Sich selbst den Weg frei machen

  • Jetzt will ich doch noch mal kurz ;)

    @AmSee: Das las sich gerade spannend, dein letzter Post. Von aussen draufgeguckt hatte ich auch ein wenig den Eindruck der Hilfstherapeutin. Mein Großer sagte mal: Mama, wenn nur eine/r was sagt, kann man das gern mal ignorieren, wenn es aber zwei oder mehr sagen, lohnt es sich vielleicht, genauer hinzuschauen.

    Also ich ersetze jetzt mal "Hilfstherapeutin" mit "Helfersyndrom", tatsächlich bei mir auch großes Thema, obwohl ich das jüngste Kind war, und nicht wie üblich davon befallen meist das älteste Kind. Das jüngste ist ja meist der Clown, der bin ich definitiv gewesen. Jetzt im Alter aber ohne rote Pappnase, lächel...

    Und das bringt mich zum letzten Teil deines Postings: Ich habe meinen jüngeren Anteilen am Anfang der Erkenntnis auch oft sachlich die Jahreszahl hingehalten. Schnell habe ich es wieder gelassen. Angemessen ist ja nicht so mein Ding. Und ich fühle mich auch viel lebendiger, wenn ich z.B. mit den Hausaufgabenkindern (mal kurz) laut quitsche: OMG! Wie süss ist das denn?? ;)

  • Zum Thema „Beratung“ bzw. „psychologische Beratung“:

    Ich habe das beruflich tatsächlich eine Weile gemacht und hab diesbezüglich auch eine Ausbildung genossen, aber das war keine Ausbildung zur „Therapeutin“.
    Hier im Forum aber mache ich keine „Beratung“ im eigentlichen Sinne. Das ist hier nicht der Ort und das Setting für solche „Beratung“, denn es ist ein Laienforum, in dem Betroffene anderen Betroffenen mit ihren eigenen Erfahrungen und ihren Kenntnissen Hilfe zur Selbsthilfe zu geben versuchen. Es ist auch nicht meine Aufgabe und meine Rolle hier, solche „Beratung“ anzubieten, wie ich das gelernt habe.

    Ich habe im Laufe meiner Ausbildung ganz gut gelernt, Rollen zu trennen. Hier bin ich als selbst Betroffene unterwegs und antworte anderen Betroffenen völlig anders, als ich das als „Beraterin“ täte. Das in der Ausbildung erworbene Wissen nutze ich natürlich für mich selbst und es fließt gewiss auch hier und da mal in meine Antworten mit ein, aber „Beratung“ ist das nicht und auch keine „Hilftstherapie“.

    Du kannst nicht zurückgehen und den Anfang ändern,
    aber du kannst jetzt neu anfangen und das Ende ändern.

  • Hallo ichso,
    mit dem sogenannten „Helfersyndrom“ beschäftige ich mich auch schon eine Weile. Früher hatte ich das tatsächlich mal, heute treibt mich das eigentlich nicht mehr an.

    Was ist eigentlich ein „Helfersyndrom“ und aus welchem Bedürfnis handelt jemand, der ein solches befriedigen muss? - Früher nahm ich Menschen in Not wahr und MUSSTE ihnen einfach „helfen“. Ich fühlte mich für alles und jedes verantwortlich.

    Das ist inzwischen vorbei. Ich wende mich Menschen inzwischen nicht mehr zu, weil ich es MUSS, sondern weil‘s mich gerade interessiert, weil ich gerade Zeit habe, weil mir gerade eine Antwort einfällt.
    Wenn’s ihnen hilft, gut, dann freue ich mich natürlich für sie, wenn sie nichts mit dem anfangen können, was ich ihnen antworte, auch gut. Das berührt mich nicht mehr besonders, es sei denn ich werde irgendwie angegriffen. Keine Antwort kümmert mich auch nicht mehr so.

    Meine Perspektive hat sich geändert. Ich bin tatsächlich endlich auf dem Weg, Selbstwert und Selbstliebe ganz aus mir allein zu schöpfen und nicht mehr aus der Bestätigung und Wertschätzung von Außen. Bis dahin war es ein langer Weg und ich bin da auch längst nicht am Ende. Doch es fühlt sich schon jetzt ziemlich gut an.

    Auf dem anderen Weg habe ich versucht, ein Loch zu füllen, was sich nicht füllen lässt. Inzwischen - das habe ich auch Orangina13 so geantwortet, versuche ich nicht mehr, dieses Loch zu füllen. Es ist da, es ist ein Teil von mir und ich bemühe mich, diesen Teil als Teil von mir anzunehmen und entsprechend damit umzugehen.


