Familie zerrüttet

  • Ich möchte euch gerne meine Situation schildern und vielleicht kommt jemandem die Situation ja bekannt vor oder hat Ähnliches erlebt.

    Ich bin 35 Jahre alt. Als ich 15 war, habe ich zum ersten mal gemerkt, dass mein Vater zu viel trinkt. Ich muss dazu sagen, dass ich aus einem nach außen hin gut situiertem Elternhaus stamme und gerade meine Mutter immer extrem viel Wert darauf gelegt hat, dass nach außen hin alles perfekt aussieht. Sie hat nach außen hin auch immer viel Show veranstaltet und das Ansehen der Familie gegenüber anderen war absolut wichtig.

    Mein Vater war nie gewalttätig und funktionierte nach Außen hin eigentlich immer unauffällig. Abends trank er dann Wein, Bier oder Weinbrand. Meistens war er abends zu nichts mehr zu gebrauchen, bekam nicht mehr viel mit und verkroch sich in den Keller. An Haus und Garten hat er vieles vernachlässigt. Auch habe ich immer wieder Verstecke gefunden. Meine Mutter wollte von all dem nichts wissen (nach dem Motto "es kann nicht sein, was nicht sein darf"). Ich denke, sie hat es dadurch nur noch schlimmer gemacht, da sie ihn dadurch ja indirekt unterstützt hat. Sie hat mir und meiner Schwester dann immer erklärt, dass dies an den Blutdruck-Tabletten gelegen hat. Auch hat mein Vater sich mehr und mehr gehen lassen. Auf Sauberkeit im Haus legte er keinen Wert, zum Arzt ging er gar nicht mehr (Zahnarzt etc.). Meine Mutter hat hier den Schein gewahrt.

    Ich bin dadurch mehr und mehr in die Rolle des "Mannes im Haus" geraten ohne es wirklich zu merken. Ich habe mich viel um haus und Garten gekümmert und bei größeren Entscheidungen (Finanzielle Entscheidungen, Steuern, Anschaffungen, Verträgen) wurde ich von meiner Mutter als Entscheider ausgewählt, obwohl ich gerade 20 Jahre alt war. Meinem Vater schien es Recht zu sein, dass sich jemand für wichtige Dinge verantwortlich fühlt und vielleicht habe ich diese Verantwortung auch genossen. Jedenfalls habe ich meine Pflichten hier immer voll und ganz erfüllt.

    Auch habe ich meinen Vater mehrfach konfrontiert, aber es hat außer leeren Versprechungen nie etwas gebracht. Selbst als mein Vater einen Schlaganfall hatte (zum Glück ohne bleibende Schäden) hat dies weder dazu geführt, dass er sich ändert, noch dazu, dass meine Mutter seinen ungesunden Lebenswandel zum Thema gemacht hätte. Sie wich weiterhin auf Ausreden aus (Blutdrucktabletten oder "er muss nur ein halbes Glas Bier trinken und ist schon völlig betrunken").

    Richtig problematisch wurde das Ganze, als ich zu Hause ausgezogen bin. Ich habe noch weiterhin versucht, bei meinen Eltern alles zu regeln, aber durch meinen Beruf und meinen eigenen Haushalt und auch den Wunsch nach Freizeit, gelang mir dies immer schlechter. Eskaliert ist das Ganze dann, als es mit meiner Freundin (inzwischen Frau) immer enger wurde. Da brach bei meiner Mutter ein erbitterter Konkurrenzkampf gegen meine Partnerin aus, die letztlich zum Bruch geführt hat.
    Mich macht das unglaublich traurig, da ich immer wieder mit Vorwürfen von ihr konfrontiert werden "Du hast dich gegen uns entschieden etc.". Mir fehlt meine Familie und auch mein Vater, der aber leider absolut passiv ist.
    Von Verwandten höre ich oft, wie sehr er unter der Situation leidet, aber er ist in den letzten drei Jahren nicht einmal auf die Idee gekommen, aktiv den Kontakt zu mir zu suchen. Gespräche mit meiner Mutter enden immer sehr schnell in Beschimpfungen und Vorwürfen Ihrerseits.

    Ich denke manchmal, dass der Alkohol hier die Wurzel des ganzen Dilemmas ist, denn hier liegt nunmal der Anfang des Problems. Ich weiß nicht, ob ich mich mit der Situation abfinden muss oder ob es noch Chancen gibt, irgendwas zu retten. Mein Vater ist über 70 und wenn ich ihn so ansehe, wirkt er noch deutlich älter. Ewig lange wird er sicher nicht mehr haben....

  • Hallo, Heiko, und HERZLICH WILLKOMMEN hier im Forum :welcome:

    Zunächst einmal kurz zu mir: Ich bin m, 56, Alkoholiker, seit einigen Jahren trocken und fast ebensolange in der Suchtselbsthilfe aktiv.

