Wie mit Kinder mit dem Thema "Papa trinkt" umgehen?

  • Hallo ihr Lieben,
    ich bin ganz neu hier. Ich heiße Tine bin 39 Jahre alt und Mutter von Zwillingen ( 8 Jahre alt).
    Mein Mann trinkt seit Jahren... Er hat aber einen Job und meistert sein Leben, ist ein liebevoller Vater usw. Ich weiß grad nicht, wie sich diese Art Alkoholiker nennt. All die Jahre war es immer so, dass er nur abends zum Feierabend trank aber so langsam merke ich, dass er auch morgens schon nachlegen muss. Seine Hände zittern usw. In letzter Zeit trinkt er auch tagsüber, wenn ich an der Arbeit bin und er die Kids im Homeschooling betreut.
    Ich bin selbst mit mit alkoholkranken Eltern aufgewachsen, weiß also nur zu gut, dass ohne eigene Einsicht jeder Hilfeversuch zwecklos ist. Was mich hauptsächlich beschäftigt und warum ich mir hier Ratschläge erhoffe, sind meine Kinder. Ich denke, dass so langsam das Alter erreicht ist, wo Fragen kommen, warum Papa ne Fahne hat, warum immer Bier unter seinem Schreibtisch steht usw. Ich bin mir total unsicher, wie ich damit umgehen soll. Was soll ich ihnen sagen??? Sie lieben ihren Papa so sehr. Ich will nicht, dass sie auch mit diesen Ängsten aufwachsen müssen, die mich bis heute prägen.
    Vielleicht gibt es ja jemanden in ähnlicher Situation, mit dem ich mich austauschen kann. Jemanden, der seine Kinder auch mit einem solchen Thema im Hintergrund großziehen musste... Würde mich sehr über Austausch freuen.

    Liebe Grüße
    Tine

  • Hallo Tine,
    deine Frage ist sehr schwer zu beantworten.

    Kurz zu mir: Ich bin Ende 40, w, mein Vater war Alkoholiker mit regelmäßigen schweren Abstürzen und Klinikaufenthalten, bin selbst, wie ich mir selbst erst vor etwa einem halben Jahr eingestanden habe, alkoholabhängig geworden und lebe seit über einem halben Jahr zufrieden abstinent.

    Was gehen Kinder mit dem Thema „Papa trinkt“ um? - Du selbst hast erlebt, wie das mit alkoholkranken Eltern ist. Und du hast Angst, dass deine Kinder auch mit Ängsten aufwachsen müssen.
    Da sich deine eigene Vergangenheit offenbar etwas von der Situation unterscheidet, die deine Kinder derzeit erleben, merkst du gewiss, dass es keine pauschale Antwort gibt.
    Wie weit kennst du selbst dich mit dem Thema „Alkoholkrankheit“ aus? Was du über deinen Mann erzählst, klingt für mich durchaus schon besorgniserregend, es klingt nach einer Abwärtsspirale.
    Dein Mann wird das gewiss anders sehen, wird es abtun, wird nicht wenig ungehalten werden, wenn du ihn darauf ansprichst. - Ich selbst mochte von meinem Mann überhaupt nicht gern auf meinen Konsum angesprochen werden. Darüber gab es öfter Stress zwischen uns. Inzwischen, da sich in meinem Denken etwas Entscheidendes geändert hat, sehe ich das natürlich anders. -

    Wie gehen Kinder damit um? - Erinnerst du dich, wie fein dein Gespür für deine Eltern war? Das ging schon eher los als mit 8 Jahren, oder?

    Die Sache ist die: Kinder brauchen Sicherheit. Und für die gesunde Entwicklung eines Kindes wäre es wichtig, dass das Kind und seine Bedürfnisse im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stehen. Und eben nicht, dass die Alkoholkrankheit des Vaters im Mittelpunkt steht und sich die gesamte Aufmerksamkeit und Sorge immer wieder nur um ihn dreht.