    Liebe Grüße
    AmSee

    Du kannst nicht zurückgehen und den Anfang ändern,
    aber du kannst jetzt neu anfangen und das Ende ändern.


  • Und das bringt mich zum letzten Teil deines Postings: Ich habe meinen jüngeren Anteilen am Anfang der Erkenntnis auch oft sachlich die Jahreszahl hingehalten. Schnell habe ich es wieder gelassen. Angemessen ist ja nicht so mein Ding. Und ich fühle mich auch viel lebendiger, wenn ich z.B. mit den Hausaufgabenkindern (mal kurz) laut quitsche: OMG! Wie süss ist das denn?? ;)

    Das mit den Jahreszahlen ist bei mir ganz neu, ich mache seit wenigen Wochen erst meine Erfahrungen damit und es sind bislang recht positive Erfahrungen. Überhaupt ist mir ja erst neu, mit meinen Inneren Anteilen in Dialog zu treten, ja, sie überhaupt erst zu identifizieren und kennenzulernen.

    Die „Kleine“, der ich letztens begegnet bin, hatte das ganze Drama erst noch vor sich, fühlte aber aufgrund entsprechender Erfahrungen schon ziemliche Angst und Überforderung. In der geführten Meditation hieß es, ich solle sie mit nach oben nehmen. Zunächst war ich skeptisch, ob das überhaupt richtig ist. Ich hab mich dann darauf eingelassen, wissend, dass ich jederzeit die Kontrolle habe. Und es war eine gute Erfahrung. Die „Kleine“ erfuhr so zwar, dass ihre Ängste berechtigt waren und es sogar noch schlimmer kam, als sie befürchtet hatte, aber das Wissen und der Trost, den sie von meinem „Erwachsenen Ich“ bekam, half ihr und tat ihr irgendwie gut. Sie ist jetzt bei mir und tatsächlich hilft ihr das und damit auch mir.

    Viele Grüße
    AmSee

    Du kannst nicht zurückgehen und den Anfang ändern,
    aber du kannst jetzt neu anfangen und das Ende ändern.


  • Guten Morgen, Susanne,
    da bin ich wieder.

    Ich hab den Eindruck, ich muss da mal was klarstellen. Ich antworte dir nicht, weil ich mich als eine Art „Hilfstherapeutin“ sehe - dazu hab ich gestern Abend schon etwas geschrieben - oder gar um ein Thema mit dir zu bearbeiten, sondern ich biete mich sozusagen als Gesprächspartnerin an, weil es mich interessiert, mich mit dir auszutauschen. Die Gespräche mit dir sind mitunter ziemlich interessant und anspruchsvoll, das reizt mich einfach.
    Manchmal wird es mir zu viel, wenn ich das Gefühl habe, in einen Schlagabtausch oder eine Verteidigungsposition zu geraten, weil ich eine andere Sprache zu sprechen scheine als mein Gegenüber, bei dem eventuell irgendwelche Verletzungen oder Prägung vorhanden sind, die ich nicht erwartet habe und irgendwie auch nicht verstehe.

    Ja, ich möchte dich gerne etwas besser verstehen, weil es mich reizt, mich mit dir zu unterhalten.

    ja, man muss die gegenseitigen Erwartungen abklären, sonst gehts nicht. Das war schon immer eine Schwierigkeit bei mir, wenns um Beziehungen geht.
    Ich hab nen hochsensiblen Freund (nicht mein Partner), der eine gemeinsame Gesprächsgruppe verlassen hat, weil er sich zu sehr untergebuttert fühlte, und dann suchte er ganz gezielt den Kontakt zu mir. Ich hab ich gefragt, wie er als Hochsensibler mit so einem Brecheisen wie mir klar kommt, aber geht, sogar sehr gut. Weil, sagt er, man das mit mir offen klären kann...und weil er (hochsensibel) merkt, dass ich ihn bei allem Gelaber wahrnehme.

    Und dann ist noch die Seite, dass ich das Gefühl habe, Leute müssen auch meine schwierigen Seiten kennen, sonst weiss ich nicht, ob die nicht sowieso gleich die Flucht ergreifen.

    Ich bin auch so ein Mensch, ich bin "zu viel", das verbindet mich mit ichso und vielleicht auch mit Dir.