    Bei Deiner Geschichte habe ich irgendwie sofort die klassische Rollenverteilung in der Familie eines Suchtabhängigen gesehen: der Vater ist der (Alkohol-)Abhängige, die Mutter die Co-Abhängige und Du hast versucht, als Bindeglied zu fungieren, um die Familie am Laufen zu halten. Und als Du dann Dein eigenes Leben leben wolltest, wurde Dir von der Mutter der "Schwarze Peter" zugeschoben, da sie alleine nicht mehr mit ihrer Rolle klarkommt.
    Das ist jetzt natürlich sehr vereinfacht ausgedrückt. Aber so ähnlich habe ich es bei einer Suchthilfetagung von Angehörigen des Vereins NACOA Deutschland gehört, die sich um die Interessen von Kindern aus Suchtfamilien kümmern. Vorher wusste ich garnicht, dass es soetwas gibt - und WIE schlimm es für die Kinder wirklich ist. DAS die Kinder mehr mitkriegen, als uns Betroffenen oft lieb ist, war mir als Vater schon klar, aber ... Ich war jedenfalls erschrocken und schockiert.
    Und habe danach mit meinen Kindern anders, offener über das Thema geredet als schon zuvor.

    Auf jeden Fall habe ich keinen Rat für Dich. Außer, weiter für DICH und DEINE Familie (Frau, evtl. Kinder) zu sorgen. Denn Deinen Eltern kannst Du nur signalisieren, dass Du für sie da bist, wenn sie Hilfe WOLLEN. Annehmen müssen SIE sie.

    Gruß
    Greenfox

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Grüß Dich Heiko,

    auch von mir ein herzliches Willkommen hier bei uns im Forum :welcome:

    Proky, 41 Jahre alt, trocken seit, nächste Woche werden es, 14 Jahre(n).


    Vom Grundsatz her bleibt festzuhalten:

    Für Angehörige suchtkranker Menschen (ganz gleich um welche Sucht es sich dabei handelt) ist und bleibt es immer eine schwierige Situation.
    Zum einen wenn die betreffende Person selbst keinerlei Einsicht zeigt - und oftmals durch ihr krankhaft bedingtes Verhalten die Situation noch verschlimmert - in vielen Fällen äußert sich das durch verbale und/oder sogar körperliche Gewalt, in Deinem Fall bzw im Fall Deines Vaters ist es die Vernachlässigung, von Haus und Hof, der Familie und last but not least von sich selbst.
    Erschwerend kommt noch hinzu, wenn Angehörige, in Deinem Fall ist es Deine Mutter, die Probleme, die Situation, die Ursachen, nicht wahrhaben wollen.
    Letztendlich wollen beide, Dein Vater (als Alkoholkranker), ebenso wie Deine Mutter (als Co-Abhängige) von der Realität nichts wissen und weiterhin in ihrer Scheinwelt / in Ihrer Traumwelt leben, ja, sogar in ihrem Selbstbetrug! Denn bitte glaube mir: Deine Mutter mag sich noch so sehr anstrengen die Alkoholabhängigkeit Deines Vaters vor jedermann zu verheimlichen - in Wirklichkeit weiß es bereits das gesamte nähere Umfeld!
    Das ist aber nicht der Punkt. Der Punkt ist der, dass Du Zuspruch brauchst lieber Heiko!

    Fakt ist:

    In dem Augenblick wo Du Dein Elternhaus verlassen hast und Dich um Dein eigenes Leben gekümmert hast, ist die Scheinwelt / die Traumwelt Deiner Eltern und insbesondere Deiner Mutter, ganz gewaltig in ihren Grundfesten erschüttert worden. Schlimmer noch, aus der Sicht Deiner Mutter: Diese Scheinwelt / diese Traumwelt, droht einzustürzen, weil Du als ein Grundpfeiler dieser Traumwelt nicht mehr existierst!

    Ist das etwas worüber Du Dich schämen musst oder Schuldgefühle haben solltest?

    NEIN! Definitiv Nein! Du hast alles richtig gemacht! Du hast Verantwortung für Dein eigenes Leben übernommen, als Du ausgezogen bist, mit Deiner damaligen Freundin zusammen gezogen bist, sie mittlerweile geheiratet hast und Dein eigenes Leben führst!

    Du bist nicht verantwortlich für das Leben Deiner Eltern - dass sind sie nämlich immer noch selbst! Und das beinhaltet immer noch, wie und was sie denken, fühlen und handeln. Dafür sind sie selbst verantwortlich und können niemanden, auch Dir nicht die Schuld geben oder Dir Vorhaltungen machen. Deine Eltern sind freie Menschen und können tun und lassen was sie wollen. Ihr beider persönliche Glück können sie nicht abhängig von anderen Menschen (in diesem Fall von Dir) machen!

    Zu was kann ich Dir raten?

    Zunächst einmal war es richtig, dass Du Dich an unser Forum gewandt hast! Jederzeit kannst Du hier Dir etwas von der Seele schreiben oder uns Fragen stellen. Nach Möglichkeit bieten wir Dir mit unseren Erfahrungen dir die Hilfe zur Selbsthilfe an!

    Desweiteren möchte ich Dir raten, wende Dich an eine Alkoholselbsthilfegruppe an deinem Wohnort! Auch dort wird Dir geholfen. Und es ist auch weitaus hilfreicher Auge in Auge von Problemen zu berichten und Zuspruch sowie Hilfe zu erfahren, um nicht zu sagen: mehr Balsam auf der Seele.
    Und dort sitzen (je nach Gruppe) Betroffene und/oder Angehörige die Dir helfen können.

