hänge.

    Die Erkenntnis hat - nach einigen Monaten - immerhin dazu geführt, dass ich meinen Alkohol- und Nikotinkonsum spürbar einschränkte. Das hat zwar geklappt, war aber unbefriedigend: So richtig besser hat sich mein Körper nicht angefühlt, während der Verzicht stets spürbar war. Ich hab' dann eine interne Challange mit mir vereinbart: 1 Jahr Alkohol- und Nikotinabstinenz.

    Was dann kam war weniger Erkenntnis, sondern das Erlebnis, das praktische Erspüren von tiefem Schlaf (nach circa 6 Wochen) und vor allem von spontanen Glücksgefühlen (nochmal 2 Wochen später) bei so ganz einfachen und unaufgeregten Dingen, wie etwa einer spontanen Wanderung in der Natur, beim Lächeln eines Menschen, beim Hören der Klänge eines klassischen Konzertes und dem Blick auf die Gesichter der Musiker, die gerade im Flow waren. Ich hatte wieder Zugang zu dem Schönen, aber auch gleichermaßen zu Gefühlen auf der anderen Seite der Medaille, wie z.B. Traurigkeit. Es hat mich irgendwie an meine (schöne) Kindheit erinnert, was mir aber erst Monate später bewusst wurde.

    Vor ein paar Wochen las ich von einem Gedankenexperiment, das Du selbst in einem ruhigen Moment machen kannst: Stell' Dir vor Du bist ganz kurz vor dem Ende Deines Lebens und fragst Dich dann: Wie war's denn so? Dieses Leben von Dir? Der Gedanke an ein ungelebtes Leben würde mir den Abschied sehr schwer machen, würde mich wohl gar mit Scham erfüllen, aber dann wäre zu spät. Da hat es bei mir "klick" gemacht: Seitdem betrachte ich es geradezu als Verpflichtung, mein Leben zu leben, ein möglichst erfülltes Leben zu führen, Dinge nicht als selbstverständlich anzusehen, Dankbarkeit zu spüren und auch mal Danke zu sagen. Klingt vielleicht in Deinen Ohren alles etwas pathetisch, aber so in der Art ticke ich seit einigen Monaten. Was mir noch auffiel: Wenn man weniger beurteilt, wird das Leben freundlicher.

    Es gibt natürlich richtig doofe Tage in meinem Leben. Erst vor zwei Tagen habe ich mich mit meiner Mutter heftig gestritten. Das tat schon richtig weh, für beide Seiten. Dann hatte ich gleich einen Tag später mein Handy verlegt, wusste erst überhaupt nicht, wo das sein könnte und musste nach einem aufwühlenden Tag schließlich durch die halbe Stadt fahren, um das Ding wieder einzusammeln. Anders als früher bringen mich solche Tage aber nicht mehr wirklich aus dem Rhythmus. Ein bisschen schon, es nervt, aber ich gerate in meinem nüchternen Leben nicht mehr so aus dem Gleichgewicht. Es ist wie Wellen im Meer: Gefühle kommen und gehen. Darauf ist Verlass. Und Glück ist ein Kontrasterlebnis. Auch darauf ist Verlass. So gesehen trägt jeder doofe Tag bereits den Keim für einen schöneren in sich.

    Entscheidend in diesem Kontext ist doch die Frage: Bringt mich der Konsum von Alkohol und Nikotin einem erfüllten Leben näher? Ist es der Alkohol, der mir hilft, die obige Frage "Wie war's denn so?" später mit voller Überzeugung positiv zu beantworten? Ich bin bei meinen Antworten mittlerweile sehr klar.

    Jeder möge diese Fragen ganz nach seiner Fasson beantworten. Manche Menschen trinken ja auch nur moderat. Manche Menschen haben in der Tat ein so misslungenes Leben gelebt, so viel Schmerz erlebt, dass vielleicht sogar ein Weitertrinken die rationale Wahl ist. Ich kenne Dich nicht, liebe Miraflorentine, aber bei Dir scheint auch vieles zu sein, worauf Du Stolz sein darfst. Dein Buch, Dein ...

    Schreib' doch einfach mal auf, was Du an Deinem Leben bisher schön fandest, was Dich glücklich gemacht hat. Und vor allem: Was Du noch machen möchtest? Kannst ja schon morgen mit etwas Klitzekleinem anfangen, wenn Du magst.

    - Fortune -

    Na ja, Narziss hat das Leben im Leben im Griff, handelt geistreich, klug und souverän, aber sein Leben plätschert mitunter ein wenig vor sich hin. Goldmund hingegen führt ein abwechslungsreicheres und intensiveres Leben. Immer wieder ein Abenteuer. Man weiß nie, wie es ausgeht; er selbst noch weniger. Hesse versucht ja erst gar nicht, seine Sympathie gegenüber Goldmund zu verstecken, schreibt aber auch, dass Goldmund mit den Freuden der Sinne spielt und dieses mit Leiden bezahlt. Keine Ahnung, ob nun Narziss eine "Normalo" und Goldmund ein "Nicht-Normalo" ist. Ich bin dann wohl eher ein Normalo, wenngleich ein etwas mutigeres Exemplar als der Durchschnitt.

