"Nebelgranaten der Sucht" - Worin zeigen sie sich bei euch?

  • Hallo, ihr hier, :)

    und ein dickes Danke für dieses Stichwort: "Nebelgranaten" der Sucht

    Und für die Info, dass die Sucht damit schlicht den Blick auf die Realität verstellen "will", eben um ihr Wohnrecht zu behalten.

    Verstehe ich das richtig, dass damit verzerrte Wahrnehmung, verdrehtes Denken und Fühlen, und in der Folge eben sucht-erhaltendes Verhalten gemeint ist? (So dass die Sucht, egal ob Stoff oder Angehöriger, weiterhin ungehindert greifen kann?)

    Ich weiß z.B., dass mein Therapeut manchmal einfach nur unangenehm laut (stimmlich) wurde, fast aggressiv klingend (aber nicht unbeherrscht), ich mich dann erschrak und erst viel später begriff: Der hat da an meine Taucherglocke (Nebel um Kopf und Gefühl) getrommelt, mit einer Rohrzange. Weil ich offenkundig an etwas "gelitten" habe, das einem Suchtmuster geschuldet war, nicht der echten Wahrheit.

    Mir wäre wichtig, einen wacheren Blick für diese Schleich-Gedanken und -gefühle zu bekommen, die den Nebel mit sich bringen, denn ich finde mich z.B. oft in Schuldgefühlen wieder und es dauert gefühlt ewig, bis ich wieder in meiner Klarheit ankomme: Was ich für mich in meinem Leben verlangen 'darf' und auch dafür handeln. - Und was auf der Seite eines anderen seins bleibt. (Nur als Beispiel)

    Wenn ich das jetzt richtig verstehe, dann erzeugen die Schuldgefühle den 'nötigen Nebel', damit ich die Wahrheit um meine eigene Macht in meinem eigenen Leben 'vergesse'?

    Habt ihr eigene Beispiele für das Wirken solcher "Nebelgranaten"? Mich interessiert das total, dahinter liegt Kraft, und an die will ich wieder ran!

    Liebe Grüße und Danke fürs Lesen,
    Wolfsfrau

  • Hallo Wolfsfrau,


    Stichwort: "Nebelgranaten" der Sucht
    Verstehe ich das richtig, dass damit verzerrte Wahrnehmung, verdrehtes Denken und Fühlen, und in der Folge eben sucht-erhaltendes Verhalten gemeint ist? (So dass die Sucht, egal ob Stoff oder Angehöriger, weiterhin ungehindert greifen kann?)

    So habe ich das erlebt.
    Während ich rauchte und trank, machte ich mir zwar Gedanken über die negativen gesundheitlichen Auswirkungen des Suchtmittelkonsums. Grundsätzlich war ich aber der Meinung, dass mir das Rauchen und Trinken etwas gab. (Ich konnte mir das auch auf der Stelle beweisen. Dazu musste ich nur für eine kurze Zeit mit dem Rauchen und/oder Trinken aufhören; und schon spürte ich, dass etwas fehlte.) Insofern stellte sich mir lange Zeit auch gar nicht die Frage, wie ich es schaffen könnte, mit dem Rauchen und Trinken Schluss zu machen, sondern meine Gedanken kreisten ausschließlich darum, wie ich es hinkriegen konnte, die Menge der geliebten Suchtmittel so weit zu reduzieren, dass sie mir nach wie vor das gaben, was ich haben wollte und zu brauchen meinte, ohne mir gesundheitlich allzu sehr zu schaden.

    Heute sehe ich die Welt mit völlig anderen Augen. Ich sehe, dass die Welt nicht deswegen schön ist, weil ich ihre Schönheit herbeirauche oder herbeitrinke, sondern weil sie von sich aus so ist oder weil ich mich so verhalte, dass sie für mich schön sein kann. Ich bin jetzt nicht mehr davon abhängig, dass mir ein bestimmter Stoff zur Verfügung steht, damit ich mich wohlfühlen kann. Stattdessen kann und muss ich mein Leben selbst so gestalten, dass es mir in ihm gefällt.

    Die wohl größte Nebelgranate der Sucht bestand für mich in der Vorstellung, dass mir meine Suchtmittel etwas Positives gaben. Dabei war ich nur vor lauter Nebel blind. Ich sah vielleicht einen Meter weit. Und in dieser beschränkten Distanz gab es ausschließlich die von der Sucht gebaute Kulisse zu sehen.

    Viele Grüße vom
    Bassmann

  • Ich sehe das ähnlich wie Bassmann.
    Es sind viele kleine irrationale Gedanken, mit denen die Sucht einen wieder in den Bann schlagen bzw. halten will.
    Mit den AA's habe ich zwar nicht so viel am Hut, aber ich moppse mir von überall etwas, das mir hilft, trocken zu bleiben, mein Leben (möglichst) so zu leben, wie ich will (Selbstbestimmung).
    Und dazu gehört u.a. auch der "Gelassenheitsspruch" der AA (siehe meine Signatur).
    Wenn ich mir klarmache, was ich ändern will und was ich davon ändern kann, dann ist das wie ein kleines Gebläse, dass den Nebel verscheucht.

    Und wenn mal wieder Nebel aufzieht, dann muss man eben das Gebläse hervorholen und aktivieren.

    Wir sind, was wir denken.

    Mein Leben ist, wie es ist. Ich kann mir natürlich vorstellen, dass die Sonne ja eigentlich viiiel heller scheint und alles eigentlich viiiiel schöner ist - und mir somit mein Leben viel düsterer "denken". Oder ich stelle mir vor, dass es hätte viiiiiiiel schlimmer sein können ... und schon ist mein Leben um sehr viel heller, besser ...

    Der Satz soll übrigens von Buddha stammen (und ich bin orthodoxer Atheist :D ).

    Gruß
    Greenfox

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Vielen Dank euch beiden, Bassmann und Greenfox,

    für eure prompte Antwort! Ich habe mir eure Beiträge durchgelesen und suche gerade die Parallele zur nicht-stofflichen Sucht (Sucht als nicht-Leben), die meine freie Sicht auf den real verfügbaren Handlungsspielraumn oft ebenso verschleiert. (Gerade hatte ich mir dazu im PM-Fenster selbst etwas getextet, um es später dann hier einzustellen ... und dann wollte ich da aufräumen ... weg war's.)

    Zwei "Verdächtige" habe ich aber schonmal identifiziert, als mögliche Nebelgranaten (mit zugehörigem Glaubenssatz): "Schuldgefühle" (wie oben vermutet) und noch neu dazu, "Resignation". Beide trüben mein Bewusstsein ein - wenn die Nebelwolke schon wirkt - und begleiten mich in diesen Zustand innerer Untotheit. Bei mir allenfalls von einem flirrendes Angstgefühl oder Unruhe begleitet. Ansonsten sind aber alle Vitalfunktionen des wahr-für-wahr-fühlenden Bewusstseins wie im Substanzrausch ebenfalls "dicht". (Für Handlungsmöglichkeiten, für Mitgestaltung, eigene Grenzen, eine "Wahl" meines eigenen Standpunkts und das Ausüben meines Stimmrechts.)

    ... vielleicht fällt mir morgen noch mehr dazu ein ...

    Lieben Gruß erstmal,
    Wolfsfrau

    Einmal editiert, zuletzt von Wolfsfrau (16. Februar 2016 um 23:38)

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