Alkoholkranker Partner

  • Ihr Lieben,

    es ist ein sehr intimes Thema aber ich muss mich endlich mal jemanden mitteilen.
    Ich habe das Gefühl sonst noch verrückt zu werden.
    Ich bin mit meinem Partner seit 3 Jahren zusammen. Nach einigen Wochen unserer Beziehung hatte ich schon das Gefühl, dass mit ihm etwas nicht stimmt. Konnte es aber nicht ganz greifen.
    Nun 3 Jahre später weiss ich, dass er Alkoholiker ist. Er trinkt täglich, mal mehr mal weniger Alkohol.
    Unser Sexleben leidet unter anderem sehr darunter. Täglich haben wir Streit weil ich seit 2 Monaten einfach nicht mehr möchte. Er ist immer angetrunken und hat eine Dauerfahne. Dazu kommt noch, dass er sehr unregelmäßig duschen geht. Mit Glück einmal die Woche. Ich ekle mich mittlerweile nur noch vor ihm. Er ist der Meinung ich wäre prüde und dass er sich seinen Sex dann eben woanders suchen wird.

    Stelle ich mich vielleicht tatsächlich zu sehr an??? Ich zweifle mittlerweile sehr an mir und frage mich ob ich vielleicht nicht doch das Problem bin.

    Liebe Grüsse
    Tine

  • Hallo Tine,

    herzlich willkommen hier im Forum.

    Ich bin eine ältere Frau (nehme an, 89 ist dein Geburtsjahr?) und war mehrfach mit süchtigen Partnern liiert und war auch selbst abhängig.

    Bevor ich mir in schmerzhafter und doch befreiender Therapie bewusst wurde, was alles so im Unterbewusstsein passiert, dachte ich ähnlich wie du:

    "Stelle ich mich vielleicht tatsächlich zu sehr an??? Ich zweifle mittlerweile sehr an mir und frage mich ob ich vielleicht nicht doch das Problem bin."

    Ich habe Jahrzehnte damit verbracht und meine Lebenszeit und die meiner Kinder damit verschwendet.

    Heute ist es in meinem Kopf ganz klar:

    Ein Nein ist ein Nein ist ein Nein.

    Du stellst dich nicht an. Ein Mensch, der sich nicht wäscht, stinkt.

    Du bist nicht das Problem.

    Hast du die Möglichkeit, woanders zu wohnen? Bitte lies hier im Angehörigenblog. Hast du dir überlegt, was du für dich tun kannst? Denn für ihn kannst du nichts tun. Das kann er nur selbst. Oder eben nicht.

    Du musst dir das aber auf keinen Fall mit anschauen. Es ist sein Elend. Nicht deins.

    Vielleicht magst du ein bißchen schreiben, wie dein Leben sonst so verläuft. Aufschreiben und aufschreien ist manchmal dasselbe (K. Allert-Wybranietz) Und wenn du Fragen hast, hier sind gute Menschen :)

    Sehr netten Gruß,

    ichso - die jahrelang arbeiten ging für einen Mann, der "immer Migräne" hatte. Tatsächlich war er ein Drogendealer. So dumm war ich. Dachte, ein guter Mann kann mich garnicht lieben, weil ich klein und hässlich bin. Stimmt nicht: Ich bin klug und schön ;) Und ein Ungewaschener kommt mir nicht mehr in die Wohnung!


  • Stelle ich mich vielleicht tatsächlich zu sehr an??? Ich zweifle mittlerweile sehr an mir und frage mich ob ich vielleicht nicht doch das Problem bin.

    Hallo Tine,

    ich möchte das mal so ausdrücken:

    Was Du erlebst, ist im Grund das ganz normale Elend in Beziehungen mit Alkoholikern. Also das wird vermutlich schon so sein, wie Du das erlebst.

    Und: ihn wirst Du nicht ändern, das kann noch viele Jahre so oder noch schlimmer weiter gehen. So lange er von sich aus nicht unbedingt aufhören will...aber davon scheint er ja meilenweit entfernt zu sein.

