Habe ich ein Alkoholproblem?

  • Hallo wertes Forum,

    Ich bin 45 und frage mich schon seit langem ob ich ein Alkoholproblem habe oder ob das alles noch trotz der Menge im kontrollierbaren Rahmen ist.
    Jetzt koennte man natuerlich meinen, schon alleine der Fakt dass ich diesen belastenden Gedanken relative oft habe, sollte mir schon eine erste Anwort geben.
    Generell bin ich relative suchtanfaellig - bis dato meinen groesste Sucht: Sport. Ausdauertraining 2.5-4 Stunden taeglich
    Ich fuehre ein mehr (viel Obst) oder weniger (viel Schoko) ernaehrungstechnisch gesundes Leben, rauche seit 6 Jahren nicht mehr

    Unter der Woche trinke ich so gut wie nichts um mich guten Gewissens am Wochenende zu betrinken.
    Sehr selten passiert es, 2 Bier an einem Wochentag – aber der Sport haellt mich da ab.
    Aber dann das Wochenende:

    Standarddosis 6- 9 Bier (0.5L) an einem Freitag und dasselbe Samstags. Portwein kam in letzter Zeit auch hinzu – soll heissen, statt dem 7ten oder 8ten Bier halt dementsprechend 100ml Porto . Rot/Weisswein eher seltener, da werde ich muede, der aufputscheffekt bleibt meist aus. Schnaps so gut wie nie.

    Ich vetrage Alkohol behaupte ich, ziemlich gut, habe niemals Kater und nach so 9 Bier max – (oder in welcher Form auch immer, jedenfalls so 160-180gramm reinen Alk) gibt es dann doch immer eine Grenzlinie die nicht ueberschritten wird. Da will ich dann nicht mehr. Der absolute Kontrollverlust tritt eigentlich nie ein. Und es kommt auch nie dazu dass ich lallend in der Ecke einschlafe oder mir schlecht wird. Ich hatte eigentlich sehr sehr selten Kater - also nicht nur durch den Gewoehneffekt, dass ich eben diesen nicht habe.

    Nun zu meinem Loblied - klassisch: Alkohol empfinde ich als gutes Gefuehl, treibt Emotionen hoch, schoene, wie traurige Erinnerungen an alte Tage, Gespraeche werden intensiver, interessanter. Neben der "Unbeschwertheit", der Freude die sich teils einstellt gibt er mir auch teils diese Melancholie, wenn es mal trauriger ist.
    Dies ist aber wunderschoen und sinnlich – etwas das ich ohne Alkohol nunmal nicht befriedigend empfinden kann. Musik wird intensiver, eingaenglicher, beruehrender. Es ist Entspannung, Freude, Aufputsch zu gleich. Dies empfinde ich nur mit Alkohol - Tabletten oder sonstiger Kram interessiert mich nicht, auf Gras schlafe ich ein -uninteressant

    Generell bin ich desweiteren ein Kontrollfreak.
    Jedes Bier, jeder Gramm Alkohol werden auf einer App aufgezeichnet – ich muss kontrollieren was ich trinke und wieviel.
    Desweiteren wiege ich mich mehrmals taeglich ab, zaehle Kalorien. (ausser bei den Bieren - da mache ich umso mehr Sport davor, dass ich sie mir "leisten" kann)
    Uebergewicht ist durch mein Sportpensum nicht das Problem - aber ich zaehle halt trotzdem da ich frueher mal dick war und das ein seelisches Trauma ausgeloest hat.

    Freitag morgends steh ich auf mit dem Gedanken an das erste Bier, die Vorfreude. Dieses Gefuehl schon alleine geniesse ich. Dann ist es soweit – facebook, whatsapp, chatten oder Musik, sonstige sinnliche Hobbies…. ohne Alkohol nur das halbe intensive Empfinden, die Freude, diese Unbeschwertheit und Hingabe. Ohne Alk der halbe Spass, die halbe Sinnlichkeit.

    Ich denke mir oft das mein Sport nur Suchtverlagerung ist. Da ich Panik vor gesundheitlichen Folgen habe, kommt das schlechte Gewissen am naechsten Tag wie bestellt.

    Das Problem -es stellt sich niemals eine Befriedigung ein.
    Ein auf und ab – trinke ich , fuehle ich mich zu der Zeit gut, aber naechsten Morgen kommen die Gedanken, ob ich nicht schon eigentlich ein Problem habe.
    Das schlechte Gewissen klopft an und verabschiedet sich nur langsam.

    Kater habe ich nie, Fettleber hatte ich bei der letzten Kontrolle auch (noch) nicht , gGT meist immer minimalst erhoeht , Transaminasen aber im Normbereich, trotzdem.... ziemlich heftige Panik vor gesundheitlichen Folgen allemal - eigentlich dieser Gedanke der Hauptaktivator meines schlechten Gewissens....

    Sonst fit und eigentlich gesund durch den Sport – doch es bleibt, immer dieser Zwispalt –

    The Pain of Discipline or the Pain of Regret - eines der beiden stellt sich immer ein, zieht mich psychologisch runter, ein staendiger Kampf mit mir selbst
    Niemals langfristiges Gutfuehlen und immer der Gedanke – wieviel ist noch “normal”, wieviel “geht noch”.
    Aber ein WE ohne – wo bleibt dann der Kick, das “Highlight”, die wohlverdiente Entspannung.

    Ein “achtsamer” Spaziergang in der Natur, den Baum betrachten, die negativen Gedanken und Sorge wie Wolken im Himmel vorbeiziehen lassen…..?
    Tja, schoen, aber irgendwie kein highlight.....
    so meine Gedanken halt....

    Ein Kleiner Einblick in mein "Dillema"……
    Wie seht ihr die Lage - wuerde mich super interessieren - wuerde mich sehr freuen jedenfalls ueber ein feedbacl

    Danke euch,
    liebe Gruesse,
    HAWKEYE

  • Hallo Hawkeye,

    herzlich Willkommen hier im Forum.

    Bevor ich Dir meine Gedanken schreibe, möchte ich mich ganz kurz vorstellen:

    Ich bin Anfang 50, ich habe über 10 Jahre abhängig getrunken und lebe jetzt schon lange Zeit ohne Alkohol. Ich gehörte zu jenen, die komplett heimlich getrunken haben, d. h. mich hat man weder in der Öffentlichkeit noch zu Hause bei der Familie regelmäßig trinken sehen. Und wenn doch mal, denn immer Mengen, die völlig "normal" und unproblematisch auf Außenstehende gewirkt haben und zu bestimmten Anlässen (Geburtstage, Urlaub, etc.). Bei mir zuhause gab es offiziell so gut wie keinen Alkohol, da stand kein Kasten Bier, da war kein Wein im Regal, etc. Es gab zwar eine Bar, wo harte Sachen gelagert waren (i. d. R. geschenkte Spirituosen), die wurden aber nie angerührt. Trotzdem trank ich in den letzten Jahren täglich um die 10 Bier plus X.

