Nur meine innere Emotionskontrolle ist noch älter, weil sie mich schon von Kindesbeinen an begleitet und mich vor meinem Vater geschützt hat. Deswegen greift die Kontrolle auch so hart bei mir. Gelernt ist gelernt und das seit vielen Jahrzehnten. 🤷♀️ Sie wird nie weggehen, aber das ist auch ok, denn sie hilft mir ja auch.
Das kann ich nachvollziehen, deshalb hab ich das ja geteilt, wie das ich das bei mir mit dem sogenannten Inneren Kritiker erlebt habe und was ich selbst diesbezüglich dazugelernt habe.
Ob sich das bei dir auch so verhält, kann ich natürlich gar nicht wissen. Ich weiß ja auch nicht, ob du an dem Thema in der Form dran bist wie ich.
Mein Innerer Kritiker wird auch nie weggehen, er ist und bleibt ein Teil von mir. Und ich sehe das auch so wie du, dass das ok ist, er hilft mir ja auch und dient in gewisser Weise meinem Schutz, aber auch dazu, mich weiter zu entwickeln.
Ich muss nur lernen mehr zuzulassen und in dem Prozess bin ich drin (siehe nüchtern Karaoke singen).
Damals in der Klinik, aber auch später habe ich gelernt, mit dem Wort „müssen“ ganz bewusst umzugehen. Bevor und als ich in die Klinik ging, war mein Leben voll von „ich muss“, wurde es davon beherrscht und ich völlig überfordert.
Nicht nur das Stationspersonal empfahl mir mehrfach, das „ich muss“ durch „ich darf“ zu ersetzen. „Sie müssen gar nichts.“ sagte man mir.
So richtig begriffen hab ich das zunächst nicht und das Ersetzen von „ich muss“ durch „ich darf“ hörte und fühlte sich für mich nicht selten merkwürdig und unpassend an.
Unter den Patienten, mit denen ich mich anfreundete, haben wir uns oft über unsere Umformulierungen amüsiert und uns gegenseitig scherzhaft mit den Formulierungen, mit denen wir auf der Station immer wieder konfrontiert wurden, ermahnt oder hoppgenommen.
Nun wäre ich aber nicht ich, wenn ich nicht ernsthaft darüber nachgedacht und mich damit beschäftigt hätte. Ich hab oft in mich hineingefühlt, was die eine oder andere Forumulierung mit MIR macht und allmählich begriffen, worauf die auf der Station eigentlich hinauswollten.
Daher möchte ich dir eine Empfehlung geben, es selbst bei dir auszuprobieren: Formuliere das „Ich muss nur lernen mehr zuzulassen“ in „Ich darf lernen mehr zuzulassen“ um und spüre immer mal wieder in dich hinein, was das mit dir macht.
Und noch was dazu:
Ich für mich habe gelernt, dass es für meinen Seelenfrieden besser ist zu akzeptieren, dass diese Suchtgedanken da sind. Sie sind halt da, aber das war es auch schon. Wenn sie kommen, dann erkenne ich das an, sage kurz ‚Hallo‘ und gehe dann weiter, wie bei einem alten Bekannten auf der Straße, mit dem ich nichts mehr zu tun haben möchte. Ich darf diese Gedanken nicht wegschieben, weil verdrängen und wegschieben bei mir keine Gute Lösungsstrategie in der Vergangenheit gewesen sind.
Wenn sich das bei dir so verhält und sich vor allem „richtig“ anfühlt, dann kann es eigentlich nicht verkehrt sein. Ich sehe das auch so bzw. habe es selbst erfahren, dass Verdrängen eher nicht hilfreich ist, jedenfalls nicht für mich. Zum Wegschieben schreibe ich auch noch was.
Ich selbst habe inzwischen so gut wie gar keine Suchtgedanken im eigentlichen Sinne mehr. Das sind eher so Erinnerungen, die mich ab und zu mal so anfliegen, aber nichts, was mich in irgendeiner Weise triggert. Gedanken sind nun einmal frei und aus dem Unterbewusstsein kommt immer mal wieder dieses oder jenes hoch. Interessant ist eigentlich nur, wie man damit umgeht.
In deiner Beschreibung, „Wenn sie kommen, dann erkenne ich das an, sage kurz ‚Hallo‘ und gehe dann weiter, wie bei einem alten Bekannten auf der Straße, mit dem ich nichts mehr zu tun haben möchte.“, finde ich mich wieder. So ähnlich geht’s mir auch. Dem „Bekannten“ gebe ich in meinem Denken nicht sonderlich viel Raum, weil sich für mich die oben genannten Lebensweisheit bewahrheitet hat und weiterhin bewahrheitet. Ja, wenn dieser „alte Bekannte“ meinen Weg kreuzt, kriegt er ein kurzes freundliches, aber gelassenes, distanziertes Nicken und nix weiter.
Er hat mal zu mir dazugehört und in der Tat hatten wir auch unsere guten Zeiten und es tut mir nicht weh, wenn Erinnerungen daran hochkommen. Jetzt will ich ihn nicht mehr in meinem Leben haben, denn ohne ihn geht’s mir richtig gut. Ich vermisse ihn nicht.
So, wie du das schreibst, scheinst du auch in diese Richtung unterwegs zu sein.
Noch etwas zu Kontrolle. Das passt für mich gerade auch in diesen Zusammenhang.
Ich hab dir ja erzählt, dass ich immer wieder mal mit Panikattacken zu kämpfen habe.
Letztens bin ich diesbezüglich wieder einen Schritt weitergekommen. Ein Mitglied dieses Forums hat mich mit dem Begriff „Fließen Lassen“ erinnert, wie ich ggf. für mich sorgen kann.
Letztens baute sich in meinem Inneren wieder so ein Panik auf und es hat sich bei mir durchaus schon so eine Angst vor der Angst entwickelt.
Als ich mich schon zusammenkrümmen, Arme fest um meinen Körper geschlossen in den Armen wiegen wollte, fiel mir der Begriff „Fließen Lassen“ ein. Weil ich die Wirkung von anderen Gefühlen schon kannte, fühlte ich so eine Art Vertrauen oder Bewusstsein in mir, dass ich das wagen kann. - Du musst dazu wissen, dass sich die Angst/ die Panik so schlimm anfühlt, dass man die eigentlich gewiss nicht fließen lassen will. Das fühlt sich für mich nämlich so an, als würde ich das nicht überleben. -
Ich ließ also fließen und in dem Moment spürte ich, dass die Kontrolle, das Sich-dagegen-Wehren, es nur noch schlimmer gemacht hatte. Durch das Fließen Lassen ließ ich los und spürte unmittelbar schon eine Erleichterung.
Körperlich setzt mir so eine Panikattacke natürlich zu, ich hatte noch tagelang mit den Auswirkungen der in meinem Körper ausgeschütteten Stresshormone und der Muskelanspannung zu tun. Doch ich weiß, dass das völlig normal ist, und sorge entsprechend für mich.
LG AmSee