Wie soll ich damit umgehen?

  • Hallo!

    Ich hoffe bei Euch ein wenig moralische Unterstützung und Info`s zu finden.

    Erstmal einige Grunddaten zu uns: Mein Mann Ben ist 46 und Soldat, ich heiße Jennifer bin 43. Wir sind seit 19 Jahren zusammen und eigentlich auch happy, wenn das leidige Thema „Alkohol“ nicht wäre. Das ist ständig unser großes Streitthema.
    Wenn er trinkt, dann Bier. Andere Sachen eher selten. Aber es ist die Menge! Ende Februar bin ich angefangen die Menge aufzuschreiben. 4 Liter am Tag sind nicht selten!! Soviel Wasser trinkt er nicht am Tag.

    Hier mal zu den Fakten: März 56L /6 Tage ohne - April 68L / 6 Tage ohne - Mai 73L / 11 Tage ohne

    Das ist doch zu viel!!! Wenn ich ihn darauf anspreche, verdreht er die Augen und sagt „schon wieder das Thema“. JA, schon wieder! Dann heißt es, Du hast ja recht. Ich trinke weniger. Haha!! Wann fängt er denn damit an. Er hat Bluthochdruck und auch so ständig irgendwelche wehwehchen. Ist natürlich auch oft müde und einfach unfit. Übergewicht kommt auch noch hinzu, hab ich auch. Ich bin das totale Gegenteil, was Alkoholkonsum angeht.

    Evtl. führen wir ab nächstem Jahr eine Wochenendehe, ich habe Angst das er dann nochmehr trinkt, ich bin ja nicht da um zu meckern. Oder in 9 Jahren geht er ja schon in Pension, ist er dann schon blau wenn ich von der Arbeit komme. Naja, wenn er bis dahin überhaupt überlebt. Das macht doch kein Körper ewig mit.

    Wie kann ich ihm klar machen das es nicht gut ist für ihn bzw. auch uns. Ich bin auch noch so doof Bier zu kaufen. Sobald ich sehe das er wieder `ne Dose Bier aufmacht, könnt ich kotzen, ich werde stiller (er vergisst `eh was ich erzähle) und kühl. Was er nicht versteht. Denn er ist meist anhänglich und extrem lieb wenn er was trinkt. Ich sag ihm ständig das ich mir Sorgen um ihn mache, Angst vor der Zukunft habe. Wie soll/kann ich mit der Situation umgehen?

    LG Jennifer

  • Hallo Jenny, ich bin ungefähr in Deinem Alter und habe die Erfahrung „von der anderen Seite“, ich bin trockene Alkoholikerin.

    Du machst Dir große Sorgen, das hört man. Nach 19 Jahren Beziehung gibt man den anderen nicht einfach auf, das ist verständlich. Wie lange geht das schon so, dass Alk das „ständige große Streitthema“ ist?

    „Wie kann ich ihm klar machen das es nicht gut ist für ihn bzw. auch uns.“ fragst Du. Ich weiß natürlich nicht, wie es bei ihm ist, aber die meisten Alkis wissen durchaus, dass sie da keinen Multivitaminsaft trinken und dass es ihnen schadet. Die harte Wahrheit ist: Einiges an Deiner Schilderung spricht dafür, dass er recht tief drin steckt - dass es "nur" Bier ist, tut nichts zur Sache, auch damit kann man sich an den Abgrund und einen Schritt darüber hinaus saufen. Wenn und solange er nichts ändern will an der Situation, wird sich nichts ändern. Du kannst ihm sagen, dass Du Dir Sorgen machst, aber: Er muss selbst erkennen, dass er ein Problem hat. Und: Er muss sich helfen lassen wollen. Der Leidensdruck muss hoch genug sein – wo dieser Punkt ist, ist bei jedem unterschiedlich. Bei manchen helfen die ersten körperlichen Beschwerden, um aufzuwachen, manche müssen erst ganz unten sein. Jedenfalls: Im Moment ist ja eigentlich für ihn alles gut, er hat seinen geliebten Alk und Du bist auch da. Ja, es nervt ein bisschen, dass Du ihm den Alk „wegnehmen“ willst, und viele trinken als Reaktion auf diesen Druck von außen auch noch ein bisschen mehr. Bitte hör auf, seinen Alk-Konsum zu protokollieren, das bringt nichts – außer, dass er sich in die Ecke gedrängt fühlt und wahrscheinlich sauer und trotzig reagiert. Und hör auf, ihm sein Bier zu kaufen – wer saufen will, muss selbst für den Alk sorgen.