    Zu Deiner, im Betreff geschilderten Frage "Habe ich ein Alkoholproblem?" könnte ich jetzt eine Gegenfrage stellen, nämlich: Kannst Du Dir das nicht selbst beantworten? Klar hast Du ein Alkoholproblem. Alles was Du schilderst deutet auf ein Alkoholproblem hin, möglicherweise auch auf ein gar nicht so kleines.

    Du schreibst, dass Du 6 - 9 Bier am Wochende trinkst, also Freitag und Samstag. Bei 9 Bier ist aktuell Dein Limit, diese Menge überschreitest Du aktuell nicht. Ich hatte lange, über Jahre (war meine längste Phase), ein Trinkniveau von 4- 6 Bier. In seltenen Fällen, meist dann wenn ich auch mal z. B. bei einer Feier ein oder zwei "offizielle " Biere trank, wurde diese Grenze mal überschritten und konnten auch 8 oder so werden. Dieses Niveau konnte ich lange halten und damit ging es mir, rückblickend, vergleichsweise gut. Es war eine Zeit, in der ich trotz bereits erheblich ausgeprägter Sucht noch einigermaßen gut funktioniert habe. Längst hatte ich mein Leben nicht mehr so im Griff, wie es sein muss um ein zufriedenes Leben führen zu können. Aber im Vergleich zu dem was dann danach kam, also als es dann mit der Menge weiter nach oben ging, war es noch zu ertragen. Was ich sagen will: Du trinkst bereits auf einem sehr hohem Niveau, auch wenn Du "nur" am Wochende trinkst. Die Sucht wird aber fortschreiten, wenn Du nichts dagegen unternimmst.

    Vielleicht denkst Du Dir jetzt: Was faselt der von hohem Niveau? Andere trinken viel mehr, andere trinken harte Sachen, ich nie, etc. Diese Gedanken sind sehr typisch für Menschen, die bereits eine Suchtproblem entwickelt haben. Ich hatte diese auch, sie dienten natürlich der Rechtfertigung meines Trinkverhaltens und auch dazu, mein Gewissen etwas zu beruhigen. Ich trank auch auch vorzugweise "nur" Bier. Aber je länger das ging, desto häufiger "schlich" sich auch mal ne Flasche Wein mit ein. Und ups, irgendwann war es gar nicht selten, dass ich 10 oder 12 Bier PLUS eine Flasche Wein trank... Zum Ende hin, wenn mir die Be - und Entsorgungslogistik zu kompliziert wurde (als heimlicher Trinker war das echt ne Herausforderung), griff ich dann doch mal zu härterem Stoff, welcher schon jahrelang in der offiziellen Hausbar stand und welcher eigentlich nie angerührt wurde. Hätte ich nicht mit dem Trinken aufgehört, hätte es nicht mehr lange gedauert und ich wäre umgestiegen. Die Tendenz dazu war bereits vorhanden, es wäre nur eine Frage der Zeit gewesen.

    Aber ok, nehmen wir mal Deine "mittlere" Trinkmenge. Reden wir mal von 7 Bier. Stellt Dir mal vor, ein Mensch, der sein Leben lang risikoarm getrunken hat (was das bedeutet kannst Du gerne googeln oder vielleicht weißt Du es ja auch), würde sich an einem Abend 7 Bier reinkippen. Was würde mit dem passieren? Ja, er würde komplett die Kontrolle verieren, er hätte mit großer Sicherheit eine Alkoholvergiftung und er wäre noch Tage nach diesem Konsum mit dessen Folgen beschäftigt, wenn ihm nicht sogar Schlimmeres widerfahren wäre. Das würde passieren, wenn ein Mensch 7 Bier trinken würde, der ansonsten ein "normales" Trinkverhalten hat.

    Und wie sieht es bei Dir nach 7 Bier aus? Betrunken aber alles im grünen Bereich, oder? So war es bei mir lange auch, später waren dann 7 Bier jedoch deutlich zu wenig.

    Ich will noch auf ein paar Geschichten von Dir direkt eingehen:

    Zitat

    Unter der Woche trinke ich so gut wie nichts um mich guten Gewissens am Wochenende zu betrinken.


    Deutet für mich darauf hin, dass Du bereits stark gefährdet bist. Du manipulierst Dich bereits selbst.

    Zitat

    Ich vetrage Alkohol behaupte ich, ziemlich gut, habe niemals Kater


    Sicherlich gibt es Unterschiede, wie gut Menschen Alkohol "vertragen". Bei den Mengen die Du "verträgst" hat das aber nichts mehr mit einer guten körperlichen Konstitution zu tun sondern Deine Alkoholtolleranz ist einfach so hoch, weil Dein Körper an den Alkohol gewöhnt ist. Der Spruch "der verträgt halt viel" sagt nichts anderes aus als "er ist an Alkohol gewöhnt und hat wahrscheinlich ein großes Problem an der Backe". Aber in unserer Gesellschaft ist man ja toll wenn man viel verträgt und Alkoholiker ist man erst, wenn mit den Trinken aufhört. Solange man säuft, ist man ja nicht krank. Faszinierend oder? Alkoholsucht ist die einzige Krankheit, die man erst dann hat, wenn man sie bekämpft. So lange man nichts dagegen macht, ist (zumindest gesellschaftlich gesehen) alles in Ordnung.

    Zitat

    Alkohol empfinde ich als gutes Gefuehl, treibt Emotionen hoch, schoene, wie traurige Erinnerungen an alte Tage, Gespraeche werden intensiver, interessanter. Neben der "Unbeschwertheit", der Freude die sich teils einstellt gibt er mir auch teils diese Melancholie, wenn es mal trauriger ist.


    Kann ich nachvollziehen. Ich habe bei weitem nicht nur schlechte Erinnerungen an Alkohol. Ok, je länger die Sucht dauerte, desto weniger gute Erinnerungen gibt es und ehrlich gesagt, von den letzten Jahren gibts nur Horrorerinnerungen. Aber gut, vorher gabs auch wirklich gute.

    Und die tollen intensiven Gespräche.... Wenn Du mal als nüchterner Mensch längere Zeit neben Leuten sitzt, die alkoholtrinkend diese intensiven und interessanten Gespräche führen, dann wird Dir klar werden, was da eigentlich passiert. Ich mache das regelmäßig, denn ich habe mich ja nicht aus der Gesellschaft zurück gezogen, nur weil ich keinen Alkohol mehr trinke. Sitzte ich also z. B. mit meiner ab und an auch mal trinkenden Nachbarschaft zusammen, beginnen früher oder später solche Gespräche. Und ich beteilige mich da auch sehr gerne, eine Zeit lang. Irgendwann werden diese Gespräche aber dann dermaßen albern, melancholisch oder einfach nur saublöd, dass ich mir denke: Das könnte ich jetzt nur im Suff ertragen... Und spätestens dann ist es Zeit für mich zu gehen.

