Land in Sicht - mein Logbuch

Liebes Forum,

ich nenne mich Land in Sicht, und hier möchte ich mein Logbuch schreiben. Im Frühjahr 2014 habe ich beschlossen wieder Kapitän auf meinem eigenen Boot zu werden, und mein Leben wieder dahin zu lenken wo meine wirklichen Sehnsüchte sind. Mein Schiff für diese Reise habe ich nach einem Lied benannt welches mir vor Allem zu Beginn meiner Fahrt immer wieder viel Hoffnung und Zuversicht gab:

Sehr oft war ich über viele Jahre hinweg immer wieder an verzweifelten Punkten in meinem Leben angelangt, an denen ich beschloss: „Nie wieder!!“ und ich wollte dagegen ankämpfen. Allerdings, so habe ich das Gefühl, gewann die Sucht so nur immer mehr an Kraft und auch Macht über mich.
Klar war ich an meinem Ausstiegspunkt sehr verzweifelt und habe gelitten, das war aber vorher auch schon sehr oft der Fall und immer hatte ich mich aus solchen Situationen wieder irgendwie `aufgerappelt´. Mein erfolgreicher Ausstieg nun hat, so denke ich, vielmehr damit zu tun, dass ich meine eigene Handlungsfähigkeit, meine Gestaltungskraft und meine Selbstverantwortung zur Veränderung wieder entdeckt habe.

Von Beginn an sehe ich meinen Weg aus der Sucht heraus als einen Weg der Heilung an - und ich erlebe es auch immer wieder als eben so. Es ist eine Reise zu mir selbst.

Ich kämpfe nun nicht mehr gegen etwas an, sondern ich lebe mit jeder Faser meines Herzens für mein gesundes, glückliches und erfolgreiches Leben. Wie es hier im Forum jemand so schön schrieb: Ich möchte nicht mehr von etwas weg - sondern ich lebe nun zu etwas hin.

Was mich bis heute im Prozess dieser Reise noch immer wieder aufs Neue positiv überrascht, das ist die Intensität des Erlebens, und die klare Reinheit der Selbsterkenntnisse und Erfahrungen die mir auf diesem Weg immer wieder begegnen. Ja, es ist möglich grundlegende Dinge im eigenen Leben konsequent zu ändern, sich zu verwandeln! Wenn ich bereit bin alles was nötig ist, und noch ein Quentchen mehr bedingungslos dafür zu geben. Noch unmittelbar vor meinem Ausstieg hätte ich das Leben welches ich bereits heute wieder dankbar führen kann kaum für möglich gehalten. Und doch habe ich mich auf diese Reise gemacht. Und jeder Sturm und jeder kleine Schatten dem ich mich gestellt habe, hat mich nun bis hierher schon um so Vieles weiter gebracht.

Ich wünsche Euch Allen in dieser Zeit
immer einen frischen und guten Wind in den Segeln!!

Ahoi und bis bald
Land-in-Sicht

Hallo Land-in-Sicht,

ein schöner Beitrag!
Er strahlt viel Zufriedenheit und Gelassenheit aus.
"Dein Land" ist offenbar nicht nur in Sicht. Du hast es zumindest schon erreicht und große Teile für Dich (zurück) erobert.

Liebe Grüße
Dietmar

Hey grüße Dich Dietmar,
Danke für Deinen schönen Gruß und die Zeilen!

In meinem >>Vorstellungsthread<< ist ja zu lesen wie ich hier gestrandet, und für mich so sehr hilfreich empfangen wurde. In der langen Zeit ist wirklich schon vieles passiert.

Gelassenheit - ja ich denke wer einmal durch eine Sucht durchgestiefelt ist und sich da wieder rausgestrampelt hat, den haut mit Sicherheit so schnell nichts mehr um

und Zufriedenheit - klar orientiere ich mich sehr oft auch an gewissen Zielen, und finde Antrieb in bestimmten Verlangen. Das ist der ganz normale Lauf der Dinge. Zufrieden aber bin ich. Denn ich habe für mich, dankbar, das Geschenk des Lebens wiedergefunden.

Dietmar, auch an Dich einen lieben Gruß, und viele GuteKraft immer.
Schön übrigens, daß Du hier ins Forum gefunden hast!!

