• Ich habe die Alkoholsucht aus meinem Kopf verbannt.
    Bis ich das tun konnte, ist jedoch -wie man so schön sagt- viel Wasser den Rhein herunter geflossen.

    Rund fünf Jahre bevor ich dem Alkohol die kalte Schulter zu zeigen vermochte, schaffte ich es, aus einer anderen Sucht, nämlich der Niktoinsucht, auszusteigen. Nachdem ich die physische Sucht überwunden hatte, machte ich sehr schnell die Erfahrung, dass nichts von dem, was ich dem Suchtmittel an Positivem zugeschrieben hatte, der Wahrheit entsprach.
    Ab da war ich frei. Auch wenn meine Psyche noch hin und wieder Sehnsüchte nach dem Suchtmittel heraufbeschwor, war die Sache für mich erledigt.
    Mir war klar, dass ich nie wieder rauchen würde.
    Alle vorangegangenen Ausstiegsversuche scheiterten daran, dass ich zwar aus gesundheitlichen Gründen den Ausstieg wollte, letztendlich aber davon überzeugt war, dass mir das Suchtmittel einen Nutzen verschaffte.

    Auch beim Alkohol ging ich lange Zeit davon aus, dass er mir nützlich war. Ich wusste, dass er in den Mengen, die ich zu mir nahm, gesundheitsschädigend war, versuchte deshalb weniger zu trinken und schaffte es sogar mehrmals für einige Wochen überhaupt nichts zu trinken, kippte dann aber immer wieder ins alte Muster zurück, wenn ich die Trinkpause beendete und „ein Gläschen in Ehren“ schluckte.
    Damit war es vorbei, als es in meinem Kopf „Klick“ machte. Das was ich dem Alkohol bis dahin an Positivem zuschrieb, schrumpfte ab diesem Zeitpunkt auf seine Betäubungs- und Enthemmungswirkung zusammen. Und auf die kann ich nicht nur verzichten, sondern die will ich nicht mehr spüren.
    Ich möchte und kann alles mit klarem Kopf erleben.

    Seitdem bin ich auch in Bezug auf den Alkohol frei. Ich kann ihn zwar trinken, allerdings beginnt sich nichts in mir danach zu sehen, mich zu betäuben, zu berauschen oder sonstwie psychisch zu verändern.

    Ätherischer Mist, wie ein User an anderer Stelle schrieb, oder erfahrene Wirklichkeit?

    Für mich ist es das Zweite.

    Bassmann

  • Hallo Bassmann, sehr interessantes Posting!

    Ja, das ist der Punkt, dass man zum Schluss kommt (und nicht nur vom Kopf her, sondern auch vom Bauchgefühl, finde ich),
    dass der Alkohol keinen Nutzen hat. Leider bin ich selbst noch nicht ganz so weit, ich mein, mit der Einstellung, dass
    der Alkohol gar keinen Nutzen hat, ich erinnere mich noch zu oft an die "schönen" (benebelten) Momente in einer
    gemütlichen Runde am Stammtisch mit Freunden.

    Bei mir umgekehrt. Ich will auch mal vom Nikotin wegkommen, aber vorher ist bei mir der Alkohol dran.
    Das mit der Trinkpause ist etwas anderes. Das habe ich auch schon des öfteren probiert. Da war ich aber drauf
    fixiert, dass ich mich auf den ersten Tag nach dem Ende sehr freute, wieder einige Biere zu trinken. So gesehen eher
    ein Beweis an sich selbst (der kein richtiger ist), dass man auch ohne Alkohol auskommen kann, zumindest eine zeitlang.

  • Als User, der den "ätherischen Mist" verzapft hat, versuche ich hier nochmal zu erklären, was ich damit meine:

    Dein Posting kann ich fast komplett unterschreiben - aber eben nur "fast"!


