Schauze voll....

  • ...vom ständigen schlechten Gewissen, weswegen ich mich hier nun vorstellen möchte. Der liebe, teuflische Alkohol begleitet mich nunmehr seit meinem 17 Lebensjahr (also bald 15 Jahre). Es gab Höhen, da war kontrolliertes Trinken möglich und Tiefen, an denen die "Einschläge" in immer kürzer werdenen Abständen mit zunehmender Intensität kamen. Ich war schon mehrmals beim Psychologen und auch in der Suchtberatung (ist allerdings schon ca. 2 Jährchen her) und mir wurde zwar ein problematisches Verhältnis zu Alkohol, aber keine "richtige" Alkoholabhängigkeit attestiert. Was mich im Nachhinein übrigens sehr geärgert hat...wenn ich der Meinung bin, dass mein Trinkverhalten nicht normal ist, sollten die Ärzte das gefälligst akzeptieren. >:( Egal...nach einer einjährigen Abstinenz und auch einem Besuch einer Selbsthilfegruppe, dachte ich, dass ich den Alkohol wieder im Griff hätte. ;D Manchmal denke ich halt, ich wäre ein Superheld. 8)

    Na ja, seit einiger Zeit wird es wieder schlimmer. Meine Dämonen werden stärker und unkontrollierbarer. Aussetzer gegenüber anderen Menschen, Peinlichkeiten nehmen zu. Ich bin total unberechenbar für mich und meine Umwelt geworden und das nervt mich zutiefst. Da ich dieses Jahr zum Juni hin einen neuen Job anfangen werde, plagen mich jetzt schon Ängste, dass ich diesen aufgrund meines Alkoholverhaltens verlieren könnte. Daher...noch bin ich nicht trocken, aber ich habe (wie schon oben geschrieben) die Schnauze echt voll. Ich will, dass mein Leben, meine Sehnsüchte und Gedanken endlich wieder mir gehören. Der Alkohol nimmt mir meine Würde und meinen Verstand. Das hat er nicht verdient. Er war mir die letzten Jahre zwar ein stetiger Begleiter, aber meist ein schlechter Ratgeber und kein guter Freund. Das soll sich ändern.

    Nunmehr habe ich beschlossen (auch aufgrund der erfolgten Tipps), dass ich nächste Woche einen Termin bei meiner Hausärztin machen werde, um auch mal einen Check-up meiner Organe machen zu lassen. Ich habe zwar nie das "harte" Zeug getrunken und auch nie täglich (hatte immer ca. 2-3 alkoholfreie Tage in der Woche), aber auch steter Tropfen höhlt den Stein und auch zwei, drei Flaschen Wein am Abend zusammen mit dem Freund hinterlassen ihre Spuren. :-[

    Ich hoffe, ihr bleibt mit mir zusammen am Ball. Denn Stütze und Hilfe werde ich dringend benötigen, da ich es auch beruflichen Gründen zeitlich in eine der Selbsthilfegruppe hier vor Ort schaffen werde.

    Vielen Dank für eure Aufmerksamkeit. ;D

    Eure Bighara

  • Guten Tag Bighara,

    herzlich willkommen und 44. für deinen Entschluss. Du schreibst ja sehr genau wie deine Vorstellung aussieht. Also - dann mal los. Weiß deine Hausärztin Bescheid? Willst du nur deine Organe etc. überprüfen lassen oder willst du ehrlich mit ihr über dein Problem sprechen? Es wäre sicher ganz gut mit ihr gemeinsam eine Strategie festzulegen, um alkoholfrei zu werden und zu bleiben.
    Ich wünsch dir viel Kraft, alles Gute und auf einen guten Austausch hier.

    LG Betty

    Auf dem Weg zu mir lerne ich mich immer besser kennen. <br />Ich habe Freundschaft mit mir geschlossen und freue mich, dass ich mir begegnet bin.<br /><br />Ich bin lieber ein Original als eine herzlose Kopie.