    Es tut weh, aber: Für Alkoholiker steht der Alk an erster Stelle. Solange er nichts ändern will, kannst Du nur für dich selbst sorgen. Such dir Hilfe für Dich, z. B. bei einer Suchtberatung oder einer Selbsthilfegruppe. Tu etwas, das Dir guttut. Ob und wann Du die Beziehung beendest, kannst nur Du entscheiden. Du solltest jedenfalls nicht mit Dingen drohen, die Du dann nicht durchziehst - dann bist Du beim nächsten Mal unglaubwürdig.

    Ich wünsche Dir von Herzen, dass Du die richtigen Entscheidungen triffst - für DICH.

  • Dem von miss.reid habe ich an sich nicht viel hinzuzufügen.

    Ich würde Dir aber zusätzlch empfehlen, hier einige andere Angehörigengeschichten und auch das eine oder andere Buch aus den Literaturempfehlugen https://alkoholforum.de//index.php?topic=1715.0 zu lesen, um einen besseres Verständis dafür zu kriegen, wie das allgemein so läuft.

    Deine Erfahrungen haben nämlich schon viele gemacht, es wurde hier auch schon viel dazu geschrieben und leider führst Du mit Deinen Streitereien und Kontrollversuchen einen ziemlich aussichtslosen Kampf. Es ist nicht so, dass ich nicht verstehe, wie schwierig das für Dich ist, aber es klappt nach allgemeiner Erfahrung halt einfach nicht, was Du da versuchst. Du kannst nur versuchen, Dich selbst aus der Situation irgendwie zu retten oder anders damit klar zu kommen.
    Ihn wirst Du nicht ändern, und selbst wenn er selbst sich ändern wollen würde, wäre es noch längst nicht sicher, ob er das auch schaffen würde. Und Du kannst ihm nicht helfen und ihm keine Verantwortung dafür abnehmen, das könnte er nur selbst, aber dafür müsste er das ja erst mal wollen. Davon ist er ja meilenweit entfernt. Ich das mal so salopp, das ist so ein Fall wo ich für mich denke, das wird noch 10 oder 15 Jahre so weitergehen, bis ihm das langt, wenn überhaupt. Ich kann natürlich nicht hellsehen, aber das denke ich da halt.

    Und wenns irgendwelche Patenrezepte geben würde, wie man jemanden zu bringt, mit dem Trinken aufzuhören, dann wäre garantiert einiges einfacher. Aber die allermeisten müssen dafür erst mal selbst gewaltig auf die Fresse fallen oder mit ihrer Trinkerei ziemlich unglücklich sein, und selbst das reicht ja den meisten nicht. So lange der da noch was Positives dran findet, kannst Du das vergessen. Das ist wie bei den Rauchern, da weiss ja auch jeder wie gesund es ist, deswegen hört kaum einer auf.

    Und es ist Dein Leben, das Du dabei mit an die Wand fährst. Könntest Du längst anderswo glücklich sein.

    Gruß Susanne

  • Vielen Dank Euch Beiden!!
    Er hat Phasen in denen er mal mehr mal weniger trinkt, aber ganz ohne geht nur wenn er mal auf `ner Übung ist, da geht es dann auch mehrere Wochen.
    Aktuell hat er wieder eine extreme Phase seit ca. Nov/Dez. Ok, es fällt mir schwer meine Klappe zu halten, aber ich werde es versuchen. Denn damit hatte ich tatsächlich bisher null Erfolg.
    Im Grunde heißt es wirklich hoffen das ER es selbst merkt und erkennt das er ein Problem hat. Und ihn nicht mit Bier versorgen.
    Die Idee mit den Büchern ist gut, werde da gleich mal schauen. Vllt. ist es wirklich sinnvoll das ganze auch mal von der anderen Seite zu sehen.
    Das ganze vllt. zu verstehen.
    Viele Grüße Jennifer

  • Ok, es fällt mir schwer meine Klappe zu halten, aber ich werde es versuchen. Denn damit hatte ich tatsächlich bisher null Erfolg.

