Sich selbst den Weg frei machen

  • Moin die Herren,

    Greenfox : das hatte ich befürchtet... Umso dankenswerter, dass es hier kluge EhrenamtlerInnen (?) gibt, die das machen können und vor allem auch wollen. Danke also <3 Wieviele seid ihr denn zur Zeit im Hintergrund? Wie hoch ist der Zeitaufwand, dieses wichtige Forum am Laufen zu halten?

    @gerd: bei dir antworte ich mal vorsichtig. Denn das letztemal, als hier war, hatte ich dich ziemlich missverstanden. Wo ich noch dachte, du schreibst was Humorvolles, da warst du wohl schon sauer. Ist das also ein Witz mit den Strümpfen für mein Gehirn, eine vorsichtige Wiederannäherung gar? ;) Wird mich freuen. Wenn du aber "hintenrum" zum Ausdruck bringen wolltest, dass ich bekloppt bin, gebe ich dir leicht verschnupft Recht. Aber wenigstens bekomme ich da Rente drauf. Ein kleiner Ausgleich für mein zartes Seelchen, grins...

    Netten Gruß, ichso - die sich vorgenommen hat, bis vorerst Ende des Jahres hier auszuharren. Denn Zuverlässigkeit kann ich hier mal gut üben. Weil nicht nur "abhauen" ist ein adäquates Werkzeug. "Dableiben" ebenso. Fällt mir mit meinem ungestützten Gehirn jedoch ungleich schwerer. Aber Übung soll ja die Meisterin machen.

  • Hallo Gerd,
    warum nicht in einem bestimmten Bereich über „Stützstrümpfe“ reden?

    Du kannst nicht zurückgehen und den Anfang ändern,
    aber du kannst jetzt neu anfangen und das Ende ändern.

  • Du vermutest richtig: Nichts. Alles freiwillig. :)

    Es geht sowieso nicht bei mir.
    Ich habe auch mal gelernt, wie wichtig "Nein sagen" und Selbstfürsorge sind.

    Ich bin neben meiner Rolle als Mit-Chefin unserer Firma ehrenamtliche Leiterin von zwei Arbeitsgruppen. Eine dritte Leitung habe ich neulich bereits abgegeben, weil es zu viel wird. Daneben gibt es noch Leute, die bei mir anrufen und sich erklärtermaßen lieber drei als nur eine Stunde mit mir unterhalten wollen.

    Ich bin auf der einen Seite froh und dankbar, dass ich diese Möglichkeiten habe und dass mir verschiedentlich der rote Teppich ausgelegt wird, wenn ich etwas machen möchte. Auf der anderen Seite kenne ich aber auch Leute, die in einen Burnout gelaufen sind, weil sie gar so unentbehrlich waren. Und spätesens dann, wenn jemand nicht mehr kann, merkt man, dass niemand unersetzlich ist.

    Ich hatte echt mal einen Super-Therapeuten. Und auch der hat mir gesagt, Leute, die es schaffen, rechtzeitig Pausen zu machen, halten länger durch. Mut zur Lücke ist eine existentiell wichtige Fähigkeit.

    Bei den Sachen, auf die ich mich bereits eingelassen habe, muss ich auch was liefern. Es ist eine Herausforderung für mich selbst, was ich da mache. Dadurch lerne ich sehr viel, bleibe geistig beweglich, habe Kontakte und Freunde, aber es passiert eben nicht so im Vorbeigehen, sondern ich muss da echt was reinstecken. Dafür ist es dann aber auch befriedigend. Und das kann ich nicht eben nicht unbegrenzt, für meine eigenen Ressourcen muss genügend übrigbleiben.

    Wenn man anderen empfiehlt, auf sich selbst aufzupassen, sollte man das für sich selbst ja besser auch tun. Und ich bin durchaus gewillt, das zu tun.

    Ansonsten habt Ihr mich überzeugt, ich bleibe jetzt mal wieder dabei, schön dass es Euch gibt, @ichso viel Spaß mit dem Auto, und ich glaube, Ihr versteht, dass ich trotzdem ziemlich beschäftigt bin.

    Gruß Susanne

  • Es geht nicht um Stützstrümpfe, es geht darum, dass MenschInnen in Schubladen gesteckt werden, die evtl. altersbedingte Leiden haben.
    Seit einigen Jahren sehe ich eine absichtliche Spaltung in Jung gegen Alt, Radfahrer gegen SUV-Fahrer, Frauen gegen Männer, Querdenker gegen Stromliniendenker, usw.
    Das ist eine ganz ungesunde Entwicklung und wer sich daran beteiligt, bekommt von mir heftigen Gegenwind. Teile und Herrsche wird natürlich in der Politik gerne gesehen.

  • Na, das ist doch mal ein Wort! <3 Manchmal habe ich jemanden in meinem Umfeld, der/die denkt, ich bin traurig u/o enttäuscht,wenn er/sie wenig Zeit hat. Das sind dann meist neue Menschen in meinem Leben. Ich erkläre dann, dass es aufgrund meiner fehlenden Stützstrümpfe ;) im Hirn (nehme ich jetzt mal als running gag) meist viel mehr Menschen und Gelegenheiten gibt, als ich noch "bedienen oder abarbeiten" kann, also im guten Sinn. Und immer auch mit einem lachenden und weinenden Auge...

    So also lange Rede, kurzer Sinn: Schön, dass du auch bleibst <3 Versuche dann auch, bei dir kürzer zu antworten, lächel...

    Und @AmSee: Danke dir :) Bei "ist der Ruf erst ruiniert" bin ich als Bipolare eher mal auf der Bremse. Zu meiner Veränderung werde ich mich freuen, wenn du mir unter Alter Falter deine Wahrnehmung schreiben magst. Ich empfinde ähnlich und antworte später gern in meinem Thread darauf. In meinem Kopf hat das wahrscheinlich ganz profan mit der kürzlich erlebten Verliebtheit/Körperlichkeit zu tun. Es bleibt also spannend! ;D Meine Tochter würde jetzt sagen: Besser als GZSZ, lach...

    ichso - die jetzt aber erstmal die lila Klorollenhaube häkelt. Für Baby-Karl <3 ;)

    PS: Jetzt kam gerade noch der Post von gerd. Ich stimme mit dir überein. Und tatsächlich hat dieses Denken, das auch meinem Empfinden nach immer stärker wird, aber auch schon ewig die Gesellschaft(en) spalten soll, mich wahrscheinlich mit ver-rückt gemacht.


  • Es geht nicht um Stützstrümpfe, es geht darum, dass MenschInnen in Schubladen gesteckt werden, die evtl. altersbedingte Leiden haben.

    Ok, offenbar triggert dich da etwas.
    „Schubladen“ sehe ich an dieser Stelle nicht so. Ehrlich gesagt, das „Stecken in eine Schublade“ hätte ich persönlich eher in deinem Beitrag oben gesehen. Da sieht man mal wieder, wie wichtig der offene, gelassene Dialog ist und gegebenenfalls eine Rückfrage.