  • Hi Betty. Nein, ich möchte mit ihr komplett über das Problem sprechen. Herrscht ja schließlich Schweigepflicht, daher breche ich mir da keinen Zacken aus der Krone. ;)

    Natürlich bin ich fest entschlossen, jedoch graut es mir vor einer Sache: Mein Partner ist dem Alkohol auch nicht abgeneigt. Eigentlich hat er auch ein Problem, jedoch sieht er das ein wenig anders. Er hat nicht solche Aussetzer wie ich und verliert auch nicht die Kontrolle. Aber....wie soll ich das durchhalten, wenn mein Partner mir einen vortrinkt? Ich habe das zwar in der Vergangenheit auch schon geschafft durchzuhalten, aber ich finde, dass es kaum etwas Anstrenderes gibt. :-\ Da muss ich mir noch ein Patentrezept überlegen. nixweiss0

  • Herzlich Willkommen Bighara,

    toll, dass Du den Entschluss gefasst hast, keinen Alkohol mehr zu trinken und bereits so konkrete Pläne hast. Nicht trinken bei einem trinkenden Partner ist anstrengend, aber nicht unmöglich, hab ich auch. Vielleicht kannst Du aber auch mit ihm reden und er hört dir zu liebe auf?

    Katniss

  • 44. Super Bighara. Erst einmal Ärztin und genaue Besprechung mit Plan. Dann kann es weiter gehen. Die Situation ist sicher nicht einfach, aber man (du) kann alles schaffen. Wie ist im Moment noch unwichtig. Wichtig bist jetzt erst einmal du. Ich habe mit meinem Partner damals kann klar gesprochen. Er trinkt (trank) gerne mal 1 Glas Wein. Damals auch noch mehr. Er hat sofort reagiert und in meinem Beisein nicht mehr getrunken. Wir haben viel geredet. Jetzt trinkt er sehr selten auch mal ein Glas Wein in meinem Beisein. Aber wirklich selten. Mich stört es allerdings auch nicht mehr. Mein Freund hat festgestellt, dass es ihm ohne Alkohol auch viel besser geht. Vielleicht bekommst du so etwas mit deinem Schatz ja auch hin - oder ähnlich. Manchmal reagieren die Menschen ganz anders, als man annimmt. Aber wie auch immer: Erst einmal geht es um dich. Ich wünsch dir ganz viel Kraft. Du hörst dich sehr entschlossen und auch selbstbewusst an. Also, schau voraus und gehe DEINEN Weg - umkehren gilt nicht ( :) ).

    Alles Gute von Betty

    Auf dem Weg zu mir lerne ich mich immer besser kennen. <br />Ich habe Freundschaft mit mir geschlossen und freue mich, dass ich mir begegnet bin.<br /><br />Ich bin lieber ein Original als eine herzlose Kopie.

  • Hallöchen Katniss,
    huhu Betty,

    ich muss mit ihm reden, da führt kein Weg dran vorbei. Ich denke auch, dass er meinen Plan unterstützen wird- zumindest für mich. Ich weiß aber nicht, inwieweit er in der Lage sein wird mitzuziehen. Er trinkt nicht wenig und -vielleicht kennt ihr das auch noch aus alten Zeiten- ist es manchmal auch ein schönes Gefühl ist, wenn gemeinsam bei ein, zwei Flaschen Wein sich einen Rausch antrinkt und dabei über Gott und die Welt redet. Ich bin bereit, genau diese Erlebnisse aufzugeben, da sie für mich die Eintrittskarte nach Mordor bedeuten. Er müsste sich ja quasi selbst auf Entzug setzen, nur weil es mir dann helfen würde. Bin da echt noch ein wenig ratlos, wie ich diese Hürde am besten umschiffe....

  • :) gebe dir Recht....

    aber, es ist kein schönes, sondern ein superschönes Gefühl, wenn man über Gott und die Welt bis tief in die Nacht reden kann. "Im nüchternen Zustand"!!! Wenn man nüchtern lachen, blödeln und albern sein kann. Ich stelle fest, dass es geht. Gut sogar. Warum sollte dir das nicht gelingen?? Ich denke, ihr werdet gemeinsam einen Weg finden.

    Viel Glück dabei. Du musst dein Ziel verfolgen - dann 44.

    LG Betty

    Auf dem Weg zu mir lerne ich mich immer besser kennen. <br />Ich habe Freundschaft mit mir geschlossen und freue mich, dass ich mir begegnet bin.<br /><br />Ich bin lieber ein Original als eine herzlose Kopie.