    Seitdem bin ich auch in Bezug auf den Alkohol frei. Ich kann ihn zwar trinken, allerdings beginnt sich nichts in mir danach zu sehen, mich zu betäuben, zu berauschen oder sonstwie psychisch zu verändern.

    Auch für mich hat es - so wie Du es beschreibst, "Klick" gemacht.


    Damit war es vorbei, als es in meinem Kopf „Klick“ machte. Das was ich dem Alkohol bis dahin an Positivem zuschrieb, schrumpfte ab diesem Zeitpunkt auf seine Betäubungs- und Enthemmungswirkung zusammen. Und auf die kann ich nicht nur verzichten, sondern die will ich nicht mehr spüren.
    Ich möchte und kann alles mit klarem Kopf erleben.

    Ja, das kann ich unterschreiben.
    Aber dann weichen unsere Erfahrungen erheblich voneinander ab! Denn ICH kann keinen Alkohol trinken, nur um ihn zu geniessen.

    Obwohl ich wusste, dass ich Alkoholiker bin und über die Betäubungs- und Enthemmungswirkungen von Alkohol wusste - ich wollte nur EIN Bier geniessen. Und ein paar Tage später mal wieder EIN Bier, und dann ZWEI Bier ... und dann einen Kasten und was zum Nachspülen ...
    Von wegen "Ich muss mir nur der Sucht bewusst sein ... dann kann man auch Genuss-Trinken ..." Ich sage es nochmal deutlich: Quatsch!

    Ich bin mir meiner Sucht aber soetwas von bewusst!
    Es gibt keine "Abhängigkeit light" - entweder ich bin abhängig oder nicht. Und ich bin es. Also ist für mich der Suchtstoff tabu/tödlich.
    Und wenn Du wirklich nur zum Genuss etwas trinken kannst, dann bist Du nicht abhängig!
    Punkt.

    Gruß
    Greenfox

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

    Einmal editiert, zuletzt von Greenfox (25. Juli 2015 um 23:18)

  • Natürlich bin ich nicht (mehr) abhängig, Greenfox, denn ich brauche den Alkohol nicht (mehr), um Probleme zu verdrängen, um mich besser zu fühlen usw..
    Bis vor etwas mehr als drei Jahren war ich abhängig, denn da brauchte ich den Alkohol. Und zu diesem Zeitpunkt war ich mir -wie du das auch für dich beschreibst- sowas von bewusst, ein erbärmlicher Suchtlappen zu sein, dass mir vor mir selbst schlecht wurde.

    Sich bewusst zu werden, süchtig zu sein, ist ein allererster Schritt. Denn ohne dieses Bewusstsein, sehe ich keine Veranlassung zum Handeln. Der wohl weitaus wichtigere Schritt besteht jedoch darin, gedanklich aus der Suchtspirale auszusteigen.

    Wir sind keine schwachen Würstchen, die nach einem Schluck Alkohol einfach so umfallen, weil es das Schicksal so will oder weil wir im Gegensatz zu den meisten anderen Menschen auf Alkohol allergisch reagieren. Wir haben keinen automatischen Kontrollverlust, gegen den wir machtlos sind, sondern wir entscheiden bei jedem Schluck, ob wir ihn zum Genuss trinken oder ob wir den Alkohol missbrauchen. Es liegt in unserer Macht und Verantwortung, ob wir in altes Verhalten zurückfallen oder nicht. Und wer sich dieser ihm selbst gegenüber bestehenden Verantwortung nicht stellen will oder kann, der muss dem Alkohol dann eben komplett aus dem Weg gehen. Das ist für ihn dann eine praktikable Verhaltensweise, um ein Leben führen zu können, das nicht vom Suff bestimmt wird.

    Als Quatsch würde und werde ich diese Verhaltensweisen Anderer nicht bezeichnen. Aus meiner Sicht ist die oben beschriebene Vorgehensweise der Kontaktvermeidung jedoch nur ein Weg, auf keinen Fall aber der Königsweg. Zumindest nicht für Menschen, die in ihrer Sucht noch nicht so tief unten angelangt sind, dass ohne fremde Hilfe, die dann natürlich auch Bedingungen setzt, nichts mehr geht. Punkt.