    Wenn Du das verstehen willst, dann interessiert es Dich vielleicht auch, dass ich ein absolutes Wunschkind war, aber über das, was ich werden sollte, haben sie sich schon gestritten, da gabs mich noch gar nicht - wir haben dann auch geredet, mein Vater und ich, nachdem ich mit dem Saufen aufgehört hatte. Und die Härte hatte auch etwas alttestamentarisches, wer seine Kinder liebt, der schlägt sie, und dann gabs da noch so Erziehungsratgeber die aus dem dritten Reich stammten.

    Abgesehen von ihren eigenen Schwierigkeiten und Baustellen auch im wörtlichen Sinn kam dann da so ein Monster, eine richtige Intelligenzbestie. Als es an den Übergang von Grundschule zur weiterführenden ging, also in diesem Jahr, geschahen mehrere Dinge.
    Mein Vater erklärte mir, das er meine Erziehung beendet, weil er mir nicht gewachsen war. Er hatte Angst vor mir, und das will was heissen. Aber irgendwas muss ja auch noch gewesen sein, sonst hätte er mir am Ende nicht definitiv die Entscheidung über sein Leben überlassen.
    Meine Mutter erklärte mir, dass sie mir nicht helfen kann, weil sie meinen geistigen Höhenflügen nicht mehr folgen konnte.
    Meine Klassenlehrerin erklärte meiner Mutter, dass ich die inteligenteste Schülerin der ganzen Schule sei und dass man mir von daher unbedingt dieb Möglichkeit verschaffen musste, an eine Universität zu gelangen. Mein Vater war Handwerksmeister, da war das damals nicht selbstverständlich.
    Diese Intelligenzeinschätzung blieb mir, Du kannst Dir nicht vorstellen, oder vielleicht doch, wie oft ich das schon gehört habe, und wie oft man mir das sogar schon zum Vorwurf gemacht hat. Ich wollte mich schon mal blöd saufen, damit das aufhört.

    Ich bin nämlich nach dieser Erklärung, dass ich mich wegen meiner gar so wahnwitzigen Inteligenz nur selbst erziehen kann, in eine absolute Überforderungssituation hineingelaufen. Ich war nämlich nicht in der Lage, mich in reinen Lernfächern hinzusetzen und zu büffeln, während mir in Verständnisfächern das Ganze nur so zuflog. Lach...Ingenieurphysik, das Aussiebfach, ich morgens ein Joint, und dann hingeschrieben, das ich nicht gelernt hatte. Aber wenn ichs wüsste, dan würde ich den und den Lösungsweg gehen. Passt, 1.

    Und so Manipulationsversuche, von denen Britt alpträumt, verfingen bei mir einfach nicht. Die Art und Weise, wie ich das Abi gemacht habe, gingen bis ins Kultusministerium unseres Bundeslandes, denn ich habe einfach gemacht, was ich wollte. Mich konnte niemand bremsen. Die armen Lehrer, kann nich nur sagen. Aber auch da war es so, weil ich eben so eine geistige Überfliegerin war, gab es da welche, die dafür gekämpft haben, das mir niemand den Weg verbaut..und die mir unter der Hand die Tipps ggaben, wie ich das machen kann.

    Tja, und in den Wirrren des Erwachsenwerdens war ich auch überfordert und hilflos. Grade so Beziehungsanbahnung, vor mir hatten ja gleich alle Angst. Als da in mir so Gefühle aufstiegen, da wusste ich überhaupt nicht, wie ich damit umgehen sollte. Da hilft nämlich die Genialität nix, da bräuchte man Instinkte. Aber jeder dachte ja, ich bin so intelligent, das muss ich doch wissen. Wie ja überhaupt immer ich alles wissen musste. Dabei wusste aber niemand so genau wie ich, das ich eben doch nicht alles weiss.

    Ich muss mich heute definitiv kurz fassen...es ist nämlich genau das Problem, dass ich mich nicht einfach laufen lassen kann, sondern die Leitplanken selbst einziehen muss, die mir sonst niemand eingezogen hat. Ich will aber auch an anderer Stelle sehen, das ich was geschafft habe.

    Bis dann, Gruß Susanne

  • Moin Susanne,

    Zitat

    Und so Manipulationsversuche, von denen Britt alpträumt, verfingen bei mir einfach nicht.

    Diesen Satz verstehe ich nicht, wie meinst du das?

