Wie war es Früher?

  • Guten Morgen Forumfreunde,
    meine Frage hört sich wahrscheinlich komisch an ;) aber vielleicht interessiert es euch..
    Früher (vor zich Jahren, von mir aus in der Steinzeit:) gab es auch viele Alkoholiker..
    Aber Es gab früher keine profisionelle Hilfe. nixweiss0
    Heutezutage gibt es Therapie, SGH, Ambulante Therapie und sogar Forum in den wir uns gegenseitig unterstützen 44. Wir haben alles zur Verfügung..
    Haben Alkoholiker sich selbst geheilt? kalten entzug vielleicht?

    mfg Barry

  • Hallo Barry,

    ich glaube, dass Alkoholismus früher so etwas wie ein Tabu- Thema war. Es gab das schon immer, aber es wurde unter den Teppich gekehrt. Alkoholismus ist früher auch keine anerkannte Krankheit gewesen.

    Möglicherweise gab es Menschen, die sich selbst geheilt haben.

    Ich denke aber, dass es bei den Meisten eher als Charakterschwäche gesehen wurde bzw. auch verheimlicht wurde. Krank geworden sind die Menschen durch Folgen des Alkohols. Leberschäden, Schäden der Bauchspeicheldrüse, Krebs... waren dann die Krankheiten, die vielleicht behandelt worden sind, nicht aber das eigentliche Problem.
    Ganz sicher wird es auch ganz viele schlimme familiäre Probleme durch den Alkohol gegeben haben.

    Wir haben Viele Möglichkeiten, da heraus zu finden und sollten sie unbedingt nutzen.

    Katniss

  • ...ich hatte eine Tante, eigentlich war es meine Großtante, Baujahr 1907. Diese war 2x verheiratet, ihren ersten Mann habe ich nicht kennengelernt. Als ich mal in meiner Kindheit gefragt habe, warum Onkel Erich gestorben ist bekam ich in einem beinahe schon gehässigem Tonfall zur Antwort: "Der hat sich totgesoffen..."

    Alles klar...?

    Was ich damit ausdrücken will, allein schon bedingt dadurch dass früher normalerweise der Mann das Sagen hatte, haben Frauen unter alkoholabhängigen Männern noch mehr gelitten, als heute. Kaum ein Mann hat sich von seiner Frau Vorschriften machen lassen, Frauen haben normalerweise vor dem Mann gekuscht. Einem Mann früher das Alkohol trinken verbieten? Nahezu undenkbar, diese Vorstellung. Unser Opa hat bis zu seinem letzten Tag das Regiment geführt. Frauen hingegen, meist nicht berufstätig und ohne eigenes Geld, hatten es da schon schwerer, an Alkohol zu kommen, aber auch das hat es früher sicherlich gegeben und sicher auch "Pantoffelhelden" wo es eher umgekehrt mit der Rollenverteilung war...

    Ach ja, die gute alte Zeit... (bitte Ironie beachten ;) ), Grüße, Lusches.

    Lieber nüchtern und lustig, als besoffen und dooooof...

  • Hallo barry,

    ich finde Deine Frage / Deine Überlegungen gut.

    Ich glaube, dass früher nur jene Alkoholkranken aufgefallen sind, die in unserer heutigen Zeit von der Masse als "richtige Alkoholiker" wahrgenommen werden, die sogenannten "Penner" mit der Flasche, auf der Bank.

    Und meines Wissens nach wurden diese Menschen wie Geisteskranke behandelt und in sogenannte "Besserungsanstalten" gesteckt. Die Bedingungen dort waren unmenschlich und lebensfeindlich. Später dann, unter den Nazis, zählten Süchtige zum "unwerten Leben" und wurden verfolgt und im schlimmsten Fall vernichtet.

    Man kann wirklich dankbar sein, dass die Zeiten sich geändert haben.

    Pinguin

    „Erfolg ist nicht auf Erfolg aufgebaut. Er ist auf Fehlern aufgebaut. Er ist auf Frustration aufgebaut. Manchmal ist er auf Katastrophen aufgebaut.“

  • Alkoholiker gab es schon bei den ollen Griechen und den Römern...aber auch in der Blütezeit des Islam in Persien z.B..man staune. Im Mittelalter sowieso, wo ja Kinder schon Wein und Leichtbier bekamen, weil das Wasser oft verseucht war. Bier gehörte bei den Handwerkern zum Lohn.