    Was die „Stützstrümpfe“ betrifft, so war und ist das für mich zum Beispiel ein humorvolles Beispiel für Themen, die u.U. gerade bei uns anliegen. Krankheitsbedingt habe ich zum Beispiel eine Behinderung, die mich am „normalen“ Leben nicht mehr so teilnehmen lässt, wie früher. Warum nicht in einem gewissen Rahmen mit gewissen Menschen, die’s interessiert, sich mit etwas fröhlichem Humor über Hilfsmittel austauschen, die uns das Leben erleichtern? Auch das kann einem selbst die Sache mit seinem Handicap etwas erleichtern. Wem das dann „too much“ ist, kann das ja kundtun, auch das kann eine Diskussion oder Sichtweise bereichern.

    Was die Spaltung in unserer Gesellschaft betrifft, so sehe ich das auch mit wachsendem Unwohlsein. Ich bitte nur zu bedenken: Es könnte sein, dass du mit deinem „Gegenwind“ Menschen triffst und verletzt, die in dieser Richtung gar nicht unterwegs waren. Daraus kann dann etwas entstehen, dass du gar nicht beabsichtigt hattest.

    Du kannst nicht zurückgehen und den Anfang ändern,
    aber du kannst jetzt neu anfangen und das Ende ändern.

  • PPS: Nochmal kurz^^ wegen gerd. Du schriebst

    "Es geht nicht um Stützstrümpfe, es geht darum, dass MenschInnen in Schubladen gesteckt werden, die evtl. altersbedingte Leiden haben."

    Schubladen finde ich auch doof. Dachte eher, es darf auch hier im AlkoholikerInnenforum eine Rubrik für alte Hasen (lang Entzogene, geschlechtsneutral) geben, deren Fokus sich im Laufe der Jahre/Jahrzehnte nicht mehr in erster Priorität auf Sucht liegt.

    Und schon wieder war eine/r schneller mit antworten, lächel... Bin dann mal raus, bis später :)

  • @amSee,

    es war nie nur meine Härte. Das ist mir durchaus bewusst.
    Ich vergleiche das gelegentlich mit einem Zahnarzt. Wenn der Angst vor dem Bohren hat, dann ist er kein guter Zahnarzt, trotzdem muss er natürlich auch einfühlsam sein und wissen, was er macht.
    Man darf in diesem Job keine Angst davor haben, auch mal ins Klo zu langen, weil es ist nun mal eine hässliche Krankheit.

    Wobei ich mit dem Klo ausdrücklich nicht Dich meine, aber so rund läuft es ja in den seltensten Fällen. Das ist ja auch so ein Púnkt, nur weil das bei manchen auch für mich so gut läuft, bin ich ja längst keine Wunderheilerin. Trotzdem möchte ich mir den Blick dafür bewahren, dass es auch klappen kann, nicht nur die Schwierigkeiten sehen. Dafür sind solche Rückmeldungen wie von Dir auch wichtig.

    Noch was zu dem Selbstwertgefühl. Ich hatte zum Teil in betrunkenen Zustand ein sehr aufgeblasenes Ego. Und grade, weil ich einerseits Minderwertigkeitskomplexe hatte und anderseits aber immer ein Talent, mir einen Fanclub heranzuziehen, hatte ich aber auch Angst vor meinem eigenen Größenwahn, vor meiner Hybris, vor meiner Guru-Seite. Ich muss mir bewusst machen, dass ich trotzdem nur mit Wasser koche, wie alle Anderen auch.

    Ich könnte mich jetzt durchaus noch länger mit Dir unterhalten, ja das wäre sicher interessant, aber hier pressierts gerade.
    Deswegen muss ich mich jetzt am Schopfe packen und mich in die Arbeit stürzen.

    Gruß Susanne

  • Hallo Susanne,
    kann dir gut folgen. Ja, ein Austausch könnte für uns beide durchaus interessant sein.

    Aufgeblasenes Ego kenne ich selbst nicht so von mir, auch nicht im alkoholisierten Zustand, ein Guru-Typ war ich (leider ;)) nie. Ich war immer zu anders und aufgrund meiner Angst vor weiteren Verletzungen zurückhaltend und auf Anpassung bedacht. Möglichst nicht auffallen, dann bemerkt dich keiner und dir tut auch keiner weh.
    Ich hab auf das, was mir widerfahren ist, anders reagiert als du, ich kam aber mit meiner Art und aufgrund meines Familienhintergrundes in keiner der neuen Klassen, in die ich aufgrund mehrerer Umzüge meiner Eltern geriet, an. In der dritten Klasse hatte das zum Beispiel damit zu tun, dass wir in einer ziemlich katholischen Gegend wohnten, meine Eltern aber unter der falschen Formel geheiratet hatten und wir demzufolge „Bastarde“ waren, mit denen, wie ich Jahre später erfuhr, mindestens ein Vater, Diakon in jener Gemeinde !, den Umgang verboten. An der weiterführenden Schule wurde ich von Mitschülern häufiger schikaniert, kommt leider in nicht so gut geführten Klassen vor.
    Ich hab deshalb die Einsamkeit gesucht, hab viel gelesen, war viel alleine spazierend und Rad fahrend in jener Gegend unterwegs.


    Ja, Alkoholismus ist eine hässliche Krankheit, das sehe ich wie du. „Härte“ und ggf. Provokation liegt mir trotzdem nicht und ich nehme auch wahr, dass sie nicht immer das rechte Mittel sind. Das bedeutet nicht, dass keine klaren Ansagen gemacht werden dürfen. In jenem - Du weißt schon - Forum werden klare Ansagen gemacht, mit angetrunkenen Nutzern wird nicht diskutiert, wer Alkoholiker ist, sich aber nicht dazu bekennt und beabsichtigt, den Rest seines Lebens abstinent sein zu wollen, wird nicht für den offenen Bereich freigeschaltet. Ich kann nachvollziehen, welchen Hintergrund das hat, und ich stehe grundsätzlich auch dahinter. Allerdings hätte ich selbst vor zehn Monaten keine Chance in jenem Forum gehabt.
    Hier in diesem Forum läuft das anders ab und ich finde das ok so. Beide Foren haben ihren ganz eigenen Reiz.