    LG Britt

    ~ bevör ik mi nu opregen deed, is dat mi lever egaal ~

  • @AmSee: Liest sich, als ob du das nicht nur schreibst, sondern tatsächlich auch lebst :) Dann habe ich mich wohl geirrt. Mit dem "helfen müssen" bin ich gottseidank auch durch, aber ich mache es immer noch gern innerhalb meiner krankheisbedingten Grenzen, da allem voran mein notoperiertes Herz. Meine Psyche kann ich immer noch bissi beschwatzen, aber mein Herz gibt ganz klare Ansagen in Form von Atemnot, schweren Beinen und so.

    Und auch die Dunkelheit in mir, die ich nicht zu füllen vermochte, ist mir eine vertraute Gefährtin geworden... Huhu, Orangina, lieben Gruß an dieser Stelle an dich :)

    ichso - die jetzt wieder über die halbfertige Klorollenhaube herfällt, damit sie auch fertig ist, wenn ich Karlchen holen darf, lächel...

    PS: Und wieder schnellere Postings ;) An Susanne: Ist mir auch megawichtig, dass werauchimmer erstmal meine A rschlochseite aushalten kann, sonst ist die ganze Beziehung in welcher Form auch immer in meinem Kopf sinnfrei. Und bin gerade leicht neidisch auf deine Klugheit, obwohl dir das auch manchmal eine Last war... Und für AmSee: Bestimmt wird dein Leben bunter mit Klein und Groß <3 War für mich eine absolut erfreuliche Bereicherung :) Und last but not least: Freundliches Huhu an britt :)

  • Moin Britt, ich hab immer sofort dahintergeguckt (doch instinktiv), wenn es um Machtverhältnisse ging und wenn mir nicht wegen mir selbst geholfen werden sollte, sondern darum mich an irgendwas anzupassen, was den Interessen Anderer diente. Oder wenn mir jemand was verkaufen wolte, was ich nicht wollte etc. Lehrer, die einfach nur wegen der Durchsetzung ihrer Autorität was wollten, aber mich nicht überzeugen konnten, keine Chance bei mir. Und diese ganzen Manipulationsdiskussionen habe ich eben da in den Verhören meiner Mutter und auch dann in diesem Jugendverein bereits geführt, und da war immer ich die, die vorn dran war.

    Das führte aber auch dazu, das meine Einsamkeit immer größer wurde, denn es bleibt ja niemand überig, wenn Du jede Diskussion so lange führst, bis Du gewinnst. Dann hast Du doch verloren.
    Und bei mir fingen die Überlegungen, dass ich auf Leute mehr zugehen muss (und die Manipulierbarkeit, also auch meine eigene als grundsätzliche Eigenschaft des sozialen Wesens Mensch akzeptieren muss) und es den Leuten nicht so übelnehmen sollte, wenn sich mich zu etwas bewegen wollten (krankhafter Individualismus meinerseits) eigentlich grade aus der gegensätzlichen Ecke an wie bei Dir. Aber grade mangels Übung - ich hab darauf ja nie Rücksicht genommen, denn wenn keiner mehr da war, Schnaps gabs immer - war ich da sehr verunsichert, und mit meinem nüchtern erst gespürten Bedarf an Menschen musste ich auch erst umgehen lernen.
    (Informatik, da war mein erklärter Wunsch noch, dass ich den Rest meines Lebens nur noch mit Computern reden muss, Leute waren mir zu kompliziert. Geistig asozial, der Computer beschwert sich nicht)

    Aber jetzt ist bei mir für heute hier endgültig Schluss. Bei mir ist immer auch, man muss das Eisen schmieden, so lange es heiss ist, und Kundenerwartungen gehen heute auch in Richtung "sofort oder am Besten, heute beauftragt, vorgestern schon fertig", ich bin das überhaupt nicht gewöhnt, dass man in der Kommunikation auch mal was liegen lassen kann. Und über nichts wird so gemosert, wie wenn nicht gleich die Antwort kommt.
    Doch manipuliert, vorauseilender Gehorsam. Aus Angst, die alten Fehler zu wiederholen.

  • Zitat

    ....und die Manipulierbarkeit, also auch meine eigene als grundsätzliche Eigenschaft des sozialen Wesens Mensch akzeptieren muss und es den Leuten nicht so übelnehmen sollte, wenn sich mich zu etwas bewegen wollten..