    Nach Möglichkeit rate ich auch Dir: Sprich auch mit dem Hausarzt Deiner Eltern (sofern ihr den gleichen habt) auch die Kirche vor Ort bietet in solchen Fällen Hilfe an, zumindest haben sie dort auch ein offenes Ohr für Dich.

    Zu guter Letzt:

    Lass Dir von Deiner Mutter - und vor allem von Dir Selbst!!! - kein schlechtes Gewissen einreden! Du hast alles richtig gemacht, indem Du, zusammen mit Deiner Frau, Dein eigenes Leben führst!

    Unterstütze nicht die Scheinwelt / die Traumwelt Deiner Eltern! Rede stets von der Realität und bleibe in der Realität wenn Du mit Deiner Mutter sprichst! Sag ihr ruhig unverhohlen, dass Papa Alkoholkrank ist und das Mama Co-abhängig ist (Ich weiß, wie weh dir das tun wird und dass das leichter geschrieben als gesagt wird - deswegen wende Dich auch an eine reale/analoge Selbsthilfegruppe vor Ort!).

    Das möchte ich Dir mitgeben an meinen Ratschlägen!

    Du hast alles richtig gemacht bislang - gerade auch, weil Du Dich in Deiner Not an uns gewandt hast!

    Dir und Deiner Frau, viel Glück! Selbstverständlich auch Deinen Eltern!

  • Vielen Dank für eure Beiträge.

    Inzwischen merke ich, dass mir die Distanz in gewisser Weise gut tut. Als ich noch bei meinen Eltern wohnte, habe ich oft darunter gelitten, meinen Vater betrunken zu erleben, auch wenn er nicht aggressiv war oder Ähnliches. Es reichte schon, zu spüren, wie er unsicher ging, glasig guckte etc.

    Was mich besonders traurig macht, ist dass meine Mutter in der früheren Nachbarschaft und in der Verwandtschaft schlecht über mich redet. Dass ich undankbar wäre, mich von der Familie abgewandt hätte. Ich bin wirklich sehr hilfsbereit und ich wäre auch nach meinem Auszug von Zuhause da gewesen, wenn man mich wirklich gebraucht hätte. Ich halte es nur nicht aus, dass meine Mutter den gesamten Konflikt auf meine Frau schiebt ("sie hat einen schlechten Einfluss auf dich, sie hat dir das eingeredet, dass du dich von deiner Familie abwenden sollst, sie hat dich einer Gehirnwäsche unterzogen..."). Da fehlt einfach jede Basis für ein objektive Gespräch und einen fairen Umgang mit der Situation.

    Auch frage ich mich, wie für unseren Kindern (die noch in Planung sind) einen Umgang mit ihren Großeltern ermöglichen sollen. Ich selbst habe es als Kind sehr genossen, Großeltern zu haben, die viel für mich da waren und viel mit mir unternommen haben. Vor dem Hintergrund der Situation halte ich dies für kaum machbar.

    Ich habe auch meine Mutter mehrfach mit dem eigentlichen Problem konfrontiert, aber da ist sie regelrecht ausgerastet, dass ich lügen würde und mir das alles herbei-phantasiere. Ich bin dankbar für eine Kindheit, in der es mir an nichts gefehlt hat. Wir waren oft als Familie in Urlaub, haben in einem schönen Haus in einer guten Wohngegend gewohnt und ich kann gar nicht sagen, wann und warum das Thema Alkohol anfing, eine Rolle zu übernehmen. Wie oben geschrieben habe ich es mit 15 Jahren zum ersten mal bemerkt (in dem Alter bleibt man länger wach, im Freundeskreis wird auch mal heimlich Alkohol probiert und man entwickelt ein Gespür, finde ich). Ich weiß aber nicht, ob dies früher schon relevant war.

    Schlimm finde ich auch, dass mein Vater sich meiner Mutter komplett untergeordnet hat. Er redet ihr komplett nach dem Mund und eigentlich weiß ich auch, dass er nie ein Problem mit meiner Frau hatte und sie immer gemocht hat. Jedenfalls bis zu dem Tag, als wir uns eine gemeinsame Wohnung genommen haben. Ab da ist es gekippt und richtig zum Eklat kam es nach unserer Hochzeit. Mit der Zeit habe ich das Gefühl, dass sich gerade meine Mutter immer mehr in diesen Konflikt hineingesteigert hat und mir und meiner Frau Eigenschaften und Fehlverhalten nachsagt, dass so nie vorhanden war.

    Ich würde die Situation so gerne ändern und Dinge zum Guten bewegen, zumal meine Eltern beide mittlerweile nicht mehr die Jüngsten sind und ich auch gerne unseren zukünftigen Kindern eine halbwegs intakte Familie ermöglichen würde.

  • Hallo Heiko,

    Willkommen im Forum und "im Club" der erwachsenen Kinder aus alkohol
    geschädigtem Elternhaus. Ich bin selbst Tochter aus derselben Konstellation.

    Als ich auszog zum Studieren, nahm der Konsum meiner Mutter zu. Als ich
    klein war, wurde noch aus Genuss in ausgelassenen Besuchsrunden getrunken,
    als ich ca. 14 war, fiel mir auf, dass meine Mutter unglücklich war (und trank).
    Mein Vater machte irgendwann einen Entzug, blieb aber bei meiner Mutter.