    Was das Wahrnehmen von Schwierigkeiten betrifft, so hat sich da bei mir irgendwie etwas verändert. Natürlich nehme ich Schwierigkeiten und mögliche Schwierigkeiten noch immer ziemlich gut wahr, aber mein Blick hat sich sehr viel mehr für Möglichkeiten, Chancen und Allgemein eine positive Betrachtungsweise geändert, weil ich mich stets bemühe, das Positive, was mir in meinem Leben oder auch im Leben von anderen begegnet, bewusst wahrzunehmen.
    Die große Welt da draußen finde ich mitunter zum Koxxen, was da zum Teil abgeht, macht mich traurig und fertig, deshalb schütze ich mich davor, lasse es nicht zu nah an mich herankommen und gehe auf notwendige Distanz. Informiert bin ich dennoch, denn auf dem einen oder anderen Weg bekommt man trotzdem noch ziemlich gut mit, was so abgeht.
    Für mich ist der bekannte Gelassenheitsspruch immer wichtiger geworden und, da ich (evangelisch) gläubig bin - nach einer kurzen atheistischen Phase - , bitte ich regelmäßig um diese Gelassenheit, diesen Mut und diese Weisheit.

    Keine Angst zu haben „ins Klo zu langen“ habe ich inzwischen anderweitig bei einem anderen privaten Thema gelernt. Nicht, dass ich da „hart“ wäre oder provokativ, nein, ich nutze mein Wissen, meine Erfahrungen, knallharte Fakten und meine Formulierungskompetenz und setze diese gegen ein ganz bestimmtes Arxxxxoch ein, um mich gegen ihn zu wehren und den Druck, den er macht, zurückzugeben. Früher hätte ich das nicht gekonnt, aber positiv durfte ich in den vergangenen Monaten bemerken, dass mein Kopf viel klarer und strukturierter ist, als noch zu Zeiten, als ich regelmäßig Alkohol getrunken habe. Früher musste ich Alkohol trinken, um das, was in meinem Kopf ist, überhaupt rausbringen zu können. Nicht, weil ich körperlich abhängig war, sondern weil das Chaos in meinem Kopf und das Hin und Her meiner Gedanken so überwältigend war, dass Alkohol da etwas Ruhe und Gelassenheit reinbrachte. Eine fürchterliche Zeit!
    Die Möglichkeiten, die ich heute im völlig nüchternen Zustand habe, sind einfach fantastisch. Und ich kann hinter allem stehen, was ich schreibe. Sehr angenehmes Gefühl!

    Grüße
    AmSee

    Du kannst nicht zurückgehen und den Anfang ändern,
    aber du kannst jetzt neu anfangen und das Ende ändern.


  • Ich hab auf das, was mir widerfahren ist, anders reagiert als du, ich kam aber mit meiner Art und aufgrund meines Familienhintergrundes in keiner der neuen Klassen, in die ich aufgrund mehrerer Umzüge meiner Eltern geriet, an. In der dritten Klasse hatte das zum Beispiel damit zu tun, dass wir in einer ziemlich katholischen Gegend wohnten, meine Eltern aber unter der falschen Formel geheiratet hatten und wir demzufolge „Bastarde“ waren, mit denen, wie ich Jahre später erfuhr, mindestens ein Vater, Diakon in jener Gemeinde !, den Umgang verboten. An der weiterführenden Schule wurde ich von Mitschülern häufiger schikaniert, kommt leider in nicht so gut geführten Klassen vor.
    Ich hab deshalb die Einsamkeit gesucht, hab viel gelesen, war viel alleine spazierend und Rad fahrend in jener Gegend unterwegs.

    ich kenne dieses katholen-evangelen-Spielchen aus der Familie meines Partners, aber meine Eltern gingen nie in die Kirche, ich bin von daher eher religionsfern aufwachsen. Ich bin zwar konfirmiert etc, aber das blieb mir immer eher fremd.

    Ansonsten ist mir vermutlich auch gar nicht das gleiche passiert wie Dir. Erstens bin ich Einzelkind, und zweitens war mein Vater die Sorte Trinker, die trotz Konsum immer standen wie eine Eins. Er war bis zur Pensionierung in leitender Position bei einem Maschinenbau-Weltmarkführer und nach seinem Tod habe ich ein Abschiedsbüchlein gefunden, das ihm seine Kollegen/Untergebenen zur Pensionierung geschrieben hatten. Die standen da wegen seinem Können Spalier und hatten gleichzeitig fürchterliche Angst vor seinen cholerischen Anfällen.
    Und so habe ich ihn auch lange erlebt, mächtig und beängstigend. Er hatte ausser in seinen letzten Jahren nichts Hilfsbedürftiges an sich.

    Und meine Mutter ist bis heute als harte Frau bekannt und wie mein Vater senkte sie lange gnadenlos den Daumen, wenn etwas nicht so lief wie sie das wollte. Bis klar war, dass sie mich so verliert, ich hab sie vor die Wahl gestellt wie ihn übrigens auch.
    Es war absolut schwierig, sich da Anerkennung zu verdienen, denn das lief nach dem Motto, wenn Du das nicht schaffst, dann hast Du es auch nicht anders verdient. Mir wurde gesagt, dass meine Ausbildung finanziert wird, aber wenn ich nicht klar komme, dann habe ich eben Pech gehabt. Sie haben keine Zeit, sich drum zu kümmern, aber wehe die Noten passen nicht. Damit wusste ich aber auch, ich muss selbst "draussen", bei Lehrern etc. argumentieren.

    Ich nehme an, mein Vater hat seine vielleicht durchschnittlich 8 bis 10 Bier genauso irgendwo bis kurz vor Schluss einfach weggesteckt wie ich später meine Unmengen. Und natürlich waren alle Anderen standardmässig sowieso Arschlöcher, auf die man runterguckte, Respekt vor anderen stand da kaum auf dem Programm, den musste man sich verdienen. Ich hatte wahnsinnig zu kämpfen, um da überhaupt als Mensch wahrgenommen zu werden. Kinderkram war nichts für meinen Vater, für meine Mutter schon eher, aber es wurde strikt darauf geachtet, dass ich nicht verwöhnt werde.

    Von daher bin ich vieleicht auch (zu) früh erwachsen geworden, aber eher, weil ich auf mich allein gestellt war und weniger, weil ich die Verantwortung für meine Eltern übernommen hätte. Das wäre gar nicht gegangen.

    Auf der anderen Seite kann ich mich auch nicht verstecken. Mir sagen heute Leute, dass ich bis jetzt in jeder Menschenmenge sofort auf 300 Meter erkennbar bin. In jeder fremden Stadt werde ich von wildfremden Leuten angespochen, die annehmen, dass ich mich auskenne.
    Bei mir war das nach so einem Umzug als 5-Jährige mal so, draussen war eine Straßengang , 30 Kids von 5 bis 8, und ich wurde rausgeschickt und durfte die nächsten 5 Stunden nicht rein. Guck selbst, wie Du da klar kommst. Nach 5 Minuten war Schlägerei.

    Und ich war wahnsinnig schnell. Auf mich ging viel später mal ein Drogenhändler wegen Geld los, der war einen Kopf größer und sicher doppelt so breit wie ich. So schnell konnte der gar nicht gucken, bis er keine Luft mehr kriegte. Danach ist mir nie wieder was passiert.
    Und ausserdem habe ich die angenehme Eigenschaft, eher nach oben zu treten und die Schwächeren zu schonen oder sogar mit einzubeziehen.