    "Schiffe im Hafen sind sicher, aber dafür sind sie nicht gebaut" sage ich mir in manchen Situationen; manchmal ist es aber auch im Hafen ganz nett. Alles zu seiner Zeit.

    Ich bin auch eher introvertiert, obwohl diverse Persönlichkeitstests übereinstimmend das Gegenteil gesagt haben. Ich bin halt so, wie ich bin, erweitere aber gelegentlich meinen Horizont.


    Aber meine Leseempfehlung ist in der Tat ERFÜLLTES LEBEN von Friedemann Schulz von Thun. Er schreibt über Sehnsüchte, Träume und Wünsche. Sagt, dass Du Deines Glückes Schmied bist, sagt aber auch, dass Du das heiße Eisen auf dem Amboss Deines Schicksals bist. (Letzteres kann durchaus ein entlastender Gedanke sein.) Er berichtet über Menschen, die nach schwerer Krankheit ihr Leben als solches ganz neu und intensiver ("Zauber des Augenblicks") erleben. Er findet dieses unglaubliche Ereignis, dass sich zwei Zellen unserer Eltern zu einem einzigartigem Lebewesen entwickeln, wie Du und ich es nun mal sind, keinesfalls selbstverständlich und durchaus mal einen Gedanken wert. Vielleicht ist es auch an der Zeit, mal "Danke" zu sagen, dass uns dieses eine Leben geschenkt wurde. Und er stellt sich sich (und uns) die Frage, wenn er (wir) kurz vor Ende seines (unseres) Lebens gefragt würde(n): "Und? Wie war's?"

    Ergo: Ein Leben ohne Lesen des obigen Buches kann kein erfülltes Leben sein. Kleiner Scherz, aber, wie immer, mit einem Fünkchen an Wahrheit (zumindest aus meiner Sicht).

    Methode des „Wertequadrats“

    Friedemann von Thun ist einer meiner Helden der gleichermaßen intelligenten und verständlichen Worte.

    Sein Buch "ERFÜLLTES LEBEN" passt m.E. auch zu den Gedanken dieses Fadens.

    Von Thun beschreibt in seinem Buch fünf Wege zu einem erfüllten Leben:

    - Wunscherfüllung - Die eigenen Träume und Visionen verwirklichen.

    - Sinnerfüllung - Einen Beitrag zum Gelingen der Gesellschaft leisten.

    - Biografischer Erfüllung - Die Reise unseres Lebens im positiven Licht sehen.

    - Daseinserfüllung - Die Bedürfnisse des eigenen Ichs spüren und verstehen.

    - Selbsterfüllung - Das verwirklichen, was uns im Innersten ausmacht.

    Für mich gab's beim Lesen gleich mehrfach Momente mit kleinen Erleuchtungen. Insbesondere bei seinen Worten über "Die Reise unseres Lebens im positiven Licht sehen" hat's bei mir "Woom" gemacht.

    Wenn man über Normalos und Nicht-Normalos oder einfach über unterschiedliche Lebensentwürfe nachdenkt, finde ich auch Hermann Hesses "NARZISS UND GOLDMUND" inspirierend.

    Genießt das schöne Wetter!

    -Fortune-

    Hallo Honk,

    es freut mich, dass es Dir gut geht. Really. Und auch, wenn Dein Beitrag, auf den ich hier Bezug nehme, satirisch gemeint gewesen ist, erlaube ich mir ein paar Anmerkungen:

    Altobelli, auf der Arbeit war doch was: Maximale Aufmüpfigkeit. Da waren mal wieder so ein paar Vorfälle, die aber meine momentane, vorherrschende Tiefenentspannheit in keiner Weise tangiert haben. Sonst hätte mich der Scheiss auf den letzten Winkel einer imaginären Palme gebracht, mich tierisch aufgeregt, meinen Blutdruck hochgekocht....und ich hab einfach Nein gesagt.

    Meiner Chefin ist fast das Müsli aus dem Gesicht gefallen als ich einfach "Nein", sagte und meinen Rückzug aus einem doch so wichtigen Gremium mitteilte. So ein schönes Gremium nach Feierabend, wo man sich eh fragt, was macht man da und wo man eh von anderen Leuten - die man nicht mag - immer übersteuert wird und die, apropos Steuer, die Steuergelder zum Fenster rauswerfen und man eh nix dagegen tun kann.


