Rückfall nach 28 Jahren

  • Guten Abend an Alle,

    als neuer möchte ich mich und mein "Bauchweh" kurz vorstellen: Ich bin Ehemann einer Alkoholabhängigen Ehefrau, seit 40 Jahren verheiratet, ohne Kinder, also ein älterer Jahrgang, vom vorigen Jahrtausend (1946). Meine Frau wurde 1988 "trocken", trank Kaffee, Milch und Wasser und sagte sie fühlt sich wohl ohne. Anfangs war es für sie schwierig, da in der Familie keiner so recht an ihre Abstinenz glaubte und immerzu nach den Gründen geforscht wurde. Um sie zu unterstützen verweigerte ich auch die alkoholischen Getränke. Als Autofahrer wurde mir das ohne Fragerei zugestanden. Meine Frau hat es dann ohne zusätzliche Hilfe von außen geschafft auzuhören. Allerdings mit gesundheitlichen Problemen. Sie hörte Stimmen die ihr vorschreiben wollten was sie zu tun hatte. Lt. Ärztin hat sie, ganz grob erklärt, ihre eigenen Gedanken "gehört". Das war der berühmte "Schuss vor den Bug". sie hörte sofort auf und kurz danach waren die Stimmen ebenfalls weg. Jetzt zum "Bauchweh": vor über zwei Jahren wurde ihr ein Glas Schaumwein bei einer Hochzeit aufgenötigt (getrunken hat sie es selbst) und weiter ist damals und ein Jahr nichts passiert. Vor einem Jahr war eine andere Hochzeit. Dort hat sie schon selbst zum Sekt gegriffen. Vor einem halben Jahr hat sie darauf bestanden mit der Urlaubsbekanntschaft mit Wein anzustoßen. Mir hat sie gesagt: "ich kann jetzt (Alkohol) trinken, ich habe Kontrolle darüber. Vor 3 Monaten hat sie Bekannte sehr aufdringlich aufgefordert mit ihr auf das Wiedersehen anzustoßen. Und seit Anfang dieses Monats verhält sie sich abweisend. Ursache: sie möchte vermeiden, daß ich die Alkoholfahne rieche. Bis dahin habe ich sie öfter in die Stadt mit dem Fahrrad begleitet. Haben wir beide gern gemacht. Seit neuestem schickt sie mich, mit dem Wunsch sie möchte bummeln, nach Hause. Auf die Frage ob sie Probleme habe kommt ein :"nein wieso". Einmal kam sogar die Geschichte einer Schlange die ihren Weg kreuzte und welche sie fast biss....Inzwischen trinkt sie offensichtlich auch zu Hause. Bis Mittag war heute alles unauffällig dann verbreitete sie plötzlich starken Alkoholgeruch und ihr Verhalten wurde einsilbig.
    Ich denke ich muss mich auf eine schlimme Zeit gefaßt machen. Solange sie nicht redet und abblockt habe ich keine Eingriffsmöglichkeit. Außerdem ist mir bewusst, daß ich sie nicht vom Alkohol befreien kann - sie muss es selbst tun. Vorerst gibt es keine Einsicht. Was mir noch auffiel, in den vergangenen 3 Monaten hat sie auffallend oft nach unseren Vermögensverhältnissen gefragt. Ich fand das gut wenn sie bescheid weis. Allerdings hat sie dann immer versichert es nicht zu verstehen. Entweder bin ich ein schlechter Erklärer, was gut sein kann, oder es gibt andere Gründe. Die Zeit wird es verraten.
    Helfen kann das Forum wahrscheinlich nicht direkt aber ich kann meine Gedanken ordnen und der eine oder andere hat eine Idee. nixweiss0
    Euer neuer techfreak

  • Guten Morgen techfreak,

    erst mal HERZLICH WILLKOMMEN hier im Forum.