    Jo, mit diesem Satz hat du den Nagel auf den Kopf getroffen. Ich behaupte mal, kein Mensche tut etwas ohne Berechnung und ohne Motiv.
    Aber ist das alles Manipulation? (Ich merke gerade, dass ich mit dieser einfachen Frage manipuliere...)

    Viel Erfolg beim Eisen schmieden!

    ~ bevör ik mi nu opregen deed, is dat mi lever egaal ~


  • Das ist inzwischen vorbei. Ich wende mich Menschen inzwischen nicht mehr zu, weil ich es MUSS, sondern weil‘s mich gerade interessiert, weil ich gerade Zeit habe, weil mir gerade eine Antwort einfällt.
    Wenn’s ihnen hilft, gut, dann freue ich mich natürlich für sie, wenn sie nichts mit dem anfangen können, was ich ihnen antworte, auch gut. Das berührt mich nicht mehr besonders, es sei denn ich werde irgendwie angegriffen. Keine Antwort kümmert mich auch nicht mehr so.

    ach doch noch übrigens, Lach.
    diesen Satz hast Du bei mir abgeschrieben, ich habe ihn vor ca. 15 Jahren geschrieben. Da war ich mir selbst gegenüber noch nicht so sensibel. Heute weiss ich, ich brauch Leute, sonst gehts mir nicht gut. Und ich suche mir gezielt Leute, von denen auch was zurückkommt.

    Und ich wende ihn jetzt auf Dich an.

  • Na, hier ist ja wieder was los. Grins.
    @ichso , Danke für deine Einschätzung. Ja, so fühlt es sich bei mir auch an. Tatsächlich „ich“ zu sein, bei mir zu sein, authentisch ist zu sein, ist mir sehr, sehr wichtig. Anders würde ich‘s nicht haben wollen und auch nicht aushalten. Wenn ich nicht hinter dem stehen würde, was ich schreibe, könnte ich nicht schreiben. Ich muss etwas erst rational und emotional begriffen haben, bevor ich mich äußere.

    Susanne
    Und wieder ist’s interessant, dich zu lesen. Hab bei nicht wenig, was du geschrieben hast, zustimmend genickt, nach dem Motto, kenne ich oder sehe ich auch so.
    Im Gegensatz zu dir habe ich viel Zeit, die ich füllen darf, wie’s mir gerade beliebt.
    Interessante Gespräche reizen mich eigentlich immer, es sei denn... naja, muss ich nicht näher ausführen.

    Eine solche Intelligenz-Bestie wie du war ich als Schülerin nicht oder zumindest trat ich nicht als solche in Erscheinung. Intelligent zweifellos, vielfältig begabt, viel zu „erwachsen“ für mein Alter, aber in der Schule eher still und bemüht darum, nicht aufzufallen.

    Ein Lehrer meinte mal sinngemäß zu mir, „Aus dir wird mal was ganz Großes.“ Hat mich lange Zeit beschäftigt, was ich denn werden sollte, um solchen Ansprüchen zu genügen. Hab sogar mal mit einer Klassenkameradin darüber diskutiert, was ich denn tun könnte, um einem solchen Anspruch zu genügen.
    Hat mich letztlich belastet, diese Anerkennung meines Lehrers, und auch überfordert. Hätte ich Botschafterin für die Bundesrepublik Deutschland werden sollen?

    Leichter gemacht hat es mir gewiss keiner meiner Lehrer. Obwohl sie teilweise wussten, was bei mir zuhause abging - dass z.B. mein Vater gestorben ist und ich danach nicht mehr zuhause wohnte und noch ein paar Mal umzog, haben sie gewiss mitgekriegt, es waren ja sogar Mitschüler und ein Lehrer von mir bei der Beerdigung - hat mich bis auf meinen alten Lateinlehrer niemals irgendjemand angesprochen, niemand mir Hilfe oder Unterstützung angeboten. Und ich wiederum bin auch nicht auf die Idee gekommen, mal jemand in meiner Schule anzusprechen.

    Ich musste dann nach der Schule einen anderen Weg gehen und habe ein Studium gewählt, um meine eigenen Fragen zu beantworten und um einer „Lehre“, die man mir in den Kopf gepflanzt hatte, von der ich aber das Gefühl hatte, dass daran etwas wesentlich und existentiell falsch ist, etwas entgegenzusetzen. Aus diesem Studium ergab sich dann ein Beruf, der gewiss nicht verkehrt war und den ich auch richtig gut gemacht habe, der mir aber erstens nicht die Berühmtheit verschaffte, die dem entsprach, was mein Lehrer mal über mich gesagt hatte, und der letztlich so gestaltet war, dass ich mit meinen Ansprüchen an mich selbst und meinen Prägungen, ausbrennen und kaputt gehen musste.