    Chefin war sauer, ich war stolz, können kann sie mir nämlich nichts. Jetzt werden hier andere Seiten vom Honk aufgezogen. Da mir der Laden mittlerweile egal ist, ich gleichzeitig quasi den Status der Unkündbarkeit habe, kann man den Leuten auch mal auf der Nase rumtanzen, nach 15 Jahren.

    Ich finde es richtig, sogar notwendig, wenn man auf der Arbeit (aber auch sonst im Leben) nicht alles mit sich mit sich machen lässt. Dazu gehört auch "Nein" sagen, wenn Dinge zu viel werden, oder wenn Dinge gemacht werden sollen, die den eigenen Prinzipien zuwider laufen. Man kann auch Stolz sein, wenn sich traut, Dinge anzusprechen, die für einen, die für Dich, wichtig sind. D'accord.

    Deine Zeilen klingen - zumindest in meinen Ohren - ein wenig nach Retourkutsche oder vielleicht nach etwas über Jahre emotional Aufgestautem, was jetzt mal Rausgelassen wird. Ich frage mich vor allem, was es Dir persönlich bringt, wenn Du "den Leuten jetzt mal auf der Nase rumtanzen kannst" - außer vielleicht eine kurze Genugtuung. Wenn in der Vergangenheit vielleicht zuviel auf Deiner Nase rumgetanzt wurde, dann finde ich es - wie oben geschrieben - absolut richtig, hier einen neuen Weg zu beschreiten. Es obliegt natürlich Dir, einen Weg zu finden, der langfristig ein guter Weg für Dich ist.

    Eine Sache würde in jedem Fall mal überdenken (Hinweis: Da bin ich vom Fach, wie man so schön sagt): Die Feststellung, dass man nach x Jahren unkündbar sei, ist letztlich eher eine Illusion. Es gibt zwar zunächst mal ein gewisses Maß an Sicherheit, aber, wenn man sich mit dem Thema auskennt, kann man als Arbeitgeber die schutzrechtlichen Klippen zumeist "umschiffen". Ich nenne hier nur mal als Stichwort: Umstrukturierung.

    Hallo zusammen,

    eine Zeit lang war ich nicht hier: Das hat durchaus seine Gründe, die nichts mit diesem Forum zu tun haben. Letzteres auch zur Klarstellung, da hier irgendwo (fälschlicherweise) behauptet wurde, dass es mir hier nicht gefallen würde. Im Gegenteil: Die Beiträge von AmSee und Susanne waren für mich sehr inspirierend. Das hatte ich aber auch schon gesagt und daran hat sich nicht geändert.

    Die letzten Jahre habe ich einiges getan, um mein Leben erfüllter zu gestalten. Dem Ganzen eine Richtung zu geben, die mir entspricht. Mitunter war das mit Arbeit, Loslassen und Verzicht verbunden. Es ging auch um Freiheit - also dem Gegenteil von Ohnmacht. Abhängigkeit ist ja letztlich ein Synonym für Ohnmacht. Wie ging mir das auf den Keks, als ich noch zig mal am Tag zur Zigarette greifen musste. Ich agierte eben überhaupt nicht auf Augenhöhe mit meinen "Freunden" Nikotin und Alkohol. Diese Stoffe hatten viel zu viel Macht über mein Denken, über mein Handeln, eben über mich. Stoffliche Abhängigkeiten waren allerdings nur ein einschränkender Aspekt in meinem Leben: Es ging dabei auch um Menschen, mit denen ich mich umgab. Vielleicht noch mehr um die "Spielregeln" des Miteinanders; um meinen Selbst-Wert. Und es ging um Situationen, die (scheinbar) unabänderbar waren. Es ging letztlich um Formen der Ohnmacht auf den unterschiedlichsten Ebenen, die mich, die mein Leben einschränkten. Mitunter war ich mir dessen noch nicht mal wirklich bewusst. Vielleicht ist der Begriff Ohnmacht bei einigen Dinge auch etwas zu stark gewählt; nennen wir es Situationen, die ich nicht als ausgeglichen ansah, wo die Wage eben nicht Wage-recht stand.

    Es gibt zwei Situationen in meinem Leben, die ich als sehr demütigend empfand und immer noch empfinde, wenn ich drüber nachdenke. Letzte Woche habe ich eine ganz andere "Situation", die sich für mich seit Jahren in zunehmenden Maße als unausbalanciert darstellte (hier möchte ich nicht konkreter werden), unter der ich immer wieder gelitten habe, gelöst. Im positiven Sinne für mich. "Freiheit beginnt dort, wo die Angst endet" heißt es. Zu meinem Erfolg gehörte Mut, ein klarer Kopf mit die (fast) unumstößlichen inneren Überzeugung, dass mein Weg der richtige ist. Und ein sehr langer Atem. Und: Ich habe über meine Gefühle gesprochen, über das, was das mit mir macht [Über Gefühle sprechen: Das hätte ich in meinem "alten" Leben in solchen Situationen nicht getan]. Ich gebe zu, dass ich den letzten Monaten gelegentlich am Zweifeln war. Ich freute mich zwar über mein "neues" Leben und dachte, dass sich damit einiges (natürlich nicht alles) lösen lässt, was in meinem "alten" Leben noch als unlösbar erschien. Aber bei dem Thema, von dem ich hier gerade berichte, bedurfte es wirklich vieler Anläufe, die eben bis zur letzten Woche ins Leere liefen. Jetzt hat's geklappt :)