    Aber ja, klar, wie soll man seinen Freunden sagen das man sie liebt, wenn man dabei nicht betrunken sein kann?

    Zitat

    Dies ist aber wunderschoen und sinnlich – etwas das ich ohne Alkohol nunmal nicht befriedigend empfinden kann. Musik wird intensiver, eingaenglicher, beruehrender. Es ist Entspannung, Freude, Aufputsch zu gleich.


    Ok, wie gesagt, ich kenne das und ich kenne diese Gefühle genau. Aber ich darf Dir auch sagen: Das alles geht auch ohne Alkohol. Ich hätte mir das auch NIE vorstellen können. Ein Sonnenuntergang im Urlaub ohne Glas Rotwein, noch dazu ein für mich "legales", welches ich nicht verheimlichen musste. Ein Highlight für mich, etwas worauf ich mich schon Wochen vorher gefreut habe. Wie soll das ohne Alk gehen, wie soll man das genießen können? Gar nicht, dachte ich und davon war ich felsenfest überzeugt.

    Es dauert einen Moment, aber ich erlebe heute ALLES von dem ich mir nie vorstellen konnte das es ohne Alkohol gut geht oder Spaß macht, besser als mit Alkohol. Intensiver und vor allem viel echter. Schwer zu beschreiben, muss man selbst erleben. Aber Du darfst mir glauben, dass es möglich ist. Auch wenn Du Dir vielleicht jetzt das denkst, was ich mir damals gedacht hätte.

    Zitat

    Ich denke mir oft das mein Sport nur Suchtverlagerung ist.


    Grundsätzlich "verhindert" Sport nicht, dass man alkoholabhängig werden kann. Die Tatsache das man Sport auf hohem Niveau macht, oder gar Profisportler ist, bedeutet nicht, dass man nicht gleichzeitig Alkoholiker sein kann. Dafür gibt es einige Beispiele, Uli Borowka z. B., der als Bundesliga-Profi Höchstleistungen brachte, sogar Nationalspieler war, und trotzdem quasi seine gesamte Karriere lang schwerst alkoholabhängig war. Kannst Du in seinem Buch "Volle Pulle" nachlesen.

    Grundsätzlich, so meine Meinung, ist Sport ein super Ausgleich. Ich selbst mache heute auch viel Sport, laufe Langstrecken, laufe Marathon. Doch als ich damals aufgehört habe zu trinken, habe ich mich zunächst GEGEN Sport entschieden. Ich wusste aus der Vergangenheit, aus meiner Zeit vor der Sucht, welch euphorisierende Wirkung dieser Sport auf mich hat. Und dass er mir dabei helfen wird, mein eigentliches Problem, nämlich meine Sucht, zu verdrängen. Und genau das wollte ich nicht. Deshalb habe ich erst aufgearbeitet und mein Leben neu strukturiert und erst dann (wieder) mit dem Sport begonnen. Das war mir wichtig, denn ich hatte große Angst davor, dass ich den Sport nutze um vor der Realität wegzulaufen. Weglaufen bei mir als Läufer dann sogar im wahrsten Sinne des Wortes. Und ich hatte Angst davor was passieren würde, wenn ich diesen Sport aus welchen Gründen auch immer, mal nicht mehr ausüben könnte. Was glaubst Du passiert bei Dir, wenn Du Dich schwer verletzten solltest und Du erst mal gar keinen Sport mehr machen kannst? Wer oder was wird Dich dann trösten? Wer oder was wird dann für die guten Momente in Deinem Leben sorgen?

    Zitat

    Ein “achtsamer” Spaziergang in der Natur, den Baum betrachten, die negativen Gedanken und Sorge wie Wolken im Himmel vorbeiziehen lassen…..?
    Tja, schoen, aber irgendwie kein highlight.....


    Verstehe ich auch, denn ich hab, als ich trank, auch nichts gesehen. Ich war blind für alles was ich eigentlich "hatte". Nur der Stoff konnte mir das geben, was ich wirklich brauchte. Heute liebe ich es, wenn mich meine Läufe, meine Radfahrten raus in die wunderbare Natur führen. Ich sehe Dinge, die ich vorher niemals gesehen hätte, ich erfreue mich an Kleinigkeiten, die ich früher niemals wahr genommen hätte. Ich erlebe heute ein "Highlight" nach dem anderern, Dinge, die für mich früher nicht mal eine Randnotiz wert gewesen wären.

    Die Angst davor, dass Du ohne Alkohol keine Highlights mehr im Leben hast, die kann ich absolut nachvollziehen. Ich hatte sie nämlich auch. Es ist einfach nur ein Teil der Sucht...

    Ich lasse es jetzt mal dabei. Ich weiß ja gar nicht, ob Dich mein Geschreibsel erreicht. Deshalb solls das jetzt erst mal gewesen sein. Auf jeden Fall wünsche ich Dir, dass Du Deine Ziele erreichen kannst. Und solltest Du irgendwann mal das Ziel haben, ein Leben ohne Alkohol zu führen, dann kannst Du hier viele Menschen treffen, die dieses Ziel bereits erreicht haben. Und Dich mit ihnen austauschen und evtl. von deren Erfahrungen profitieren. So ganz einfach ist dieser Weg leider nicht....

    Alles Gute für Dich.

    LG
    Gerchla

  • Lieber Gerchla,
    Wow, was soll ich sagen. Nur mal ganz kurz....Danke,das du dir die Zeit genommen hast so ausfuehrlich zu antworten...und wie mich dein Geschreibsel erreicht. Interessant und sehr offen...und meinen tiefen Respekt! Ich muss das jetzt mal auf mich wirken lassen und in mich gehen.
    Danke dir,
    lg,
    HAWKEYE

  • Guten Morgen Haykeye,

    ich will Dich keinesfalls penetrieren. Musste aber am Wochenende mal an Dich denken und da kam die Frage in mir auf, ob Du wohl Dein "übliches" Programm durchziehst oder vielleicht doch ins Grübeln gekommen bist. Wie geht es Dir denn aktuell? Hast Du einen Plan der in Richtung "Leben ohne Alkohol" geht oder lässt Du es erst mal einfach weiter laufen?

    Musst natürlich nicht antworten, ist einfach auch nur der Versuch von mir, mit Dir weiter im Gespräch zu bleiben. Aber auch nur dann, wenn das Deinerseits gewünscht ist bzw. Du einen Sinn darin siehst.

    Alles Gute für Dich und vielleicht bis bald mal

    LG
    gerchla

  • Lieber Gerchla,

    Du penetrierst nicht – im Gegenteil, sehr nett dass du nachfragst, wies mir ergangen ist.