    Ich gehöre auch zu den sogenannten hochsensiblen Menschen, war mir dessen aber, bis ich schließlich richtig krank wurde, nicht bewusst, und ich bin auch so ein „zu viel“. Ich bin bunt, ziemlich bunt. Das ist mitunter eine ziemliche Herausforderung, doch inzwischen akzeptiere ich das und lerne beständig hinzu, damit besser umzugehen. Es zu wissen, hilft mir, wenn ich nicht so bunten oder aber ebenso bunten Menschen begegne. Es zu wissen, hilft mir, besser auf mich und meine Bedürfnisse und Befindlichkeiten Rücksicht zu nehmen. Ich verzweifle nicht mehr, wenn das „Fass“ mal wieder zu voll geworden ist, zwinge mich nicht mehr zu irgendetwas, wenn das „Fass“ gerade voll ist, bemühe mich grundsätzlich darum, das dass „Fass“ nicht mehr so voll wird und überläuft.


    Tja, und in den Wirrren des Erwachsenwerdens war ich auch überfordert und hilflos. Grade so Beziehungsanbahnung, vor mir hatten ja gleich alle Angst. Als da in mir so Gefühle aufstiegen, da wusste ich überhaupt nicht, wie ich damit umgehen sollte. Da hilft nämlich die Genialität nix, da bräuchte man Instinkte. Aber jeder dachte ja, ich bin so intelligent, das muss ich doch wissen. Wie ja überhaupt immer ich alles wissen musste. Dabei wusste aber niemand so genau wie ich, das ich eben doch nicht alles weiss.

    Oh ja, kommt mir ziiiieeemlich bekannt vor. Eine Frau, bei der ich kurze Zeit wohnte, verlangte da von mir mal eine Antwort, als ich zum ersten Mal in meinem Leben verliebt war. Mann, was war ich da überfordert! Was und wie hätte ich darauf antworten sollen? Dummerweise hatte ich mich auch noch in jemand verliebt, der 17 Jahre älter war als ich und er sich merkwürdigerweise auch. Ich war 15 Jahre alt damals....
    Ich konnte doch grundsätzlich nicht mit Gefühlen umgehen, Gefühle waren gefährlich, Gefühle wurden verdrängt, allein im Verstand suchte ich meinen Halt. Und dann verliebe ich mich zum ersten Mal in meinem Leben und dann auch nicht in einen Gleichaltrigen, sondern einen erwachsenen Mann. Ich wusste doch gar nicht, wie mir geschah, geschweige denn, wie ich damit umgehen sollte.
    Ich blieb damals allein mit meinem Problem. Da war niemand, mit dem ich darüber reden konnte. Der Jugend-Therapeut, zu dem man mich damals zwang, hinzugehen, sagte nur: „Dieser Mann ist zu alt für dich, such dir gleichaltrige Freunde.“ - Na toll, Danke für diesen Hinweis. Wusste ich damals schon, dass ein Mann, der 17 Jahre älter ist als ich, eigentlich zu alt für mich ist und in seiner Entwicklung und Lebenserfahrung mir weit voraus. Händchen halten war für mich das höchste, zu dem ich in der Lage war, und er träumte schon von Sex.... Hilfe! - Es ist auch nie dazu gekommen. Als ich ins Heim umzog, lernte ich endlich wirklich Gleichaltrige kennen und die nahmen mich unter ihre Fittiche. Von ihnen habe ich unendlich viel gelernt, für das ich ihnen noch heute dankbar bin, allerdings auch den ungesunden Umgang mit Alkohol.

    Mir war eigentlich immer bewusst, dass ich nicht alles weiß. Sokrates‘ Spruch „Ich weiß, dass ich nichts weiß.“ begleitet mich schon mein ganzes Leben.


    Viele Grüße
    AmSee

    Du kannst nicht zurückgehen und den Anfang ändern,
    aber du kannst jetzt neu anfangen und das Ende ändern.