  • Liebe Bighara,

    ich heiße Dich herzlich Willkommen im Forum und freue mich, eine weitere starke Persönlichkeit kennenzulernen, die weiß, was sie will. :)

    :welcome:


    Es freut sich auf einen guten Austausch,
    Pinguin

    „Erfolg ist nicht auf Erfolg aufgebaut. Er ist auf Fehlern aufgebaut. Er ist auf Frustration aufgebaut. Manchmal ist er auf Katastrophen aufgebaut.“

  • Liebe Bighara,
    auch ich möchte dir ein herzliches[size=11pt] ´Willkommen hier!´[/size] senden wikende091

    Du wirst bald sehen dass du hier eine offene und freie Gesprächsatmosphäre findest.
    Ich freue mich dass du hier bist.


    Der liebe, teuflische Alkohol begleitet mich nunmehr seit meinem 17 Lebensjahr (also bald 15 Jahre).


    Ja, die Versuchung des Rausches ist in der Tat irgendwo so etwas wie eine teuflisch dämonische Verlockung. Darin stimme ich dir absolut zu. Für mich persönlich habe ich allerdings festgestelt dass der eigentliche `Feind´ nicht im Glas sitzt, nicht in einer Flasche und in keinem Werbespot. Und auch nicht unter den Kastanienbäumen eines sommerlichen Biergartens oder wo auch immer. Die eigentlichen Dinge die es zu reflektieren und mir bewusst zu machen gilt liegen in mir selbst, in meinem Inneren. Kann ich dich fragen wie du das siehst?


    ...ich muss mit ihm reden, da führt kein Weg dran vorbei. Ich denke auch, dass er meinen Plan unterstützen wird- zumindest für mich.


    Manchmal hält man mit der nüchternen, bewusst reflektierten Lebensweise den anderen eine art Spiegel vor der für sie im ersten Moment ungewohnt oder zum Teil sogar unangenehm sein kann. Ich selbst habe allerdings bisher komplett, durchweg die Erfahrung gemacht dass die Menschen die mich wirklich ´lieb haben´ mich auch absolut unterstützen und sie sich aufrichtig für mich und mit mir freuen. Manche kommen, da sie sehen wie gut und frei es mir jetzt geht, nun sogar z.T. selbst ins Nachdenken ;)

    Liebe Bighara, Veränderung ist absolut möglich wenn du sie bewirkst, daran glaube ich ganz fest!!

    Ich wünsche Dir und uns Allen eine schöne Zeit hier,
    und Gute innere Kraft immer.

    Machs gut und bis bald,
    Land-in-Sicht

  • Hallo, Bighara,

    und HERZLICH WILLKOMMEN hier im Forum :welcome:

    Ich wünsche Dir (und uns) einen guten, fruchtbaren Austausch!

    Kann mich eigentlich nur meinen Vorschreibern anschließen. Gut, dass Du mit Deinem Hausarzt reden willst ...

    Gruß
    Greenfox

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Vielen Dank für eure Rückmeldungen, Pingiun und Land-in-Sicht.

    Die face to face-Selbsthilfegruppen fand ich ein wenig beklemmend. Natürlich sind dort Menschen vereint in ihrem Problem, aber ich war mit Abstand immer die Jüngste dort und habe mich ein wenig fehl am Platze gefühlt. Da die reale SHF-Gruppe aber beruflich nicht schaffen werde, habe ich mich für diese Alternative entschieden. Im Internet lässt sich sein Leid in anonymer Form ja ausführlich klagen. :P

    @Land-in-Sicht: Ich habe gerade lange über deine Frage nachgedacht. Doch, der Feind lautert im Glas, schließlich schmeckt Alkohol und verschafft uns den Rausch, den wir so mögen und zugleich fürchten. Die Mönche sind es schuld, die haben mit der professionellen Alkoholherstellung angefangen. ;D Ich gehöre nicht zu den Trinkern, die damit Stress abbauen oder eine zerbrochene Beziehung kompensieren müssen. Ich würde mich sogar als sehr fröhlichen, lebenslustigen und lebensbejahenden Menschen charakterisieren, den so schnell nichts umhaut. Mein Problem ist daher für mich schwer zu greifen, da es die extreme Lust auf Alkohol ist, die mich antreibt (gerade Wein schmeckt nun mal vorzüglich), ich habe überhaupt keine Kontrolle behalten kann. Manchmal ist es auch einfach Langeweile, die ich dann mit Alkohol fülle oder so. Natürlich...der Feind sitzt in meinem Kopf, weil meine Rezeptoren anders reagieren, als die von nicht Suchtkranken. Das muss ich akzeptieren und daran arbeiten. Aber ich schaffe mir auch häufig bewusst ein Umfeld, was meine Neigungen fördert und mitzieht. Daher...ich kann mich da gut selbst betrügen und mir Situationen schaffen, von denen ich weiß, dass ich schwach werde und ich habe Freunde und Bekanntle, die da ohne mit der Wimper zu zucken mitziehen, obwohl es bekannt ist, dass ich auf Alkohol anders reagiere als meine Mittrinker. Die können nämlich irgendwann einfach aufhören und sagen: "Gut ist's jetzt."