    Ich bin trockener Alkoholiker, seit Ende 2013. Es stimmt wahrscheinlich, dass wir Dir hier nicht "direkt" helfen können zumal ich auch das Gefühl habe, dass Du selbst schon ziemlich genau darüber Bescheid weißt, wie diese miese Krankheit funktioniert. Und natürlich hast Du recht wenn Du sagst, dass Du erst mal nichts tun kannst solange Deine Frau sich nicht öffnet. Aber der Austausch hier, die Erfahrungen von anderen Angehörigen, da kannst Du bestimmt die ein oder andere Anregung mitnehmen.

    Und was Du natürlich tun kannst und auch musst, ist auf Dich achten. So gut das eben geht.

    Ich kann Dir leider nicht allzu viel dazu sagen. Für mich ist es so, dass mir das was Du geschrieben hast sehr nahe geht. Obwohl wir uns ja nicht kennen. Einerseits ist es so, dass ich denke: 28 Jahre trocken, das kann doch nicht sein und dann dabei an Dich und Deine Situation denke. Und andereseits sehe ich mich, seit ein paar Jahren trocken, äußerst zufrieden und ich möchte sagen glücklich und davon überzeugt, dass ich nie wieder trinken will. Auch überhaupt keine Probleme damit habe nichts zu trinken, es mittlerweile zu einer Art Lebenseinstellung gemacht habe nichts zu trinken aus tiefster Überzeugung und nicht nur deshalb weil ich es nicht "darf". Tja und dann lese ich hier das Deine Frau nach unglaublichen 28 Jahren rückfällig wurde...

    Das zeigt mir, dass ich IMMER an meinem Bewusstsein arbeiten muss. Immer wieder.

    Das hilft Dir jetzt natürlich nicht weiter, aber ich wollte Dir einfach meine Gedanken mitteilen. Ich wünsche Dir hier einen guten Austausch und hoffe sehr und drücke die Daumen, dass Deine den Weg zurück in die Abstinenz findet.

    LG
    gerchla

  • Hallo techfreak,

    auch von mir ein herzliches Willkommen!
    Ich bin auch Angehörige, allerdings sind es bei mir die Eltern, die trinken.
    Ich kann verstehen, dass du dir Sorgen machst.
    Wie ist es denn in eurer Beziehung, könnt ihr über Probleme reden? Ich denke, wie überall ist Kommunikation der ausschlaggebende Punkt. Wenn deine Frau sich abweisend verhält und nicht reden mag, ist da ja vielleicht noch etwas, was tiefer geht? Vielleicht hat sie Angst oder sie schämt sich? (Das ist sogar bestimmt so.) Ich denke, du solltest so gut es geht versuchen ihr zu vermitteln, dass du offen für ihre Anliegen und Probleme bist, und dass sie dich vor dir nicht verstecken braucht, und dass du dir eben Sorgen machst. Nach so einer langen Zeit zusammen habt ihr doch sicher irgendeiner gemeinsame Ebene, auf der ihr euch verständigen könnt.
    Falls ihr ins Gespräch kommt, wird vielleicht auch klar, wo das Problem liegt und welche Gründe sie für das Wiederaufnehmen der Trinkerei hat und wie man da was ändern kann.
    Klar, rausziehen kannst du sie nicht, das muss sie selbst, aber du kannst ihr Hilfe anbieten, wenn sie das möchte. Solange sie allerdings in der Illusion hängt, kontrolliert trinken zu können (was ja offenbar nicht klappt), wird sich da nicht viel ändern.

    Für dich selbst würde ich dir noch nahelegen, dich trotz deiner (verständlichen) Sorgen um deine Frau auch um dich selbst und deine Interessen zu kümmern, damit deine Gedanken nicht nur noch um sie und den Alkohol kreisen. Das ist etwas, was Angehörige sonst ganz schnell an den Boden zieht. Ich würd mir auch ein Hilfsnetzwerk aufbauen, eventuell eine Beratungsstelle aufsuchen (geht auch für Angehörige & gibt es in fast jeder Stadt, zb von der Diakonie).