    Trotzdem bist Du natürlich auch ein Teil des Problems, denn es ist normalen Leute ja auch nicht vernünftig zu erklären, warum Du das überhaupt schon drei Jahre so mitmachst und Dich nicht längst getrennt hast.

    Da hat Dich die Liebe wohl blind gemacht und jetzt bist Du die Gefangene Deiner eigenen Begierden. Sonst würdest Du nämlich gehen.

    Gruß Susanne

  • Hallo Tine,

    herzlich Willkommen bei uns im Forum.

    Ich bin anfang 50 und trinke jetzt schon länger keinen Alkohol mehr. Davor trank ich weit über 10 Jahre abhängig. Mehr will jetzt erst mal nicht schreiben weil ich glaube, dass es nicht so wichtig für Dich ist.

    Ich will Dir nur sagen: zweifle nicht an Dir! Es ist ganz normal, dass man keinen Bock hat mit einem ungewaschen, nach Alk stinkenden Alkoholiker intim zu werden. Das Problem ist er und nicht Du.

    Du solltest unbedingt aufpassen Dich nicht manipulieren zu lassen. Das können Alkoholiker nämlich sehr sehr gut. Google mal nach Co-Abhängigkeit und schau mal, ob Du Dich mit Deinem Verhalten ihm Gegenüber wieder findest. Wenn ja, dann solltest Du Dir dringend Hilfe suchen.

    Aber auch so muss Dir klar sein, dass Du ihm nicht helfen kannst. Wenn er selbst nichts machen will, sind Dir die Hände gebunden. D.h. Du musst Dir überlegen ob Du Dein Leben an der Seite eines Alkoholikers verbringen möchtest. Oder ob Du Dein Leben selbst gestalten willst, ohne die Launen und das Auf und Ab an der Seite des Trinkers.

    Mehr will ich jetzt erst mal gar nicht schreiben. Wenn Du Fragen hast, immer her damit. Wir haben hier alle ziemlich viel Erfahrung mit Alkohol, sowohl als ehemals Trinkende aber auch als Angehörige, die Du ja auch bist.

    Pass auf Dich auf!

    Liebe Grüße
    Gerchla

  • Hallo ihr Lieben,

    ihr habt vollkommen Recht. Es ist einem normalen Menschen nicht zu erklären warum ich das alles noch mitmache. Letztendlich dachte ich bis vor einem Jahr noch, dass wir das zusammen hinkriegen und ich ihm helfen kann. Diesen Traum habe ich mittlerweile ausgeträumt und nun bin ich gerade irgendwie dabei zu realisieren, dass es so nicht mehr geht und ich gehen muss um mich zu schützen.
    Ich will hier gar nicht auflisten was ich in den letzten 3 Jahren alles mit ihm mitgemacht habe.
    Ihr könnt es Euch vermutlich ungefähr vorstellen.
    Er sagt er würde meinetwegen trinken. Weil ich so langweilig wäre bliebe ihm nichts anderes übrig.
    Ich versuche es nicht allzu persönlich zu nehmen aber das geht natürlich nicht vollkommen spurlos an mir vorüber.

    Frage mich bitte nicht warum ich nicht schon längst gegangen bin. Es fällt mir so unglaublich schwer und ich kann nicht mal sagen warum.


  • Frage mich bitte nicht warum ich nicht schon längst gegangen bin. Es fällt mir so unglaublich schwer und ich kann nicht mal sagen warum.

    Da gibt es Untersuchungen, dass der Wechsel von Hoffnung und Enttäuschung sehr stark bindet. Ein Nicht-stoffgebundene Sucht. Dein Freund ist Deine Droge.
    Es ist letztlich genau so schwer, wie vom Alkohol oder von Drogen zu lassen. Wer es zuerst nicht mehr aushält, ändert was dran.

  • Alter! Er trinkt, weil du langweilig bist...