    Gleich zum Punkt – nein, bin nicht mein uebliches Programm gefahren. Deine letzte message in Verbindung mit meinen Gedanken und des “in-mich-gehens” hat doch das ein oder andere Bier mal etwas weniger attraktiv werden lassen – zumindest fuer das Wochenende jetzt.

    Genauer gesagt waren es am Freitag 3 und am Samstag 4 Halbe ueber den Tag verteilt. Ich hatte auch den Porto ganz weggelassen – der meldet sich ja normalerweise, wenn schon genug Bier geflossen ist, und von der vielen Fluessigkeit der Bauch schon wabbelt.
    Der Porto sowieso ein Teufelszeug….suess,sueffig, aromatisch,konzentriert und damit effektiv.

    Mit dem ganzen “halben” Program ist es mir eigentlich gut gegangen – es war eigentlich nicht so, dass ich mich uebermaessig zusammenreissen musste um das ganze zu kontrollieren. Ich wollte dann auch nicht mehr.
    Aber ja – das ist jetzt dieses WE so gewesen…was ist mit Naechstem......

    Es bleibt ja weiterhin so – nach der samstaeglichen massiven Sporteinheit (das kann schon 3 stunden Ergometer sein) das erste Bier.
    Man hat Durst, die Vorfreude schon den ganzen Tag, ein Ansporn fuer den Sport ansich ebenfalls…. und die Wirkung sofort present da nuechtern und nichts im Magen. Es ist die Belohnung mit bekannter Wirkung.

    Ich kann mir einfach nicht vorstellen darauf zu verzichten. Es bringt doch immer ein schoenes Gefuehl gepaart mit der vorher lange schon vorhandenen Vorfreude. Man kommt in Stimmung, ist redseelig, gleucklich und selbst nach einer massiven Sporteinheit aktiv und voller Tatendrang – auch durch den Sport den man getan hat, und das Gefuehl “man hat es sich verdient”.

    Aber man spielt natuerlich auch mit dem Feuer – soviel ist klar. Und da es dann ja meist mehr als 4 werden, kommt dann spaetestens am naechsten Tag ja immer das schlechte Gewissen.

    Aber wenn ich es kontrollieren kann, - noch kontrollieren kann -, dann kommt immer dieser Gedanke “warum nicht, geniesse und sei nicht so tough mit dir selbst”.

    Hier meine meine Gedanken, die kommen... das Teufelchen das fluestert:

    “Andre belohnen sich mit Burger,Fertigpizza -is auch nicht gesund.”

    “Zum Thema Essen...Das Bier verhindert auch, dass ich unkontrolliert in mich hineinfresse nach dem Sport und spaeter hungerflashs bekomme, was auch nicht gut waere. Man will ja Platz im Magen lassen fuer das Bier. Ausserdem “verduennt” jedliche feste Nahrung die Wirkung”

    “Was wuerde ich ansonst trinken unter der Woche – eine light Limo, Cola zero – auch ein Teufelszeug, denn was ist unterm Strich schaedlicher – Phosphorsaure und die pure Chemie im Vergleich zu dem Reinheitsgebot von 1516, dem gesunden Hopfen mit dem Xanthohumol, was ja sogar der Fettleber entgegenwirken soll …ja und dem bissl Alkohol.”

    Das sind meine ehrlichen Gedanken – und es geht weiter….

    “Wie ich noch Raucher war, das ist schon einige Jahre her, war das schlechte Gewissen eigentlich permanent…..denn am Rauchen ist nunmal (im Gegensatz zu Bier) einfach garnichts positives vorhanden. Da gabs nichts was ich als wertvolle Ausrede fand - Rauchen ist einfach immer schlecht –
    und da denke ich mir jetzt – du trinkst das ein oder andre Bier, dafuer rauchst aber nix mehr und irgendein Laster darfs schon sein blabla...

    “Geniesse und steh dazu – nimmst locker und etwas gelassener und vertu dirs nicht mit dem schlechten Gewissen, sondern sei stolz drauf, dass du sonst so ein gesundes Leben fuehrst und dich halt ab und zu belohnst. Das bringt auch positives Gefuehl und Freude….und das ist wichtig fuer die Psyche”

    und letztendlich..."Wie schlecht is Bier wirklich - erstens gibts Schlimmeres und 2tens haben das Wissenschaftler Jahrzehnte lang ueber Kaffee gesagt - und jetzt wird zu MINDESTENS 3 Tassen taeglich geraten - wirkt antikanzerogen usw."...und ja, die Dosis macht das Gif....aber.."egal..es gibt nunmal Schlimmeres" :)


    Also...
    Da frage ich halt schon – wie soll ich jemals dem Alkohol abschwoeren … Die Gedanken haben ihre Berechtigung fuer mich – ja und nein, ja oder nein….dies der leise Kampf, den ich mit mir austrage...
    Ja, die Highlights gibt es auch ohne Alkohol...aber irgendwie ist es ohne auch ein wenig langweiliger. - so zumindest mein Glaubenssatz, tief eingebrannt.

    Die Frage ist halt immer wie sehr man sich selbst beluegt. Man sich mit einem “Gegner” einlaesst, der so schleichend den Angriff plant, dass man es erst dann mitbekommt, wenn es zu spaet ist.
    All diese Gedanken machen es so furchtbar schwer. Muss man erst ganz unten sein um zu verstehen?

    All das Geschriebene bitte nicht als Aufmunterung zum Trinken falsch verstehen (es ist hier auch Selbstironie bei manch Gedanken vorhanden)

  • Lieber Hawkeye,

    wow, erst mal vielen Dank für den offenen Einblick in Deinen aktuellen Kampf zwischen Deinen beiden Ich's. Also so kommt das bei mir rüber. Das eine Ich, das irgendwie ziemlich genau weiß, was da eigentlich gerade bei Dir passiert. Es sieht ganz genau, dass da gewaltig etwas nicht in Ordnung ist und kennt eigentlich auch die Gründe dafür.

    Und dann das andere Ich, ich nenne es mal das "Alk-Ich". Dieses Ich hat Dich schon ziemlich am Haken und es wird, wenn Du es nicht schaffst gegenzusteuern, irgendwann zu Deinem eigentlichen Ich werden. Das andere Ich, das jetzt noch kämpft und sich immer wieder mal behaupten kann, wird dann in der Versenkung verschwinden und dort wahrscheinlich dann auch erst mal bleiben.

    Ich will Dir meinen Respekt für Deine Offenheit ausprechen. ALLES was Du hier so schreibst, beschreibst, vielleicht teilweise auch ironisch oder etwas überspitzt, wirklich ALLES, kenne ich von mir selbst. All diese Gedanken, dieses Abwägen, dieses "Aufrechnen", dieses Hervorheben, welche positiven Eigenschaften der Alkohol ja auch hat (übrigens sind so gut wie ALLE Studien, die dem Alkohol auch positive Eigenschaften zuschreiben mittlerweile widerlegt), also all das, ich kenne es.