Land-in-Sicht

Eintrag ins Logbuch:

- eine Entscheidung -

Aus den Tagen unmittelbar vor dem selbstaktiven Ausstieg aus dem Labyrinth meiner Alkoholsucht habe ich noch auf einem A4 Blatt ein par ausgedruckte Worte hier liegen die mir alle par Wochen oder Monate nun immer wieder mal in die Hände fallen und mich an diese Tage erinnert. In dieser Zeit war es so, dass ich definitiv spürte dass es nun nötig war grundlegend ein par Dinge zu verändern und/bzw. wieder ins rechte Licht zu rücken in meinem Leben.

Auf dem Blatt steht an sich gar nicht viel. Mit Absicht hatte ich die Worte so kurz und simpel wie möglich gehalten. So steht oben ein einziger kurzer Satz, der lautet:
„Ein Entschluss, eine Entscheidung muss fallen!“
Unter diesem Satz folgen dreivier Punkte zu eventuell möglichen Wegentscheidungen die ich jetzt an dieser Stelle noch gar nicht so sehr ins Detail offen legen will. Ein par verschiedene Wegeoptionen/Varianten halt. Und ja, als letzte Variante stand da auch: Oder einfach so weitermachen wie bisher, und damit vermutlich vor die Hunde gehen. So in der Art halt.

Doch über Allem stand dieser erste Satz, und ich setzte mir selbst ein verbindliches Ultimatum von ein par wenigen Tagen. In dieser Zeit verlies ich kaum das Haus (mir gings auch echt dreckig) und lebte bis auf die letzten Reiskörner und Fischkonserven von dem was ich so da hatte. Zeitweise gelang es mir nüchtern zu bleiben, an manchen Abenden/Nächten trank ich noch. Doch, und gerade im Vergleich dieser beiden Zustände von hoffnungsvoller Nüchternheit gegenüber dem verzweifelten Rausch, reifte die Entscheidung immer deutlicher in mir heran….

Dieser Zettel fällt mir jetzt aktuell wieder ein, weil ich mir in den letzten zweidrei Wochen immer wieder über das Wort „Entscheidung“ Gedanken mache. Ich denke gerne über Worte nach, deren Herkunft oder tieferer Sinn.

Und so ist mir aufgefallen dass dieses Wort ja aus den beiden Teilen ENT – SCHEIDUNG besteht. Das heißt auch, dass dazu aber erstmal etwas geschieden sein muss. Scheide ich etwas voneinander, dann trenne ich etwas in zwei oder mehrere verschiedene Dinge. Vor dem Zustand des ENTschieden seins, sind also Dinge voneinander GEschieden – was aber auch immer wieder damit verbunden ist dass ich über diese Trennungen, über diese mehreren parallel möglichen Wege immer wieder geteilt nachdenke, was meine eigentlich ganze Kraft aufteilt und auch immer wieder Raum für teilweise tiefgreifende Zweifel und `Überlegungen´ lässt. Ist es nun so richtig? Oder sollte es nicht eher so sein? Ich könnte doch… Oder was wäre wenn?

Für mich zeigte sich diese innere Trennung von meinem eigentlichen wirklichen Lebensweg, dieses zerrissen sein schlussendlich in immer konkreter und finsterer werdenden Gedanken die ich im Rausch hatte den Ausweg aus dem Suchtlabyrinth, der sich einfach nicht auftun wollte sondern immer finsterer wurde, darin zu suchen dem Ganzen ein vorzeitiges Ende zu setzen.
Wollte ich das vorher nie wahrhaben, verdrängte es immer wieder und verteidigte es als einen angeblichen Teil von mir, wurde mir in diesen Tagen, neben anderen wichtigen Impulsen, bewusst wie sehr mein Trinken mich doch von mir und meinem eigentlichen Lebensweg abspaltet (trennt/scheidet). Denn die Wirklichkeit ist, dass ich das Leben liebe! Und dass ich mir nie zuvor auch nur ausmalen konnte solche Gedanken auch nur ansatzweise zu denken! Da wusste ich: Das bin nicht mehr ich. Ich hatte meinen Lebensweg und mich selbst verloren.

In diesen Tagen beschloss ich also sozusagen „mich zu Ent-Scheiden“.

Wenn ich meinen Gedankenfaden mal so weiterspinne, dann ist eine Ent-Scheidung im nächsten Schritt, wenn ich etwas voneinander Geschiedenes wieder zusammen zu führe. Führe ich etwas zusammen, dann Ent-Scheide ich es.