    Sorry, AmSee, ich hatte Dein Angebot, mich in den Kreis der "Stammbelegschaft" aufzunehmen, übersehen bzw. war mitunter gar nicht da. Wenn Ihr (in unregelmäßigen Abständen) weiterhin von mir was hören mögt, würde ich mich über eine Freischaltung freuen.

    Bei mir ist das Leben bereits ein paar Monate nach meiner Entscheidung zum Verzicht auf Nikotin und Alkohol in Tat - spür- und erlebbar - besser geworden, was mich ja selbst am meisten überrascht hat. Diese 1jährige Abstinenz war für mich eigentlich eher so eine Art interne Challenge - zugegebernmaßen etwas angeschoben durch Schiss vor späterer Krankheit. Unter uns: Ich bin kein Alkoholiker, wäre aber vermutlich in wenigen Jahren einer geworden. Der Konsum ging aufwärts; ich wollte das Tal der Tränen gar nicht weiter "erforschen". Und ich hatte viel Glück: Durch meinen Wohnungswechsel und ein paar anderer guter Rahmenbedingungen konnte ich mir ständig vor Augen führen: Jetzt oder nie.

    Das auffälligste nach ein paar Monaten Abstinenz sind diese Momente des plötzlichen Glücks, diese Freude über ein Lächeln meines Gegenübers, ein leichtes Beschwingt-Sein beim flüchtigen Blick in das bunte Treiben der Stadt, Sonne auf meiner Haut ... die Deformation meines Belohnungszentrums wurde rückgängig gemacht. Seitdem bin ich auch viel näher am Wasser gebaut. Nicht in der Öffentlichkeit, aber in Momenten, wo ich bei mir bin.

    Natürlich geht's mir gelegentlich auch richtig schlecht. Mitunter ist diese Welt einfach doof. In solchen Momenten hilft es mir - wie anscheinend auch Dir - am allerwenigsten, wenn ich dann noch zwanghaft glücklich sein soll. Jeder hat ein Recht auf Unzufriedenheit und schlechte Laune. Beides lasse ich mir nicht nehmen - schon gar nicht von solch bestenfalls mittelschlauen Chaka-Schönschreiberlingen. Ich finde, dass man die gesamte Bandbreite von beschi..en bis ganz toll mitnehmen sollte. Dieses klitzekleines Maß an Weisheit habe ich durchaus: Wenn man den unteren Bereich ausgekostet hat, geht's irgendwann wieder bergauf. Glück ist halt ein Kontrasterlebnis: Ohne Tal kein Berg.

    In meinem Eingangsstatement hatte ich mal was von Säen und Ernten geschrieben. Irgendwie haftet für mich dem Drogen-getriggerte Glücksgefühl etwas Künstliches an: Da wird im Gehirn ein Dopamin-Cocktail angerührt, der letztlich keinen realen Hintergrund hat. Man lebt eben für für Minuten bis Stunden in der Alkohol-Matrix. Echtes Glück aufgrund des Erntens der eigenen Saat gibt's eben nicht umsonst, sondern nur dann, wenn man sein Leben auch lebt.

    Ich hab den nüchternen Lifestyle, wenn Du das so willst.

    Damit kann ich was anfangen: Das Wording gefällt mir.

    By the way: Ich empfinde ja den Spruch "Leben als Urlaub vom Tod" als ein durchaus inspirierendes Mindset: Das ermuntert mich gelegentlich, diese wenigen tausend Tage meines Daseins im großen und ganzen zu genießen.



    Hoffe, mich verständlich ausgedrückt zu haben.

    Ja, hast Du.

    Hallo zusammen,

    ich werde mich jetzt erstmal für ein paar Wochen aus dem Forum zurückziehen.

    Womöglich hinterlasse ich hier aber nochmal meine Spuren.

    Es war mir wirklich eine Freude, einige von Euch hier kennen lernen zu dürfen.

    Nicht falsch verstehen: Hier ist alles in meinem Sinne verlaufen;

    ich hoffe auch in Eurem.