  • Alkohol war ja schon immer rein chemisch betrachtet die psychotrope Substanz mit der Summenformel C2H6O - und hatte die gleiche Wirkung auf den menschlichen Organismus. Und so wird es bezüglich ´kalten Entzugs´ eben auch früher schon genau so gewesen sein wie Heute. Nämlich dass Einige das völlig unbeschadet überlebt haben, manche aber halt eben nicht...

    Medizinisch betrachtet können wir dankbar sein dass wir in der heutigen Zeit mit den zahlreichen Untersuchungs- und Behandllungsmethoden leben.

    zu der anderen frage; haben Alkoholiker sich selbst geheilt?
    Es ist auch heute noch so dass sehr viele Betroffene sich sozusagen `selbst heilen´. Eigenständig ihr Leben ändern und sich die jeweils notwendige Hilfen und Unterstützungen dazu auch außerhalb von Suchtkliniken holen. Sogar in einer stationären Langzeittherapie ist es ja die Veränderungskraft die konkret im Suchtbetroffenen liegt die wieder geweckt wird. Alle Hilfsangebote sind ja auch vielmehr als >Hilfe zur Selbsthilfe< anzusehen. Da kommt niemand und macht dir auf einmal dein Leben glücklich. Das musst du selbst tun - es gibt Menschen die dabei helfen können.

    Ein aktiver Ausstieg aus dem Suchtkreisel also jederzeit(!!) möglich und nicht erst wenn es zu spät ist, der Suchtbetroffene sich gänzlich zerstört hat und am Boden liegt.

    Aus unserer >>Linksammlung<<möchte ich dazu,
    also eher zum aktuellen, mal einen Artikel beifügen:
    aerzteblatt.de - Suchterkrankungen: Selbstremission scheint die Regel

    Einmal editiert, zuletzt von Land-in-Sicht (4. März 2015 um 06:12)

  • Hallo LiS ,

    da sage ich mal danke für Deinen Beitrag.
    Mit dem Link hast Du mich (und vielleicht auch andere ) gerade unbewusst enorm unterstützt ! 44.

    Denn mit :
    ZITAT :" Weist jemand ohne professionelle Hilfe zwölf Monate lang nicht mehr die Kriterien einer Abhängigkeit auf, gilt er oder sie als „selbstremittiert“. und " Neueren Studien zufolge (Rumpf HJ 2000, Sobell LC et al. 2006, Dawson D et al. 2005) liegt die Selbstheilungsrate bei Alkoholabhängigkeit in Deutschland bei 53 Prozent" ,
    wird eine Menge Last von Menschen (so einen wie mich) genommen, die enorm verunsichert worden sind, wenn es denn heisst :

    -Du musst zur Suchtberatung, Arzt, und Therapie,Therapie,Therapie....

    In diesem Forum wird das dankenswerterweise sehr liberal gehändelt ; es gibt da andere ,die ihre rigiden Einstellungen (begleitet auch von Mods , die nix anderes ausser ihre tunnelblickartigen Doktrine irgendwelcher Grundbausteine so vehemant vertreten ,dass User von sich aus das Handtuch werfen und wieder das Weite suchen) als einzig gangbaren Weg deklarieren, quasi die User fast entmündigen.
    So etwas erzeugt Frust , und Frust ist kein guter Ratgeber.

    Ich musste jetzt mal etwas abseits des Threadsfadens , weil mir das schon länger auf der Zunge brannte.

    Gruss
    Freeway

  • Guten Morgen,

    die guten Aussichten, sich selbst heilen zu können, motivieren auch mich sehr, 53 % hätte ich jetzt mal nicht erwartet.

    Also nach einem Jahr gilt man als geheilt. Ich wusste immer nicht so recht, mit den Tests umzugehen. Wenn ich vor dem 28.05.2014 einen solche gemacht habe, galt ich mit Sicherheit als abhängig, also alkoholkrank. Wenn ich jetzt einen Test mache, als völlig unbedenklich. Das ist schon ein Widerspruch und ich muss sagen, dass ich mich nun gar nicht als "unbedenklich" einstufen würde.

    Katniss

  • Und wieder mal muss ich feststellen, dass ich nicht "normal" bin - Selbstremission/Selbstheilung hat bei mir nicht funktioniert ;(

    Kann mir mittlerweile aber auch egal sein :)

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Ich verstehe es eher so , dass man es eben ohne professionelle Hilfe schaffen kann.