    Besonders lustig oder peinlich war es mal, als ich einen sehr statusbewussten Chef hatte, dem dann der Kunde sagte "Ihre Chefin hat gesagt..."
    Ich kann da nichts dafür, ich wirke so. Ob ich will oder nicht.

    Gruß Susanne

  • In der Tat hast du einen anderen Werdegang gehabt als ich, meine Eltern waren tatsächlich anders als deine.

    Durchkämpfen musste ich mich trotzdem immer alleine und irgendwie war das auch selbstverständlich für mich, hab auch nicht um Hilfe gebeten. Keine Ahnung, warum. Weil ich keine bekommen hätte? Weil überdeutlich war, dass meine Eltern zu sehr mit sich selbst und ihren Problemen beschäftigt waren? Weil ich so rücksichtsvoll war, meine Eltern nicht noch zusätzlich mit meinen „Problemchen“ zu belasten?

    Geschlagen hab ich mich nie. Hat man mir frühzeitig abgewöhnt. „Sowas macht ein Mädchen nicht.“ „Denk daran, dass du stärker bist als deine kleine Schwester, du darfst sie nicht schlagen.“ Ich hab sie nie geschlagen, aber sie hat trotzdem geschrien, als wenn ich es hätte, und ich hab immer Ärger bekommen. Durchschaut hat meine Mutter das Spielchen meiner Schwester erst, als diese Jahre später vor meiner Mutter zu schreien anfing, obwohl meine Mutter ihr nichts getan hatte. Da war ich aber schon längst aus dem Haus.
    Wenn ich gewollt hätte, hatte ich mich prügeln können, stark genug wäre ich dafür gewesen, aber ich sah das nicht als Weg oder Möglichkeit für mich. Ich war jahrelang eine der Größten in jener Klasse und hab auch bei meinem Vater auf dem Bau mitgearbeitet, aber mich mit jemandem zu schlagen, hätte meine Situation in jener Schule auch nicht besser gemacht. Stattdessen bin ich anderen aus dem Weg gegangen und hab geschwiegen.

    Da du von sich nicht verstecken sprichst. Ich hab‘s echt versucht, aber irgendwie fiel ich immer auf. Sei es wegen meiner Körpergröße, sei es, wie ich redete. Ich wirkte ja so erwachsen....


    In jeder fremden Stadt werde ich von wildfremden Leuten angespochen, die annehmen, dass ich mich auskenne.

    Kommt mir ziiieemlich bekannt vor. ;)
    Ich muss außerdem noch so ein Schild auf der Stirn kleben haben: „Mir können Sie Ihre Probleme anvertrauen.“ oder „Brauchen Sie Hilfe?“ Ich muss da irgendwas an mir haben.

    In der Zeit, in der es mir richtig schlecht ging, hatte ich allerdings Ruhe. Zum einen, weil ich das Haus nicht verließ oder Menschenansammlungen und die Stadt allgemein mied, zum anderen, weil ich nur noch auf den Boden starrte, weil ich es anders nicht mehr ertragen konnte.

    In der Klinik sagte mir jemand, dem ich erzählte, dass ich gar nicht gesehen werden möchte: „Du fällst aber auf!“

    Du kannst nicht zurückgehen und den Anfang ändern,
    aber du kannst jetzt neu anfangen und das Ende ändern.


  • Geschlagen hab ich mich nie. Hat man mir frühzeitig abgewöhnt

    mir nicht.

    Mir fallen eigentlich folgende Merksätze ein

    a) Du kannst Dich auf niemanden verlassen (meine Mutter)
    b) Du darfst Dir nie von Jemand Anderem etwas vorschreiben lassen (Mein Vater. War spannend, als ich das bei ihnen angewendet habe)
    c) Du musst Dich wehren können (ich wurde sogar mal in Karate gesteckt)
    d) Du hast eine gute Seele (meine Großmutter mütterlicherseits)
    e) nur Leistung zählt.

    Ich bin meistens zuerst angegriffen worden. Es bekamen auch immer die Anderen Hausverbot, wenn in der Kneipe was war. Bis auf ein Mal, aber da war es ein blöder Scherz, der mit Gewalt nichts zu tun hatte.

    Es war eigentlich im Rückblick schon interessant. Sie haben mir zwar x-mal gepredigt, wie oft ich ihnen auf den Sack oder Geldbeutel oder die Nerven gehe, aber sie haben auch frühzeitig und gezielt daran gearbeitet, dass ich dann gehen konnte.

    Und mein Vater war nicht nur bei mir so. Ein Arbeitskollege von ihm kam mal mit seinen Kindern, die hat mein Vater so in die Schuhe getan, dass er nie wieder kam. Da wurde mir das erste Mal klar, da gibts ein grundsätzliches Problem, nicht nur mit mir. Denn das war ja bei mir eines der Probleme, dass ich diese ganzen Vorwürfe mangels Vergleichsmöglichkeit sehr persönlich genommen habe. Und dann die Wechsel, mal war ich die tollste und dann wieder die Blödeste, die man sich vorstellen konnte. Als Kind hab ich das nicht überrisen, da hab ich geglaubt, ich bin tatsächlich so, wenn die das sagen.

    Lass uns das so machen, wie wir gerade mal Zeit haben. Jetzt muss ich schon wieder weg.

    Gruß Susanne

  • Übrigens verstecken...ich hab mich tatsächlich mal völlig ausgekoppelt. Alle Beziehungen gekappt, alleine gelebt und die Wohnung nur zum Einkaufen oder in den Wald verlassen. War die Zeit, als ich mit den Drogen aufgehört habe, da wollte ich von anderen Leuten nichts wissen. Da war ich nicht "öffentlich".

    Und in der Zeit, als wir aus der Millionenstadt aufs Dorf gezogen sind, konnte ich den anonymen großstädtischen Lebensstil auch noch längere Zeit aufrechterhalten, da auf dem Dorf wussten sie, das sie micht eben nicht kennen. Da wars einfach, zurückgezogen zu bleiben.

  • Mir ist da heut Morgen noch was eingefallen, zu früher.

    Mein Vater konnte ein sehr netter Mann sein, wenn er gute Laune hatte. Leider hatte er aber lange schlechte Laune, und dann war er furchbar.
    Meine Mutter erklärte mir das damit, dass er zu viel arbeitete. Ich klar, Arbeit ist scheixxe, ich sah ja das Ergebnis.

    Und mein Vater war, wenn er schlecht drauf war, richtig brutal. Der trat so zu, dass ich ins Eck flog. Das spielte da auch keine Rolle, dass ich nur halb so groß war wie er. Aus seinem Blick sprach der pure Hass. Zumindest habe ich das so wahrgenommen, er war dann niemand, auf den man zugehen konnte.