Und so beschloss ich, mich wieder mit meinem eigentlichen Lebensweg zusammen zu führen. Ich Entschied mich von diesem Punkt an wieder FÜR mein glückliches, gesundes und erfolgreiches Leben. Und ich war und bin von diesem Tag an bereit alles dafür zu geben und mit jeder Faser meines Herzens DAFÜR zu kämpfen.
Mit dieser Entscheidung, diesem Entschluss unter Aufbringung aller Kräfte und Möglichkeiten mich wieder auf die Reise zu mir Selbst zu begeben führte ich mich wieder mit meinem wirklichen Lebensweg zusammen. Dieser Weg lässt, eben weil es dieser EINE, MEIN persönlicher Lebensweg ist, nunmehr keine Form auch nur irgendeinen Zweifels mehr aufkommen! Vielmehr eröffnet sich mir immer wieder einen ungeahnte und hoffungsvolle Kraft und Klarheit, welche mich in Freude auch in schwierigen Lebenssituationen voran schreiten lassen.

Ich habe mich Entschieden.

Stets einen frischen und guten Wind in den Segeln,
und immer Gute innere Kraft

Ahoi!!

Euer Land-in-Sicht

Hallo LIS,

wunderschöner Text der mich sehr berührt.

Zitat

weil ich mir in den letzten zweidrei Wochen immer wieder über das Wort „Entscheidung“ Gedanken mache. Ich denke gerne über Worte nach, deren Herkunft oder tieferer Sinn.

Oh, das kenne ich, mache ich auch gerne ;D
Mein "Lieblingswort" ist zur Zeit "Gedankenlos". Im Buddhismus ist Gedanken-los zu sein absolut erstrebenswert

Zitat

Wenn ich meinen Gedankenfaden mal so weiterspinne, dann ist eine Ent-Scheidung im nächsten Schritt, wenn ich etwas voneinander Geschiedenes wieder zusammen zu führe. Führe ich etwas zusammen, dann Ent-Scheide ich es.

Ja, so sehe ich es auch. Auch ich habe mich ent-schieden und es fühlt sich so gut an.
Durch den Alkohol war auch ein Teil von mir abgetrennt ohne dass es mir bewusst war. Erst jetzt, nüchtern, erkenne ich es. Und ich kann mich wieder Stück für Stück verbinden.

Liebe Grüße

Hallo LIS,
ich muss mal hier fragen ob meine Nachrichten angekommen sind? Mein Post-Ausgang ist leer und zeigt mir nichts an

:mail2: yepp ...

freue mich seeehr über Deinen lieben Gruß hier und auch die Nachricht.

Werde Dir auch bald antworten. Versprochen

Danke Pingu,
wieder was gelernt

Eintrag ins Logbuch - zwei Jahre Kurs in den neuen Meeren -

Liebes Forum

im internen Bereich hatte ich es ja in diesen Tagen schon geschrieben, dass ich im Frühjahr 2014 eigentlich meinen Geburtstag genau in dieser Zeit jetzt als Ausstiegspunkt bestimmt hatte. Ich wusste genau dass sich etwas ändern muss, dass ich etwas ändern muss…

Das ist nun schon zwei Jahre her!

Hätte mir allerdings noch ganz kurz vorher, unmittelbar vor meinem Ausstieg jemand vorausgesagt was mich in der kommenden Zeit, in den folgenden Wochen und Monaten erwarten wird … ich hätte das ganz sicher nicht geglaubt! Oder, ich wäre Dem-/Derjenigen in zutiefst dankbarer Umarmung um den Hals gefallen.

Ich konnte mir das halt bis zu der Zeit nie so wirklich vorstellen. Überall wo ich mich bewegte, wurde konsumiert. In den kulturellen Kreisen, ebenso wie auch an ganz banalen Kneipenabenden. Zuhause gehörte es für mich auch schon dazu. Ich hatte da natürlich manchmal drüber nachgedacht, mir dann aber immer eingeredet dass der Konsum, dass Trinken und Rauchen halt sozusagen ein Teil von mir seien. Und ebenso habe ich es auch immer verteidigt. Wollte mir jemand helfen, so wurde mir zumeist als Hilfe gesagt, dass ich dies oder jenes halt nie mehr im Leben tun dürfe. Ich sah das fast schon als einen Angriff auf meine Persönlichkeit an. Zudem konnte ich mir gerade genau das ja als Süchtiger eben nicht vorstellen – eben das ist ja ein ganz großer Teil einer Sucht.