    Herzliche Grüße

    - Fortune -

    Das mit Sex, Liebe und Urlaub habe ich deswegen gebracht, weil man vieles FÜHLEN muss. FÜHLEN lässt sich vieles aber nur im Gegensatz, wenns mal schlechter ging z.B.. Dadurch werden Dinge wertvoll. Vom Wissen allein fühle ich das nicht. Es ist ein GEFÜHL, dass ich keinen Suchtdruck habe, da ist analytisch wohl nur sehr schwer dranzukommen. Und wozu auch, funktioniert ja. [Hervorhebungen durch - Fortune -]

    Das mit dem FÜHLEN finde ich nochmal einen wichtigen Punkt. Deswegen ist es ja auch so ein schönes GEFÜHL, wenn man nach Monaten der Abstinenz die Natur mal wieder richtig spürt (Barfuß auf einer feuchten Wiese) und riecht (morgens nach einem Regenschauer im Wald bei durchbrechender Sonne). Oder den Körper beim Tanzen wieder mehr SPÜRT als nach 3 Bier. Oder das GEFÜHL beim Hören eines klassischen Konzertes in der 1. Reihe, wo der Flow der Musiker einem nicht kalt lässt ...

    BJetzt?..war ich zwei Stunden Radfahren, esse jetzt und lege mich zum lesen auf die Terrasse. Und habe für nächste Woche 5 Tage in der Schweiz gebucht.

    Auch 22 Jahre trocken..ich hatte schon sehr viel Zeit, mr nüchtern zu überlegen, was ich vom Leben will. Einiges davon habe ich verwirklicht. Da muss nicht mehr sehr viel dran geändert werden. Ich bin glücklich verheiratet, eingermassen gut situiert, muss nichts mehr arbeiten unds kann mir jeden Morgen überlegen, worauf ich heute Lust habe. Ein paar Einschränkungen habe ich, aber das wäre Jammern auf hohem Niveau.

    Das klingt nach einem freudvollem Leben.

    Genieß es!

    - Fortune -

    Interessant fand und finde ich persönlich, was in dem Vortrag zum Anhören, „Der Untergang der Titanic“, von Prof. Lindenmeyer von der Salus-Klinik in Lindow angeführt wird. Demnach beeinflussen offenbar klare gesellschaftliche Regeln für den Konsum von Alkohol, ob es in einem Land mehr oder weniger Alkoholiker gibt. Die, die anfällig wären, eine Alkoholsucht zu entwickeln, werden trotzdem nicht süchtig, weil die Regeln das gewissermaßen verhindern.

    Hallo AmSee,

    die Vorträge von Prof. Lindenmeyer finde auch ich inspirierend. Beim Beitrag "Untergang der Titanic" wird ja unter anderem darauf verwiesen, dass Iran, Irak und Saudi Arabien Abstinenz- oder Nichttrinkerkulturen seien. Ich habe damit gestern mal meine Friseurin, eine Iranerin, konfrontiert. Sie hat nur gelacht: Das findet einfach nur hinter verschlossenen Türen - und zwar ziemlich exzessiv. Ja, der Pro-Kopf-Verbrauch ist zwar relativ niedrig, aber nur, weil große Teile der Bevölkerung vom Konsum ausgeschlossen sind, weil sie sich die Besäufnisse "hinter den Türen" einfach nicht leisten können. In dem Land gilt für die Wohl- und Machthabenden tatsächlich im wahrsten Sinne: Wasser predigen, Wein saufen.

    https://www.nzz.ch/international/…eran-ld.1406516

    Das, was ICH mir vom Alkohol versprochen habe, kriege ich vergleichsweise sogar besser ohne hin, nachhaltiger und ohne unangenehme Nebenwirkungen.

    Das freut mich für Dich. Ein tolles Beispiel - auch für andere, die vielleicht noch Zweifeln sind oder mal ins Grübeln kommen sollten -, dass man als Alkoholikerin ein erfülltes Leben führen kann. Schön, dass Du und Dein Mann ein so gutes Team mit ähnlichem Mindset seid.

    Und im Wesentlichen halte ich mich lieber an das, was ist, als an das, was sein könnte

    Sehr weise. Really.

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    Da ein ödes und fades Leben nix ist, worauf freust Du Dich so richtig in den nächsten Monaten?

    Ich denke mir mal, dass ich erstmal vorrangig eine Millionären kennen lernen möchte. Wenn das nicht klappt, schreibe ich vielleicht mal ein Buch. Letzteres dann aber erst nächstes Jahr.

    ... na, maximale Gesundheit muss nicht sein, aber ein stabiles Maß an Gesundheit ist schon der Rahmen für alles.

    Vor zwei Jahren wurde ich gleich zweimal mit einem Krebsverdacht konfrontiert: Einmal davon aufgrund eines MRTs, also dem derzeit besten bildgebenden Verfahren.