    Gruß zurück
    Bassmann

    P.S.: Vielleicht ist die neue Sprachweise, die Alkoholabhängigkeit nicht mehr als Alkoholismus, sondern als alkoholbedingte Störung bezeichnet, tatsächlich sinnvoll. Bei dem einen -wie bei dir- ist die Störung eben sehr tiefgehend, bei anderen -wie bei mir- weniger tiefgehend und deshalb möglicherweise anders zu beheben.

    Einmal editiert, zuletzt von Bassmann (26. Juli 2015 um 09:03)

  • Und wieder grüßt das Murmeltier: Wieder kann ich den ersten Teil absolut unterschreiben.

    Aber ab hier halte ich es - in Bezug auf alkoholabhängige Menschen, die aus der Spirale ausbrechen wollen - für gefährlich und unverantwortlich:


    Wir sind keine schwachen Würstchen, die nach einem Schluck Alkohol einfach so umfallen, weil es das Schicksal so will oder weil wir im Gegensatz zu den meisten anderen Menschen auf Alkohol allergisch reagieren. Wir haben keinen automatischen Kontrollverlust, gegen den wir machtlos sind, sondern wir entscheiden bei jedem Schluck, ob wir ihn zum Genuss trinken oder ob wir den Alkohol missbrauchen. Es liegt in unserer Macht und Verantwortung, ob wir in altes Verhalten zurückfallen oder nicht. Und wer sich dieser ihm selbst gegenüber bestehenden Verantwortung nicht stellen will oder kann, der muss dem Alkohol dann eben komplett aus dem Weg gehen.
    ...
    P.S.: Vielleicht ist die neue Sprachweise, die Alkoholabhängigkeit nicht mehr als Alkoholismus, sondern als alkoholbedingte Störung bezeichnet, tatsächlich sinnvoll. Bei dem einen -wie bei dir- ist die Störung eben sehr tiefgehend, bei anderen -wie bei mir- weniger tiefgehend und deshalb möglicherweise anders zu beheben.

    Mit dieser Haltung suggeriert man diesen Menschen, dass man sich nur der Sucht bewusst werden muss, um zu "Bruce Allmächtig" zu mutieren, um fortan kontrolliert trinken zu können! Und wenn man abstürzt, dann war man eben von seiner Sucht nicht überzeugt genug.
    Vielleicht, aber auch nur vielleicht, sehen diese Menschen dann, dass Du da noch so einen minimalen Halbsatz zu stehen hast: "...der muss dem Alkohol dann eben komplett aus dem Weg gehen."
    Abgesehen davon, dass Du (vielleicht nur unterbewusst bzw. ungewollt) den Menschen wie mir Verantwortungslosigkeit bzw. (mal wieder) mangelnden Willen unterstellst: "Und wer sich dieser ihm selbst gegenüber bestehenden Verantwortung nicht stellen will oder kann..."
    Genau so, wie es viele Menschen tun und sagen, Alkoholiker nur nur "willensschwach"!

    Ich bin mir meiner Sucht vollkommen bewusst und stelle mich auch meiner Verantwortung (sowohl mir selbst als auch meiner Umwelt gegenüber) - indem ich dem Nervengift Alkohol aus dem Weg gehe.

    Wenn es bei Dir funktioniert - schön, freu Dich. Aber nach meinem Verständnis bist Du dann nicht abhängig gewesen. Dann hast Du das große Glück gehabt und warst "nur" Mißbräuchler ??? nixweiss0
    Nur leider kann man die Grenze zwischen "nur" Mißbrauch und "schon" Sucht eben nicht exakt definieren, festlegen.

    Und welchen Namen ich dem Kind nun gebe ... Das erinnert mich an diese krampfhaft Bemühtheit mancher Menschen um "Political correctness" ...