    All die Jahre über ging es bei uns gepflegt und nach außen hin sorgsam zu.
    Alles gut in Schuss, wertige Kleidung und Einrichtung, ich war immer versorgt.

    Ganz kritisch für meine eigene Psyche wurde es (auch), als ich begann, mich
    anderswo nach Wärme, Lebendigeit und Freude umzusehen. Ohne es zu wissen,
    habe ich mich durch meinen ersten Freund (selbstverständlich angefeindet) "raus"
    aus dem System bewegt, gezeigt: Ich möchte was anderes als immer hintan stehen.
    Das konfrontierte meine Eltern mit ihrer Situation, es war kein Puffer mehr da.

    Als ich irgendwann - gestützt durch meine Therapie - einen Brief an meine Mutter
    schrieb, in dem ich mit 40 Jahren (!) erstmals das Wort "Alkoholsucht" erwähnte,
    spürte ich die ganze Wucht und Gewalt ihres Leugnens. Kein Eingehen darauf,
    nur die Zurücksendung beigelegter Unterlagen, falls sie sich informieren möchte.

    Bei AA sagen sie, dass Alkohol eine Familienkrankheit ist. Und das stimmt!

    Die Sucht muss gedeckt werden, nichts darf nach draußen dringen. Eigene Gefühle
    äußern ist eine Überforderung für die Eltern, wird also gedeckelt, belächelt oder
    anders herunter gespielt. Auch ich habe sie nie über ihre eigenen Gefühle sprechen
    hören. Es ging immer nur mit einem "gemeinsamen Feind" (blöder TV-Moderator,
    Sportler oder blöde Preise im Supermarkt, oder lächerlich gemachte Nachbarn.)

    Ich begann also mit 40 Jahren, mir meine Lebensfreude zurück zu holen, was nur
    mit ganz viel Distanz nach Hause ging. Jetzt trinkt meine Mutter nicht mehr, ich weiß
    mehr über mich und meine echten Bedürfnisse, entdecke sogar neue eigene Gefühle
    für sie, für unsere Familiengeschichte usw. ... und trotzdem muss ich höllisch aufpassen,
    dass ich mich in unserem Kontakt nicht wieder auf ihre Seite des Leugnens ziehen lasse
    oder FREIWILLIG beginne, auf meine Wahrheit und ihr Aussprechen zu verzichten. So
    tief sitzt die mit-erworbene Verstummung über das, was wirklich zählt und bewegt.

    Was proky zu den Schuldgefühlen geschrieben hat, kann ich voll unterstreichen:
    Sie sind unnötig. Sie gehören zum Sucht-System Familie und halten alles bei einander.
    Mit dem Verlassen des Systems steigen sie nochmal richtig auf und dann braucht es
    wertschätzenden, verlässlichen, liebevollen Austausch, um damit fertig zu werden
    und sie als das zu erkennen was sie sind: Merkmal einer dysfunktionalen Familie, in
    der man "nicht so einfach für sich selbst zuständig wird", das stört die Verstrickung.

    ... viel Text zu Deinem Thema ... ;) ... Ich will nur sagen: Deine Wahrnehmung stimmt.
    Die Reibung mit Deiner Familie ist Alkohol-bedingt, hat mit Dir rein gar nichts zu tun!
    Es ist normal und gesund, ein freudvolles Leben anzustreben, das Problem hat derjenige,
    der es nicht "angeht" und sich z.B. einen Ersatz in der Sucht sucht. Wir "Kinder" erben
    so einiges und dürfen das auch wieder verlernen. So habe ich es auf meinem Weg mit
    Hilfe anderer aus der Selbsthilfegruppe gelernt.

    Ich wünsche Dir weiterhin soviel Offenheit, Deine eigene Situation ernst zu nehmen
    und Dir Hilfe zu holen, wann immer Dir danach ist. :)

    Viele Grüße
    Wolfsfrau

  • Erstmal vielen Dank für eure Antworten. Ich bin froh, mit dem Problem nicht alleine zu sein und viele Themen wiederzufinden.
    Viele Dinge habe ich lange Zeit nicht verstanden. Zum Beispiel habe ich mich gefragt, warum mein Vater so absolut antriebslos und gleichgültig ist. Beruflich ist er recht weit gekommen und dahinter steckt mit Sicherheit auch viel Leistung. Gleichzeitig ließ er dann zu Hause alles liegen und es schien ihm alles egal zu sein, was er einmal aufgebaut hat. Diesen Widerspruch kann ich mir irgendwie nicht erklären. Zum Beispiel kam es oft dazu, dass er Rechnungen nicht bezahlte. Mehrfach kam es sogar zu Zwangsvollstreckungen und hier ging es nie um große Beträge und das Problem war auch nicht, dass dafür kein Geld dagewesen wäre. Es war schlichtweg der fehlende Antrieb, die Überweisung auszufüllen.

    Gleichzeitig bin ich hin und her gerissen, was meine Mutter betrifft. Auf der einen Seite ist da eine Menge Wut. Zum einen darüber, dass sie alles verleugnet, das Problem damit noch verschärft und nicht sehen will, welche Probleme aus dem ganzen Thema noch alle erwachsen (z.B. der Konflikt mit mir und meiner Frau) Lieber konstruiert sie völlig abwegige Sachverhalte, lügt und verleumdet unter anderem mich.