    Ach...keine Ahnung. Entschuldige bitte meine unsortierten Gedankengänge. :)

  • Hi Greenfox. Vielen Dank für die freundliche Aufnahme.

    Ich habe eben mit einem Mitarbeiter des Suchttelefons gesprochen und der hat mir vom Hausarzt quasi abgeraten, sofern dieser nicht auf Suchterkrankungen spezialisiert ist. Ich wurde nun an einen Berater verwiesen, der mit mir einem Termins vereinbaren soll (ich warte noch auf Rückruf) und mit mir die für mich besten Therapiemöglichkeiten durchspricht (ambulant, stationär etc.). Mir wurde gesagt, dass ich im Zuge einer weiteren Behandlung sowieso körperlich durchgecheckt werden würde und nur bei aktuen Beschwerden ein Besuch beim Hausarzt etwas bringen würde.

    Was sagt ihr dazu?

  • Naja, der Hausarzt ist insofern der erste Schritt, als dass er einen durchchecken und eventuelle Schäden ermitteln kann. Und - je nach dem wie gut er einen kennt - ist er der Ansprechpartner für die Sozialprognose, die man für einen Therapieantrag braucht.
    Wenn die Suchtberatung Dir aber einen Arzt vermitteln kann, der mehr als nur ne Ahnung von Sucht hat - 44.

    Egal...nach einer einjährigen Abstinenz und auch einem Besuch einer Selbsthilfegruppe, dachte ich, dass ich den Alkohol wieder im Griff hätte.

    Ja, das kommt davon, wenn man für sich selbst noch nicht erkannt hat, dass man ein massives Alkoholproblem hat, sondern nur für Andere bzw. auf Anraten von Anderen mit dem Trinken "aufhört". Und sich in keinster Weise mit den Ursachen/Hintergründen beschäftigt. So wird man sich nunmal nicht klar darüber, dass die Sucht jederzeit wieder zuschlagen kann - härter als zuvor. Und man ist dann nicht darauf vorbereitet ...

    Ging mir in gewisser Weise ähnlich: Langzeittherapie, anderthalb Jahre trocken - aber ansonsten alles ignoriert ... und dann kräftig auf die Schnauze gefallen und für ca. 4 Jahre auf höherem Level gesoffen ... ;(

    Und darum berichte ich heute immer wieder - auch in Krankenhausvorstellungen - von meinen Erfahrungen. Zum Einen, um vielleicht andere von den gleichen Fehlern abzuhalten. Hauptsächlich aber, um mich selbst immer wieder zu erinnern, wie hinterhältig die Sucht ist ...

    Ich wünsche Dir viel Kraft und Erfolg!

    LG
    Greenfox

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

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    können wir nur selber tun!

  • Liebe Bighara :)

    Bleib weiter dran an deinem schönen Leben! Es lohnt sich wirklich :D

    Ich finde das total gut dass du mehrere unterschiedliche Taktiken und Ansatzpunkte für dich entwickelst und ihnen aktiv nachgehst. Das ist wirklich gut. Lasse nichts unversucht. Tue lieber einen Zacken zuviel als einen zu wenig für deine BeFREIung von der Sucht. Ich wünsche dir sehr dass du hier im Forum weitere Anregungen für dich finden kannst.


    Ich habe gerade lange über deine Frage nachgedacht. Doch, der Feind lautert im Glas, schließlich schmeckt Alkohol und verschafft uns den Rausch, den wir so mögen und zugleich fürchten.

    Ich kann das was du sagst auch durchaus gut nachvollziehen und verstehe es.
    Das zeigt mal wieder wie unterschiedlich Ansichten sein können und das ist aber auch gut so.

