Epochale Schritte in den offiziellen S3-Leitlinien – so ist das bisher gültige strikte Abstinenzdogma in der therapeutisch begleiteten Überwindung von Alkoholproblematiken und/oder Abhängigkeiten zu Anfang diesen Jahres gefallen.
Neben dem Königsweg Abstinenz, der vor allem für Abhängige nach wie vor primäres Ziel bleibt, findet nun auch die therapeutisch begleitete Konsumreduzierung in der Beratung und Behandlung alkoholbedingter Störungen jeder Art offizielle Anerkennung und Anwendung. Mit diesen Neuerungen schlägt Deutschland in den letzten Jahren einen Weg ein der in anderen Ländern schon weit längere Zeit erfolgreich gegangen wird.
In einem anderen Thread hatte ich diese Tage dazu geschrieben:
…dass Abstinenz sowohl ein sehr guter Weg, als auch ein sehr schönes Ziel sein kann. ... Aber halt eben nicht zwingend für Alles und Jeden. Manche können, manche wollen oder andere wiederum müssen ja auch vielleicht gar nicht gänzlich diesen Weg gehen. Und daher gibt es mittlerweile durchaus auch andere gute Wegoptionen die in den letzten Jahren ja sogar auch zunehmend offiziell anerkannt werden.
Das möchte ich hier noch mal aufgreifen um dazu auf die seit dem 03. Februar 2015 gültigen offiziellen „S3-Leitlinien zur Behandlung alkoholbezogener Störungen“ hinweisen.
Hier ein Link zur offiziellen Seite der DEUTSCHEN GESELLSCHAFT FÜR SUCHTFORSCHUNG UND SUCHTTHERAPIE:
>>neue evidenzbasierte S3-Leitlinien für Alkohol- und Tabakabhängigkeit
Dort sind Informationen und PDF aller verfassten Leitlinien (Alkohol & Tabak) in ausführlicher Form und in offiziellen Pressetexten zum Lesen und Download aufgelistet.
In der >>Langversion(Alkohol)<< ist zum Beispiel zu den Therapiezielen LZT festgehalten:
ZitatBei postakuten Interventionsformen ist Abstinenz bei Alkoholabhängigkeitssyndrom (ICD10: F10.2) primäres Therapieziel. Ist die Erreichung von Abstinenz z.Z. nicht möglich oder liegt schädlicher bzw. riskanter Konsum vor, soll eine Reduktion des Konsums (Menge, Zeit, Frequenz) im Sinne einer Schadensminimierung angestrebt werden.
Im kurz gefassten und sehr gut geschriebenen offiziellen >>Pressetext(Alkohol)<< finden sich Auszüge aus der wie ich finde sehr lesenswerten Einleitung der Langversion:
Zitat... viele Betroffene sind unsicher und schrecken gerade zu Beginn einer Abhängigkeit vor dem Aufsuchen einer Beratung und Behandlung zurück. In einer empirischen Untersuchung in den USA war knapp die Hälfte der Personen mit behandlungsbedürftigen Alkoholproblemen trotz eigener Einsicht in die Notwendigkeit (noch) nicht bereit, vollständig auf Alkoholkonsum zu verzichten ... Vor diesem Hintergrund kam die international stark beachtete englische Therapieleitlinie … zu dem Schluss, auch die Reduktion der Trinkmengen als zumindest intermediäres Therapieziel für Alkoholabhängige anzuerkennen, ein Standpunkt, den auch die European Medicines Agency vertritt … Nach intensiver Diskussion schloss sich die Konsensusgruppe der S3-Leitlinie „Alkohol“ einstimmig diesem Vorschlag an. Die damit verbundene Senkung der Eingangsschwellen soll deutlich mehr Menschen in eine Beratung und Behandlung führen als bisher. Könnte die Inanspruchnahme von psycho- und pharmakotherapeutischen Angeboten von bisher 10 % auf 40 % der Betroffenen erhöht werden, ließen sich nach einer aktuellen Modellrechnung pro Jahr rund 2000 Menschenleben in Deutschland retten. ...