    Meine Ichs haben das auch jahrelang so gemacht. Und immer gewann am Ende dann mein Alkohol-Ich. Mit genau den Argumenten, die Du hier so schön, man kann fast sagen, der Reihe nach aufgelistet hast. Bei mir hat das dann dazu geführt, dass irgendwann, ich kann nicht mehr genau sagen wann, dieses Alkohol-Ich die Kontrolle komplett übernommen hat. Das andere ich ploppte bestenfalls noch ab und an mal in Form eines schlechten Gewissens oder in Form von massiven Schuldgefühlen auf. Aber hey, auch dafür hatte mein Alkohol-Ich dann eine super Lösung. Nämlich einfach, wenn dieses Ich "nervt", ein paar Halbe reinschütten und schon ist die Welt wieder in Ordnung. Tja, und genau das habe ich dann getan. Jahrelang und bin nebenher mehr und mehr seelisch kaputt gegangen. Der körperliche Verfall setzte erst ganz spät ein, mit dem hatte ich über den Daumen gesagt, vielleicht die letzten 2 Jahre meiner Suchtkarriere zu kämpfen.

    Psychisch jedoch ging es viel früher bergab. Aber als mir das dann irgendwann klar wurde, und ja, irgendwann merkt man dann schon, dass man jetzt WIRKLICH die Kontrolle verloren hat, da war es dann auch zu spät. Da ist es dann immer zu spät....

    Du befindest Dich ja noch in der Phase, wo Du glaubst, bzw. Dir ein Alk-Ich suggeriert, Du hättest ja noch alles (einigermaßen) unter Kontrolle. Aber ist das wirklich so? Diese Frage will ich hier jetzt nicht vertiefen, am Ende macht das auch keinen Sinn, denn wenn Du trinken willst, dann kannst Du trinken. So viel und so lange Du willst, es ist nichts illegales und alleine Deine Entscheidung.

    Ich will Dir jetzt einfach noch ein paar Gedanken da lassen, einfach so.

    Der Alkohol hat eine mächtige Bedeutung in Deinem Leben. Gerade dreht sich scheinbar alles um ihn. Du schreibst hier, Du denkst über ihn nach, und Du verteidigst ihn so gut Du nur kannst. Er hat Dich schon fest im Griff, Du kannst ihn so einfach nicht los lassen. Er liefert Dir ein Argument nach dem anderen, warum Du an ihm festhalten "musst", Du bist schon so weit, dass Du Äpfel mit Birnen vergleichst (kenne ich auch zur Genüge von mir), also z. B. die Geschichte mit den Pizzen und Burgern, die andere essen. Oder die Sache mit dem Cola-Zero.... Weißt Du, bei Dir geht es um Sucht, Alkholsucht und eine Alkoholsucht ist, unbehandelt, etwas absolut Vernichtendes, etwas, dass dem Süchtigen jegliche Lebenqualität raubt, ihm aber lange vorgauckelt, eine besondere Lebensqualität zu haben. Bei vielen schafft es er Alkohol, dieses Lügenwelt bis zum bitteren Ende aufrecht zu erhalten. So ist es bei anderen Drogen übrigens auch.

    Der Cola-Zero Trinker, naja, nicht gesund und derjenige der massenweise Pizzen in sich reinschaufelt, auch nicht gesund. Nur, sowas bekommt man deutlich einfacher in den Griff als eine Alkoholsucht. Aber lassen wir das, es bringt Dich sowieso nicht weiter. Schmunzeln musste ich ja, als zu das mit dem Reinheitsgebot geschrieben hast.... Alkohol ist ein Zellgift, egal in welchen Mengen. Er taugt zum Putzen und Konservieren, sonst zu nix. Aber ich habe GENAUSO gedacht, ganz genauso. Hopfen und Malz, Gott erhalts, toller Spruch - Unsere Gesellschaft blickt auch eine jahrhunderte alte Trinkkultur zurück, ja es ist eine KULTUR - und Alkoholiker ist man erst, wenn man mit dem Trinken aufhört. Also, am besten nicht aufhören, dann ist die Welt in Ordnung.

    Ich möchte Dir einfach mal einen Vorschlag machen. Vielleicht wäre das was für Dich, vielleicht könnte Dir das helfen. Vorab möchte ich sagen, dass ich nicht ich weiß ob Du bereits Alkoholiker bist oder "nur" Missbrauch betreibst. Einiges deutet darauf hin, dass Du bereits eine Suchtproblematik entwickelt haben könntest, es wäre aber auch möglich, dass Du noch nicht abhängig trinkst sondern sozusagen noch am zarten Band der Gewohnheit hängst, die Sucht noch nicht die Oberhand hat. Das wäre kein Grund zur Entspannung, das wir uns richtig verstehen, würde es Dir aber ermöglichen, wenigstens mal temporär mit dem Zeug aufzuhören um dann später irgendwann vielleicht mal wieder "normal" trinken zu können. Da wäre dann also nicht dieses fürcherliche "NIE WIEDER", was Dir ja offenbar große Angst macht bzw. was Du Dir ja so gar nicht vorstellen kannst. Kann ich übrigens auch nachvollziehen, habe ich ebenfalls selbst so bei mir erlebt.

    Also wie wäre es denn, wenn Du ab sofort für den Rest dieses Jahres keinen Tropfen Alkohol mehr trinkst. Also nicht für immer nix mehr, sondern nur ein lächerliches halbes Jahr. Schlag ein! Und beobachte was dann mit Dir passiert! Schreib hier im Forum, was Du erlebst, was Du denkst, wie es Dir geht. Das soll Besandteil dieses Deals sein. Wir ( ich und viele andere sicher auch) werden Dich hier lesen, werden Dich begleiten, so lange Du dieses Experiment durchziehst. Du kannst es jederzeit abbrechen, hier einfach die Fliege machen, oder offen schreiben, dass Du keinen Bock mehr hast. Komm, schlag ein! Probiere es aus.

    Wenn Dir das gelingt, wenn es Dir gelingt auch in 3, 4, 6 Wochen noch ohne Probleme zu verzichten, auch in 3 Monaten, 4 Monaten noch, dann kannst nach dem halben Jahr wieder trinken wie du möchtest. Deal? Ich bin mir leider ziemlich sicher, dass Du darauf nicht eingehen wirst, Dir vielleicht denkst: das müssen die Nebenwirkungen eines abstinenten Lebens sein, sowas will ich nicht auch bekommen. Aber vielleicht ja doch!

    Wenn Du dabei bist, dann sag Bescheid. Wenn nicht, ich denke ich kann Dir jetzt nicht mehr wirklich weiter helfen. Ich habe eigentlich alles gesagt was ich zu sagen habe und es liegt mir fern, Dich zu einem abstinenten Leben überreden zu wollen. Es ist Dein Leben, da bist Du der Chef. Oder hat der Alkohol schon die Chefrolle übernommen und ist für die Gestaltung Deines Lebens bereits verantwortlich? Aber wie auch immer, Dein Leben, Deine Entscheidungen.