    Auf der anderen Seite tut sie mir unendlich leid, weil so wahnsinnig viel an ihr hängen bleibt, sie sich um alles kümmern muss, laufend eine große Show für alle Außenstehenden produziert und vor allem, weil sie einsam ist. Ich sehe bei mir, wie schön die Zweisamkeit mit dem Partner sein kann. Und wenn es nur Kleinigkeiten sind, wie ein gemeinsamer Spaziergang nach Feierabend, mal am Wochenende etwas zu unternehmen oder Essen zu gehen etc. Bei meinen Eltern ist jeder für sich. Mein Vater zieht sich abends in den Keller zurück, kramt dort herum und trinkt dabei. Ansonsten will er seine Ruhe haben. Da ist keinerlei gemeinsame Aktivität, außer wenn Besuch kommt oder eine Einladung ansteht. Das tut mir unglaublich leid und ich würde ihr gerne helfen. Gleichzeitig werde ich für jeden Versuch, Dinge zu lenken ganz bitter abgestraft.

  • Viele Dinge habe ich lange Zeit nicht verstanden. Zum Beispiel habe ich mich gefragt, warum mein Vater so absolut antriebslos und gleichgültig ist. Beruflich ist er recht weit gekommen und dahinter steckt mit Sicherheit auch viel Leistung. Gleichzeitig ließ er dann zu Hause alles liegen und es schien ihm alles egal zu sein, was er einmal aufgebaut hat. Diesen Widerspruch kann ich mir irgendwie nicht erklären. Zum Beispiel kam es oft dazu, dass er Rechnungen nicht bezahlte. Mehrfach kam es sogar zu Zwangsvollstreckungen und hier ging es nie um große Beträge und das Problem war auch nicht, dass dafür kein Geld dagewesen wäre. Es war schlichtweg der fehlende Antrieb, die Überweisung auszufüllen.

    Lieber Heiko,

    letztendlich kann Dir diese Antworten nur Dein Vater liefern, aber eben nur wenn zwei Voraussetzungen erfüllt sind:

    1. Er muss hierzu mit dem saufen aufhören, sich in eine Alkoholtherapie begeben

    und 2. Anahnd einer darauffolgenden Psychotherapie muss er die Ursachen für Seine Sucht erforschen. Seine Glaubenssätze, seine Grundannahmen (beides Begriffe aus der Psychologie), sie anerkennen und an ihnen arbeiten.

    Dann lieber Heiko, hättest Du eine Chance von ihm zu erfahren warum es soweit gekommen ist.

    Ich will Dich aber nicht ohne wirkliche Antwort weg schicken und erlaube mir daher eine Vermutung anzustellen:

    Du schreibst, dass Dein Vater beruflich sehr erfolgreich war/ist. Von daher wird er auch den Großteil seiner Energie auf den Beruf und den beruflichen Erfolg eingesetzt haben.
    Privat, außerhalb seines Berufslebens, wird er, so wie jeder Mensch, versucht haben seine Akkus so schnell wie möglich aufzuladen um wieder Energie für den Job zu haben und um erfolgreich sein zu können.
    Irgendwann wird er mal erkannt haben und vermutlich unbewusst erkannt haben (jedenfalls war es bei mir so) das ihm Alkohol diese nötige Energie bringt.
    Zudem hat er ja eine treusorgende Frau, die sich um Haus, Kinder etc kümmert, er also nur im geringen Maße Pflichten und Verantwortung daheim übernehmen muss - und peng, schon ist der Startpunkt zur Sucht gesetzt, lange bevor sie sich körperlich und psychisch nach außen zeigt!
    Als die Droge Alkohol begonnen hat Deinen Vater psychisch fester in den Griff zu nehmen, sprich mehr Alkohol um die gewünschte Wirkung zu erreichen, mehr Zeit um sich vom Rausch zu erholen, griffen dann von Zeit zur Zeit ganz langsam und immer mehr die Mechanismen um die altgewohnte Alltagsbewältigung aufrecht zu erhalten.

    Dein Vater hat sich vermutlich gedacht: Hauptsache im Job erfolgreich sein, ganz gleich wie. Und um im Job erfolgreich sein zu können muss ich ausgeruht sein und um ausgeruht zu sein, muss ich trinken.
    Da darf dann schon mal eine Rechnung vergessen werden oder ich das ganze Wochenende im Bett verbringen etc...

    So rutschte Dein Vater langsam aber stetig immer weiter ab. Er erkannte nicht bzw er erkennt ja bis heute nicht, dass er durch sein Verhalten in erster Linie sich selbst, in zweiter Linie seine Familie zerstört.

    Warum erkennt er das nicht? Mit dieser Frage kommt nun die Psychologie ins Spiel und die o.g. Glaubenssätze und Grundannahmen.

    Da sind die Fragen zum einen, wie denkt er über sich selbst?

    Mögliche Beispiele:

    - ich muss stets beruflich erfolgreich sein. Wenn ich das nicht bin, dann bin ich ein Versager.
    - Niemals darf ich Schwäche zeigen vor nichts und niemanden
    - Ein Mann hat stark zu sein
    - Echte Männer trinken Bier
    ...