  • Moin Britt, ich hab immer sofort dahintergeguckt (doch instinktiv), wenn es um Machtverhältnisse ging und wenn mir nicht wegen mir selbst geholfen werden sollte, sondern darum mich an irgendwas anzupassen, was den Interessen Anderer diente. Oder wenn mir jemand was verkaufen wolte, was ich nicht wollte etc. Lehrer, die einfach nur wegen der Durchsetzung ihrer Autorität was wollten, aber mich nicht überzeugen konnten, keine Chance bei mir. Und diese ganzen Manipulationsdiskussionen habe ich eben da in den Verhören meiner Mutter und auch dann in diesem Jugendverein bereits geführt, und da war immer ich die, die vorn dran war.

    Auch da kommt mir was bekannt vor....
    Wenn ich von etwas nicht überzeugt war oder überzeugt werden konnte, hatte das auch bei mir keine Chance.

    Du kannst nicht zurückgehen und den Anfang ändern,
    aber du kannst jetzt neu anfangen und das Ende ändern.


  • ach doch noch übrigens, Lach.
    diesen Satz hast Du bei mir abgeschrieben, ich habe ihn vor ca. 15 Jahren geschrieben.

    Lach, nicht dass ich wüsste...
    Weiß gar nicht, ob ich deine Beiträge von vor ca. 15 Jahren überhaupt gelesen habe...

    Du kannst nicht zurückgehen und den Anfang ändern,
    aber du kannst jetzt neu anfangen und das Ende ändern.


  • ... ich bin das überhaupt nicht gewöhnt, dass man in der Kommunikation auch mal was liegen lassen kann. Und über nichts wird so gemosert, wie wenn nicht gleich die Antwort kommt.

    Das sollte hier aber anders sein.
    Auch, wenn ich zum Beispiel ziemlich schnell antworte, erwarte ich überhaupt nicht, dass mein Gegenüber gleich antwortet. Es sei denn, ich kenne das so von ihm oder ihr, dann kommt es vor, dass ich mal nachfrage, weil ich verstehen möchte.

    Mach also ganz so, wie es dir grad passt. Hier läuft nix weg...

    Du kannst nicht zurückgehen und den Anfang ändern,
    aber du kannst jetzt neu anfangen und das Ende ändern.

  • Bei Neulingen sollte man glaube nicht so lange warten. Ich weiss noch, in der Suchtberatung hatte sie wohl aus Erfahrung die Sorge, das so ein Entschluss nicht lange hält, wenn man nicht sofort reagiert. "Halten Sie denn bis morgen durch?" - dann kanns oft schon vorbei sein.
    Ob dieses Forum hier überhaupt diesen Zweck erfüllen kann und sollte, stelle ich als Frage einfach mal so in den Raum, da ist das Andere vielleicht geeigneter, und ich sollte natürlich drüber schlafen können, klar. Das Problem ist, wenn man die Verantwortung völlig beim Andernen lässt, dann kann der ja auch in den Wald gehen, dazu sucht man sich im Normalfall ja keine Hilfe. Also das reine "Dein Problem" ist es nie. Man sagt ja den Leuten, dass sie Hilfe suchen sollen, und wenn sie schon wo fragen, so auf dem Zahnfleisch, dann wollen - und können - sie ja nicht erst ne Odysee machen.

    Kennst Du eigentlich das Sponsorentum bei AA? Das ist so eine Art Beelterung, wenn ich mir überlege, wie sich das Bild bei mir anfühlt. Ab nem gewissen Alter ist die Verantwortung ja auch als Entwicklungsstufe völlig normal. Vielleicht auch ab ner gewissen Trockenzeit oder Reifegrad, das war ja auch noch mal eine Art Emanzipation, ein Ablösungsprozess, eine Art zweites Erwachsenwerden.

    Ich bin immer noch mit ca. 30 Langzeittrockenen aus meinem früheren Werdegang bei FB befreundet. Die seh ich täglich. Und da gabs tatsächlich welche, die mich drum gebeten haben, diese Rolle zu übernehmen. Ich hab sie auch übernommen, ich darf mich Trockenpatentante nennen, und damit hab ich sogar ne Art Enkel, die nicht als EKAs aufwachsen. Ich hab da Spuren hinterlassen, das weiss ich.
    Bilder sind mächtig, Museum...

    Das ist auch eine Selbsterkenntnis. Die ich dieser Diskussion hier zu verdanken habe.
    Bei mir fühlt sich das stimmig an, wenn ich es auf mich wirken lasse. Oder hört sich das arg schräg an?

  • Jetzt haste inzwischen den letzten Post gelöscht, wo ich gerade schreiben wollte: Frage für einen Freund ist einer meiner Lieblingswitze, grins...