    Ich wünsch dir hier einen guten Austausch und wünsche dir sehr, dass du mit deiner Frau einen Weg findest und vor allem, dass sie den Weg zurück findet!

    Viele Grüße,
    Liv

  • Guten Morgen zurück Gerchla,
    danke für den Willkommensgruß. Das Forum besuche ich nicht um ein 100% wirksames "Kochrezept" zur Problemlösung zugeschickt zu bekommen. Wenn ich den einen oder anderen Tip rauslesen kann ist es der Supertreffer und der Zweck erfüllt. Wenn nicht ist es die Möglichkeit über die eigene Situation sich mit anderen Betroffenen auszutauschen. Am Anfang vor 30 Jahren war es für mich als - nur Angehöriger - völlig unverständlich wie man nicht einfach das berühmte "erste Glas" weglassen kann. Inzwischen verstehe ich es immer noch nicht, aber ich akzeptiere die Tatsache, daß es nicht geht. Ich hoffe auch alle anderen Forumsbesucher verstehen die angespannte Situation in der sich ein Angehöriger befindet. Bei mir stieg der Blutdruck deutlich an, zum Glück nicht auf bedrohliche Werte.
    Jetzt noch ein Tip (kein Rat) an dich persönlich lieber Gerchla. Versuche keine Experimente wie: ich könnte ja mal ein Gläschen annehmen wenn der oder die so schön bittet. Aus einem Glas über längere Zeit können 2 werden wie bei meiner Frau. Meine Erfahrung als Außenstehender ist nicht der sofortige Absturz sondern das lansame zurückgleiten, da ja nichts schlimmes passierte. Das Leben ist zu schön um es mit Alkohol zu vernebeln.

    Inzwischen kam noch ein Text von Liv rein. Auch Dir Liv einen schönen guten Morgen.
    Eigentlich macht es keinen großen Unterschied wer von den nahe stehenden Personen abhängig ist. Alles tut weh! Meiner Erfahrung nach ist für einen Alkoholiker jeder Grund passend und gibt es mal keinen Grund zu trinken ist eben das der Grund. Für nicht Abhängige auch nicht nachvollziehbar.
    Mit den Selbsthilfegruppen hatte ich vor 30 Jahren keine sehr erfolgreichen Erfahrungen gemacht. Vielleicht waren auch damals meine Erwartungen zu groß. Jetzt bin ich noch in der "Denkphase" soll ich soll ich nicht. Hier hilft das Forum meine Gedanken zu ordnen.
    Das Leben war so schön ohne das "Gift" - wir waren frei. Als Rentnerpaar ohne Kinder an niemend gebunden. Fernreisen war unsere gemeinsame Ebene. Nur wer reist ohne Zwang mit einer - sorry für den Ausdruck - Schnapsdrossel?
    Ganz liebe Grüße
    techfreak

  • Moin techfreak,

    dass sich bei SHGs in 30 Jahren viel ändern kann und es oftmals von Gruppe zu Gruppe total verschieden ist, ist vielleicht schon ein Grund, es nochmal zu versuchen. Ich hab auch eher durchwachsene Erfahrungen mit SHGs, hab aber eine Zeitlang in einer Gruppe dann was Gutes mitnehmen können.
    Zumal eine Beratung auch noch mal was anderes ist - das sind Einzelgespräche mit studierten Pädagogen oder Psychologen. Oftmals wissen die Rat und es kann beim Ordnen der eigenen Gefühle und Gedanken helfen. Jedenfalls können sie sehr einfühlsam zuhören und das kann erstmal Entlastung bringen. Ich habe da jedesmal sehr gute Erfahrungen gemacht! Natürlich musst du das alles nicht machen, und wenn dir das Forum hier erstmal reicht, auch ok. :) Aber es kann helfen, sich im richtigen Leben da ein paar Anker aufzubauen, und an mehreren Stellen Hilfe zu suchen, um dann zu entscheiden: was tut mir gut.