    Und neulich habe ich erstmals seit Corona meine Mutter und ihren heutigen Mann für ein paar Tage besucht. Da ist mir auch aufgefallen, wenn man ihr etwas erzählt, z.B. über meine Schwiegereltern, dann kommt bei ihr sofort, wie aus der Pistole geschossen "da muss sie halt", "da ist er selbst schuld", und das war bei mir früher genau so. In drei Sekunden warst Du an allen Deinen Problemen selbst schuld, sie wusste ja die Lösung und damit hattest Du für sie keine Probleme. Du hättest ja nur machen müssen, was sie für richtig befand, dann wäre alles in Butter.

    Und das zweite, was mir aufgefallen ist, was aber auch andere Besucher mir sagen, ist, das sie und ihr Mann sich von Morgens bis abends streiten. Bei denen hört sich jeder Dialog nach spätestens dem zweiten Satz wie ein Streit an, die giften sich in einer Tour an. Dabei würden sie nach aussen hin aber nichts aufeinander kommen lassen, also das ist nichts die Beziehung bedrohendes, das ist einfach deren Gsprächsstil. Leider habe ich das teilweise übernommen. Und früher fühlte ich mich permanent angegriffen, so wie er (mein Stiefvater) jetzt auch. Und mein Vater früher ebenfalls. Sie drehte es immer so hin, dass sie recht hatte. Auf ihre Art auch furchtbar.

    Und genau das, die Kombination dieser beiden Giftzwerge, führte bei mir eben nie zu einer "heimeligen" Atmosphäre, sondern Nach Hause kommen war irgendwie fast immer das Betreten feindlichen Territoriums. Erst "willst Du auch einen Schnaps" war eigentlich das Friedensangebot, da wusste man nun ist momentan erst mal gut, bis.... Eigentlich fand das (gefühlte) Mobbing bei mir zu Hause statt.

    Und schon da - da musste ich auch schon mal völlig heraustreten, meine Mitgliedschaft in dieser Famillie völlig kündigen, um das Gefühl zu haben, das mich das auch mal loslässt und ich das wirklich von aussen betrachten kann. Und dann habe ich erst gesehen, die können einfach nicht aus ihrer Haut, das ganze Gekappel und die ganzen Vorwürfe, das sind selbst wiederum auch beschädigte Leute, und die geben das weiter.
    Als Kind, als ich das nicht gecheckt habe, war das für mich eine permanente Bedrohung, ich hatte x mal Angst, nach Hause zu kommen. Und real wars ja auch gefährlich, ich konnte jederzeit Schläge bekommen.

    Und Alkohol war immer die Lösung. Der Spruch meines Vaters, das Leben ist nur im Suff zu ertragen. Prost Leber, jetzt kommt ein Platschregen..Schnaps aus dem Wasserglas. Wie wenns nix anders gäbe.

    Und es ist bis heute so, dass meine Mutter in den Film verfällt, dass früher ich an allem schuld war, bis ihr ihr mal um die Ohren haue, dass die Eltern für die Kinder verantwortlich waren und nicht umgekehrt. Und sie kennt mich und weiss, dass ich auch nicht nachgebe. Da lenkt sie dann inzwischen ein, aber bis das mal so weit war, mein Partner war mal fassungslos, wie sie drauf war. Ein Glück, das wir die Kurve noch gekriegt haben, bevor es zu spät ist und man darüber nie mehr reden kann.

    Und ich verfalle auch in den Film, das bis zum Ende durchzuerzählen, wenn ich mal damit angefangen habe. Aber die Fassungen werden langsam kürzer.
    Aber Und das ist Geschichte, ich kanns ja aussprechen, aber es hat mich geprägt. Schon allein, dass ich fast immer das Wort "aber" statt "und" benutze, vollautomatisch...da ist die Gegenrede ja schon vorprogrammiert.
    Heute erste Krankengymnastik seit zweitem Lockdown, das wird erst mal hart.

    Gruß Susanne.

  • Oh Mann... Ich schicke dir mal eine Umarmung. So von einem Kaktus zum Anderen.

    Ich dachte als junge Frau, wenn der (mein Erzeuger) mal stirbt, trampel ich auf dem seinem Grab rum. So eine brutale S au war das. Habs dann doch nicht gemacht. Meine Mutter klebt immer noch in ihrer Opferrolle fest, obwohl sie uns mit allem was sie in die Finger bekam (Kochlöffel, Teppichklopfer und so) auch oft grün und blau geschlagen hat. Ich war früher auch oft die letzte, die vom Spielplatz heim ist. Alles war besser als dahin zu müssen.

    Am Anfang meiner Therapie habe ich irgendwann versucht zu begreifen, dass die auch krank waren. Hab es erst geschafft, als ich zwischen der erwachsenen und der kleinen ichso unterscheiden lernte. Für die erwachsene ichso waren die krank. Für die kleine ichso sind das kranke A rschlöcher geblieben. Er ist schon lange tot, zu ihr habe ich schon Jahre keinen Kontakt mehr.

    Und ich selbst als Mutter? Nicht diese schlimmen Sachen gemacht oder zugelassen. Aber Worte können auch Schläge sein. Hab dann in der ersten manischen Phase (wo ich noch ger nicht wusste, was das ist) das Jugendamt mit ins Boot geholt und die waren das Beste, was meinen Kindern in dieser Zeit passieren konnte. Denn die Verwandschaft stand lange nur drumrum und hat blöd geglotzt...

    Und als Oma? War ich mit meiner damals vierjährigen Enkelin beim Jugendamt, weil ihre Mutter (getrennt lebend von meinem Sohn) obdachlos wurde. Ich wusste, ich werde sie lange nicht sehen (wie kannst du so etwas nur tun????). Einmal zwischendurch, als sie 11 Jahre war, durfte ich sie ein paarmal besuchen (sie verbrachte den Rest ihrer Kindheit bei meinem Sohn und seiner neuen Frau, die auch nicht wirklich gern Stiefmutter werden wollte). Jetzt mit 18 ist sie ausgezogen in meine örtliche Nähe und wollte "wissen". Sie sagte neulich: Du warst die einzige, die mir geholfen hat. Und jetzt sitze ich hier und flenne grad bissi. Weil dieser Suchtkreislauf so unfassbar schwer zu durchbrechen ist. Wenn überhaupt.

    Sorry für den langen Text.

  • Guten Morgen, Susanne,
    ich lass dir mal ein paar Gedanken da. Gerne können wir’s übrigens so machen, wie wir gerade Zeit haben. Definitiv kein Druck bzw. Erwartung einer umgehenden Antwort.