    Das sind Grundannahmen und Glaubenssätze die i.d.R. über das (sein) Elternhaus vermittelt werden, dass soziale Umfeld, die Epoche in der er aufgewachsen ist...

    Nur er selbst kann diese erkennen und verändern, aber dazu bedarf er die Hilfe eines Psychotherapeuten (oder wenigstens den Willen im Selbststudium, z.B. Bücher lesen sich damit auseinander zu setzen) und um einen Psychotherapeuten zu bekommen (oder das Selbststudium) dazu muss er erstmal trocken werden.

    Ich weiß mein lieber Heiko, es ist eine traurige Geschichte und ein Teufelskreis. Aber vielleicht eine mögliche Antwort auf Deine Frage, zumindest aber ein Denkanstoß zu welchen Werten und Prioritäten dein Vater erzogen worden ist. Vielleicht findest Du da Antworten.

    Wie schon gesagt, wollen muss Dein Vater schon selber. Er braucht die Selbsteinsicht und die Energie etwas dagegen zu unternehmen.

    Gleichzeitig bin ich hin und her gerissen, was meine Mutter betrifft. Auf der einen Seite ist da eine Menge Wut. Zum einen darüber, dass sie alles verleugnet, das Problem damit noch verschärft und nicht sehen will, welche Probleme aus dem ganzen Thema noch alle erwachsen (z.B. der Konflikt mit mir und meiner Frau) Lieber konstruiert sie völlig abwegige Sachverhalte, lügt und verleumdet unter anderem mich.


    Bei Deiner Mutter das gleiche psychologische Spiel und Fragen:

    Wie wurde sie erzogen, zu welchen Werten und Prioritäten?

    Auch heute noch und bei der Generation Deiner Mutter erst Recht, werden Mädchen zu folgenden Glaubenssätzen erzogen und verinnerlichen dies später als Frauen:

    - Egal was ist, steh zu Deinem Mann
    - Die Nachbarschaft, dass Umfeld etc hat stets und immer nur die Familie von der Besten Seite zu sehen zu bekommen
    - Bloß keinen Vorwand für Tratsch liefern
    - Bloß keine Schwächen zeigen
    - Es gibt keine Schwächen in unserer Familie
    - wenn ich versage, versagt die Familie

    das könnte dann zu folgender Grundannahme führen:

    - ich bin ein schlechter Mensch weil ich versagt habe


    Auch hier lieber Heiko, dass sind nur Vermutungen meinerseits. Allerdings spricht vieles für diese Vermutung, weil dieses Bild (leider) großteils immer noch Gang und Gäbe ist.

    Von daher ist Deine Frau ist für Deine Mutter das Beste Alibi was sie in dieser Situation bekommen kann, nämlich zum einen zu den Nachbarn:

    Schaut her, was meine böse Schwiegertochter gemacht hat. Mein Sohn ist fort, darum bin ich Schwach (nicht ich bin schuld an meiner Schwäche sondern jemand anderes) deswegen kann ich mich um nichts mehr kümmern, mein Mann ist traurig darüber, deswegen trinkt der Arme ja (denn das alte Lügengebäude, niemand soll Vaters Alkoholkrankheit mitbekommen, ist durch Deinen Weggang nicht mehr aufrecht zu erhalten und somit muss ein Neues kreiert werden).

    Nicht ich bin an der Situation Schuld ( und somit kann ich auch nicht versagt haben und wenn ich nicht versagt habe, dann kann ich kein schlechter Mensch sein) Deswegen: Meine/unsere Schwiegertochter ist am allem Schuld!

    Das ist das neue und selbstverständlich falsche Lügengebäude Deiner Eltern!

    So möchte ich Dir als Laie psychologische Mechanismen erklären.

    Das eigentlich schlimme daran für Dich ist lieber Heiko:

    Du und Deine Frau, ihr werdet fassungslos und untätig dabei zu sehen müssen, wie Deine Eltern auch in diesem Lügengebäude leben.

    So zumindest ist die traurige und sachliche Realität!

    Gibt es in Euren Wohnort oder in der näheren Umgebung eine analoge SHG, wie Guttempler (war jahrelang die meinige), Blaues Kreuz, Freundeskreis, Caritas...?

    Wendet Euch auch an die um mit realen Menschen sprechen zu können.

    Wie denkst Du über meine Thesen lieber Heiko, wie wirkt es auf Dich?

  • Vielen Dank für deine ausführliche Antwort.
    Vieles davon trifft den Nagel auf den Kopf.
    Die Rolle meiner Mutter ist nicht ganz einfach. Sie hat auch immer mitgearbeitet und ist beruflich auch recht weit gekommen. Insofern hätte sie sich sicherlich auch Unterstützung von meinem Vater gewünscht. Diese Lücke habe ich dann aber sehr früh geschlossen und war für sie da und habe mich dort verantwortlich gefühlt, wo mein Vater fehlte.

    Inzwischen sind beide Eltern im Ruhestand. Trotzdem wirken sie immer gestresst und haben "unglaublich viel zu tun". Wenn wir mal telefonieren, ist meine Mutter immer kurz ab, weil sie noch dieses und jenes zu erledigen hat.