    Nach etwas über einem Jahr der nüchternen Lebensweise kann ich von mir etwas behaupten was ich mir vor anderthalb Jahren nicht im Traum hätte vorstellen können: Ich mag einen Rausch mit Sicherheit für mich nicht mehr. Somit fürchte ich ihn auch nicht. Gerade jetzt nach dieser langen nüchternen Zeit würden ja auch schon sehr geringe Mengen ausreichen um mich komplett wegzuschießen… Und wofür? Um nicht mehr klar denken und empfinden zu können? Um völlige Fehleinschätzungen zu treffen? Um unkontrolliert komisches Zeug zu reden? In der Feinmotorik komplett auszusetzen (z.B. Gitarre) ja irgendwann nicht mal mehr geradeaus laufen zu können?? .. und vieles mehr .. als `Preis´ für die Glanzleistung bekommt man nen fetten Kater..… bhä! …… Neee danke! Echt nich..

    Ich erlebe und gestalte mein Leben im nüchternen bewusst Seins Zustand mittlerweile definitiv um einiges intensiver und erfüllter als lange Jahre zuvor. Würden 1000 offene Gläser oder Flaschen vor mir stehen, es würde mich nicht mehr im Geringsten reizen. Aber wie gesagt, ich schreibe hier von mir, und meinem Erleben und meinem Empfinden. Was hier im Forum stattfindet ist ja ein Austausch und ein miteinander Teilhaben an unterschiedlichen Lebenswegen zudem an verschiedenen Stationen des Weges. Es gibt nicht die eine Wahrheit. Jede/r empfindet anders.

    Schöne Grüße an dich,
    und auch ich wünsche dir alle erdenklich GuteKraft immer!!

    Land-in-Sicht

    Einmal editiert, zuletzt von Land-in-Sicht (31. März 2015 um 09:50)

  • Hallo in die Runde!
    So, da habe ich sogar noch meinen Beitrag aus 2015 gefunden. ;D Tja, aber was soll ich sagen?! Die Vorsätze waren gut, nur die Umsetzung schlecht. Der Wille war nicht ausreichend vorhanden. Hier ein wenig zu meiner Vita seit 2015:
    In dem Jahr habe ich den Job branchenfremd gewechselt und bin eine Partnerschaft eingegangen, die einfach nur toxisch war.
    Der Job wurde zwar gut bezahlt, aber im Endeffekt hatte ich nicht wirklich eine Ahnung davon, was ich da mache bzw. es hat mich thematisch auch nicht wirklich interessiert. Gepaart mit hohem Druck und Vorgesetzten, die den Druck auch an die Angestellten weitergegeben haben, bin ich doch - trotz anfänglicher Unterstützung von der Hausärztin - immer tiefer in den Strudel reingeraten.
    Zu dem Strudel hat auch mein damaliger Partner beigetragen. Er hat gerne und viel getrunken und ich auch. Gleich und gleich gesellt sich halt doch gern bzw. man sucht sich die Menschen, die die eigenen Bedürfnisse abdecken können und einem das geben, wonach es einem dürstet. Im wahrsten Sinne des Wortes. ;) Wie dem auch sei...nachdem ich mich als halbwegs funktionierender Alkoholiker knapp zwei Jahre so durchgewurtschelt hatte, habe ich 2017 die Notbremse gezogen und den Job intern gewechselt und mich von meinem Partner getrennt. Das war eine sehr schwierige Zeit, aber ich bin immer noch sehr glücklich und froh darüber aus dieser Beziehung raus zu sein. Nur der Job...das war vom Regen in die Traufe. Zwar ist der Vorgesetzte besser und auch das Team ist super, aber die Tätigkeit ist unglaublich langweilig und nicht fordernd. Da könnte man auch einen Affen hinsetzen. Konsequenz war: Ich habe mir im privaten Bereich den Ausgleich gesucht und der hieß dann Feierei und Alkohol. Auch dieses Spiel habe ich jetzt knapp zwei Jahre munter weiter getrieben. Spiel weitertreiben, heißt bei mir: Immer wieder Tage der Abstinenz, dann kamen die Hummeln im Hintern bzw. der Suchtdruck und man findet immer irgendwen, der mit einem loszieht.
    Aber die Einschläge kamen näher bzw. meine Unzuverlässigkeit auf der Arbeit wurde größer und der Arbeitgeber deutete auch schon an, dass ich meine privaten Themen mal in den Griff kriegen muss, wenn ich nicht mit Vollgas gegen die Wand fahren will.
    Ende Mai 2019 war es nun so weit: Ich hatte mal wieder übertrieben und mich unter einem fadenscheinigen Vorwand krank gemeldet, saß unter der Dusche (ja, ich saß), ließ das Wasser über mich prasseln und habe geheult. Aus Wut, Verzweiflung und Enttäuschung. Immer wieder das Scheitern an sich selbst. Die Kurve dann doch nicht bekommen, die guten Vorsätze doch nicht einhalten können. Die eigene Schwäche und Unzulänglichkeit. Ich habe schon vorher mit psychiatrischer Betreuung und unter Zuhilfenahme von Medikamenten (zuletzt Antabus) versucht den Alkohol in den Griff zu bekommen, aber konnte mich selbst und auch die Medikamente immer austricksen. Selbst Antabus und ich weiß, wie gefährlich das ist. Bin ich auch nicht stolz drauf. Aber es ist bzw. war halt so.
    Lange Rede kurzer Sinn: Ich hab nun meine Entgiftung erfolgreich abgeschlossen, bin derzeit auf der Warteliste für eine Entwöhnung und habe mich zur Überbrückung dieser Phase Gruppentherapien angeschlossen.
    Zum 01.10. fange ich einen neuen Job an und ich nutze diese Übergangsphase vom alten Job zum neuen Job nun, um das Thema "Alkohol" ausführlich anzugehen und einen Neustart zu wagen. Der Jobwechsel war notwendig, da mein jetziger Job zu sehr meine Alkoholthematik befeuert. Derzeit bin ich krank geschrieben, weil externe Reize mich noch ein wenig überfordern und ich -ehrlich gesagt- auch keinen Bock mehr habe. Ich fühle mich gut, habe aber immer noch Hänger. Gestern Abend war so einer...da musste ich sehr kämpfen und habe mich dann für den Gang zum Büdchen ums Eck, eine gemischte Tüte und Netflix statt Alkohol entschieden.
    Dann fiel mir diese Gruppe wieder ein und auch, dass ich immer schon gerne geschrieben habe.
    Na ja, drückt mir die Daumen und wünscht mir weiterhin viel Kraft und Durchhaltevermögen, dass ich den Sprung langfristig schaffe.