    Du klingst sehr verärgert. Wie gesagt ich kann das gut verstehen. Es ist mies, wenn einem auf einmal das sorglose Leben durch den Alkohol kaputt gemacht wird. Ich hab auch oft Träumen nachgehangen, wie schön es mit meinen Eltern sein könnte, wenn der Alkohol nicht wäre. Ist nun aber leider nicht so, und ich muss damit klarkommen. Ist auch immer wieder schwer.
    Wie gesagt, ich kann dir nur empfehlen, sprich mit deiner Frau, versuch eine Ebene zu finden auf der das möglich ist. Dem Anderen gegenüber eine ganz klare Position beziehen und davon nicht abweichen (sich quasi mit seinen Gefühlen/Anliegen transparent machen) ist denke ich gerade für einen selbst wichtig. Auch wenn der Süchtige das vielleicht nicht mal so mitbekommt. Das kann ja dann auch sowas sein wie: wenn du weiterhin trinkst, möchte ich nicht mit dir in den Urlaub fahren, weil (deine Gefühle dabei). Das sind allerdings Konsequenzen, an die du dich dann auch halten solltest.

    Ich wünsch dir viel Kraft,
    Liv

  • Lieber techfreak,

    herzlichen Dank für Deinen Rat. Tatsächlich war es das an Deiner Geschichte bzw. an der Geschichte Deiner Frau was mich am meisten beschäftigt hat bzw. beschäftig. Also das sie ein Glas getrunken hat und dann ewig lange nichts um dann irgendwann ein zweites zu trinken. Ein Jahr später ein zweites Glas! Ich vermute das sie ein ganzes Jahr darüber nachgedacht hat dieses zweite Glas irgendwann mal zu trinken weil beim ersten ja nichts passiert ist. Es war also sicher schon dieses eine Glas nach 28 Jahren, dass sie wahrscheinlich erst in einen Denkrückfall und dann in einen Trinkrückfall getrieben hat.

    Das zeigt so deutlich wie brutal gefährlich diese Sucht ist. Und klar, wir Alkoholiker wissen ja, dass wir das erste oder eine Glas stehen lassen müssen, egal wie lange wir schon trocken sind. Trotzdem hat sie es nicht getan...

    Ich will Deinen Rat befolgen und kann mir im Moment nicht vorstellen, dass mir das passieren könnte. ABER - mir geht es gut, mein Leben ist geordnet, es fehlt mir an nichts. Erst wenn ich mal durch eine Krise muss wird sich zeigen wie gut ich vorbereitet bin! Und bei Deiner Frau war es, jetzt mal so von außen gesehen ohne es zu wissen, ja gar keine Krise die das ausgelöst hat. Es war ein vielleicht etwas penetranter, aufdringer Mensch der vielleicht oder wahrscheinlich gar nicht weiß was das für Folgen hatte oder haben konnte...

    Ich wünsche Dir viel Kraft und finde die Anregung von Liv sehr gut. Vielleicht kannst Du Deine Frau ja so erreichen.

    Alles Gute

    LG
    gerchla

  • Hallo, techfreak!

    Auch von mir ein HERZLICHES WILLKOMMEN hier im Forum!

    Ich bin selbst Alkoholiker und seit nunmehr 8 Jahren trocken. Und da ich nun auch schon seit ein paar Jahren eine SHG leite und auch in Krankenhäusern vorstelle, habe ich auch schon so einige Lebens-/Leidensgeschichten gehört. Leider gehören dazu auch solche wie die von Deiner Frau, die nach 28 Jahren wieder rückfällig wird.
    Allerdings haben die meisten der langjährig trockengewesenen Rückfaller, mit denen ich gesprochen bzw. von denen ich gehört habe, bereits nach sehr kurzer Zeit die Notbremse gezogen.

    Aber gerade solche Geschichten (bitte dieses Wort nicht negativ bewerten!) sowie meine eigenen Erfahrungen (dachte mal nach 2jähriger Trockenheit auch, jetzt könnte ich wieder - und hab dann 4 Jahre wieder gesoffen, bis ich dann den Absprung bis jetzt geschafft habe) sind für mich der Grund, warum ich am Ball bleibe, mich in meiner SHG engagiere, hier im Forum rumtreibe, mich mit dem Thema beschäftige: Damit ich nicht vergesse, wie heimtückisch mein ehemaliger "Freund" sein kann!

