Hallo, ich denke mal, dass ich hier richtig bin?
Ich bin 32 und die Tochter eines Alkoholikers.
Ich weiß nicht, wo ich anfangen soll… Ende Dezember 2017 zog sich mein Vater eine Bauchfellentzündung zu. Es wurde zu spät erkannt. Er bekam einen Septischen Schock. Nach langer Zeit auf der Intensiv und Reha war er tatsächlich im Juli/August 2018 wieder hergestellt. Ohne Folgeschäden. Für mich eine Art Geschenk des Himmels. Ich muss dazu sagen, dass er Morbus Bechterew hat und das schon sehr stark ausgeprägt. Doch nach der Reha war er so fit wie lange nicht mehr. Hat 30 Kg abgenommen und konnte wieder ordentlich fußen. Aber dazu später mehr.
Das erste, was der Arzt auf der Intensiv mir und meinem Bruder mitteilte, als er langsam auf dem Weg der Besserung war, war folgendes: Ihr Vater ist Alkoholiker. (das war wie Balsam für meine Seele. Endlich hat es mal jemand ausgesprochen) Er hat eine beginnende Leberzirrhose. Wenn er weitertrinkt, hat er noch 2-3 Jahre.
Der Arzt sprach auch mit meinem Vater, in unserem Beisein, als er wieder bei sich war.
Er hatte einen Entzug hinter. Durch das Koma von über 3 Wochen war er sozusagen trocken. Er hat ihm ganz klar gesagt, was passiert, wenn er wieder anfängt zu trinken.
Nun muss ich etwas weiter ausholen.
Meine Eltern haben sich, Gott sei Dank, scheiden lassen, als ich 10 Jahre alt war. Die Ausraster meines Vaters, wenn er getrunken hatte, waren der Horror. Er hat geschrien, meine Mutter runtergemacht wo es nur ging. Dinge flogen durch die Gegend. Bis er sie dann schließlich schlug.
Er hat uns den Gefallen getan, auszuziehen, als wir gerade im Urlaub waren. Es folgte eine Schlammschlacht ums Geld.
Bis heute hängt er dem nach und schiebt meiner Mutter die Schuld in die Schuhe.
Zu einer Trennung gehören immer zwei. Aber darum geht es hier auch gar nicht.
Als ich Kind war, besuchte ich ihn noch.
Als ich jugendlich war, schon weniger. Zwei Jahre hab ich ihn komplett links liegen lassen.
Als ich erwachsen war musste ich mir – ich hab den Kontakt irgendwann wieder aufgenommen – ständig anhören, dass ich ohne ihn nichts wäre. Vor allem beruflich.
Ich bin verheiratet, habe eine 6-jährige Tochter und bin gerade im 4. Monat schwanger.
Der Umgang mit meinem Vater ist geprägt von Vorwürfen mir gegenüber.
Wenn er pfeift, muss ich springen. Aber da ich ein eigenes Leben habe, sage ich oft, dass ich nicht kann. Mein Mann arbeitet in Schichten und ich wohne nicht mehr um die Ecke. Eine kleine Erledigung dauert mitunter 1 ½ bis 2 Sunden. Und manchmal hab ich dazu eben keine Zeit. Jeder normale Mensch (da bin ich mir sich) versteht das. Nicht so mein Vater.
Es kommt dann nur, "ich bin ja nur dein Vater. Bin's ja nicht wert" und so ein Mist.
Das ging einmal diesen April soweit, dass ich völlig eskaliert bin. Ich hab ihm all das vorgeworfen, was er mir und meiner Mutter damals angetan an. Dass er Alkoholiker ist und alles kaputt macht. Er kein guter Vater war und es auch jetzt nicht ist. Dann war 3 Monate Funkstille. Ich war damals schwanger und hatte eine Fehlgeburt (recht früh) aber ich bin mir sicher, es lag am Stress, den ich mir wegen ihm gemacht habe…
Nach drei Monaten hat er sich wieder gemeldet. Mal wieder, weil er ins Krankenhaus musste. Und wieder bin ich zurückgerudert und hab nichts gelernt.
Nach der Reha, wie bereits geschildert, war er wieder fitter. Allerdings wurde er auch EU-Rentner. Eins kam zu anderen. Er ließ sich immer mehr hängen und schwemmte auf wie ein Kloß.
Ok, dachte ich. Er weiß ja nun, was mich belastet. Jetzt müsste es ja besser werden.
Eine Zeitlang war es auch so. Als er wieder daheim war, normalisierte sich unser Verhältnis (wenn man das so nennen kann). Beim letzten Besuch erzählte ich ihm, dass ich schwanger bin. Er hat sich gefreut. Auf dem Tisch stand eine leere Falsche Gin…
Bis mich mein Bruder anrief. An Halloween. Ich war gerade mit meiner Tochter im Ort unterwegs, als er anrief und meinte, der Vater hätte einen Schlaganfall oder so. Er hat so lallend gesprochen und wusste nicht, wo er ist. Meinte, der Pflegedienst (er hat Pflegegrad 2) wäre nicht dagewesen.
Ich meinte nur, er war besoffen, und erzählte von der leeren Flasche. Daraufhin rief mein Bruder bei dem Pflegedienst an. Die bestätigten ihm dann auch, dass es jetzt schon öfters vorgekommen war, dass er morgens, oder allgemein betrunken war, wenn sie kämen.
Mein Vater schickte mir letzte Woche eine Nachricht, er sei mit dem Notarzt ins Krankenhaus.
Ich rief also wieder meinen Bruder an. Erzählte ihm davon. Er wiederum rief den Pflegedienst an, denn die weisen ja auch Patienten ein, wenn sie den Verdacht haben, es sei nötig. Also ist er wieder im Krankenhaus….
Nun sind wir im heute angelangt. Ich habe ihn bisher weder besucht, noch ihm geschrieben.
Ich kann einfach nicht. Und ich fühle mich schlecht deswegen und feige. Es dient aber meinem Schutz. Und dem meines Babys. Ich hab es satt, mir anzusehen, wie mein Vater sich umbringt. Oder mir Vorwürfe machen zu lassen.
Ich will nicht mal zu ihm und ihm sagen, wenn er einen Entzug macht, können wir es nochmal versuchen. Ich weiß, dass es nichts bringt. Und selbst wenn, ändert das nicht seinen Charakter. Er tut mir nicht gut. Das hat er nie.
Ich habe ihn sozusagen aufgeben.
Welche Erfahrungen habt ihr mit Kontaktabbruch?