    Und bis zur Darmspiegelung waren knapp drei Wochen Wartezeit angesagt; da stellt man sich interessante Fragen, z.B. Hätte ich die Situation gar nicht, wenn ich weniger/gar nicht geraucht und getrunken hätte?

    Es gibt aber auch sehr viele, die gerne trinken, aber das nicht ausufern lassen.

    Ist sicher eine nette Option, wenn sich das so ergibt.

    Vielleicht unterliegen nahezu alle Menschen auch nur der riesigen Illusion und reden sich wechselseitig ein, dass wir alle dem süßem Gesang der Sirenen folgen müssten?

    Vielleicht ist das Leben pur ja gar nicht so doof, wie's gemeinhin unterstellt wird?

    Uns hat's ja anscheinend durchaus positiv überrascht.

    Essen & Sex sind in Sachen Dopaminausschüttung chancenlos -

    zumindest dann, wenn man mit einem kurzen Leben zufrieden ist.

    Ich habe hier eine von mir eingefügte Grafik wieder entfernt (ggf. Verstoß ggü. Urheberrechten).

    Deshalb die Werte der Dopaminausschüttung [in % / Sex = 100%]

    Essen: 40%

    Alkohol: 200% (also doppelt so stark wie Sex)

    Nikotin: 210%

    Kokain: 400%

    ...

    365 Tage Abstinenz - meine Bilanz - die Sirenen - Qdysseus & Orpheus - ein Modell (auch) für Normalos?

    _________________

    Hallo zusammen,

    die letzten Tage habe ich mir in der Tat nochmal ziemlich intensiv Gedanken zum Thema "Alkohol gemach: voilá:
    (Spoiler: ich bin jetzt auch erstmal durch; für mich ist jetzt soweit gedanklich alles rund, zumindest rund genug):

    Was ich in den mittlerweile über 365 Tagen ohne Alkohol und Nikotin erleben & erspüren durfte, hätte ich nicht für möglich gehalten: Es kam besser als ich zu denken gewagt hätte. Vielleicht trifft's eine Aussage von Susanne aus Oktober 2020 ganz gut: "Und heute kann ich feiern und auch den Sonnenuntergang bei Saft genießen. Ohne drüber nachzudenken, ob ich ein Problem habe oder mir hinterher irgendwelche Selbstvorwürfe zu machen. Genuss ohne Reue. Ich bin heute gefühlsmäßig da, wo ich mit dem Trinken immer hin wollte."

    Dennoch gestaltet sich für mich eine finale Entscheidung für einen lebenslangen Verzicht auf Alkohol aktuell schwierig; deshalb habe ich ja meine Abstinenz auch "nur" um 365 Tage verlängert. Schwierig deshalb, weil ich damit eine Selbstverpflichtung für einen Verzicht ("Nicht-Dürfen") bis zum Lebensende eingehen würde. Ich weiß, es wird dann vielfach von "Nicht-mehr-Müssen" oder "Nicht-mehr-Brauchen" gesprochen. Die erstmalige bewusste Wahrnehmung, dass man als Alkoholiker Dinge nicht mehr tun muss, die man in den vergangenen Jahren quasi wie eine Marionette mit stetig ansteigender Frequenz tun musste, ist natürlich eine Erlösung. Zweifelsohne. Endlich wieder das Steuerrad in der Hand. Freiheit anstatt Sklave des Alkohols. Freiheit heißt aber auch, dass man Dinge nicht nur nicht tun muss, sondern auch tun darf. Deshalb müsste es ja richtigerweise heißen: "Nicht-mehr-Müssen + Dürfen". Das ist aber gerade keine Option, wie wir alle wissen.

    Kein Grund zur Kapitulation - ich brauche allerdings gelegentlich Bilder oder Geschichten, um eine Sache in meinen Kopf rund zu machen: Wir haben also die Sirenen, deren betörender Gesang die vorbeifahrenden Schiffer anlockt und sie, wenn sie der Verlockung erliegen, tötet. Jeder von uns kennt das klassische Beispiel für Selbstbeschränkung - nämlich in der Person von Odysseus: Er ordnete an, dass seine Mannschaft die Ohren mit geschmolzenen Wachs verschließt und ließ sich selbst an den Mast des Schiffes binden. So konnte er - durch Selbstbeschränkung - gefahrlos den Gesang der Sirenen hören und somit seiner Neugier nachkommen. Orpheus hatte hingegen eine andere Strategie gewählt: Er hat auf seinem Schiff so schöne Musik spielen lassen, dass selbst die Gesänge der Sirenen ihren Reiz verloren.