    Bin gespannt, ob wir eine Deal haben. Wäre mal eine Premiere hier im Forum.

    Von Herzen alles alles Gute für Dich, egal wie Du Deine Zukunft gestaltest.

    LG
    Gerchla

  • Lieber Gerchla,

    Schon wieder wow!! – danke fuer deine offenen Worte, deine Erfahrungsberichte, und deine Einschaetzungen!

    Mein erster Gedanke war – eine Premiere – wie meint er das? Das erste Dealangebot ueberhaupt in diesem Forum, oder alle haben so eine Art Deal bisher abgelehnt

  • Lieber Hawkeye,

    was Deine Frage nach der Premiere betrifft: Ich glaube es wäre das erste Mal, wenn Du eingeschlagen hättest, dass jemand hier sozusagen durch das Forum begleitet, so eine Trinkpause einlegt. Also eine ganz bewusste, sozusagen vereinbarte Pause und wo dieser Mensch dann aktiv hier darüber berichtet, wie es ihm damit geht.

    Aber Du hast ja abgelehnt und das ist auch ok. Es ist Deine Entscheidung. Ich könnte jetzt böse sagen: Er ist halt noch nicht soweit, er muss erst noch tiefer sinken, er muss erst seinen persönlichen Tiefpunkt erreichen. Es kann sein, dass das so ist. Es kann aber auch sein, dass Du das nicht musst. Vielleicht bekommst Du es ja hin, mit dem Input den Du jetzt bekommen hast, Dein Trinkverhalten dauerhaft so zu verändern, dass Du Dein persönliches Risiko in eine Sucht zu rutschen, verringern kannst. Immer vorausgesetzt, Du bist nicht bereits süchtig.

    Um das zu erreichen, würde ich Dir wenigstens raten, nicht jedes Wochenende Dein Pensum abzuarbeiten sondern einfach auch mal ein paar Wochenenden gar nichts zu trinken. Ich weiß nicht, ob Du das hinbekommen kannst oder willst. Alleine Deine Gedanken bezüglich des Treffens mit Deinen Eltern zeigen mir, dass Du schon verdammt tief drin steckst. Und natürlich hast Du Recht, wenn Du schreibst, dass ich das sicher alles kenne. Ich habe so oft den Start geplanter Trinkpausen von irgendwelchen Ereignissen abhängig gemacht, auf denen ich aber auf jeden Fall noch Alkohol trinken "muss". Komisch nur, dass ich heute all diese Ereignisse wunderbar ohne Alkohol begehen kann. Das würde auch mit dem Treffen Deiner Eltern funktionieren, wenn Du es nur wollen würdest.

    Aber gut, es ist alles gesagt und solltest Du mal zur Erkenntnis kommen, dass Du doch ernsthaft was gegen Dein Trinkverhalten unternhmen möchtest, dann weißt Du ja wo wir sind. Vielleicht wird aus unserem "No Deal" dann doch noch einer.

    Eines ist mir noch wichtig: Google doch mal nach Nathalie Stüben. Oder suche sie in Youtube. Eine relativ junge Frau, die mir sehr viel Input gibt. Vielleicht erreicht Dich ihre Art auch, vielleicht kann sie Dir auch noch ein paar Denkanstösse geben. Oder möglicherweise kennst Du sie ja auch schon. Wenn nicht, schau sie Dir mal an, hör sie Dir mal an (macht auch Podcasts), das wollte ich Dir noch ans Herz legen.

    So oder so wünsche ich Dir, dass Du Deinen Weg finden wirst und ein zufriedenes Leben leben darfst. Alles Gute für Dich!

    LG
    gerchla

  • Hallo Hawkeye,

    wie geht es Dir denn aktuell? Hab gerade gesehen, dass Du hier immer wieder mal vorbei schaust. Beschäftigt also immernoch, das Thema. Melde Dich, wenn Du uns brauchst!

    Das Angebot steht übrigens noch ;)

    LG
    Gerchla

  • Hello Gerchla,
    Lieben Dank fuer deine Nachfrage.
    Ja, ich gucke noch ab und zu rein – noch immer auf der Suche nach einer aehnlichen Geschichte, nach Menschen mit aehnlichem Problem und deren Umgang damit.
    Kurz gesagt - Ich bin nochimmer dabei – das Wochenende kommt und die Vorfreude steigt. Tendiere zwar jetzt eher erst Samstags zu trinken, aber dennoch.
    Eine ordentliche Radeinheit, gutes Fruehstueck, eine 2te Einheit, damit der Durst so richtig gross wird und man es sich auch wirklich „verdient hat“, die Belohnung…und dann um 17h geht’s los mit dem Ersten.

    Warum tu ich das?
    Schon sooft darueber nachgedacht,klar - und immer kommen andere Antworten und Teilaspekte - also deshalb hier ohne grosse Vorbereitung:

    Also warum:

    Kurz - Entspannung und Loslassen - klaro, ist jetzt wohl keine Ueberraschung. Aber was bedeutet das fuer mich, was fuer einen Stellenwert haben diese Empfindungen fuer mich....

    Ohne jetzt zu sehr ins detail zu gehen....
    Ich wuerde mich selbst beschreiben als eine Mischung aus „fauler Nachlaessigkeit“ –
    das betrifft Dinge die mich weniger interessieren,
    wie aufraumen, putzen, Dokumente verwalten (Versicherungen...oh Gott...:-)..warum schreib ich das eigentlich..), Haushalt etc.

    und extremen Perfektionisten mit Kontrollfetisch der den permanenten Kick sucht, wenn auch in halbwegs noch rational versuchter Art und Weise , sprich z.B. keine Drogenen neben Alk
    Sachen die mich interessieren, inspirieren und Freude bereiten – Sport geistiger und physischer Natur, Essen, Trinken, Lesen, Musik, Gesundheit.
    Beispiele: Da wird jede Kalorie dokumentiert, wenn zu viel gegessen, dann sofort eine Sport-Einheit, Alkoholmenge wird getrackt und genaustens dokumentiert, Sport: um 4 Uhr aufgestanden,jeden Tag unter der Woche, kleines Fruehstueck und um 5 Uhr eine 2.5h Radeinheit oder 20km Lauf....jeden Tag vor der Arbeit ..manchmal gibts ne Draufgabe afterwork
    Kaum Schlaf, 4 Stunden pro Tag max – ist Gewohnheit, bin in der Frueh topfit dann zwar tagsueber sehr down(die Ueberraschung), aber das macht mir komischerweise nicht wirklich was, weil ich mich auf den morgen als highlight freue, auf die Vorbereitung und darauffolgende Sporteinheit - und das geht echt schon lange - mehrerer Jahre.
    Gesundheit - naja bei mir eine ausgepraegte Hypochondrie
    Wenn mal ein Lympfknoetchen geschwollen ist, Panik, Lymphom...Angst – ein Warten auf einen normalen Blutbefund – der absolute Horror, mit ausgepraegten Angstzustaenden und Soregenmachen. Sehe ich den Befundbrief im Postfach fange ich zu zittern an, Schweissausbruch....ohne Grund. Arzttermin, zittern im Warteraum, Panik...etc.