    Ihre Ansichten sind teilweise wenig flexibel. Sie ist in einem Haushalt aufgewachsen, in dem ebenfalls viel Fassade herrschte. Meine Oma war sehr religiös und in der Kirche sehr aktiv. Mein Opa war eher ein Lebemann, der viele Affären hatte. Das wurde natürlich nach außen hin komplett versteckt und durfte nicht an Andere vordringen. Ich glaube, meine Mutter hat sehr früh gelernt, Fassaden zu bauen. Sie stammt auch aus eher einfachen Verhältnissen (Oma Hausfrau, Opa Bergmann). Sie selbst hat studiert und ist beruflich auch voran gekommen. Ihre Ansätze sind aber sehr engstirnig. Im Prinzip fängt für sie der Mensch erst beim Abitur an und sie steckt Menschen gerne in Schubladen. Ihr ist es absolut wichtig, sich mit Akademikern zu umgeben. Dies hat auch teilweise zu Spannungen geführt, weil ich einen recht bunten Freundeskreis habe (vom KFZ-Meister, Landwirt, Polizisten bis hin zum Professor ist alles dabei). Ich denke, nach Außen spielt sie sehr verkrampft die perfekte Familie (alle haben es weit gebracht, bewegen sich in hohen Kreisen, sind erfolgreich und es gibt keine Makel).

    Dieses Bild ist wohl ins Wanken geraten oder ist zumindest bedroht, seit ich nicht mehr Säule dieses Bildes bin, wobei ich nicht verstehe, warum diese Sicht so extrem ist: Meine Frau und ich wohnen im nächsten Ort (15 KM entfernt). Ich habe geregelte Arbeitszeiten und bin generell der letzte, den man um einen Gefallen zweimal bitten muss. Im Fall der Fälle wäre ich also sicher nach Feierabend auch mal da, um zu helfen, aber eben nicht jeden Tag.

    Ich habe auch schon oft versucht, sowohl meinen Vater, als auch meine Mutter dazu zu bewegen, Hilfe anzunehmen, wurde dafür aber eher attackiert ("Willst du behaupten, wir gehören in die Irrenanstalt? Dein Vater hat doch kein Alkoholproblem! Wie kannst du nur soetwas behaupten?"). Alles, was an Fakten dafür spricht (versteckte Vorräte, abendliche Fahne, glasiger Blick, unsicherer Gang) zählt dann nichts mehr.

    Ich komme hier nicht richtig ran. Weiter oben schrieb ein Teilnehmer, dass das Umfeld ohnehin längst Bescheid wüsste. Da bin ich mir gar nicht so sicher, da er im Beruf immer funktioniert hat, bei Besuchen immer demonstrativ nichts getrunken hat, nach außen hin alles so perfekt scheint und er eigentlich auch ein netter, ruhiger und angenehmer Zeitgenosse ist.

    Ich habe auch oft versucht, ihm dabei zu helfen, so etwas wie Antrieb zu verspüren. Aber versuche von gemeinsamen Unternehmungen, gemeinsamen sportlichen Aktivitäten, gemeinsamer Gartenarbeit etc sind immer gescheitert. Manchmal frage ich mich, ob er einfach von allen in Ruhe gelassen werden will und sich für nichts und niemanden interessiert. Gleichzeitig glaube ich, dass er an dem quasi Kontaktabbruch zu mir und meiner Frau sehr leidet. Aber er tut auch eben absolut gar nichts, um das Ruder in eine andere Richtung zu reißen.

  • Hallo Heiko

    Ich habe deine Beiträge durchgelesen, die der lieben Nutzer nicht, deshalb verzeih, wenn ich etwas schreibe, was dir schon geschrieben/geraten wurde.

    Von mir kommen klare Worte:

    Löse dich von deinen Eltern bevor deine Partnerschaft daran kaputt geht !!
    Du hast Alles getan, mehr geht nicht. Deine Eltern wollen so weiter machen wie bisher. Du willst ein anderes , dein eigenes Leben führen, hast den Wunsch nach Kindern.

    Mach es dir nicht kaputt, Bitte :/

    Drücke dir die Daumen
    Emilie

  • Liebe Emilie,

    danke für deine Antwort. Letztlich habe ich mich schon weit von meiner Familie entfernt und denke auch, dass es für mich und meine Partnerin das Beste ist. Trotzdem plagt mich das Gefühl, noch nicht genug getan zu haben. Zum einen aus der Erfahrung, die ich jahrelang gelebt habe, dass ich für so viele Dinge die Verantwortung trage, zum anderen aber auch, weil mir folgendes nicht in den Kopf will: Ich bin ein absolut friedlicher, diplomatischer und umgänglicher Mensch. Ich habe bisher immer einen Weg gefunden, mich wirklich mit jedem irgendwie zu arrangieren. Egal ob es in der Nachbarschaft, auf der Arbeit etc war. Nur in der eigenen Familie scheitere ich damit. Also dort, wo es eigentlich am Wichtigsten wäre.

    Trotzdem will ich mir die ständigen Vorwürfe langsam nicht mehr gefallen lassen. Sobald ich Stellung hierzu beziehe, eskaliert es jedes mal nur noch mehr.

  • Ist gern geschehen Heiko.