Hier ein guter Artikel zu den neuen Leitlinien im SPIEGEL-ONLINE:
>>Spiegel.online - neue Leitlinien, bessere Hilfe gegen Akohol- und Nikotinsucht
[hr]
Am etwa 4-jährigen Entwicklungsprozess der Leitlinien waren mehr als 50 Fachgesellschaften, Berufsverbände, Gesundheitsorganisationen, Selbsthilfe- und Angehörigenverbände sowie über 60 ausgewiesene Suchtexpertinnen und –experten beteiligt. Hier eine Liste:
[size=7pt]Deutsche Gesellschaft für Suchtforschung und Suchttherapie (DG-Sucht)
Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN)
Zentralinstitut für Seelische Gesundheit (ZI) / Medizinische Fakultät Mannheim / Universität Heidelberg / Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Universität Tübingen / Aktion Psychisch Kranke (AKP) / Arbeitsgemeinschaft für Neuropsychopharmakologie und Pharmakopsychiatrie (AGNP) / Arbeitskreis der / Chefärztinnen und Chefärzte der Kliniken für Psychiatrie und Psychotherapie an Allgemeinkrankenhäusern in Deutschland (ACKPA) / Bayerische Akademie für Suchtfragen e.V. / Berufsverband Deutscher Psychiater (BFDP) / Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen (BDP) / Berufsverband für Kinder und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie in Deutschland (BKJPP) / Bundesarbeitsgemeinschaft der Leitenden Klinikärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie e.V. (BAG) / Bundesärztekammer (BÄK) / Bundesdirektorenkonferenz, Verband leitender Ärztinnen und Ärzte der Kliniken für Psychiatrie und Psychotherapie (BDK) / Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) / Berufsverband Deutscher Nervenärzte (BVDN) / Bundesverband für Stationäre Suchtkrankenhilfe (BUSS) / Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) / Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI) / Deutsche Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin (DGAUM) / Deutsche Gesellschaft für Biologische Psychiatrie (DGBP) / Deutsche Gesellschaft für Gerontopsychiatrie und –psychotherapie e.V. (DGGPP) / Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) / Deutsche Gesellschaft für Kardiologie, Herz- und Kreislaufforschung e.V. (DGK) / Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie e.V. / Deutsche Gesellschaft für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie (DGMKG) / Deutsche Gesellschaft für Nikotin- und Tabakforschung e.V. (DGNT) / Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) / Deutsche Gesellschaft für Psychologie (DGPs) / Deutsche Gesellschaft für Psychosomatische Medizin und Ärztliche Psychotherapie (dgpm) / Deutsche Gesellschaft für Rehabilitations- wissenschaften (DGRW) / Deutsche Gesellschaft für Soziale Arbeit in der Suchthilfe (DGSAS) / Deutsche Gesellschaft für Suchtmedizin (DGS) / Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) / Deutsche Gesellschaft für Suchtpsychologie (dgsps) / Deutscher Bundes verband der Chefärztinnen und Chefärzte der Fachkliniken für Suchterkrankungen (DBCS e.V.) / Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV) / Deutscher Verband der Ergotherapeuten (DVE) / Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ) / Deutsche Suchtmedizinische Fachgesellschaft (DSMG) / Deutsche Vereinigung für Soziale Arbeit im Gesundheitswesen (DVSG) / Diakonische Suchtselbsthilfe / Blaues Kreuz in Deutschland / Blaues Kreuz