    Es geht nicht drum, dass Du Dich vollkommen an ihn und seine Bedürfnisse anpasst, indem Du nur noch nett lächelst und alles schweigend mitmachst, um ihn nicht zu nerven. Zum einen schadest Du Dir damit letztlich selbst, auch wenn es für ihn recht angenehm ist - er hat ja Alkohol UND seine Ruhe! Und zum anderen ist "Erfolg" im Sinne einer Verhaltensänderung seinerseits mit dieser Strategie natürlich auch nicht garantiert. Weil Du, wie schon gesagt, allgemein wenig bis nichts tun kannst, dass er selbst zur Erkenntnis kommt und etwas ändern möchte.

    Definiere "Erfolg" lieber für Dich, indem Du Dir positive Erlebnisse außerhalb dieser Beziehung suchst. Konzentriere Dich auf Personen und Aktivitäten, die Dir gut tun. Etwas über Alkoholismus lesen ist gut, aber Dein Denken und Tun soll sich nicht ausschließlich um ihn drehen.

  • Hey...

    ich kann dich sehr gut verstehen... Mein Mann 37, ist auch Soldat gewesen und hat auch ein Alkoholproblem. Er ist Gott sei Dank nicht mehr bei der Bundeswehr, denn der Bundeswehr gehört es leider „zum guten Ton“ Alkohol zu trinken.... und genau da hat mein Mann auch angefangen außerhalb vom normalen zu trinken... Das sehe ich bei euch als sehr kritischen Punkt.

    2. alle erzählen, dass DU ihn nicht verändern kannst... Meiner Meinung nach stimmt das so nicht. Mein Mann hat - weil ich ihn immer mit dem Thema genervt habe - angefangen heimlich zu trinken. Wird deiner sicher irgendwann auch machen oder macht es vielleicht auch schon... Also ein Alkoholproblem hat er meiner Ansicht nach auf jeden Fall. In der Zeit als mein Mann heimlich getrunken hat und es verleugnet habe, gab es Momente, in denen ich nicht ausflippe sondern normal mit ihm redete ... in der Weise „ich will dir nur sagen, heimlich trinken ist nicht normal und du bist nicht nur für dich verantwortlich, sondern wenn du mit alk am Steuer mit unserem Sohn Auto fährst, gefährdest du ein Leben, das nichts dafür kann...“... in dem Moment sagte er dazu nichts, weil „er hat ja nicht getrunken“... diese Worte beschäftigten ihn aber, da er für sich ja wusste, dass er trinkt...

    Ich habe ihn irgendwann inflagranti erwischt und seither sind wir beide in Therapie und seither hat er (so viel ich weiß und einschätze) auch nichts mehr getrunken... Das ist jetzt seit Februar diesen Jahres...

  • Ja, hier gibts natürlich auch Leute, denen die Familie das Messer auf die Brust gesetzt hat und die dann was gemacht haben (nicht ich).
    Das ging aber nur, weil von denen selbst dann auch was kam, sie dann tatsächlich was gemacht haben.

    Man kann sich nicht drauf verlassen. Es gibt nämlich mindestens genau so viele, bei denen das nicht wirkt. Bei vielen wirkt ja nicht mal das Bewusstsein, dass sie dran sterben werden. Kinder sind oft auch kein Argument, das wirklich zieht. Hättest Du mal meinen Vater fragen müssen.
    Der war früher der Meinung, Kinder die es wert sind, überlebens schon, und um den Rest ist es nicht schade. Er ist übrigens lieber dran gestorben, bevor er was gemacht hätte "rentiert sich für mich nicht"...ich hätts fast genau so gemacht, hab dann die Kurve aber noch gekriegt.

    Und vorher weiss mans halt nicht und fährt auf eigenes Risiko. Es ist halt viel "kann sein, kann auch nicht sein"..es gibt Statistiken und hinter jeder stehen eine Menge Einzelschicksale.