    Ich habe zum Großteil meiner family keinen Kontakt mehr. Dachte lange, es läge an mir...viel zu lange..Tut es nicht, es passt einfach nicht, Punkt.
    Wir werden bei der Geburt nicht gefragt, müssen damit klar kommen.
    Irgendwann gehen die Wege auseinander, wir haben unsere eigene Familie. Die suchen wir uns aus.....

    Freundschaften ebenso :)

    Grüße von Emilie

  • Dann habe ich ja sehr gut vermutet Heiko.

    Durch Deine Antworten ist auch schon ein viel klareres Bild der Situation entstanden.

    Es ist sozusagen ein Problem im Doppelpack:

    Zum einen Dein Vater der trinkt...

    ...zum anderen Deine Mutter die die nicht nur die Augen vor der Realität verschließt, sondern auch aggressiv alles tut um diese nicht zu öffnen...


    So komisch es klingen mag, meiner Meinung nach ist nach aktueller Lage weniger Dein Vater das Problem, als vielmehr Deine Mutter.

    Denn das was Du bislang über Deinen Vater schreibst, liest sich für mich so, dass er der introvertierte Typ ist - zumindest was die Ehe angeht, während Deine Mutter alles dransetzt um die (scheinheilige) Fassade aufrecht zu erhalten, mit allen Mitteln.

    Mich persönlich würde es demnach auch nicht wundern, wenn Du jetzt schreibst, dass es Deine Mutter ist, die die Hosen in der Ehe an hat...?

    Wie gesagt, ein Problem im Doppelpack. Und sofern Dein Vater weder die Erkenntnis seines Alkoholproblems hat, noch den Dickschädel sich gegenüber Deiner Mutter damit durch zu setzten - no way for you nixweiss0

    Von der Sache her, müsste Deine Mutter auch eine Therapie machen, nicht nur um die Realität anerkennen zu können, alleine auch schon um einen ihrer fatalen vermeintlichen Glaubenssätze zu überdenken: "Akademiker sind perfekte Menschen".

    Nur, auch sie muss das wollen. Genauso wie Dein Vater es wollen muss. Und da Du beide nicht erreichen wirst, bleibt Dir quasi nur eines übrig:

    Bleib wenigstens Du in der Realität. Schütze Dich selbst und Deine Frau, ebenso Eure (zukünftigen) Kinder!

    Sich schützen muss jetzt nicht gleich zwangläufig Kontaktabbruch bedeuten oder die Kinder vorenthalten...

    ...schützen kann bedeuten: "Ich spiele Euer Spiel nicht mit. Ich unterstütze Eure Scheinwelt nicht, ich unterstütze Eure falsche Fassade nicht! Ich teile Eure Ansichten über das Leben nicht!"


    Trotzdem plagt mich das Gefühl, noch nicht genug getan zu haben.

    Du hast genug getan für Deine Eltern Heiko! Sie sind erwachsen und nach wie vor für Ihr Leben selbst verantwortlich, Du bist nicht ihrer Vormund und hast auch keine Bringschuld nur weil Du der Sohn bist!

    Du hast Dein Bestes gegen, beißt aber bei beiden auf Granit - nun trete einen Schritt zurück und schütze Dich...

  • Proky, du hast absolut Recht. Er ist eher ein introvertierter und stiller Mensch, während meine Mutter generell eher dominant ist und auch in der Ehe die Hosen an hat. Generell muss vieles ihren Vorstellungen entsprechen und diese Vorstellungen drängt sie auch anderen auf.

    Mein Vater verhält sich mir gegenüber auch nicht aggressiv oder sucht Konfrontation. Für mich ist es eher schlimm zu sehen, wie sehr er sich schadet und dabei zuzusehen, wie ein geliebter Mensch immer stärker abbaut und immer gleichgültiger wird. Das war nicht immer so und ich denke gerne an die Zeiten als Kind zurück, wenn er aktiv für mich da war. Auch hatte er nie ein Problem mit meiner Frau. Ganz im Gegenteil. Beide haben sich gut verstanden, jedenfalls so lange, bis meine Mutter beschlossen hat, dass meine Frau das Problem ist.

    Meine Mutter ist eher diejenige, die auf Konfrontation aus ist und mir laufend Vorwürfe macht. Ich kann es ihr absolut nicht mehr Recht machen. Jedes noch so harmlos beginnende Gespräch geht nach kurzer Zeit in eine Richtung, wo sie kleine Nadelstiche setzt und Giftpfeile abschießt. Meist durch Zweideutigkeiten, Anspielungen oder passive Aggression. Dann kippt das Ganze meist recht schnell und am Ende bin ich wieder der böse.

    Vielen Dank für deine Worte, denn ich habe langsam wirklich die Überzeugung, mich nicht schuldig fühlen zu müssen. Dieses Gefühl hat mich immer sehr verfolgt. Ich war zum Beispiel auch viel für meine Oma da, als sie altersbedingt kaum noch aus dem Haus kam. Weil mein Vater sich nicht kümmern wollte, bin ich mit der Mofa für sie einkaufen gefahren etc. Nun sehe ich, dass meine eigenen Eltern irgendwann alt und auf Hilfe angewiesen sind. Prinzipiell wäre ich auch für sie da, aber die Umstände machen es fast unmöglich.

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