    Liebste Grüße,
    Bighara

  • Wenn ich mir meinen Beitrag noch mal durchlese, möchte ich Einiges genauer erklären:
    Also, seit der Trennung meines auch trinkenden Partners bin ich Single. Ich hatte und habe für mich den Entschluss gefasst, dass man seine Themen erst in den Griff bekommen muss, weil man diese sonst in eine neue Partnerschaft reinträgt.
    Aber wie das so ist, wenn man sich von einem Klotz befreit hat...erstmal hatte ich dann eine Phase von "Feuer frei". Die neu gewonnene Freiheit auskosten. Ich bin immer noch recht jung (Mitte 30) und ich liebe das Leben mit all seinen Facetten. Alleinsein ist mir noch nie leicht gefallen, ich bin ein sehr geselliger Mensch. Aber ich habe in den letzten zwei Jahren damit gelernt zu leben und trinke auch nicht alleine. Inzwischen habe ich mit meinen Freunden offen darüber geredet und viel Unterstützung erfahren. Wenn wir gemeinsam etwas unternehmen, dann trinken meine Freunde auch nicht, um mir derzeit in dieser Phase der Instabilität zu helfen. Dafür bin ich sehr dankbar und weiß dies auch sehr zu schätzen. Ich habe nach wie vor ein "Problem" mit SFG, weil ich dort nicht so recht ankomme. Die Leute sind alle älter als ich, habe eine viel härtere Alkoholgeschichte hinter sich und sind auch anders sozialisiert. Die Lebensweisen, die moralischen Vorstellungen etc. weichen ab und ich habe nicht das Gefühl, dass ich komplett ehrlich sein kann.