    Einen schönen Restsonntag wünscht
    Greenfox

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!


  • Mit dieser Haltung suggeriert man diesen Menschen, dass man sich nur der Sucht bewusst werden muss, um zu "Bruce Allmächtig" zu mutieren, um fortan kontrolliert trinken zu können!


    ...und das Karussell dreht sich weiter...

  • Zitat

    ...und das Karussell dreht sich weiter...


    ...auf jeden Fall für die Alkoholiker, die deinen Worten glauben.

    Ich verstehe immer noch nicht, wie man eine tödlich endende Krankheit so verharmlosen kann nixweiss0

  • Nur leider kann man die Grenze zwischen "nur" Mißbrauch und "schon" Sucht eben nicht exakt definieren, festlegen.

    Das wüsste ich auch gerne, wo da genau die Grenze liegt. Ist das dort, wo man (ohne Medikamente oder Entgiftung im Krankenhaus) keine alkoholfreien Tage oder Wochen mehr zusammenbringt?

  • Man sieht Ihr seid ihr mal wieder bei Eurer Lieblingsbeschäftigung … 8)

    Ich möchte nur mal in die Runde werfen dass Bassmann (Katro) ganz bestimmt nicht der Einzige ist, der mit der Schilderung seines Lebens aufzeigt dass es für manche Menschen eben ein anderer Weg aus der Sucht führt, als wiederum für Andere welche diese freie Schilderung dann als Böswilligkeit und Angriff auslegen.

    Was soll Katro tun? Soll er seinen Weg verleugnen nur damit Ihr Euren Frieden habt??

    Um allem 'Verdachtsmoment' vorweg zu greifen: Ich lebe sehr zufrieden abstinent/nüchtern!
    Die Schilderungen und Beiträge die Katro aus seinem Suchtausstieg und Leben hier zum offenen Erfahrungsaustausch stellt triggern mich nicht im geringsten. Sie haben vielmehr von Beginn an dazu beigetragen dass ich mich sehr offensiv und ehrlich mit meiner täglichen Position zur Abstinenz auseinandersetze und reflektiere.

    Und es machen sich noch 'ne ganze Menge andere Menschen fernab von Tellerrand dieses Forums Gedanken darum wie diese Wege die hier als 'gefährlich' bezeichnet werden künftig tatsächlich in eine moderne Suchtberatung und –therapie integriert werden. Ich zitiere einfach mal Beispielsweise dem fundierten Wikipediaartikel zur Alkoholkrankheit:

    Zitat

    Kritik an Jellineks Konzepten
    George Eman Vaillant hält wie auch Johannes Lindenmeyer Jellineks Sicht des Krankheitsverlaufes für zu geradlinig, vorbestimmt und nicht aufhaltbar. Sie würden sich auf Erfahrungen, nicht jedoch auf wissenschaftliche Studien stützen. Etliche würden wieder zu maßvollem Trinkverhalten oder auch zur Abstinenz zurückfinden. Das Grundkonzept hält er aber für korrekt.[size=6pt][5][6][/size]

    Oder den Pressetext zu den neuen offiziell gültigen S3 Leitlinien der DG-Sucht:

    Zitat

    Vor diesem Hintergrund kam die international stark beachtete englische Therapieleitlinie … zu dem Schluss, auch die Reduktion der Trinkmengen als zumindest intermediäres Therapieziel für Alkoholabhängige anzuerkennen, ein Standpunkt, den auch die European Medicines Agency vertritt … Nach intensiver Diskussion schloss sich die Konsensusgruppe der S3-Leitlinie „Alkohol“ einstimmig diesem Vorschlag an.

    Quelle z.B. betreffender Beitrag hier im Forum:https://alkoholforum.de//index.php?top…g14499#msg14499


    [hr]

    Zitat

    Und wenn Du wirklich nur zum Genuss etwas trinken kannst, dann bist Du nicht abhängig! Punkt.
    ..bist Du dann nicht abhängig gewesen. Dann hast Du das große Glück gehabt und warst "nur" Mißbräuchler...