    Was du über dich erzählt hast, ist sehr aufschlussreich für mich.
    Anders als ich bist du zwar in einem „stabilen“ Elternhaus aufgewachsen, mit ganz klaren Regeln, aber letztlich in einer Umgebung, die für die gesunde Entwicklung eines Kindes ziemlich feindlich war.
    Diese Umgebung hat dich immens geprägt und innerlich nicht gerade wenig verletzt.

    Sie erklärt deine „Härte“.
    Sie erklärt mir nicht gänzlich, warum du immer wieder in eine Rolle der Verantwortung gerätst, die du eigentlich gar nicht willst.
    Hier im Forum zum Beispiel bist du eine der ersten, die antwortet, und du antwortest viel. Zweifellos offenbarst du in deinen Antworten eine große Fachkompetenz.
    Doch, wie du schriebst, fühlt es sich bei dir teilweise so an, als hätte deine Platte einen Sprung. Ich frage mich, was dich antreibt, dennoch immer wieder „deine Platte“ spielen. - Ist es der Spruch deiner Großmutter und was dahinter steht, der dich irgendwie antreibt?


    Ich frage mich, welches Bedürfnis bei dir dahinter steht, das (nochmals? - du hast da so eine Erwähnung gemacht) aufzuschreiben und zu teilen.
    Möchtest du, dass wir (ich?) dich besser verstehen können, besser nachvollziehen können, warum du so bist, wie du bist?

    Ich frage mich auch, was es nun mit dir macht, es nochmals zu erzählen. Hat die Platte für dich auch hier einen Sprung?

    Möchtest du dich weiter über dieses Thema austauschen oder hast du eher Lust auf andere Themen, die dich derzeit interessieren?


    Viele Grüße
    AmSee

    Du kannst nicht zurückgehen und den Anfang ändern,
    aber du kannst jetzt neu anfangen und das Ende ändern.

  • @ichso

    ich hatte mal irgendwann die Selbsterkenntnis, dass ich gewisse Eigenschaften meiner Eltern geerbt habe, ich trage das, was ich ihnen vorgeworfen habe, teilweise in mir. Ich reagiere unter Druck genau so schwierig oder jedenfalls ganz ähnlich. Was das Saufen und die Drogen angeht, habe ich sie übertroffen(Kinder wollen ja immer besser sein als ihre Eltern) - erst in der Menge, was die können, kann ich schon lange. So ne gewisse distanzierte selbstironische Selbstsicht hatte ich immer. Und ich dachte tatsächlich, muss ich mich meinen Kindern eigentlich antun? Und ich habe mich gefragt, wollten meine Eltern eigentlich wirklich Kinder oder haben sie mich nur gekriegt, weil das damals üblich war?
    Meine Mutter hat mich so vollgejammert, wie sie unter mir leidet, dass ich sie gefragt habe, warum sie mich nicht abgetrieben hat. Wäre doch einfacher gewesen. Sie haben nie den Eindruck gemacht, als ob sie als Eltern glücklich gewesen wären, also ich vielleicht auch nicht? Ich denke bei Kindern ja auch als erstes an die Plagen. Mein Bedürfnis danach war kaum vorhanden. Katzen mag ich lieber.

    Heute bin ich froh, das ichs gelassen habe, denn ich hätte schlimmere Schuldgefühle als Gerchla (war ja auch noch katastrophiger) und unterm Klimawandel oder sonstigen Horrorvorstellungen werden sie auch nicht leiden. Und ansonsten ist es rum ums Eck.

    @AmSee

    Gar nicht so leicht zu beantworten, was Du mich fragst. Und grade deswegen versuche ich es zu beantworten. Deswegen bin ich ja auch, auch beruflich, so eine Problemlöserin. Schwierigkeiten sind dazu da, aus dem Weg geräumt zu werden. Das dürfte schon ein Teil der Antwort sein.

    Erstens erinnert mich das Nachfragen an die Verhöre meiner Mutter "Was ist eigentlich mit Dir los", als sie dann endlich merkte (nach der ersten Hausdurchsuchung wegen Drogen), dass irgendwas schief läuft. Bis dahin dachte sie wohl, passt schon. Und sie bohrte und sie bohrte und es kam einfach kein Öl. Sie hat mich trotzdem nie verstanden, sie konnte irgendwann nicht mehr tun, als mich so zu akzeptieren, wie ich bin. Ich kann mich nicht allgemeinverständlich erklären, zu fast allem was ich mache, gibts auch noch ganz andere Seiten. Deswegen tue ich mir selbst auch sehr schwer zu sagen, ich bin so und so, ich kann mich auch nur akzeptieren, die Gründe, mei.. Aber meine Mutter verlangte Antworten...man muss das doch wissen. Ich sage, Unbewusstes, ich lasse mich da teilweise auch einfach leiten, es führt dann schon irgendwie da hin, wo ich hin will. So, Stand heute, gehts mir ja nicht so schlecht, also wusste mein innerer Kompass ja vielleicht wo es langgeht. Wo anders sagen sie Kismet oder der Mensch denkt und Gott lenkt...der Selbsterkennisfähigkeit sind jedenfalls Grenzen gesetzt (frag Psychologen, die wissen das) und dem bin ich auch unterworfen.

    Ich kann mich oft nur anhand meiner eigenen Handlungen selbst beobachten, analysieren und feststellen, das war so, und ja nach Betrachtungswinkel sieht es anders aus, aber warum......aber ein Versuch kann trotzdem erhellend sein.
    Der Punkt ist ja auch, ich bin ja nicht nur das Produkt sämtlicher Eindrücke und der dazugehörigen Reflektion und Selbstreflektion, sondern ich bin ja auch schon mit Eigenschaften auf die Welt gekommen und jedes Baby ist schon unterschiedlich, das wissen sie in jeder kinderreichen Familie. Also da gibts mit Sicherheit eine Menge, was ich gar nicht wissen kann.

    Also der erste Impuls, nix wie weg da. Aber vielleicht sieht in meiner Schreibe ja auch mal jemand was, wofür ich ein blinden Fleck habe, oder ich merke das selbst beim Aufschreiben, was los ist - ist schon vorgekommen - also ich sehe darin auch eine Möglichkeit der Selbsterkenntnis und von daher, kneifen is nich. Ausser es geht irgendwann zu weit aber da sind wir noch nicht.

    Zweitens erlebe ich das im Aufschreiben praktisch live noch mal, wie einen Flashback bei einem Trauma, deswegen muss ich es auch zu Ende führen, wenn ich mal angefangen habe.