    Ich bin glücklich und zufrieden mit meiner Abstinenz - und mir fehlt Nichts, ich verzichte auf nichts. Aber damit nicht eben dieser kleine Gedanke "Ach, EINS geht doch zur Feier des Tages!" überhaupt erst hoch kommt ... siehe oben.

    Du hast vollkommen Recht: Deine Frau muss wollen, was Du willst, ist ihr egal. Aber ich wünsche Dir trotzdem viel Kraft auf dem Weg!

    Gruß
    Greenfox

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

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    können wir nur selber tun!

  • Hollo Alle zusammen,
    hoffe es geht Euch allen gut. Danke für euer Verständnis und die Tip's. Die meisten bestärken meine Einstellung, der Rest bringt neue Denkanstöße. Ich vermute Liv kann am Besten verstehen welchen Zorn, Wut bzw. Haßgefühl man als Angehöriger verarbeiten muss beim Thema Alkohol. Bei mir ist das nicht gegen Personen oder Sachen gerichtet sondern gegen die verheerende Wirkung die der Alkohol bei einem Menschen anrichtet. Ist schwer zu beschreiben! Der Schnapshändler ist nicht schuld, daß der Abhängige kauft und trinkt.
    Andererseits hat der Rückfall meiner Frau auch einen positiven Aspekt - nicht für sie. Aber für einige trockene Autoren ist es ein kleiner Denkanstoß. Das denke ich ist positiv!
    Hallo Liv,
    das mit den Konsequenzen einhalten ist gar nicht so leicht. In der Vergangenheit habe ich gelernt, daß ein Versprechen eines Alkoholikers nach dem nächsten Glas überhaupt nicht mehr eingehalten werden kann und er sich deshalb auch Vorwürfe macht.
    Danach kommen aber sofort die Bedenken, was ist wenn das wirklich das letzte Glas war (zwar unwahrscheinlich aber nicht unmöglich)? Dann habe ICH die Vereinbarung nicht eingehalten! Grundsätzlich hast du recht aber wie gesagt es ist sehr schwer.
    Siehst Du das ähnlich?
    Das Ganze ist wie eine Achterbahnfahrt. Die Abstürze mag ich zwar nicht, man kann sie jedoch vorhersehen. Blöd sind nur die Kurven. Man sieht sie nicht und wird plötzlich aus der Bahn geschleudert. 8).
    Wünsche Allen einen schönen Tag und geruhsames Wochenende (auch über dieses hinaus).
    techfreak

  • Hallo teachfreak,

    zum Thema Konsequenzen: ich meinte damit tatsächlich deine eigene Standfestigkeit in Bezug auf solche Aussagen. Dass der Süchtige das nicht kann, ist ja klar. Da wird vergessen, verdreht oder auch mal ne Notlüge ausgepackt, je nachdem. Versprechen von Alkoholikern können gar nicht funktionieren, daher zählen für mich da nur die Taten, und die jeden Tag aufs Neue. Beschwörungen wie "ich werde nie wieder" etc. sind völlig nutzlos, auch wg der Schuld- und Versagensgefühle, die du beschreibst, wenn dann man ein Rückfall auftaucht. Ich denk, man merkt es nach ner Zeit schon, ob sich ein Mensch wirklich bemüht was zu ändern, auch mit Fehlschlägen, oder ob er nur rumlabert, um einen ruhigzustellen. Jetzt mal ganz extrem formuliert.

    ABER:
    Du kannst dir selbst gegenüber und deiner Frau gegenüber Sachen versprechen und durchziehen. Deine eigenen Konsequenzen und dein Leitbild haben. Das stärkt dich, und deine Frau wird sehen, dass du nicht um sie rumtanzt und nachgibst, was Alkohol angeht. Und da das unbequem werden kann, wird sie vielleicht einen Schritt zur Änderung gehen. Vielleicht auch nicht. Aber du hast nicht das blöde Gefühl, dem Alkohol nach der Pfeife zu tanzen.