    ??? Greenfox – also nix für ungut, aber solche Ferndiagnosen gestellt von einem Laien über hunderte Kilometer via Internet, halte ich ehrlich gesagt für ziemlich waghalsig …
    Auf welche konkreten Sachverhalte bezieht sich denn deine so felsenfeste Behauptung?
    Wodurch, so dass auch ich es evtl. nachvollziehen kann, wird sie belegbar unterstützt?

    Zitat

    Ich verstehe immer noch nicht, wie man eine tödlich endende Krankheit so verharmlosen kann...


    @Gerd - bei mir ist die Krankheit wie man sieht nicht tödlich verlaufen.

    LiS

    Einmal editiert, zuletzt von Land-in-Sicht (26. Juli 2015 um 20:06)


  • Das wüsste ich auch gerne, wo da genau die Grenze liegt.

    @Fran53

    Die Diagnosen Abhängigkeitssyndrom (F10.2) oder Alkoholmissbrauch (F10.1) haben beide unmittelbar mit der Alkoholkrankheit zu tun und werden von Medizinern nach den sogenannten ICD-10 Kriterien gestellt. Das kann man z.B. da genauer nachlesen:
    https://de.wikipedia.org/wiki/Alkoholkr…_ICD.E2.80.9310


    NACHTRÄGLICHE ANMERKUNG:

    Zitat

    Ist das dort, wo man (ohne Medikamente oder Entgiftung im Krankenhaus) keine alkoholfreien Tage oder Wochen mehr zusammenbringt?

    körperliche Entzugserscheinungen
    (=bin nicht abhängig, ich kann schließlich problemlos ein par tage Pause machen)

    und/oder Toleranzentwicklung
    (=ach bei mir ist es ja nicht so schlimm, der Obdachlose drüben im Park, der säuft schließlich jeden Tag zwei Flaschen harten Schnaps)

    ..sind KEINE zwingenden Kriterien für eine Alkoholabhängigkeit. Siehe z.B. obiger Link.

    Einmal editiert, zuletzt von Land-in-Sicht (26. Juli 2015 um 20:37)

  • @Lis: danke für die Erklärung.

    Nur ein Gedanke: Ist wohl auch die Frage, wie ehrlich man zu sich selbst ist. Es könnnte ja sein:
    wenns jmd. herunterspielen möchte, nur um "Missbraucher" statt "Abhängiger" sein zu können (und sich selbst ein Alibi zu schaffen,
    dass man eh noch nicht so "drin ist", um sich dann selbst zu rechtfertigen (um dann eventuell doch kontrolliert weitertrinken zu können)).
    Da stellt sich auch die Frage, ob jmd. für jmd. anderen wirklich eine fehlerfreie Diagnose stellen kann....

  • @Gerd - bei mir ist die Krankheit wie man sieht nicht tödlich verlaufen.

    LiS

    ... angesichts von jährlich weit über 70.000 Alkohol-Direkt-Toten eine zynische Anmerkung!

    Beste Grüße
    keppler

  • ... angesichts von jährlich weit über 70.000 Alkohol-Direkt-Toten eine zynische Anmerkung!
    Beste Grüße, keppler

    Sorry, das tut mir leid! Und so war es ganz sicher auch NICHT gemeint.

    Wer mich nach nunmehr über einjähriger aktiver Beteiligung hier am Forum kennt sollte eigentlich wissen dass ich kein Zyniker bin, und selbst einfach nur zutiefst dankbar bin dass ich heute da in meinem Leben stehe wo ich stehe und mir mein Leben zurückerobern konnte! Unmittelbar vor meinem Suchtausstieg hatte ich selbst, als lebensfroher und vielseitig interessierter Mensch im Rausch widerholte Suizidgedanken die von Rausch zu Rausch zunehmend klarere Gestalt annahmen! Von üblen Stürzen etc. im Vollrausch mal ganz abgesehen....