  • Ein Erfolgserlebnis zum Feiertag (zumindest in NRW)! :)
    Ich hatte mich sehr davor gefürchtet, aber es lief viiiiieeeeel besser als gedacht. Ich war gestern Abend zum ersten Mal seit sehr
    langer Zeit nüchtern feiern. Ein Freund von mir hat mich moralisch unterstützt, ist mit ihn den Club gekommen und hat auch nichts
    getrunken. Mir fiel natürlich sehr schnell auf, wer gar nicht trinkt und wer sich mit Shots und Longdrinks völlig wegschießt. Ist das normal, dass man das Trinkverhalten der Menschen um sich herum so genau registriert?
    Auf jeden Fall habe ich mich mit Zitronenlimo und Cola den Abend über Wasser gehalten. Die Cola war ein böser Fehler, da ich normalerweise kein Koffein zu mir nehme und mich daher heute Nacht extreme Einschlafprobleme gequält haben. :sleep:
    Als ich mich dann gegen zwei Uhr auf den Heimweg gemacht habe, überkam mich eine merkwürdige Sehnsucht. Ich habe mich in eine sehr belebte Ecke meiner Stadt begeben. Dort war ich bis vor Kurzem auch abends häufig unterwegs. Ich bin durch diese Straße gelaufen, habe mir das Treiben angeschaut, die Leute beobachtet und es regelrecht genossen nicht mehr Teil der besoffenen Meute zu sein. Ich dachte immer, die Nacht wäre für mich nüchtern tot und hätte mir nichts mehr zu bieten. Das stimmt aber gar nicht. Das Angebot ist nur ein Anderes. Nicht vergleichbar, aber trotzdem sehr gut.

  • Willkommen zurück - auf ein Neues!

    Habe ich das richtig verstanden: Du bist also momentan zu Hause, wartest auf die LZT (wann soll die denn in etwa starten?) und machst bis dahin ... Nichts? Außer mit dem Feuer spielen und feiern gehen?
    Was hältst Du denn davon, Dir in Deiner Nähe eine reale SHG zu suchen und dort hinzugehen, mit den Leuten dort zu sprechen? Die haben Erfahrungen auf dem Weg der Trockenwerdung, die Du erst sammeln willst - manche mehr (die schon längere Zeit trocken sind) und manche weniger (die auch erst am Beginn des Weges stehen).
    Versteh mich nicht falsch - das Forum ist super und hilfreich. Aber m.E. sind direkte Gespräche durch nichts zu ersetzen: direkte und sofortige Hilfe durch Erfahrungsen/Ratschläge/Tipps.
    Und Deiner Schilderung habe ich entnommen, dass Du nicht kontaktscheu bist.

    Nichtsdestotrotz wünsche ich Dir die Kraft und das Durchhaltevermögen, damit Du Deine derzeitigen Pläne in die Tat umsetzen kannst! 44.

    Gruß
    Greenfox

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

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    können wir nur selber tun!

  • Hallo Greenfox,

    nein, so ist das nicht. Das kam falsch rüber. Ich gehe mir hier am Freitag eine SHG anschauen, um zu sehen, ob die was für mich ist. Wenn nicht, dann schaue ich halte weiter. So einfach ist das. Ansonsten nehme ich drei Mail pro Woche in der Klinik an Gruppentherapieangeboten bzw. auch Einzelgesprächen teil. Liege nicht nur auf der faulen Haut rum. ;)
    Nächste Woche habe ich einen Termin zwecks Erstellung des Sozialberichts. Habe den sehr ausführlichen Fragebogen daheim und arbeite den peu a peu ab. Gar nicht so einfach seine Geschichte in Worte zu fassen. Denke, dass es Ende Juli/Anfang August so weit sind wird mit Entwöhnung. Bis dahin überbrücke ich mit dem Therapieangebot der Klinik, wo ich die Entgiftung gemacht habe.
    Nein, ich gehe momentan eigentlich gar nicht feiern. Das war gestern mein erstes Mal und auch in einem gesicherten Umfeld. Ich war nur so euphorisch heute, weil es sich besser angefühlt hatte, als ich es erwartet hatte. Ich war davon ausgegangen, dass mir irgendwann alles zu viel wird, ich nicht loslassen und einfach die Musik genießen und tanzen gehen kann, mir die Konsumenten zusetzen...was weiß ich alles. Nichtsdestotrotz würde ich mir jetzt nicht zutrauen mit Leuten loszuziehen, die selbst viel trinken. In Begleitung von Jemanden, der nicht trinkt, fühle ich mich deutlich wohler und das setzt mich innerlich nicht so unter Druck,

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