    Und was genau hört sich evtl. schräg an?

    Zu Patenschaft kann ich berichten: Ich habe es nicht geschafft. Hatte über die Suchthilfe einen Einsatz bei einer jungen drogenabhängigen Mutter, das Kind war sieben. Beim ersten Treffen hatte ich drei Bilder als Kollage mit: Ich abgemagert in Rockerklamotten (THC), total verfettet (94 kg bei knapp 1,60m Alk) und mein 10Jahre-Suchtfrei-Bild vom Fotograf. Ich finde, Bilder sagen manchmal mehr als Worte. Sowieso hatte die zuständige Sozialarbeiterin nur eine halbe Stunde Zeit, das Kind war während des Gespräches im Spielzimmer der Suchthilfe. Ich packe also die Kollage auf den Tisch, denn ich wollte der Mutter zeigen, dass ich kein Theoretiker bin. Da sagte die Sozialarbeiterin: Aber es geht doch hier überhaupt nicht um Sucht! Hä??? Die wollten auf Pampers-Art einen Fuß in die Tür stellen wegen dem Kind. Ich habe das dann paar Wochen gemacht wegen dem Kind. Die Kleine war übersexualisiert und zeigte das mir gegenüber deutlich. Was wiederum mich triggerte. Zumal ich auch nicht der Typ Mensch bin, der gut süchtige Elternteile pampern kann - ich finde klare Worte effizienter.

    Freue mich deshalb sehr, dass dir das gut gelungen ist :) Schlag dir bitte ab und zu auch mal auf die Schulter, danke <3

  • Jo, mit diesem Satz hat du den Nagel auf den Kopf getroffen. Ich behaupte mal, kein Mensche tut etwas ohne Berechnung und ohne Motiv.
    Aber ist das alles Manipulation? (Ich merke gerade, dass ich mit dieser einfachen Frage manipuliere...)

    Viel Erfolg beim Eisen schmieden!

    Watzlawik,"man kann nicht nicht kommunizieren." Ich muss nur über die Straße laufen, an jedem Zebrastreifen halten die Autos automatisch an. Wirkung. Und Absicht, aber keine Manipulation in den Sinn. Ich denke..so mein Verständnis, dass zu Manipulation versteckte Absichten gehören, die einer für sich behalten möchte. Oder "das Wort in den Mund legen" (oder verdrehen), damit der andere gar nicht erst nachdenkt oder am Ende nicht mehr weiss, was er meinte. Und ich glaube, manipulatives Verhalten kann ein erlernter Stil sein, der im Laufenden, also während der aktion, gar nicht bewusst werden musss, keine böseabicht, sondern automatisiertes Verhalten.

    Wenn ich mich selbst beobachte, ich denke im lebendigen Gespräch definitiv nicht über jeden Satz nach, und auch meine Motivationen sind mir nicht immer bewusst. Da gibts sogar umfangreiche Untersuchungen, dass das Gehirn oft erst Handlungen ausführt, die sich das Bewusstsein anschliesend zu erklären versucht. Und das die sogenannte Wirklichkeit ein Konstrukt das Gehirns ist, aber die Handlungen oft sogar vor dem Bewusstwerden ausgeführt werden.

    Da ist ja auch das Ding, erst tief durchatmen, bevor man das Telefon abnimmt, um bewusst anwesend zu sein. Da ist man weniger manipulierbar. Aber natürlich trotzdem, wir hatten neulich ein Opfer einer Abart des Enkeltricks, das war schon überaus perfide gemacht. Und das ist natürlich Manipulation.

    Das ist jetzt mein Diskussionsbeitrag.


  • Jetzt haste inzwischen den letzten Post gelöscht, wo ich gerade schreiben wollte: Frage für einen Freund ist einer meiner Lieblingswitze, grins...

    ich dachte, jetzt wirds vielleicht doch zu unterirdisch. Habe statt dessen bei FB die Möglichkeit genutzt, einen billigen Witz für einen schnellen Lacher zu produzieren. Ansonsten...Hose wechseln.


    Und was genau hört sich evtl. schräg an?

    die Frage von mir, ob dieses Bild nachvollziehbar ist oder ob das meine spezielle Einbildung (ist ja ne Einbildung, ein inneres Bild) ist, die ich nicht zur Verständigung nutzen kann.

  • Ich konnte es nachvollziehen.

    Aber unterirdisch und Hose wechseln hat mich schwer getroffen ;)

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