Es kam eben im Winter/Frühjahr ein weiterer verzweifelter Tiefpunkt von denen ich in den langen Jahren zuvor so einige hatte. Ich hatte mich da ja oft schon wieder rausgerappelt. Eine entscheidende Sache, ein sehr wichtiger Punkt änderte sich aber in dieser Zeit:
Ich begriff dass ICH alleine für mein Leben und die Gestaltung dieses Lebens verantwortlich bin. Und wenn ICH mich mit ganzer Kraft auf etwas konzentriere und mich tatkräftig dafür einsetze, dann kann ich ALLES erreichen! Dann ist rein theoretisch ALLES möglich im Leben! Und so entdeckte ich meine Gestaltungskraft wieder, und beschloss das Steuerruder zurück zu erobern und wieder selbst Kapitän auf dem Schiff meines Lebens zu werden.

In diesen Tagen Anfang März’14 ‚holperte und stolperte’ ich also mehr oder weniger so ein bisschen in meinen Ausstieg, in mein neues Leben hinein. Es klappte also nicht exakt genau auf den Tag den ich mir als Stichtag 'erkoren' hatte, aber ich blieb dran. Mal gelang es mir zweidrei Tage nüchtern zu bleiben, dann trank ich doch wieder und so ging das etwas hin und her.

Es gab ein par weitere Dinge die mir klar wurden in dieser Zeit. Das war nun keine Erkenntnisflut, eher so ein par ganz einfache, dafür aber umso wichtigere, grundlegende Dinge. Der Punkt mit der Gestaltungskraft. Und dann halt gerade in diesen Tagen auch dieses direkte Gegenüber der nüchternen Tage, in denen ich hoffnungsvoll, mit Veränderungskraft und zuversichtlich mein Leben anging – und dann die Abende und Nächte des Konsums, in denen ich nur Anfangs ein wenig erleichtert, sich mit zunehmendem Pegel alsbald jedoch nur immer mehr Düsternis, Selbstmitleid und Destruktivität in mir ausbreiteten. Das zeigte mir sehr deutlich, welchen direkten Einfluss und Manipulation die Substanz auch auf mich und meine Einstellung zum Leben ausübte.

Ebenso direkt war dann auch die Erfahrung dass ich mir beispielweise bis in den Nachmittag oder Abend hinein felsenfest sicher war dass ich es heute durchziehen werde, und dann, ja fast wie auf Knopfdruck von einer Minute auf die andere, schließlich doch wieder im Auto saß und zum Supermarkt fuhr um halt, pfeif drauf, doch was zu einzukaufen. Natürlich hatte ich das in den Jahren zuvor schon öfters ähnlich erlebt. Vor allem im alkoholisierten Zustand wenns doch ungeplant alle wurde. Aber so deutlich und bewusst wie in diesen Tagen, so dass ich es nüchtern mit ganz aufmerksamen Fokus und schonungslos betrachtete, so klar war es mir noch nie. Es war als beobachtete ich mich selbst, und ich kam mir vor als würde mich jemand mit einer Fernsteuerung gegen meinen eigentlichen Willen lenken. Ich begriff endgültig: ich war fremdgesteuert; und das von einer ganz einfachen und billigen chemischen Substanz. Das machte mich wütend.

Meinen Geburtstag 2014 nehme ich für mich ganz entscheidend und deutlich mit in meinen Ausstieg hinein, weil in dieser Zeit die entscheidenden Impulse für mich kamen. Natürlich hab ich irgendwann dann mal exakt im Kalender nachgerechnet und es gab ‚diesen einen Tag’ auf den ich meinen zweiten Geburtstag legen könnte. Dadurch dass es so ein Übergang war, spreche ich für mich aber eher von einer Ausstiegszeit. In der Anfangszeit bis heute habe ich für mich sogar fast schon bewusst darauf verzichtet Tage zu zählen. Anfangs so Wochen, Monate, und nun ja schon Jahre … das ist allerdings für mich durchaus sehr bedeutend!

Alles in allem kann ich sagen, dass der Ausstieg aus der Sucht für mich auch folgendes darstellt:

unmittelbar in der Zeit, aber auch jetzt auf die letzten beiden Jahre zurück blickend erlebe ich es so dass diese Schritte mein Einstieg zurück ins wirkliche, gesunde und glückliche Leben, zurück in MEIN Leben, waren und sind. Davon könnt Ihr ja hier im Thread schon lesen und Logbucheinträge werden noch folgen.

Es sind etwas längere Zeilen geworden,
und damit will ich für heute auch erstmal verbleiben.
Einen Song noch hier aus dem MusikThread der für mich ganz gut in diese Zeit hinein passt.
Taifun:

“You'll do the right thing when
You put the wrong thing right”

In diesem Sinne Euch Allen noch einen schönen und kraftvollen Sonntag,
und immer einen guten Wind in den Segeln

Euer Land-in-Sicht

Hallo LiS,

Du schreibst so schön von deinen Erfahrungen
Ich wünsche mir dass viele Menschen davon inspiriert und motiviert werden.