    Kann es sein, dass du schon als Kind in deiner Stammfamilie (Mutter, Vater, sonstige Verwandte) von Sucht betroffen warst?

    Das sind so Muster, die sich wiederholen können. Ich lernte, dass ich als ungeliebtes Kind (meine Eltern waren beide abhängig, schon vor meiner Geburt) im Erwachsenenalter genau auf die Männer reagierte, die die Verhaltensweisen meiner Eltern an sich hatten. Und dann dachte ich, wenn ich nur schön lieb bin, dann ändert sich der Mann mir zuliebe. Also alles nicht bewusst. Das Bewusstsein wurde erst später aktiviert.

    Achjee, weites Feld... Was mir neben der Therapie sehr half, war das Buch "Wenn Frauen zu sehr lieben" von Robin Norwood. Ist uralt, gibt es nur noch gebraucht. Norwood vergleicht darin die Abhängigkeit von einem Mann mit der Abhängigkeit zum Alkohol. Im Buch sind zwei Kurven (rein in die Sucht, Tiefpunkt, raus aus der Sucht) gezeichnet, die fast 1 zu 1 identisch sind!

    Wie Gerchla und Susanne auch schon gut beschrieben haben, ist Co-Abhängigkeit eine echt üble Sache. Bitte informiere dich darüber. Es gibt Gruppen nur für Angehörige, da wirst du erfahren: Du bist nicht allein!

    Wünsche dir Kraft und Mut :)

  • Hallo Tini,

    inzwischen ist etwas Zeit vergangen - wie ist die Situation bei dir mittlerweile, wie geht es dir?

    Ich will kurz von mir berichten, vielleicht findest Du dich ja wieder und es hilft dir weiter.

    Ich selbst war auch 3 Jahre mit einem Alkoholiker zusammen. Ich habe eine zeitlang auch an mir selbst gezweifelt, aber ich kann dir eins sagen: wenn dein Bauchgefühl dir sagt, da läuft etwas falsch, dann wird das mit hoher Wahrscheinlichkeit auch so sein.

    Mir ist es damals auch extrem schwer gefallen, das alles zu akzeptieren. Ich hatte große Selbstzweifel. Das ging immer so weiter, bis ich nicht mehr konnte, ich war mental am Ende. Das einzige was geholfen hat (für mich zumindest), war eine Therapie, Trennung und keinen Kontakt mehr. Kein Kontakt mehr hat nicht auf Anhieb geklappt, hab dazu 3 Anläufe gebraucht. Ich weiß, dass das extrem schwer sein kann. Im Nachgang hab ich aber auch verstanden, warum ich so lange daran festgehalten habe, es war bei mir eine Co-Abhängigkeit. Ich dachte, wenn ich mich nur genug anstrenge, dann wird das schon. Ich hab viel gegeben und was hat es gebracht? NICHTS! Weder ihm, noch mir. Im Gegenteil, ich war depressiv.

    Bei mir kommt das aus der Kindheit, um Anerkennung von meinem Vater zu bekommen, musste ich immer kämpfen. Eine richtige Anerkennung hab ich aber selten bekommen. Wie ich inzwischen gelernt habe, hab ich das Muster in einigen meiner Beziehungen verfolgt. Vielleicht ergeht es dir ja ähnlich? Je nachdem wo du gerade stehst, kann ich dir zu diesem Thema Christian Hemschemeier empfehlen, er beleuchtet das Thema Co-Abhängigkeit ziemlich intensiv (das Thema bezieht er allerdings auf Liebessucht, aber man kann da viel von mitnehmen).

    Wenn Du dich in der Co-Abhängigkeit findest, dann suche dir auf jeden Fall Hilfe. Denn Co-Abhängigkeit hat nichts mit Liebe zu tun!

    Ich hoffe du findest deinen Weg dort raus und melde dich gerne, wenn Du Fragen hast.

    Alles Gute,
    Engel

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