    Was ich damit sagen moechte –

    Alkohol ist im Moment das einzige was mich runter bringt, entspannen laesst, losslassen laesst und gehen laesst aber sich mit meiner permanenten Kicksuche auch "perfekt" vereinbaren laest/sie tw befriedigt.
    Das Gefuehl der Belohnung die Hingabe zu Sachen die einen Freude machen…..einmal nichts kontrollieren muessen….frei sein….sich „belohnen“.
    Mein Leben sonst ein staendiges Gewohnheitsspiel – guter Job, Freundin, Haus…alles da. Trotzdem tw deprimiert, ungluecklich, wenig Gelassenheit,sosehr ich auch augenscheinlich "negatives" versuche zu akzeptieren und anzunehmen, Stichwort Resilienz und Silverlining.... aber trotzdem nur eine tiefe Zufriedenheit wenn der Perfektionist schoen brav seine einheit gemacht hat und sonst alles "perfekt" ist...

    Mir geht es doch gut! Ich sollte mir alle 10 Finger abschlecken…Ich sollte gluecklich sein, dankbar, mich gut fuehlen,
    mir einfach auch bewusst machen….Wie sagt ein beruehmter Stoiker:
    Denke lieber an das, was Du hast, als an das, was Dir fehlt. Suche von den Dingen, die Du hast, die besten aus und bedenke dann, wie eifrig Du nach ihnen gesucht haben würdest, wenn Du sie nicht hättest.“
    Sprich sei Dankbar fuer das was du hast und geniesse,……

    Und trotzdem…da gibt es diese Zeit wo ich raus will, nicht nachdenke sondern tue, mich nicht zuruecknehmen moechte (bei mir natuerlich nur bis zu einem gewissen Grad – wie schon geschrieben – lallend in der Ecke kommt nicht vor)…ein paar Biere und mal nicht kontrollieren muessen….. nicht mal einen aktiven Aufwand betreiben muessen um Zufriedenheit zu empfinden, mal nicht "perfekt" sein

    Das macht es so schwer…..

    Und jep...wenn man das so liesst....der Gedanke mag aufkommen..."Alkohol ist wohl nicht sein einziges Problem" :)

    Alles liebe,
    Hawkeye

  • Hallo Hawkeye,

    ich bin eher so die Frau fürs Grobe. Habe erstmal deinen Nick gegoogelt.

    Hawkeye (dt. Falkenauge) steht für:

    ein Luftraumüberwachungsflugzeug, siehe Grumman E-2
    ein computergestütztes System zur Ballverfolgung im Sport, siehe Hawk-Eye
    den Künstlernamen von Falk Schacht (* 1974), Moderator, Autor und Musiker
    ein Computerspiel für den Commodore 64 und Amiga, siehe Hawkeye (Computerspiel)
    einen Superhelden aus dem Marvel-Universum, siehe Hawkeye
    im Englischen einer der Spitznamen von Nathaniel (Natty) Bumppo, der Hauptfigur der Lederstrumpf-Erzählungen
    eine der Hauptfiguren aus MASH

    Sagt mir jetzt alles eher nix. Warum ich überhaupt schreibe? Interessante Frage. "Eigentlich" schreibe ich fast nie an "bekennende Halbtrockene" - ist in meinem Kopf relativ sinnfrei. Bei dir interessieren mich aber die Ängste und Zwänge, die ich auch hatte und habe (trotz vieler guter Therapiearbeit). Ich habe mich weggedrückt, weil ich die weder wahrnehmen noch akzeptieren wollte. Haus, Baum, Kind hatte ich auch früher zeitweise.

    Laberrhabarber... Will nicht so viele Worte verschwenden. 2 Sachen: So aus der Ferne bist du noch lange nicht weit unten genug. Na dann, horridoh! Kann blöd enden, muss es aber nicht.

    Und einer der wichtigsten Erkenntnisse für mich war: Es darf mir auch ohne Suchtmittel schlecht gehen. Seitdem geht's mir meist ganz gut mit ohne ;)

    ichso - die schon viele Jahre nüchtern loslässt und entspannt. Warum? Weil ich's kann.

  • Zitat

    Was ich damit sagen moechte –
    Alkohol ist im Moment das einzige was mich runter bringt, entspannen laesst, losslassen laesst und gehen laesst aber sich mit meiner permanenten Kicksuche auch "perfekt" vereinbaren laest/sie tw befriedigt.

    Na dann ist doch alles "perfekt"....?!

    Zitat

    – lallend in der Ecke kommt nicht vor...

    einen Kommentar verkneife ich mir hier....

    Pass auf dich auf!
    Britt

    ~ bevör ik mi nu opregen deed, is dat mi lever egaal ~

  • Hallo Hawkeye
    ich habe nun deine Beiträge mehrmals gelesen und ich kann es nicht genau sagen, was mich daran fasziniert und zugleich betroffen gemacht hat.
    Vieles , von dem, was du schreibst kann ich nachempfinden.
    Was für mich sehr deutlich ins Auge gesprungen ist, ist ein Satz von dir ,an dem ich hängen geblieben bin.
    Du hast geschrieben, dass du damals eine Fettleibigkeit entwickelt hast aufgrund eines Traumas.

    Heute betreibst du Sport und versuchst, deine Dasein, deinen Körper zu kontrollieren und zu strukturieren.
    Mir scheint, als dürfte nichts abweichen von dem, was du dir selbst nicht erlaubst.
    Du willst die Kontrolle über dich und deinen Körper bewahren, um Sicherheit zu erlangen.
    Du fürchtest dich vor schlimmen Krankheiten, ...
    Du kontrollierst und gleichzeitig scheint dies so anstrengend zu sein (was ich vollkommen nachvollziehen kann) und dann möchtest du dir über den Alkohol eine Kontrollpause gönnen (was ich auch nachvollziehen kann).
    Das sind jetzt meine Gedanken dazu. Vielleicht liege ich auch vollkommen falsch.
    Mir scheint, als wäre der Alkohol im Moment das kleinere Problem (obwohl ich deinen Konsum sehr bedenklich finde). Vielmehr sind mir in deinen Beiträgen die Themen "Kontrolle" und "Zwänge" ins Auge gesprungen, die es womöglich auch verdient hätten, genauer unter die Lupe zu nehmen.