    Dir auch ein schönes Wochenende!
    Liv

  • Schönen guten Tag Liv,
    Du hast recht der Vokus muss auf meinen Konzequenzen liegen. War auch so gemeint. Hab meinen Beitrag nochmal durchgelesen und man kann es wirklich leicht in die falsche Richtung verstehen, besonders als Außenstender. Wahrscheinlich waren meine grauen Zellen noch nicht alle in Betrieb - Entschuldigung.
    Jetzt aber eine Momentaufnahme von Gestern, damit sich auch andere freuen können. Wir besuchten eine Festivität und meine Frau verhielt sich wie die vergangenen 28 Jahre, sie trank keinen Tropfen Alkohol, war lustig, ausgelassen und lebensfroh. Ob sie die Gefahr erkannt hat - keinen blassen Schimmer. Die Zukunft wird es zeigen. Entgegen kam ihr dabei das Verhalten der anderen Gäste und dem Service. Schon beim Sektempfang wurde eine ähnliche Menge O-Saft wie Sekt ausgegeben, auch pur, ganz ohne die Frage: "Warum pur". Mein Gedanke dabei: es geht doch auch so! Kenne ich leider auch anders.
    Was mich noch beschäftigt. Hilft es eigentlich dem abhängigen Angehörigen, wenn der Partner ebenfalls auf das Alkohol trinken 100% verzichtet? Es war zum damaligen Zeitpunkt problemlos für mich und heute kann ich mir auch nicht vorstellen etwas zu trinken was mich benebelt. Auch - aber nicht nur - weil ich Auto fahre. Außerdem bilde ich mir ein, daß diese Enthaltsamkeit nicht schadet.
    Ein schönes Wochenende, falls nicht - macht das Beste daraus!
    techfreak

  • Ein sonniges und warmes Hallo an Alle,

    und weiter geht die Geschichte ebenso wie sich die Welt weiterdreht, ob meine Frau nun wieder Alkohol trinkt oder nicht.
    Habe meine Gedanken zusammengefasst und meiner Frau mitgeteilt (schriftlich). Die Antwort kam ebenfalls in schriftform. Meine Überlegung es geschrieben zu übermitteln war, dass sie oftmals nicht reagierte wenn ich mit ihr reden wollte. Ich machte ihr klar, daß ich von ihren (geheimen) Trinkgewohnheiten weis und wie ich den Werdegang dieses Rückfalls sehe. Ihre sofortige Antwort war: "Ich habe Probleme und muss deshalb trinken". Ich habe aber weder die Kraft noch die Zeit die 10 Jahre die sie damals gebraucht hatte um die Abstinenz vor 28 Jahren zu erreichen. Übrigens bin dabei mir eine SHG für Angehörige zu suchen. Das Forum hier werde ich aber zumindest vorerst zu Gedankensammlung und Austausch besuchen.
    Habt ein schönes Wochenende!
    techfreak

  • Übrigens bin dabei mir eine SHG für Angehörige zu suchen.

    Das halte ich für eine gute Idee!

    Als ich Deinen Post las, kam mir bei diesem Passus

    Ihre sofortige Antwort war: "Ich habe Probleme und muss deshalb trinken"

    sofort der Gedanke "Die 2. Satzhälfte - insbesondere das Wort "muss" - markieren, mit einem dicken Fragezeichen versehen und den Zettel so zurückgeben".
    Manchmal ist so eine schriftliche Kommunikation nicht die schlechteste Idee - da fallen viele verbale, tonale und auch nonverbale Emotionen (auch interpretierte) weg. Und ob sie Dir nun eine Antwort darauf gibt oder nicht - wäre ich an der Stelle Deiner Frau würde es bei mir zumindest ein Nachdenken auslösen ...