    Ich habe selbst die allerdunkelsten Seiten dieser Krankheit über Jahre hinweg mehrfach und sehr tief ausgelotet!! Also erzählt mir bitte nichts von Zynismus.

    Einmal editiert, zuletzt von Land-in-Sicht (27. Juli 2015 um 00:44)

  • Ich weiß nicht, was daran zynisch sein soll, wenn sich ein ausgestiegener Alkoholiker darüber freut, seine Sucht besiegt zu haben und sie somit zu überleben. Das macht auch Hoffnung für diejenigen, die noch in ihrer Sucht gefangen sind.
    Ein erfolgreicher Ausstieg ist möglich. Das zeigen die Beispiele vieler Alkoholiker, die jetzt „trocken“ oder -wie ich- suchtfrei leben.

    Zynisch finde ich Äußerungen, die auch in diesem Forum schon gemacht wurden und die darauf hinauslaufen, Alkoholikern Hilfe zu verweigern, wenn sie dem Alkohol nicht bedingungslos abschwören wollen.
    „Dann müssen sie eben noch ein paar Ehrenrunden drehen!“
    Äußerungen dieser Art sind in meinen Augen wirklich zynisch.

    Bassmann

  • Moin, moin -

    ich habe LIS Zynismus lediglich in Zusammenhang mit seiner Entgegnung auf Gerds Kommentar vorgeworfen - und dabei bleibe ich auch!
    Das Alkoholismus im Zweifel tödlich endet, wollt Ihr doch wohl hoffentlich nicht ernsthaft bestreiten? Wenn ich diese Gefahr dadurch zu relativieren versuche, dass ich darauf hinweise, ich habe doch überlebt - was ist daran nicht zynisch?
    Setzt Euch doch `mal nicht bloß virtuell mit Menschen auseinander, die an Bauchspeicheldrüsenkrebs erkrankt sind, die unter Leberzirrhose im Endstadion leiden, die Krampfadern in der Speiseröhre ausgebildet haben, die eine hochgradige Polyneuropathie haben oder Schlaganfälle gerade noch überlebt haben.
    Führt mit diesen Betroffenen Diskussionen über deren Willensdefizite beim Umgang mit ihrem Suchtmittel -
    aber bitte geht dann auch anschließend zu deren Beerdigungen.
    Ich habe mit solchen Menschen im Rahmen meiner ehrenamtlichen Tätigkeit zu tun - und in den letzten Jahren ausreichend viele zu Grabe getragen - von daher kann ich so manche sophistische Diskussion hier wirklich nur als zutiefst zynisch bezeichnen!

    Beste Grüße
    keppler

  • Zitat

    „Dann müssen sie eben noch ein paar Ehrenrunden drehen!“
    Äußerungen dieser Art sind in meinen Augen wirklich zynisch.

    Deine Augen interessieren mich eher weniger.
    Die Erkenntnis aus 8 Jahren Alkforen hat gezeigt, dass diejenigen, die alles anders machen wollten, die "schönsten" Rückfälle gebaut haben, da war und ist jede Initiative zum Scheitern verurteilt.

    Gerd

    P.S. Grad gestern Abend wieder die Info erhalten, dass ein guter Bekannter, der jahrelang 3 Monate im Jahr am Mittelmeer zwischen Kneipe und Wohnung verbracht hat, im Urlaub verschieden ist.

  • Hallo Keppler,

    du siehst den Alkoholismus und das mit ihm verbundene Leid mit deinen Augen. Das ist auch verständlich. Mit wessen Augen solltest du auch sonst sehen?
    Ich sehe es mit meinen Augen. Und ich stelle für mich fest, was ich in diesem Forum auch schon geäußert habe, dass die Sucht auch für mich hätte tödlich enden können, wenn ich nicht über den erfolgreich verlaufenen Rauchstopp den Mut gefasst hätte, auch den Ausstieg aus meiner Abhängigkeit vom Alkohol zu suchen. Diesen Mut verdanke ich nicht Menschen wie dir oder der Suchthilfe, sondern einem optimistischen Allen Carr, der mir zeigte, dass der Ausstieg für jeden möglich ist.