Zitat

Ausstieg = (wieder) Einstieg.

Genauso sehe ich das auch!

Liebe Grüße
Mimose

Liebe Mimose,

Danke für Deine lieben Grüße!
Ich freue mich immer total, wenn ich von Dir lesen kann! Hier und auch im Forum ::)

Zitat

Genauso sehe ich das auch!

Ich glaube, je nachdem wie lange einen das so im Leben begleitet hat, betritt man dann ja auch erstmal 'Neuland'.

Vorsichtig setzt man einen Fuß nach dem anderen auf den Weg. Und manches fühlt sich dann in den ersten Situationen auch noch recht ungewohnt an, so nüchtern, rein und klar. Aber ich wage den nächsten Schritt ... auch wenn ich vielleicht erstmal noch etwas unsicher bin. Und jeder kleine Schatten über den ich dann springe, gibt mir dann wiederum mehr meiner wirklichen Kraft zurück.

So wie ich es erfahren habe (und z.T. auch immernoch erfahre) ist es wirklich eine fantastische Reise zu mir Selbst

Alles erdenklich Liebe,
und Gute innere Kraft immer!

Land-in-Sicht

Logbucheintrag - von nun an für immer -

In den Jahren der Sucht war ich häufig und immer wieder an verzweifelten Tiefpunkten angelangt. Wenn ein zügelloser Exzess am Vorabend entgleist, oder generell mein Leben mal wieder aus den Fugen geraten war, und ich wieder mal vor einem Scherbenhaufen stand.

An diesen Tiefpunkten, die wohl kaum jemand nachvollziehen kann, der so etwas nicht selbst erlebt hat, sagte ich mir sehr oft: „Nie wieder! Niiiee wieder!!“ Und über viele Jahre hinweg habe ich immer wieder versucht damit aufzuhören, was trotz aller investierter Kraft erfolglos blieb. Ja, ich habe sogar ein wenig das Gefühl, je mehr ich dagegen ankämpfte, umso mehr gewann es von meiner Kraft und umso stärker wurde es. Oft hielt dieses ‚nie wieder’ nicht mal bis zum Abend… Dagegen ankämpfen hat für mich so also nicht funktioniert.

Jahrelang hatte ich gegen etwas angekämpft. Erfolglos. Heute weiß ich auch warum: es ist ein Teil von und in mir. Und ich kann ja nicht plötzlich einfach aufhören damit ein wichtiger Teil von mir selbst zu sein. Ich kann nicht ein Stück von mir so einfach wegwerfen. Ich kann aber wachsen, und Dinge aufmerksam und mit der Zeit verwandeln, und es so leben dass es gesund für mich und andere ist.

Ich persönlich habe meinen Ausstieg dann an dem Punkt vollbringen können, an dem ich mich dazu entschlossen habe von nun an und für immer konsequent mit etwas anzufangen! Dabei habe ich mich entschieden von nun an nicht mehr gegen, sondern FÜR etwas zu kämpfen. Ich habe begriffen dass es tatsächlich um mein Leben geht. Und für dieses Leben, und für mein Glück und meine Gesundheit will ich nun für immer, in jedem Augenblick meines Lebens und mit jeder Faser meines Herzens kämpfen. Und ich werde Alles mir nur mögliche dafür tun.

Ich erfahre es für mich so, dass eine Kraft die ich für etwas einsetze eine ganz andere Kraft ist - als eine die ich gegen etwas, vielleicht sogar gegen einen Teil von mir selbst einsetzte.

Auch in schwierigen Situationen war und ist mir diese Einstellung sehr hilfreich.
Denn ich kann mich dann immer ganz konkret fragen:
„Was kann ich jetzt tun, das FÜR mich und andere gut ist?“

Auf die so formulierte Frage finde ich meist eigentlich sogar erstaunlich schnell eine gute und in der jeweiligen Situation passende, konstruktive Antwort. Wobei Tun nicht nur im Sinne von Machen zu verstehen ist, sondern auch im Sinne von denken, verhalten,…

viele Grüße und GuteKraft immer

Land-in-Sicht

Hallo Bassmann,

Zitat von Bassmann

Saufen als Teil meines Wesens?
Ich kann mir das nicht vorstellen.

Ich mir auch nicht mehr ;D
..und so hatte ich es in meinem Beitrag auch nicht gemeint.