    Gruß
    Greenfox

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

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    können wir nur selber tun!

  • Vorweg wünsche ich Allen einen Guten Tag.
    Und gefolgt von einer Entschuldigung, daß ich mich so lange nicht gemeldet habe!
    Veränderungen gab es keine, weder bei meiner Frau noch bei mir. Inzwischen bin ich "Strohwitwer" d.h. meine Frau macht Urlaub bei ihrer Familie. Schon am Tag der Ankunft kam ein Anruf mit der vorwurfsfollen Frage: "Ob und weshalb meine Frau wieder trinken würde"? Kostete einige Überzeugungsarbeit, daß weder die Familie noch ich einen Einfluss auf das Verhalten meiner Frau haben. "Wenn sie trinken will tut sie es - so oder so! Wenn es Ursachen gäbe die im Umfeld hier lägen müßten diese im anderen Umfeld der Familie weg oder stark vermindert sein - denke ich.
    Für meinen Teil ich suche aktiv nach Gruppen in der näheren Umgebung. Da mache ich aber keinen Stress.
    Melde mich mal wieder, bitte nicht böse sein wenn's länger dauert.
    Hallo Greenfox,

    Zitat

    @würde es bei mir zumindest ein Nachdenken auslösen ...


    ich denke meine Frau verdrängt das Problem solange sie ohne Alkoholeinfluss ist. Und mit Alkohol ist logisches denken sehr schwierig.
    Übrigens für mich ist die Zeile 3 Deiner Merksätze mit dem Unterscheiden am Schwierigsten.
    Alles Gute an Alle
    techfreak

  • Zunächst einmal: Schön, wieder von Dir zu hören - auch wenn es nichts Schönes/Gutes ist, was Du berichten kannst!

    ich denke meine Frau verdrängt das Problem solange sie ohne Alkoholeinfluss ist. Und mit Alkohol ist logisches denken sehr schwierig.

    Wohl wahr!
    Als Du ihr den Brief geschrieben hast


    Habe meine Gedanken zusammengefasst und meiner Frau mitgeteilt (schriftlich). ... Ich habe aber weder die Kraft noch die Zeit die 10 Jahre die sie damals gebraucht hatte um die Abstinenz vor 28 Jahren zu erreichen.

    hast Du da auch schon über Konsequenzen nachgedacht - und auch mit reingeschrieben?
    Und, was mich noch interessieren würde: Warum ist Deine Frau damals "trocken" geworden? Weil sie für sich erkannt hat, dass sie abhängig ist oder weil sie einfach "mal 'ne Pause machen" wollte?
    Ich frage deshalb, weil ein Gruppenfreund auch 12 Jahre trocken war und dann wieder anfing. Aber er war damals der Meinung, dass er kein Alkoholiker wäre und wollte nur mal 8 Wochen Pause machen - eben, um das zu beweisen. Und daraus sind dann 12 Jahre geworden. Und dann dachte er sich "Na siehste - ging doch. Jetzt kannste ja mal wieder ein Gläschen trinken - kannst ja wieder aufhören." Und aus dem "Gläschen" sind dann wieder 2-3 Flaschen/Tag geworden bis zur Entgiftung ... Und JETZT weiss er für sich, dass er Alkoholiker ist.

    Was natürlich keine Garantie dafür ist, dass man nicht doch wieder anfängt :-\

    Tja, und das mit der Weisheit ist so ein Thema für sich ;)
    Aber zum Verständnis gibt's ja Bücher - guckst Du z.Bsp. hier ...

    Gruß
    Greenfox

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

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    können wir nur selber tun!

    Einmal editiert, zuletzt von Greenfox (5. August 2016 um 13:25)

  • An Alle, speziell für Greenfox,

    Leider kann ich nicht nachempfinden wie das so ist unter Alkoholeinfluss "denken" zu müssen und austesten will ich es auch nicht.