    Drittens fällt es mir oft extrem leicht, zu antworten. Das passiert ohne jede bewusste Mühe. Höchstens wenn ich das den ganzen Tag mache, merke ich es hinterher und denke, eigentlich wolltest du doch heute auch noch was Anderes tun. Ich hab da so ein Klassenbestensyndrom, Frau Lehrerin ich weiss was, früher in der Grundschule musste man aufspringen, wenn man die Lösung hatte, aber die Klappe halten, und ich war immer die erste. Neulich eine getroffen, die fragte mich, ob ich noch weiss, dass sie immer in Mathe gegen mich antreten musste und immer verloren hat. Und, logisch, fühlt sich gut an, zu gewinnen. Ich hab dann auch das Gefühl, was Sinnvolles getan zu haben, wenn mein Geschreibe passt. Nur wenn das dann so im luftleeren Raum hängen bleibt und diejenigen es nicht mal nötig haben, danke zu sagen, frage ich mich wirklich, wozu ich das mache. Oder wenn ich ihnen helfen will und sie das völlig als Angriff missverstehen, sei es wegen ihnen, sei es wegen meiner Art, dann war das auch ein Satz mit x, da werde ich unzufrieden.

    Und bei manchen gehts mir auch tatsächlich nach, da hab ich das Gefühl, die sehen einfach nicht, was sie machen können, aber ich sehe es, oder es fehlt ihnen ganz einfach Information, die ich aufgrund meiner Erfahrung habe und sie nicht. Und gute Seele, ja, auch bei rationaler Überlegung ist christliche Nächstenliebe ja nicht unbedingt dumm. Es geht auch ein bisschen um die Welt, in der ich leben will.

    Viertens wurde ich, als meine Mutter mich erfolgreich rausgeekelt bzw. auch regelmässig abends richtig rausgeschmissen hatte, in meiner Heimatstadt zu einer Person des öffentlichen Lebens, denn irgendwo musste ich ja hin. Mit 15 Vorstand eines 250-Leute-Vereins, und da gings auch schon mal drum, Jugendlichen zu helfen. Natürlich auch mir selbst, und da hatte ich eine Art Heimat. Und ich war natürlich schon da wer, mit dem kaputten Selbstbewusstsein durchaus ein Lichtblick. Leider bin ich über die Ecke auch an die Drogen gekommen. War aber alles ungeplant und auch jugendlicher Leichtsinn, passierte bei zielloser Suche. Zur Suchtentwicklung gehört auch die Gelegenheit und Verfügbarkeit, ist sogar ein zentraler Teil neben der Disposition und psychischen Faktoren.

    Fünftens ist es Teil meines Problems, dass ich gar nicht mehr so recht weiss, was ich hier mache.
    AABER...ich lese auch Bücher zur Glücksforschung und zu so Themen, was man an seinem Lebenesende am meisten bereut, dazu gibts Interviews. Und da lese ich immer, dass es ausserordentlich befriedigt, wenn die sozialen Beziehungen erfreulich laufen und wenn man sich gegenseitig helfen kann. Ich hab mir sogar sehr bewusst etwas gesucht, wo ich hier auch etwas Soziales mache, anderes Thema, und da bin ich auch schon wieder eine Person des öffentlichen Lebens, deswegen nicht hier im offenen Bereich. Ein zweites Thema ist naturwissenschaftlich, da habe ich was davon und andere auch, lässt sich nicht trennen.
    Auch viele andere Dinge, die z.B hier in der Stadt das Leben schöner machen, laufen ehrenamtlich. Wenns keiner mehr macht, kann ich auch nirgendwo mehr hingehen. Also mache ich es teilweise einfach selbst.

    Also das ist tatsächlich auch so was wie gezielte Selbsttherapie. Ich folge wissenschaftlichen Erkenntnissen dazu, wie man glücklicher wird, jetzt nicht nach Schema F, aber ich versuche auch nicht, das Gegenteil zu tun, also mich wieder einzugraben wie ich es früher getan habe. Und es funktioniert. Auch als hier hier weg war, war ich unter Leuten, und dass das läuft ist auch Übung. Und selbst meine heutige schlechte Laune, wenn ich sie habe, ist besser als meine frühere.

    Sechstens ist es ein Heraustreten aus der Opferrolle, selbst die Kontrolle übernehmen und das Leben gestalten, nicht nur jammern und drunter leiden. Und ich habe, sieht man ja auch an Dir, Erfolgserlebnisse. Frust natürlich auch, aber gibts das seine ohne das andere überhaupt? Wo Licht ist, ist auch Schatten.

    Und achtens weiss ich, was ich mir erhofft habe, als ich selbst zuallererst Hilfe bzw. Info in so einem Forum gesucht habe, und das war garantiert nicht, dass mir erst nach zwei Tagen jemand antwortet und dann als erstes nur seinen eigenen Weg als Möglichkeit überstülpt. Sondern ein offenes Eigehen auf meine Fragen. Und wenn ich nen guten Tag habe, dann mache ich das auch.

    Abgesehen davon müsste ich Dir das nicht erklären, wenn ich nicht verstanden werden wollte. Aber ich habe auch schon sehr viel davon profitiert, dass mich Andere verstehen wollten und ich mich zu verstehen gegeben habe.

    Ich merke das ganz genau, dass ich mich in meinem ganzen Leben noch nicht an sehr viele Regeln wirklich halten musste, so lange es Leute gibt, die mich wohlwollend betrachten. Ich hab auf jeden Fall schon vieles gemacht, was eigentlich nicht geht, weil Leute mir das zugestanden haben.

    Ja, was machte es mit mir, das noch mal zu erzählen. Erst war ich voll im Film, und dann kam der Punkt da machts pling und ich merke, jetzt reichts wieder, jetzt nehme ich meine heutige Umgebung wieder wahr. In letzter Zeit fällt mir relativ schnell auf, dass es Vergangenheit ist und dass ich erst mit meinem Vater und dann mit meiner Mutter tatsächlich Frieden geschlossen habe. Es fühlt sich teilweise sogar ungerecht an, das wieder auf den Tisch zu bringen, also ich bleibe nicht mehr drin hängen, sondern es geht auch wieder raus. Ich merke da also tatsächlich eine Entwicklung.

    Und meine heutigen Themen...ich bin schon wieder eine stadtbekannte Person des öffentlichen Lebens und schon von daher möchte ich das hier nicht so sehr ausbreiten. Ausserdem sind diese Themen in erster Linie mal Arbeit, also wenn ich da dran bin, kann ich nicht gleichzeitig hier schreiben. Und weder der Personenkreis, bei dem es bei dem einen Thema geht (nur ältere Personen ohne Angehörige), noch die naturwissenschaftliche Expertise, die beim anderen Thema gefragt ist, sind hier nach meiner Einschätzung vertreten. Also hier drüber zu reden wäre wohl der falsche Ort.