Dazu hatte ich weiter oben schon mal ein par Sätze geschrieben:

Zitat von Land-in-Sicht

Ich konnte mir das halt bis zu der Zeit nie so wirklich vorstellen. ... Ich hatte da natürlich manchmal drüber nachgedacht, mir dann aber immer eingeredet dass der Konsum, dass Trinken und Rauchen halt sozusagen ein Teil von mir seien.

Bis hin zu meinem Ausstieg dachte ich immer, ein Leben ohne Rauschmittel und Zigaretten müsse doch sterbenslangweilig und fade sein. Da würde doch was fehlen.

Nun, ich stelle fest dass dem nicht so ist. Das war aber ein absoluter Trugschluss. Denn:
Ich höre heute immernoch die selbe Musik, les die gleichen Bücher, mag die gleichen Dinge, hab das Leben lieb, lache, liebe, lasse mich von Dingen nachdenklich stimmen, und, und, und… Ich geh z.B. auch nach wie vor auf die gleichen Live-Konzerte wie schon immer. Nicht mehr ganz so oft, dafür ist das Erlebnis wenn, dann umso intensiver. Weil ich mich nicht mehr wegschießen muss um es genießen zu können. Es somit pur und in ganzer Palette erlebe, und mein Körper nach einer Weile seine ‚körpereigenen Drogen’ ausschüttet

Wenn ich sage dass es um einen Teil meines Wesens geht, den ich nicht wegwerfen kann, dann meine ich damit vor Allem eben die Fragen die Du, Bassmann, ja ebenso auch ansprichst.

Zitat

Saufen, weil es mir schlecht geht oder weil es mir gut geht; Rauchen, um mich zu beruhigen usw.?

Geht es mir gut? Warum geht es mir gut? Warum geht es mir schlecht? Wie kann ich mich beruhigen, Ruhe und Ausgeglichenheit in mein Leben bringen? Aber auch: Bin ich glücklich? Was macht mich glücklich? Wie kann ich mich wohl fühlen? Wie löse ich meine Aufgaben und Probleme? Welche Ziele habe ich und wie erreiche ich sie? Und vieles dieser Art mehr.

Grundlegende Fragen eben und genau diese sind nun mal Teil meines Wesens. Und nach wie vor, stelle ich mir auch heute immer noch eben exakt genau diese gleichen Fragen. Es sind die selben Fragen wie in den Jahren meiner Sucht. Nur war(en) in der Sucht die Antwort(en) anders.
Zunehmend zentraler in meinem Leben wurde auf solche Frage immer häufiger: Substanzkonsum. Wie kann ich einen lustigen Abend verbringen an dem ich viel Freude habe? Wie kann ich mich heute nach dem anstrengenden Arbeitstag entspannen? Wie kann ich das Wochenende zu einem ganz, ganz besonderen Wochenende machen? Wie bringe ich mehr Schwung in mein Leben dass es nicht langweilig wird? Wie kann ich das Leben genießen? Und viele dieser Fragen mehr. Immer zentraler und einnehmender wurde die Antwort darauf, Alkohol.

Trinken um zu entspannen, Trinken um Spaß zu haben, Trinken um nicht einsam zu sein, Trinken beim bearbeiten einer Aufgabe, Trinken um Probleme zu verdrängen, und, und, und,... Manchmal frage ich mich jetzt im Nachhinein, wie ich es überhaupt so weit kommen lassen konnte, dass ich mich derart habe abstumpfen lassen.

In meinem Ausstieg ist es mir gelungen mich von dieser Substanz zu befreien, die mich auch manipuliert hat. Seit ich mich davon körperlich entwöhnt habe, kann ich nun Glück, Freude, Verbundenheit, Liebe, aber auch Wut, Angst, Trauer und halt diese vielen unzähligen anderen feinen Gefühle und Empfindungen wieder pur und echt erleben. Ohne sie sozusagen künstlich chemisch zu `verwaschen`.