    Das mit Odysseus fiel mir gestern beim Umrunden "meines" See ein, aber es gibt auf dieser Welt schon (fast) alles. Hier: das "Orpheus-Programm" von Michael Musalek (Ärztlicher Direktor der größten Suchtklinik Europas), dessen Ziel "ein Hinführen zu einem freudvollem Leben" ist. Die beste Möglichkeit der tödlichen Verlockung der Sirenen / des Alkohols zu entgehen, ist, etwas noch Schöneres, Reizvolleres zu schaffen. Es wird versucht, das Leben mit viel Schönem anzureichnern, so dass der Alkohol im Idealfall zum "unerwünschten Störfaktor" wird. Praktisch wird das umgesetzt, indem man etwa lernt, "seinen Körper und seine Gefühle wieder wahrzunehmen und was Genießen tatsächlich bedeutet." Ergänzen würde ich, dass im ersten Schritt dieser Schleier über allem, der so viel Schönes in uns und um uns herum verdeckt oder zumindest abdimmt, allein dadurch wegfällt, dass wir nicht mehr trinken.

    Das verstehe sogar ich. (Ich weiß: Ihr seid letztlich inhaltlich ganz ähnlich unterwegs; das Problem und die Lösung sind hier hier einfach nur etwas anders verpackt worden.)

    Wenn Ihr Michael Musalek und sein Orpheus-Programm mal kennen lernen möchtet:

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    Jetzt kann ein Normalo natürlich einwenden, dass er sich doch auch ein Mindset für ein erfülltes und freudvolles Leben erarbeiten kann und vielleicht trotzdem noch nebenher eine moderate Menge Alkohol trinken kann und sogar darf. Das stimmt wohl, aber wir Nicht-Normalos, sind quasi im positiven Sinne gezwungen, es uns so richtig gut gehen zu lassen, weil anderenfalls die Gefahr besteht, dass wir untergehen. So kann ein dezenter Zwang also durchaus auch seine Vorzüge haben. Deshalb übrigens - tätääää - mein Angebot zu einem Gedankenexperiment: Mich hat interessiert, ob Ihr mit all Eurem angeeigneten Wissen über ein abstinentes und freudvolles Leben auch dann weiterhin auf Alkohol verzichten würdet, wenn Ihr dies - wie in meinem fiktiven Gedankenexperiment - gar nicht bräuchtet oder gar müsstet. Denn, wenn die Dinge, die hier mit viel Verve angeboten werden, wirklich funktionieren, dann müssten sie ja auch in der Welt der Normalos gelten, wo eine echte Wahl besteht: Trinke ich? Oder trinke ich nicht?

    Ich finde übrigens, dass die hier angebotenen Dinge wertvoll sind und gut funktionieren - zumindest dann, wenn man sich wirklich drauf einlässt, also selbst die Entscheidung für freudvolles und erfülltes Leben trifft und in aller Konsequenz danach lebt. Aber das sagte ich ja schon eingangs.

    - Fortune -

    Hallo AmSee,

    es mag ja sein, dass Du manchmal mit passenden Wortwahl ringst; als Leser wirkt das gleichermaßen empathisch, kompetent & eloquent. Mir ist die letzten Tage bewusst geworden, in welch hoher Liga Ihr hier spielt: Da fallen mir neben Dir - und vielen weiteren hier nicht genannten - zum Beispiel "Susanne68" und "Gerchla" ein.

    Warum habe ich in den letzten Tagen zu den Themen "Alkohol" & "Nikotin" überhaupt nochmal eine interne Bilanz gezogen?

    Nun, mein mir selbst geschenktes Präsent zum Geburtstag im Juni 2022 (365 Tage Alkohol- und Nikotinabstinenz) ist vor einigen Wochen ausgelaufen. Schon vor Monaten war für mich klar: In den Zustand wie 2021 und vorher möchte ich definitiv nicht wieder zurück. Die Vorteile sind einfach zu offensichtlich. In Sachen Nikotin erlangte ich in den letzten Tagen Klarheit: Das war's und bedarf keiner neuen Fristverlängerung. Zigaretten sind passé. Das Thema beschäftigt mich auch nicht mehr. Beim Alkohol fiel mir die Entscheidung in der Tat schwieriger, aber ich habe jetzt bis mindestens Juni 2024 verlängert. Also beste Voraussetzungen für ein zauberhaftes Leben in den nächsten Monaten;-)

    Machen wir mal ein Gedankenexperiment (nur wenn Du magst - dann aber bitte ehrlich): Stell' Dir vor, Du bist 35 JAHRE ALT mit ALL DEINEM WISSEN, was Du jetzt hast, gesegnet, aber OHNE NENNENSWERTEN ALKOHOLKONSUM und folglich OHNE SUCHTGEDÄCHTNIS: Würdest Du dann trinken? Wenn ja, dann würdest Du es vermutlich bewusster tun als Du es in Deinem "alten Leben" getan hast. Klar. Du bist ja Profi und weist besser als viele andere, was passieren würde, wenn Du dem Alkohol (wieder) zu viel Raum geben würdest. Oder würdest Du auch Deinem von Drogen verschonten Körper genauso behandeln, wie Du es aktuell tust - also nix trinken?

