Liebe Forumsmitglieder,
gestern war mein erster Trockengeburtstag. Ein Meilenstein!
Meine Alkoholikerkarriere begann verhältnismäßig spät. Mein Mann war Quartalstrinker, nach einer Beinamputation im Rollstuhl. Beide Eltern waren schwer krank, brauchten Pflege und verstarben. Dann starb auch mein Mann und mein Arbeitgeber verlagerte die Firma ins Ausland. Alles "Gründe" sich immer weiter in den Sumpf zu begeben, dort Trost zu suchen. Es dauerte lange, bis ich mir eingestand, Alkoholikerin zu sein. Suchte ich Hilfe? Nein, dazu schämte ich mich zu sehr. Irgendwann brach mein Kartenhaus zusammen, das ich mit so viel Mühe versucht aufrecht zu erhalten.
Zwei Entgiftungen folgten, nachdem meine Hausärztin mich direkt auf meinen Alkoholkonsum ansprach. Ich machte anschließend alles falsch - besonders der Gedanke "das kann ich alleine" war fatal. Zur dritten Entgiftung ein nasses Jahr später wurde ich dann im Rettungswagen nach einem Selbstmordversuch (eine Flasche Cognac und eine Flasche Vodka plus 100 Pillen) auf die Intensivstation gebracht.
Anschließend zwei Tage auf der geschlossenen Abteilung des Bezirkskrankenhauses, weitere drei Wochen auf der offenen Station. Diesmal kapierte sogar ich, dass es nun um die Wurst ging, wie man so schön sagt. Also bei der Suchtberatung angemeldet, dort wöchentliche Gespräche und SHG, LZT in die Wege geleitet, anschließend Nachsorge und weiter zur SHG, die ich nicht mehr missen möchte.
Zwischen der Entlassung aus dem Krankenhaus und dem Beginn der LZT waren doch fünf Monate. Ich bin zutiefst dankbar, dass ich diese ohne Alkohol überstanden habe. Ohne den Beistand meiner Hausärztin, der Suchtberaterin und der SHG hätte ich es - so bin ich überzeugt - nicht geschafft.
Heute geht es mir gut. Ich habe wieder Struktur in meinen Alltag gebracht und stelle fest, dass sich die Probleme, die sich in meinem nassen Zustand wie unbezwingbare Gebirge aufgetürmt hatten im trockenen Zustand durchaus lösen lassen. Ich kann wieder Gäste empfangen und bewirten, habe ein altes Hobby wieder aufgegriffen. Kurzum, das Leben ist wieder lebenswert.
Ich wünsche Euch allen alles Gute auf Eurem Weg und uns allen einen guten Austausch.