Aber auch über das Gefühlsleben hinaus führt es zu einer wirklichen Bereicherung in meinem Leben. Und hier komme ich wieder auf die Fragen zurück. Denn: meine Antworten sind nun anders. Es gibt nicht mehr nur diese eine immer einnehmender werdende Antwort. Sondern unglaublich viele Antworten. Sehr oft sogar viele verschiedene Antworten allein schon auf eine einzige Frage.
Einfach mal als ein einziges Beispiel: Wie kann ich Ruhe (Entspannung, Beruhigung) und Ausgeglichenheit in mein Leben bringen? Mögliche Antworten: in der Natur spazieren gehen oder Wandern, einem Bach lauschen, schöne Musik hören, ein gutes Buch lesen, mich mit Yoga und/oder Meditation befassen, ein Bild malen, mit einem Menschen sprechen der Ruhe ausstrahlt, Räucherstäbchen, einen richtig feinen Tee trinken, ein Lied singen, Sauna oder Thermalbad, einen schönen Film anschauen, gesunder Schlafrhythmus, Probleme und Aufgaben lösen und aktiv im Griff haben, Loslassen, besinnlichen Gedanken nachgehen, die Wohnung gemütlich aufräumen und Wohlfühlräume schaffen, … wenn man sich eine Weile damit befasst kann man sicher eine halbe Seite und noch mehr füllen, allein mit Antworten auf diese eine Frage.

Meine Fragen, Aufgaben sind die gleichen geblieben - aber ich finde nun andere Antworten.
Dadurch ist mein Leben nun reicher, bunter und sogar auch noch um einiges intensiver geworden.

Die Fragen die dem in meinem Inneren im wesentlichen zu Grunde liegen sind aber die selben.

Ist es so ein wenig besser zu verstehen wie ich es meine?

viele gute Grüße,
Land-in-Sicht

Es war einmal eine Raupe, ein recht großer Raup... Die hatte in ihrem Leben schon immer gerne gelacht, gespielt, und so recht unbekümmert dahin gelebt, und hatte keine rechten Ziele und wusste nicht so recht wohin mit sich in der Welt. Sie war auch lange auf der Suche nach sich selbst. Dabei trank und rauchte sie viel, hatte auch keine Scheu vor manchen anderen Substanzen, und unbemerkt im Laufe der Zeit wurde aus der Suche eine Sucht.
Es kam also die Zeit, in welcher der Raup kaum noch Wege ging. Vielmer war es ein sich im Kreise bewegen. Und jedes Mal wenn der Raup wieder am vermeintlichen Ausgangspunkt des Kreises angelangt war, bemerkte er, dass er wieder ein Stück mehr von seiner eigentlichen Hoffnung und Zuversicht, wieder mehr von seinem Mut und seiner Kraft, mehr von seinen Träumen und seiner Sehnsucht verloren hatte. So musste er erkennen, dass es keine Kreise waren die er ging, sondern vielmehr sogar eine Spirale, die ihn abwärts führte....

An dem Punkt, an dem die Aussichtslosigkeit seines Tuns nahezu unerträglich wurde, beschloss er, dass er, bevor er sich gänzlich aufgeben würde, doch nochmals alle Kraft aufbringen würde, um aus dem Kreisel auszubrechen, und andere Wege zu gehen.. oder zumindest es zu versuchen!!
In den letzten fieberhaft finsteren, und traumhaft nebelig Nächten in der labyrintartigen Spirale sah er, tastend und suchend, keinen Ausgang. Nur, da irgendwo weiter vorne, düster ahnend ein dunkles Tor, von dem er wusste, es wäre das Ende von Allem was er bisher lieb hatte und kannte! Er wusste um die Macht dieses Tores, und so gab er nicht auf einen anderen Ausgang zu suchen. Denn er hatte schon oft davon gehört, und gelesen, und auch in sich selbst schemenhaft gespürt, dass es auch andere Wege und andere Tore geben musste.

Und so kam es, dass er eines Nachts, in einem dieser verzerrten und beklemmenden Zustände, dann doch, da irgendwo hinter sich, eine alte Steinwand leicht schimmern sah. Und da, als er genauer hinsah, erkannte er in dieser Steinwand, bei einer Dornenhecke, eine alte hölzerne Türe. Es schimmerte durch die schmalen Fugen der Türe blass himmelblau eine Ahnung von Klarheit und Ruhe.

Doch über dieser Türe, das erkannte er wo er jetzt vor ihr stand, war in den steinernen Türsturz eine Inschrift gehauen. Er las. Und da stand: "Erkenne Dich selbst."

"Wie..", das fragte sich der Raup "..wie soll ich mir selbst begegnen? Wie den Mut haben mir selbst, meinen eigenen Schatten und meiner Verlorenheit gegenüber treten zu können?!"
Doch er war neugierig. Spähte durch einen schmalen Türspalt, und lauschte an der Türe. Er hörte dort Stimmen die miteinander sprachen, und meinte, da teilweise Dinge zu verstehen, von denen er schon lange träumte und sich nach ihnen sehnte. Er verbrachte nun lange vor dieser Türe. Fragte sich, was ihn in dem Leben auf dieser Seite der alten Mauer noch halten könne – aber auch immer wieder die Frage, "kann ich den Mut haben mir selbst zu begegnen?!"