    Klar sind auch Angehörige selbst dafür verantwortlich, wie weit sie das mitmachen und zu merken, wenn sie das nicht mehr schaffen. Oft sind die Angehörigen nämlich früher reif für eine grundsätzliche Änderung als der Alkoholiker. Man sollte aber auch nicht verschweigen, dass da viele dann erst mal selbst auf dem Zahnfleisch gehen, selbst daran krank werden, bevor sie was ändern..oder genauso wie beim Alkoholiker das bis zum bitteren Ende läuft. Gibts ja oft genug.

    Nur wenn hier jemand danach fragt gebe ich nur ungern die Auskunft, das das schon wird, wenn mans ja gar nicht weiss und auch noch nichts darauf hindeutet. Es kann werden, aber die Wahrscheinlichkeit dafür ist halt nicht übermässig hoch.
    Und wenn vom Gegenüber noch gar nichts an Einsicht und Änderungswille kommt, dauerts meist noch lange bis der überhaupt mal in die Gänge kommt. Und ob ers dann schafft, weiss man auch noch nicht, und in diese ganze Zeit über läuft aber auch die Lebensuhr des Angehörigen weiter, sprich wenn der Angehörige irgendwann glücklich werden will, muss er sich auch überlegen wie viel Zeit er da noch investieren kann oder will.

  • hallo Jenni,

    Ich bin Rina, 38J, verheiratet und wir haben 2 Kinder, seit einem Jahr alkfrei.

    Du hast ja schon viele hilfreiche Antworten erhalten, ich kann nichts dazu hinfügen, möchte aber unterstreichen, dass der Weg aus der Sucht ein wirklich sehr zeitraubender und schwieriger ist...wenn er denn überhaupt vom Betroffenen jemals gewählt wird und wenn dann dieser Betroffene den Weg auch noch erfolgreich gehen kann. Das soll nicht pessimistisch klingen, es ist nur Tatsache, dass die wenigsten der Alkoholiker auf Dauer abstinent bleiben können. Dazu braucht es meistens - sehr sehr oft - Hilfe von aussen, Therapie, Gruppengespräche, manchmal erstmal eine Entgiftung, Kur etc.

    Dein Mann ist, so wie ich das verstehe, noch sehr weit weg von jeglicher Einsicht überhaupt irgendetwas an seinem Konsum zu ändern. über die Monate, Jahre wird sein Konsum steigen, das ist bei allen Suchtkranken so, es entwickelt sich eine Toleranz, der Kranke braucht immer mehr Alkohol um auf die erwünschte Wirkung zu kommen.Mit der Zeit muss er dann vielleicht auch heimlich trinken, damit das Ausmass seines Konsums nicht so auffällt, das ist dann wieder mit Lügen und Verstecken verbunden etc etc...Ich schreibe dir das, weil das der klassische Weg ist, ich selbst bin ihn gegangen.

    Von aussen etwas bewirken wollen ist eben schon allermeist aussichtslos, der Alkoholiker muss selber wollen. Wenn das nicht der Fall ist, wird er Strategien entwickeln um seine Dosis zu bekommen, und Stress zu Hause zu vermeiden.

    Evtl. führen wir ab nächstem Jahr eine Wochenendehe, ich habe Angst das er dann nochmehr trinkt, ich bin ja nicht da um zu meckern. Oder in 9 Jahren geht er ja schon in Pension, ist er dann schon blau wenn ich von der Arbeit komme.

    Das ist ein realistisches Szenario ja.

    Ich würde dir empfehlen eine Beratungsstelle für Angehörige aufzusuchen, du kannst nur dir selbst in dieser Situation helfen, das Problem deines Mannes kannst du nicht lösen. Nicht mit Buchhaltung, Streitereien...du kannst versuchen ihm - wie schon gesagt wurde - die Pistole auf die Brust setzen und mit Trennung drohen, dann müsstest du dazu aber auch bereit sein, was ja nicht so eine einfache Entscheidung ist. Und die Erfolgschancen bei so einem Drohversuch sind auch nicht top...

    Sorge zu dir, informiere dich zu Co-Abhängigkeit und Alkoholismus, damit du weisst wie die Zukunft für ihn und dich ausschaut falls er tatenlos weiterhin vor sich her plätschert.

    Viel Kraft,
    Rina

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