    Orangina 13

  • Hallo Hawkeye,
    Entschuldige bitte meinen groben Schnitzer...Ich hatte etwas verdreht in meinem obigen Text.
    Du hast geschrieben, dass das Dicksein ein Trauma ausgelöst hat und ich habe es genau anders herum geschrieben.
    Das wollte ich nur noch kurz anmerken.
    Orangina13

  • Hallo Hawkeye,

    ich freue mich tatsächlich sehr, dass Du Dir die Zeit genommen hast, auf meinen kleinen Anstubser zu reagieren. Und dann gleich noch so ausführlich.

    Danke für diesen tiefen Einblick in Dein aktuelles Seelenleben.

    Ich möchte mich gleich mal auf Dein Fazit beziehen, also dieses hier:

    Zitat

    Und jep...wenn man das so liesst....der Gedanke mag aufkommen..."Alkohol ist wohl nicht sein einziges Problem"

    Ja, dieser Gedanke springt einen geradezu an. Und mir scheint, dass Du Dir dessen auch sehr bewusst bist.

    Ich kann nun (leider) nicht behaupten, dass ich da irgendeinen Lösungsvorschlag für Dich parat hätte. Denn ähnlich wie Orangina es schon forumuliert hat drängt sich auch mir der Gedanke auf, dass der Alkohol im Moment noch Dein geringeres Problem sein könnte. Du schilderst ja ein regelrechtes Portfolio an psychischen Herausforderungen, ich nenne es jetzt mal so, weil ich kein Arzt bin und nicht von irgendwelchen Störungen oder Zwängen sprechen möchte. Fakt ist aber wohl, und das siehst Du ja genauso wenn ich Dich richtig lese, dass das was Du da gerade so machst nicht für einen Menschen spricht, der einigermaßen mit sich selbst im Reinen ist.

    Und da hilft es auch nichts, wenn Du selbst analysierst und feststellst, dass Du ja eigentlich alles hast um glücklich sein zu können. Denn Du kannst es Dir sagen, Du kannst es für Dich analysieren aber es stimmt nicht. Denn wenn es so wäre, hättest Du diese Probleme nicht. Irgendwas passt also trotz der vermeintlich analysierten Gründe zum Glücklichsein nicht. Und das scheinen grundlegende Dinge zu sein, denn sonst hätten sie nicht eine derartige Auswirkung auf Dein Leben und Dein Verhalten.

    Was da nun genau dahinter steckt, dass kann ich Dir nicht sagen und alles was von mir diesbezüglich käme, wären bloße Vermutungen. Ich denke mir, da wäre ein Profi hilfreich, mit dem Du mal tacheles reden kannst. Wenn Du hier den richtigen oder die richtige findest, könnte das ein großer Befreiungsschlag für Dich werden der Dich dann ganz nebenbei auch von Deinem Alkoholproblem befreit.

    Ich schreibe das alles so direkt und überzeugt, weil ich es bei mir ähnlich erlebt hatte. Nicht dass ich unter irgendwelchen Zwangsstörungen o. ä. gelitten hätte, nein. Jedoch hatte ich objektiv gesehen absolut überhaupt nicht den geringsten Grund mir via Alkohol die Realität schön zu trinken. Ich hatte objektiv gesehen NULL Gründe, mir via Alkohol meine Auszeiten zu sichern. Trotzdem tat ich es und rutschte in eine verdammte Sucht hinein. Ich fand die Gründe dafür, nachdem ich aufgehört hatte und meine Sucht aufgearbeitet habe. Sie waren nicht offensichtlich und sie waren vielschichtig. Jedenfalls hat bei mir gehörig etwas nicht gestimmt, was aber bei objektiver Betrachtung von außen (und auch bei oberflächlicher Betrachtung von mir selbst) gar nicht sichtbar war.

    Ich denke mir also, da müsstest Du dringend mal ran. Und es wird Dir nachhaltig gar nichts bringen, jedenfalls nicht für Dein Seelenleben, wenn Du "nur" auf Deine Alkoholauszeiten verzichten würdest. Denn der vermeintliche Grund für Deine Alkoholauszeiten bliebe ja bestehen.... Ich hoffe Du verstehst was ich meine.

    Dennoch möchte ich Folgendes sagen, und das ist mir auch sehr wichtig:

    Wenn Du weiter trinkst, wenn Du es laufen lässt, wenn weiterhin diese Auszeiten suchst und darauf deuten Deine Zeilen im Moment hin, dann wird sich das Blatt irgendwann wenden. Dann wirst Du nicht mehr in der Lage sein, selbst wenn Du es möchtest, all Deine anderen Probleme anzugehen, bevor Du nicht Dein dann manifestiertes Suchtproblem behoben hast. Und dann wird auch bald der Zeitpunkt kommen, wo diese Auszeiten, die Dir jetzt ein wenig Luft verschaffen, Dir die selbige abdrücken werden. Aber sowas von, das kannst Du Dir wahrscheinlich im Moment gar nicht vorstellen. Es wird dann irgendwannn der Punkt kommen, wo einfach alles Schei...e ist und Du Dein Leben nur noch durch Alkoholkonsum irgendwie aufrecht erhalten kannst. Deine andere Probleme werden bleiben, sehr wahrscheinlich sich sogar noch verstärken aber Du wirst sie nicht angehen können, weil Du mit dem Alkohol zu sehr beschäftigt bist. Im Moment legt er noch freundschaftlich seine Hand auf Deine Schulter und verspricht Dir Entspannung. Wenn er Dich mal richtig im Griff hat, ist er derjenige, der Dir sagt, was Du zu tun hast. Und das ist Trinken.

    Ja, das sind so meine Gedanken zu Deinem Post. Du solltest Dir dringend Hilfe suchen, aber nicht nur wegen dem Alkohol sondern wegen dem Gesamtpaket. Wird sicher nicht einfach aber weiter durch Trinken zur Entspannung kommen zu wollen wird Dich unweigerlich in den Abgrund reißen. Ich hoffe für Dich und ich wünsche Dir von Herzen, dass Du bezüglich Alkohol noch nicht die kritische Grenze überschritten hast. Ich traue mir nicht zu das zu beurteilen.

    Alles Gute für Dich. "Mein" Angebot darfst Du nun gerne als hinfällig betrachten. Ich glaube nicht mehr, dass es Dir dauerhaft wirklich helfen würde, wenn Du "nur" eine Zeit lang nichts mehr trinkst. Aus meiner Sicht solltest Du eher begleitet von Profis erst mal gar nichts mehr trinken und gleichzeitig unbedingt an den Dingen arbeiten, die Du uns geschildert hast, die Dinge, die Dein Leben belasten, die Dinge, von denen man ernsthaft davon ausgehen kann, dass da einiges dahinter steckt, was alles andere als gut für Dich ist.

    Ich wünsche Dir alles erdenklich Gute! Und ich wünsche Dir auch, dass Du die richtigen Entscheidungen für Dich treffen kannst.

    LG
    Gerchla

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