    Zu dem Gedankenexperiment sind bei Interesse auch andere Forenteilnehmer eingeladen.

    Herzliche Grüße

    - Fortune -

    WICHTIGER HINWEIS: IN MEINEM VORSTELLUNGSTEXT HABE ICH EINEN FAUXPAS ENTDECKT: BITTE JEWEILS 2021 DURCH 2022 ERSETZEN. DIE HIER BESCHRIEBENEN VERÄNDERUNGEN IN MEINEM LEBEN FANDEN IM LETZTEN JAHR STATT. ES IST ALSO ALLES NOCH RELATIV FRISCH.


    Hallo AmSee,

    d'accord: Mein Wording mit "deplatziert" und "peinlich" gefiel mir schon beim Schreiben nicht so wirklich. Keine gute Wortwahl. Deine Worte dazu sind viel passender und letztlich auch respektvoller gewählt. Letzteres sollten wir nie aus den Augen verlieren. Unter uns: Damals war mein neues Leben im SOBER GLOW noch taufrisch: Da hatte ich mich an oben beschriebener Nikotin-Coffein-Zucker-Alkohol-Kombination in der Tat mal ein wenig dran hochgezogen.

    Ob wir Abstinenzler Trendsetter werden, wage ich derzeit zu bezweifeln. Ich beobachte, wie gerade die nächste Generation, meine Nichten (13 und 10) an den Alkohol herangeführt werden und ihr Interesse daran entwickeln… X/

    Na ja, es gibt ja mittlerweile durchaus Bewegung in der Gesellschaft, die mittlerweile schon in Bewegungen mündet - ob das nachhaltig ist, vermag ich nicht zu beurteilen:


    SOBER GLOW - it starts with a choice.

    Der Glanz der Nüchternheit.

    Klingt doch gut.

    Hier ein Interview mit Mia von Sober Glow:

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    SOBER CURIOUS

    Nüchtern mit Neugierde

    Verzicht auf Alkohol sei eine Reise, um sich klüger, schöner, fokussierter, interessanter, "grenzenlos präsent" zu fühlen und eine "tiefe Verbindung" zu allem herzustellen.

    In Kurzform: Nüchternheit ist im Grunde der bessere Alkohol. Man kann's natürlich auch überziehen. Immerhin interessant, was Normalos zu dem Thema sagen.


    It starts with a choice.

    Das bringst auf dem Punkt.

    Eine Entscheidung zu einem erfüllten & selbsbestimmten Leben.

    - Fortune -

    Dieses Reinwerfen von Stoffen, um ein bestimmtes Gefühl anstrengungsfrei zu "produzieren", finde ich mittlerweile so richtig deplatziert, mitunter gar peinlich ...

    Ein Beispiel: Letztes Jahr war ich in Bad Salzdetfurth wandern. Nach der wirklich schönen Tour mit einigen Höhenmetern und schönen Ausblicken bin ich in ein Café und habe Kaffee und Kuchen bestellt. Dann beobachtete ich einen älteren Kurzgast: Erst die Zigarette(n), dann der Kaffee, dann das riesige Tortenstück, dann das Bier. Prost Mahlzeit - tolle Kombination, die es sonst wohl nur auf Beerdigungen gibt. Er sah auch so aus, wie er lebte: unglücklich. Mich macht gerade den Anblick von älteren Menschen, die sich alle möglichen Stoffe reinfeuern müssen, eher betroffen. Es wird dann halt für alle sichtbar und transparent, dass es diesen Menschen im Laufe seines Lebens nicht gelungen ist, ihr Leben erfüllt zu leben.

    Generell haben Drogen eben diese negative Dynamik: Während es bei fast allen Dingen im Leben, z.B. beim Erlernen einer Sprache, im Laufe der Zeit immer mehr Freude bereitet, es zu tun, und man einfach immer besser darin wird, ist es beim Drogenkonsum exakt umgekehrt: Es bereitet immer weniger Freude, irgendwann sogar Leid. Keine Entwicklung nach vorne, sondern rückwärts.

    Inzwischen ist Zigarettenrauchen mindestens uncool, wenn nicht gar schon stigmatisiert. Da ist im letzten Jahrzehnt eine Menge passiert, wobei dieser negative Touch alleine mich nicht zum Nichtraucher gemacht hätte. Beim Nicht-Alkohol-Trinken markieren Menschen wie wir die gesellschaftliche Speerspitze; wir sind die Vorreiter und Trendsetter: In 10 Jahren ist unsere Richtung die Angesagte. Wir machen heute bereits das einzig Richtige; die Schafe um uns herum haben es einfach nur noch nicht bemerkt. Deren Problem. Punkt.