    Menschen wie du –ich schätze dich grundsätzlich, jedoch nicht in diesem Punkt, Keppler- und der einseitige Behandlungsansatz der Suchthilfe dagegen haben mich verängstigt und letztendlich dazu beigetragen, mich über viele Jahre hinweg durchzuwurschteln. So habe ich wie tausende Andere viele Ehrenrunden gedreht, die ich nicht hätte drehen müssen, wenn es nicht diese Einseitigkeit in der Betrachtung und der Behandlung der Alkoholabhängigkeit gegeben hätte und noch immer gibt.

    Und ich sage es noch einmal: Ich finde es absolut nicht in Ordnung, nicht in Betracht zu ziehen, wie man die Menschen, die noch nicht ganz unten sind, davor bewahren kann, dort unten anzukommen, bevor sie –wie das gewünscht ist- um Hilfe bitten, weil nichts mehr geht (außer dem freiwilligen oder unfreiwilligen Ableben). Sie Ehrenrunden drehen zu lassen, weil sie eine alternative Behandlung wünschen, das halte ich für zynisch.

    Es grüßt dich
    Bassmann

  • Hut ab vor Deiner Arbeit, keppler. Soweit gehe ich nicht, da ich zeitmäßig auf Arbeit ziemlich eingebunden bin. Ich bin nur desöfteren im Krankenhaus, auf der Suchtstation, und unterhalte mich mit den Leuten dort auch vor bzw. nach meiner Vorstellung meiner SHG.
    Und dabei habe ich mehrfach Menschen getroffen, die mir etwas davon erzählt haben, dass sie zwar wissen, dass sie alkoholabhängig sind, aber auf Alkohol nicht verzichten wollen/können und lieber kontrolliert trinken wollen. Eine Frau hat mir sogar von diesem Buch von Allan Carr berichtet, welches sie gerade lese. Das Ende vom Lied: Ich habe sie alle dort wiedergesehen, mehrfach, und zunehmend in schlechterer Verfassung.
    Eine Gruppenfreundin arbeitet als Krankenschwester auf einer Station, wo schwerstkranke Patienten liegen. Krankheitsursache in 90% Alkohol. Und was die manchmal berichtet :o

    Und wenn dann behauptet wird

    Sie Ehrenrunden drehen zu lassen, weil sie eine alternative Behandlung wünschen, das halte ich für zynisch.

    dann platzt mir die Hutschnur ob solchen Zynismus - das ist schon mehr als zynisch. Kurse für kontrolliertes Trinken anzubieten hat hier schon mal jemand versucht (DreiStattDry). Und bei seinem "Vortrag" (nicht hier im Forum, im "echten" Leben) konnte er keine einzige Frage vernünftig beantworten.
    Macht mal weiter mit dem "Wenn man weiss, dass es heiss ist, verbrennt man sich auch nicht!"

    Ich für meine Person weiss, dass ich mich nicht verbrenne, wenn ich nicht anfasse - und das propagiere ich auch (Und jetzt kommt mir nicht mit Handschuhen etc - das ist ein Vergleich und der hinkt!).

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!


  • Sorry, das tut mir leid! Und so war es ganz sicher auch NICHT gemeint.

    Hallo,
    ich habe mich bereits gestern für die Bemerkung entschuldigt. Ausführlich in Antwort #12. Die Bemerkung war in gewissen Worten falsch formuliert und ich habe erkannt dass sie beim Lesen missverständlich beim Gegenüber ankommen kann. Ich bitte darum mir nicht böswillig Zynismus zu unterstellen. Mein Satz war auf MICH SELBST und auf absolut ausschließlich niemanden anderen bezogen!!