    Noch zu dem Thema Verantwortung...die wurde mir auch zugeschoben. Von daher ein Abwehrthema, psychoanalytisch betrachtet. Erstens mal diese ganzen Schuldzuweisungen meiner Mutter, und dann haben sie mich ja tatsächlich noch gefragt, ob sie sich scheiden lassen sollen. Diese Antwort habe ich verweigert, ich hab die Ehe ja auch nicht geschlossen. Und dann war ich ja auch immer Streitobjekt, je nach dem wie es lief war ich die Tochter des einen oder der anderen, sie wollten mich entweder auf die eigene Seite ziehen oder mich auf die andere loswerden oder mir auch den Kontakt zum anderen verbieten, da gabs so ziemlich alles. Papakind, Mamakind, ich war alles. Und wenn sie sich gestritten haben, waren das Schimpfwörter. Deine Tochter hat mal wieder, züchtige sie.
    Und ja, ich wollte meinen Eltern anfangs helfen, als ich sie als kleines Kind mal völlig unglücklich erlebt habe, aber die Zurückweisung war relativ brutal und ich war plötzlich die Schuldige, wegen der sie sich gestritten haben, ich musste gefälligst abhauen und sie in Ruhe lassen, denn ich war ja das Problem, und möglicherweise kämpfe ich ja unbewusst immer noch dagegen an.

    Und gerade weil ich ja manchmal Erfolg habe, obwohl ich selbst sage (auch ein hübsches Paradox), ich kann die Leute nicht ändern, scheinen das manche dann aber auch von mir zu erwarten. So dass ich mich tatsächlich dagegen verwahren muss, denn ohne das passende Gegenüber (Du) geht da nichts..Du hast ja was mitgebracht, an dem ich Dich packen konnte. Ausser ich lasse es ganz bleiben, dann habe ich auch meine Ruhe. Aber dann ist wieder, macht das dann glücklich, oder nur leer?

    Und wie Du siehst, gibts da keine einfache Antwort. Ich mache keine Aussagen darüber, was ich nächsten Monat will, denn das weiss ich heute noch nicht. Der Kopf ist bekanntlich rund, damit die Gedanken die Richtung wechseln können.

    Schreib einfach, das was Du willst. Wenn Dir dazu was einfällt, gerne, aber Du musst jetzt nicht ein bestimmtes Thema mit mir bearbeiten oder mir gar die Hilfstherapeutin spielen. Irgendein Feedback ist zwar meistens besser als gar keins. Aber wenn Dir nichts dazu einfällt, dann ist das eben auch so. Ich meine, ich lebe ja, ich muss jetzt nichts lösen. Wenns gut läuft, ist es ein Gewinn, aber ohne bringts mich auch nicht um.

    Gruß Susanne


  • ... mir gar die Hilfstherapeutin spielen.

    „Hilfstherapeutin“, lächel, nee echt nicht. ;) Gehört sowieso nicht hierher, kein Auftrag, keine entsprechende Ausbildung meinerseits und im Übrigen will ich das auch gar nicht.

    Ich werd dir noch antworten, aber nicht mehr heute. Hatte echt schönen Besuch, bin danach aber nur noch kaputt und müde, da „fließt“ nicht mehr viel.

    Grüße
    AmSee

    Du kannst nicht zurückgehen und den Anfang ändern,
    aber du kannst jetzt neu anfangen und das Ende ändern.

  • Guten Morgen, Susanne,
    da bin ich wieder.

    Ich hab den Eindruck, ich muss da mal was klarstellen. Ich antworte dir nicht, weil ich mich als eine Art „Hilfstherapeutin“ sehe - dazu hab ich gestern Abend schon etwas geschrieben - oder gar um ein Thema mit dir zu bearbeiten, sondern ich biete mich sozusagen als Gesprächspartnerin an, weil es mich interessiert, mich mit dir auszutauschen. Die Gespräche mit dir sind mitunter ziemlich interessant und anspruchsvoll, das reizt mich einfach.
    Manchmal wird es mir zu viel, wenn ich das Gefühl habe, in einen Schlagabtausch oder eine Verteidigungsposition zu geraten, weil ich eine andere Sprache zu sprechen scheine als mein Gegenüber, bei dem eventuell irgendwelche Verletzungen oder Prägung vorhanden sind, die ich nicht erwartet habe und irgendwie auch nicht verstehe.

    Ja, ich möchte dich gerne etwas besser verstehen, weil es mich reizt, mich mit dir zu unterhalten.

    Verstehe ich das richtig, dass mein Nachfragen dich an die „Verhöre“ deiner Mutter erinnert?
    Wenn ich bei etwas nachfrage, dann weil es mich interessiert, weil ich besser zu verstehen oder zumindest nachzuvollziehen versuche. Für mich gehört das in einen Dialog dazu, wenn ich nicht verstehe oder nachvollziehen kann, wie soll das Gespräch denn dann weiterlaufen? - „Problemlöserin“, ja das bin ich irgendwie auch und zwar schon gewesen, seit ich denken kann. Mich interessiert nicht das Problem an sich, sondern die Lösungen, die sich anbieten. Ich wage von mir zu behaupten, dass ich lösungsorientiert bin. Gute, machbare Lösungen zu finden, setzt bei mir positive Energien frei.

    Wenn du auf eine meiner Nachfragen keine Antwort weißt oder nicht antworten möchtest, musst du darauf gar nicht antworten.

    In manchen deiner Antworten auf meine Frage finde ich mich übrigens selbst wieder.

    Du kannst nicht zurückgehen und den Anfang ändern,
    aber du kannst jetzt neu anfangen und das Ende ändern.

  • Moin :)

    Ja, Katzen mag ich auch <3 Zu meinem Bedauern hatten wir früher alle möglichen Tiere (Hunde, Meerschweinchen, Mäuse) aber keine Katze/n. Und mit meinem heutigen Wissen scheue ich mittlerweile sogar die Verantwortung für Pflanzen - habe nur einen von mir selbstgemachten Kaktus in Herzform aus Pappmaché in einem selbstbedruckten Blumentopf von meiner Tochter (soviel zu Stehrumscheiss, grins).

    Ja, hätte, hätte, Fahradkette. Ein schlechtes Gewissen gegenüber meinen Kindern habe ich tatsächlich nur noch geringfügig. Natürlich war mein Lebensweg und damit auch gezwungenermaßen eine Zeit lang der meiner Kinder bei weitem kein Ponyhof, aber da ziehe ich doch den Vergleich zu meiner Kindheit. Also im Sinne von: Schlimmer geht immer. Liest sich jetzt so entspannt, war aber natürlich ein tiefes, tiefes Trauertal, durch das wir durchmussten...

    Und zu den Genen meiner Eltern: Bäääh... Nee... Die will ich nich, die leugne ich bis auf's Messer ;) It's just me <3

    Schönen Tag uns allen wünscht ichso - die immer noch gerne Kinder hat, trotz Sch...-Klimawandel und allem. Das tut mir megaleid, was wir Alten da hinterlassen. Aber ich sehe auch die große Lebensfreude, die sich hin- und wieder mal zeigt bei Kindern und EnkelInnen <3

    PS: Das hat sich jetzt überschnitten mit AmSee. Huhu, dir auch einen tollen Tag :)

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