    Das mit den Konsequenzen ist schwierig. Da muss ich mir selbst im Klaren sein was diese sind. Uuuund ob ich in der Lage sowie Willens bin sie auch durchzuziehen. Nur so zu drohen hilft keinem.

    Meine Frau war/ist Intervalltrinker - so nennt man das glaube ich - wenn derjenige bis zum Zusammenbruch trinkt und dann schwört keinen Tropfen Alkohol anzurühren. Dies kann für Tage, Wochen oder sogar Monate wahr sein. Dann beginnt das Spiel von Neuem.
    Eines Tages (vor 28 Jahren) während eines solchen Zusammenbruches, also noch mit Alkohol im Blut, drehte die Frau vollig durch. Sie hörte Stimmen!
    Eine Ärztin erklärte mir nach der Untersuchung, daß es wie eine Direktverbindung (Elektriker nennen es Kurzschluß) der Denkstrukturen des Hirns zu den Hörstrukturen des Hirns sein müsste. Kurz: sie hörte was sie gerade dachte. Dieses Erlebnis war ein Schock für sie und sie stoppte den Alkoholkonsum sofort. In Gesprächen mit mir gab sie später immer ohne Zwang zu alkoholkrank zu sein, wie weit sie sich damit aber identifizierte ist mir heute nicht mehr klar. Damals klang es wahrheitsgemäß und echt.
    Dadurch, daß beim 1. Versuch nach 26 Jahren "aus Anstand" ein bißchen Sekt zu trinken keine negativen Ereignisse folgten, außer blödem Geschmack und wackeligen Knien, wurde das Gefühl bestärkt es passiert ja nichts! Außerdem verblassen schlechte Erlebnisse schneller als Gute. Somit erscheinen die Stimmen in der Erinnerung nicht mehr so "gefährlich".

    Zitat

    Jetzt kannste ja mal wieder ein Gläschen trinken - kannst ja wieder aufhören

    . Passt von aussen betrachted genau ins Bild.
    Wünsche ein schönes Wochenende! 44.
    techfreak

  • Guten Tag,
    kurzer Zwischenbericht: Hab jetzt einen Termin (Ende des Monats) für ein Einzelgespräch. Ist Voraussetzung um zur SHG zugelassen zu werden.? Anscheinend sind die Sucht-Probleme in der Gesellschaft weiter verbreitet, wenn die Wartezeiten doch länger sind. Spielt bei meinem Fall zwar keine Rolle, aber ich denke jetzt an jemand der jetzt, schnell Hilfe benötigt. Bleibt nur der Weg in ein Forum wie dieses.
    Meiner Frau geht es gut und war ohne Alkoholeinfluss beim letzten Telefongespräch. Ob sie die Gefahren des Rückfalls erkannt hat kann ich nicht beurteilen. Ein wenig schäme ich mich, weil ich gespannt bin wie es weitergeht.

    Eine schöne Woche an Alle.
    techfreak

  • Hab jetzt einen Termin (Ende des Monats) für ein Einzelgespräch. Ist Voraussetzung um zur SHG zugelassen zu werden.?

    Das verstehe ich jetzt nicht ganz nixweiss0

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Ja, ich nun auch nicht?

    Auf dem Weg zu mir lerne ich mich immer besser kennen. <br />Ich habe Freundschaft mit mir geschlossen und freue mich, dass ich mir begegnet bin.<br /><br />Ich bin lieber ein Original als eine herzlose Kopie.


  • Mit den Selbsthilfegruppen hatte ich vor 30 Jahren keine sehr erfolgreichen Erfahrungen gemacht. Vielleicht waren auch damals meine Erwartungen zu groß.
    Ganz liebe Grüße
    techfreak

  • Warum benötigt man ein Einzelgespräch, um für eine SHG zugelassen zu werden? nixweiss0

    Auf dem Weg zu mir lerne ich mich immer besser kennen. <br />Ich habe Freundschaft mit mir geschlossen und freue mich, dass ich mir begegnet bin.<br /><br />Ich bin lieber ein Original als eine herzlose Kopie.

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