An einem Punkt, waren dann alle diese Gedanken gedacht. Und er war das wälzen und denken all dieser müßigen Gedanken leid. Und die Stimmen hinter der Türe waren stellenweise sehr nahe. Und so nahm er die gusseiserne Klinke der Türe in die Hand, offnete die Türe, und ohne sich noch einmal umzudrehen oder nach hinten zu schauen, ging er die Schritte hindurch. Das erste was ihn dort erwartete, das spürte er deutlich, das waren trotz aller Verzweiflung und Traurigkeit über das Vergangene, doch wieder Mut, Hoffnung, und Zuversicht, die langsam aber doch merklich begannen wieder in seinen Körper und seine Gedanken zu fließen.
Er beschloss los zu laufen. Und schon sehr bald merkte er, dass das was er da ging, ein Weg war. Ein Weg mit einer Richtung. Und es war ihm, als hörte er hinter sich ein Geräusch von zerberstenden, zerspringend reißenden Ketten. Er glaubte, dass dies die Ketten seiner Sucht waren, welche da brachen, und so ging er noch kräftiger, sie endlich zu zerreißen.

So kam es, dass er nun neue Wege ging. Und er beschloss, dass er seinem Weg den Namen "Erfüllung" geben würde. Er war dankbar und froh darum, das Labyrinth hinter sich gelassen zu haben, und wollte sich von nun an auf die Dinge seiner Sehnsucht hinzu bewegen. Und er suchte jeden Wegweißer, und fragte nahezu Jeden den er begegnete und von dem er glaubte Vertrauen zu haben nach der Richtung. Ganz oft, wenn er an eine Weggabelung kam ohne Wegweiser, oder wo die Befragten sich widersprachen, hörte er ganz einfach in sein eigenes Herz hinein...

Und sein Herz sagte ihm nun "Du kannst die Dinge Ändern"...

Eines Tages auf diesem Weg begegnete ihm jemand, der sprach ihn an, und sagte zu dem Raup:
"Du da, du kriechst da so auf dem Boden herum! Es ist nämlich so: Du bist, wie wir alle hier, einfach nur ein armes alkoholkrankes Würstchen!!"
okay, vielleicht trug die natürliche Färbung der Raupe und die abendliche Dämmerung zu dieser Feststellung bei....jedenfalls, um seine Aussage zu belegen, gab der Redner noch eine ordentliche Portion Senf zu der Raupe. Und da kamen bald auch noch der ein oder andere hinzu, der ebenfalls noch Senf hinzu gab. Es hieß da, man würde dieses Wurst-Dasein für immer mit sich herum tragen, und könne es nie ablegen. Und jemand der etwas anderes behauptete, der würde alle anderen Würste fahrlässig gefährden.. Und so weiter und so fort.
Der Raup sah sich selbst auf dem neuen Weg aber eher so, dass er gar nicht Arm, und auch nicht mehr krank, sondern ein durch den Suchtausstieg reich beschenktes und heilendes Wesen war. Er sagte: "ich fühle mich aber seit dem ich meine Sucht überwunden habe dadurch ganz oft glücklich, und frei!" Worauf die Raupe nur von umso mehr Senf überhäuft und überladen wurde. Bald verschwand sie schon ganz unter einem gamzen Senfberg und bei Sonnenaufgang war schon garnichts mehr von seinem wirklichen Wesen zu sehen. Und auch der Raup selbst sah kaum noch was von seinem eigenen Weg.

Da brach er aus diesem Berg aus und ließ das alles einfach hinter sich. Er ging davon, und schon bald, nach einem kleinen Stück, und als von dem Senf nichts mehr zu sehen war, stellte er fest dass er ganz wundersam anfing sich zu verwandeln. Auf einmal hatte er Flügel, in dezenten Farben und filigran gezeichnet. Und als er sie bewegte stellte er fest dass er flog, in den klaren, blauen Himmel hinauf, und er fühlte sich frei!

Er war glücklich. Ja, glücklich. Und er flog, und flog. Da sah er weiter unten, auf dem Meer ein Schiff. Das Schiff trug den Namen "Land in Sicht", und er sah, dass dieses Schiff einen ganz bestimmten Kurs, auf seine ihm ganz eigene Sehnsucht hin hatte. Da fühlte er sich ihm innerlich sehr verbunden.

Und der fliegende Schmetterling dachte bei sich, wie schön es doch ist - wenn jemand eines Tages die Insel seiner Träume erreicht!