    Wie ist das aber nun bei dir?
    Und wenn es wirklich heftig wird oder schon ist, was wären dann die Konsequenzen?

    Ich wünschte, ich könnte dir eine schöne, gute, hoffnungsvolle Auskunft geben, aber das Thema ist leider ein ziemlich ernstes.

    Herzliche Grüße
    AmSee

    Du kannst nicht zurückgehen und den Anfang ändern,
    aber du kannst jetzt neu anfangen und das Ende ändern.

  • Liebe Tine,

    Dankeschön für Deinen Beitrag, Deiner Offenheit und deinem Vertrauen in uns! 44.

    Ich bin Proky, 43 Jahre alt, trocken bzw suchtfrei seit über 16 Jahren.


    Ja der Spiegeltrinker, eine inoffizielle Bezeichnung - offizielle Bezeichnung: Delta-Alkoholiker - umgangssprachlich auch der "funktionierende Alkoholiker" genannt.

    "Funktionierend" deswegen, weil dieser Typ von Alkoholiker trotz Rausch bzw Pegel/Spiegel seine täglichen Pflichten wie z.B. Arbeit, Haushalt etc ganz "normal" nachkommt, oftmals ohne Ausfallerscheinungen und das sogar jahrelang...

    ...die Kehrseite:

    Er säuft sich dabei langsam aber sicher zu Tode! Und der Abstieg zur letzten Kategorie, dem Gamma-Alkoholiker (totaler Kontrollverlust der Trinkverhaltens und des sozialen Lebens) ist auch noch möglich.


    Liebe Tine, meine persönliche Meinung:

    Rede offen und ehrlich mit deinen Kindern. Sag und erkläre ihnen, dass der Papa krank ist und Hilfe braucht.

    Warum schreibe ich das so?

    Zum einen:

    Früher oder später musst Du deinen Kindern die Wahrheit sagen. Denn auf Dauer wird dein Mann immer mehr und größere Ausfallerscheinungen haben, seine Sucht sich verschlimmern, sofern er nicht aufhört. Kinder (denk dabei an deine eigene Kindheit) bekommen so etwas mit. Denn Kinder haben ganz feine Antennen wenn es um non-verbales Verhalten geht. Sie bekommen so oder so mit, dass mit dem Papa etwas nicht stimmt...

    Kinder haben zwar eine sehr simple, aber doch auch effektive Logik. Gerade diese Logik kann dabei helfen deinen Mann zum umkehren zu bewegen. Z.B.: "Papa bitte trink nicht, wir wollen das du gesund wirst" o.ä. Aussagen wie diese können dazu beitragen das dein Mann umschwenkt...

    ...das führt mich aber auch zu Dir.

    Vorausgesetzt dein Mann hört nicht zum trinken auf, bist du dir darüber im klaren, dass er dann früher oder später unter der Last der Krankheit psychisch wie körperlich zusammenbrechen wird? Was ist dann? Was ist dann mit der Familie, mit dir und den Kindern? Wenn alles in Scherben liegt und die Wahrheit sich nicht mehr kaschieren lässt?

    Deine Kinder werden ihren Respekt vor ihrem Papa nicht verlieren wenn sie die Wahrheit wissen. Ganz im Gegenteil. Sie werden sich Sorgen machen und wollen das er aufhört.

    Respektlos werden sie erst, wenn sie merken, dass die Krankheit quasi innerhalb der Familie "unausgesprochen" bleibt, der Papa sich verkommen lässt, die Mama nicht eingreift...

    Also, es ist besser mit den Kindern zu reden, besser jetzt als später...

    Aber nicht nur mit dem Kindern...

    ...auch mit eurem Hausarzt...

    ...einer Suchtberatungsstelle...

    ...einer weiteren realen Selbsthilfegruppe vor Ort...

    und last but not least:

    mit deinem Mann!

    Sag ihm das Du dich um ihn sorgst und das es dein Wunsch ist das er doch damit aufhören möge...

    Kannst Du damit etwas anfangen liebe Tine?

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