    Von einer Heilung im Sinne von "irgendwann kann und darf ich wieder" kann zumindest bei mir keine Rede sein.

  • Ich bezog mich ja auch mehr auf den Titel: "Selbstremission scheint die Regel" ...

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Naja, es geht ja auch weniger um Normal/Unnormal sondern eher darum dass jeder eben den Weg finden soll der auch wirklich genau für ihn passt ;) Dass eben genau die Hilfe gesucht wird die spezifisch individuell auch erforderlich ist. Da der Link aus dem deutschen Ärzteblatt stammt vertraue ich ihm sehr. Ich sehe das mit der Motivation ähnlich wie Freeway, hat der geforderte Standardweg `Lebenslange-Abstinez- 12SchritteProgramm-und-Langzeittherapie-anders-geht-es-nicht´ mich doch jahrelang oft und schnell scheitern lassen.

    Aber eins möchte ich auch noch betonen,
    dass man nämlich folgenden Satz nicht unbeachtet überlesen sollte:

    „Spontaneous remission“ impliziere fälschlicherweise, dass eine solche Heilung ohne eigene Aktivität möglich sei.

    Die Wege aus einer Sucht oder kritischen Trinkverhaltens führen immer über Aktivität! Immer ist Eigenverantwortung und Veränderung gefordert! `Ohne professionelle Hilfe´ muss hier wie ich finde auch nicht unbedingt zutreffen, sondern vielleicht eher: andere Formen von (professioneller) Hilfe.

    (den Artikel nur mal als ganz kleines Beispiel, den haben ja auch Menschen ´professionell´ geschrieben)

    Meine Meinung.
    LiS

  • Hallo,

    nein, eine spontane Heilung ohne eigenen Aktivität geht 100 pro nicht!!! Ich verstehe es eher so, dass es eine Heilung aus eigener Kraft ohne ärztliche und therapeutische Hilfe geben kann. Das schließt aber nicht aus, andere Hilfsangebote, wie dieses Forum zu nutzen.

    Katniss

  • Es sollte klar sein dass ich kein Therapiegegner bin.
    Ich bin selbst den Weg über eine tagesklinisch ambulante reha gegangen. ich habe dort teilweise gute dinge gelernt und viele Erfolgsgeschichten gesehen. Auch hier im Forum gibt es diese tollen Erfolge.

    so waren die gebotenen therapeutischen Inhalte eben dieser klinik aber für meinen Fall dennoch deutlich falsch gelagert. Schaue ich auf das letzte Jahr zurück stellen sich für mich andere Aspekte als viel entscheidender für meinen Ausstieg heraus. Unterstützung aus der nahen Familie, DAS Forum, ein unbändiger Glaube an mich selbst, sehr guter Psychologe. Dies so die wichtigsten. Wie allerdings mein Weg ohne Reha ausgesehen hätte kann/will ich nicht beurteilen...

    Meine Meinung ist, so wie ich das hier in letzter zeit ja oft schon geschrieben habe, daß sich zwischen Nichtstun und stationärer Therapie eine riesengroße und vielfältige Bandbreite an Möglichkeiten in der >Hilfe zur Selbsthilfe< auftut. Dies sollte man sehen.

    ich denke im Ausstieg, völlig egal an welcher Position man sich gerade befindet, ist eine absolute Ehrlichkeit sich selbst gegenüber sehr wichtig. ein schonungsloses betrachten: wo genau stehe ich wirklich.

    Folgend sollte man an den Punkten wo man alleine nicht weiterkommt halt entsprechende Hilfe/Unterstützung annehmen. Und da bin ich der Meinung: lieber einen zacken an Hilfe zuviel, als einen zacken zu wenig.

    -LiS-

    Einmal editiert, zuletzt von Land-in-Sicht (4. März 2015 um 23:54)

  • Hallo, hab alle Nachrichten gelesen über dieses thema..nun bin ich der meinung dass es uns eigentlich zu gut geht ;) uns wird jeder zeit geholfen und es gibt was zu essen 44.
    wir sollen froh sein das für uns die türen auf sind..
    mfg

  • Da hast Du vollkommen Recht. Aber trotzdem würde ich hier das Wörtchen "zu" weglassen ...

    nun bin ich der meinung dass es uns eigentlich zu gut geht

    Gruß
    Greenfox

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Du hast vollkommen recht Greenfox..nimm das ,,zu gut" wieder zurück..sonst würden wir nicht über probleme und unterstützung unterhalten..
    mfg

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