    Ich habe selbst enge Freunde durch die Alkoholkrankeit verloren! Unwiederbringlich!
    In meinem Beitrag versuche ich ausführlich mit sachlichen Fakten und Belegen auf die bisher noch nicht eingegangen wurde eine Sichtweise darzustellen. Wer den von mir zitierten Beitrag zu den neuen S3-Leitlinien aufmerksam gelesen hat, dem sollte aufgefallen sein dass ich dort explizit einen mir sehr wichtigen Satz kenntlich hervorgeoben habe:

    Zitat

    [size=9pt] ... könnte die Inanspruchnahme von psycho- und pharmakotherapeutischen Angeboten von bisher 10 % auf 40 % der Betroffenen erhöht werden, ließen sich nach einer aktuellen Modellrechnung pro Jahr rund 2000 Menschenleben in Deutschland retten.[/size]

    Quelle z.B. betreffender Beitrag hier im Forum:https://alkoholforum.de//index.php?top…g14499#msg14499

    Dies solte eigentlich meine Position verdeutlichen. Ich selbst bin im Herzen froh um jede einzelne zusätzliche Seele die sich von der Alkoholkrankheit befreien konnte!!

    Ich könnte ebenfalls Zynismus unterstellen, wenn hier einem Betroffenen gesagt wird er sei doch garnicht süchtig. Ich unterstelle dies aber nicht, ich frage nach sachlichen Aspekten die diese Behauptung eventuell belegen könnten.

    Im allgemeinen denke ich dass wir in dieser Thematik wenn, dann durch Sachlichkeit weiterkommen könnten. Indem man sich gegenseitig immer wieder Zynismus und andere Boshaftigkeiten unterstellt hat man meiner Meinung nach bisher noch kein gewinnbringendes Gespräch geführt...

    LiS

    Einmal editiert, zuletzt von Land-in-Sicht (27. Juli 2015 um 12:06)


  • Die Erkenntnis aus 8 Jahren Alkforen hat gezeigt, dass diejenigen, die alles anders machen wollten, .. Rückfälle gebaut haben, ..

    Meine bisherige bescheidene Erfahrung in SHG´s vor allem aber auch ganz deutlich in Internetforen ist diese, dass Menschen die es auch nur ansatzweise wagen 'andere' Gedanken, Gefühle, Erlebnisse etc. zu äußern radikal niedergetrampelt und von einem aufgebrachten, teilweise agressiven Mob aus der Community geschossen werden. Da geht es hier ja zum Glück sehr human zu. In anderen Foren wird gleichmal was nicht passt zensiert, und jemand der es wagt rückfällig zu sein, oder der sich auch nur ein kleinwenig fernab vom akzeptiert festgelegten Standardvokabular bewegt umgehend der Account gelöscht. Der nächste Rückfall wird ihnen zudem ja schon fast massiv eingeredet, zumindest geschieht meist das Gegenteil von Motivation.

    Die Beobachtung aus Internetforen ist somit sehr einseitig weil dort bisher gar keine wirklich offene Betrachtung von Menschen mit anderen Wegen stattfindet!

    Es handelt sich also, lieber Gerd, nicht um DIE Erkenntnis von der du sprichst, sondern um DEINE Erkenntnis.

    Die Professoren, Doktoren, Suchthilfeverbände und Suchtpexperten welche z.B. die neuen S3-Leitlinien entwickelten, haben sich dagegen über viele Jahre hinweg mit ganz anderen, international weltweiten Langzeiterhebungen, -studien und wissenschaftlichen Erkenntnissen welche wiederum teilweise über Jahrzehnte liefen auseinander gesetzt.


    ..da war und ist jede Initiative zum Scheitern verurteilt.

    Das stimmt so einfach nicht. So einfach und einseitig ist das alles nicht.

    LiS

    Einmal editiert, zuletzt von Land-in-Sicht (28. Juli 2015 um 19:19)

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