in der Evangelischen Kirche / Freundeskreise für Suchtkrankenhilfe Bundesverband e.V.) / Fachverband Sucht (FVS) / Guttempler in Deutschland (IOGT) / Norddeutscher Suchtforschungsverbund (NSF) / Österreichische Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie (ÖGPP) / Österreichische Gesellschaft für Suchtforschung und Suchttherapie (ÖGS) / Schweizer Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie (SGPP) / Schweizer Gesellschaft für Suchtmedizin (SSAM) / Stiftung für Biomedizinische Alkoholforschung Tübinger Förderverein für abstinente Alkoholkranke e.V. (TÜF) / Bundesverband der Elternkreise suchtgefährdeter und suchtkranker Söhne und Töchter e.V. (BVEK) / Deutscher Fachverband Verhaltenstherapie (DVT) / Deutsche Gesellschaft für Pflegewissenschaft (DGP)
Prof. Dr. Karl Mann, Leiter der Steuergruppe (Dt. Gesellschaft für Suchtforschung und –therapie, DG-Sucht)
Prof. Dr. Anil Batra, Co - Leiter (Dt. Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde, DGPPN)
Prof. Dr. Gerhard Bühringer (Dt. Gesellschaft für Psychologie, DGPs)
Prof. Dr. Michael Klein (Dt. Gesellschaft für Suchtpsychologie, DGSPS)
Prof. Dr. Jens Reimer (Dt. Gesellschaft für Suchtmedizin, DGS)
PD Dr. Gerhard Reymann (Dt. Gesellschaft für Psychosomatische Medizin und ärztliche
Psychotherapie, DGPM, Bundesdirektorenkonferenz, BDK)
Prof. Dr. Rainer Thomasius (Bundesarbeitsgemeinschaft der Leitenden Klinikärzte
für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie e. V., BAG;
Berufsverband für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie in
Deutschland e. V., BKJPP; Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie,
Psychosomatik und Psychotherapie e.V., DGKJP)
Dr. Eva Hoch (Methodikerin), Dr. Kay Uwe Petersen (Methodiker)
Dr. Klaus Amann, Dipl. Psych. Julia Arens, Dr. Martin Beutel (Ltg.), Dr. Oliver Bilke-Hentsch, Dr. Gallus Bischof, Prof. Dr. Udo Bonnet, PD Dr. Ralf Demmel, Dr. Heribert Fleischmann, PD Dr. Jennis Freyer-Adam, Prof. Dr. Wilma Funke, Dr. Dieter Geyer, Prof. Dr. Euphrosyne Gouzoulis-Mayfrank, Dr. Arthur Günthner (Ltg.), Dr. Ursula Havemann-Reinecke, Prof. Dr. Derik Hermann, Dr. Eva Hoch, Dr. Bettina Jäpel, Dr. Andreas Koch (Ltg.), Dr. Joachim Köhler, Dr. Georg Kremer, Dipl. Psych. Nikolaus Lange, Prof. Dr. Gerhard Längle, Dr. Bodo Lieb, PD Dr. Johannes Lindenmeyer, Prof. Dr. Karl Mann, Dipl. Psych. Peter Missel (Ltg.), PD Dr. Tim Neumann, Prof. Dr. Ulrich W. Preuss (Ltg.), Dr. Olaf Reis, PD Dr. Gerhard Reymann, PD Dr. Monika Ridinger, PD Dr. Hans-Jürgen Rumpf (Ltg.), Dr. Peter-Michael Sack, PD Dr. Ingo Schäfer, Prof. Dr. Martin Schäfer (Ltg.), Prof. Dr. Norbert Scherbaum, Dr. Welf Schröder, Prof. Dr. Manfred V. Singer, Prof. Dr. Michael Soyka, Prof. Dr. Claudia Spies, Dipl. Psych. Julian Stappenbeck, Prof. Dr. Rainer Thomasius (Ltg.), Mag. Natasha Thon, Dr. Clemens Veltrup, Prof. Dr. Irmgard Vogt, PD Dr. Tilmann Weber, Herr Georg Weil, Dr. Volker Weissinger, Dr. Bernd Wessel, Dr. Arnold Wieczorek, Prof. Dr. Klaudia Winkler, Dipl. Soz. Päd. Nadja Wirth, Prof. Dr. Norbert Wodarz(Ltg.), Dr. Dirk Wolter, Prof. Dr. Friedrich M. Wurst (Ltg.)[/size]
Mein zutiefst verbundener Dank gilt jetzt schon diesen Menschen, da sie mich persönlich so auf den Weg aus der Sucht in ein langfristig zufrieden nüchternes Leben brachten!!
Land-in-Sicht