Tja, was will ich? vielleicht einfach nur einen Ort, wo ich alles mal aufschreiben kann und gehört werde - und wenn jemand noch einen Tipp hat freue ich mich sehr.
Mein Vater war oder ist Alkoholiker, seit ich ein kleines Kind bin. Mit spätestens 6 kann ich mich an konkrete Situationen erinnern. Evtl. hat er jetzt vor 1-2 Jahren aufgehört zu trinken, ich weiß es nicht sicher. Ich habe den Kontakt zu ihm vor 5 Jahren abgebrochen, ich bin fast 30.
Wir Kinder waren immer zu laut, er hat uns nicht ertragen. Schon wie ich klein war hat das dazu geführt, dass er nicht mehr mit uns zusammen gegessen hat. Und wir wenn er da war, nur schweigend essen durften, weil sonst würde er ja wütend werden, sein Essen wegwerfen und gehen. Bald hat er nicht mehr mit uns gegessen und war auch nur in seinem Büro. Später hat er ebenfalls in seinem Büro auf seinem Bürostuhl geschlafen. Er ist erst vor 2-3 Jahren bei meiner Mutter ausgezogen. Ich hatte Angst. Immer wenn ich zu ihm gehen musste, weil ich z.B. ihm was sagen musste oder ihn um etwas bitte, war das sehr schwierig für mich. Man wurde immer sehr unfreundlich und ablehnend empfangen. Später als ich schon ausgezogen war (mit 19) hat er sich dann zwar immer riesig gefreut, wie er gemerkt hat, dass ich es bin - aber die Reaktion auf mein Klopfen war die gleiche: Du störst!
Angst hatte ich auch, weil er Schusswaffen hatte. (Schützenverein, damals nicht aktiv, jetzt wieder) Die Tresore waren im gleichen Raum wie die Getränke und so lag ich abends mit Angst im Bett, wenn ich ihn hörte, dass er dort hinein ging. Ich hatte Angst, er kommt hoch und tut uns etwas an. Manchmal habe ich überlegt, mich unter dem Bett oder im Schrank zu verstecken. Ich konnte erst schlafen, wenn ich ihn drüben schnarchen hörte.
Meine Mutter hat alles getan, um es ihm recht zu machen - und er hat alles so hingedreht, dass sie es absichtlich so macht, um ihn zu ärgern.
Als ich 15 war, hat mein Vater immer davon geredet sich umzubringen oder später dann davon, auszuziehen. Leider hat er es nie gemacht. Ein Silvester waren wir in Totenstimmung bei meinen Tanten/Onkel, es war unausgesprochen klar, dass es zu gefährlich ist, zuhause zu bleiben. Mein großer Bruder ist nicht mit. Ich hatte Angst, dass wenn ich heimkomme, entweder mein Bruder, meine Katze oder mein Vater tot sind - oder alle. Alle haben gelebt. Die Angst, dass er sich oder jemandem aus meiner Familie etwas tut, ist für Jahre geblieben, auch, als ich schon ausgezogen war.
Körperlich war der einzige Vorfall der jemals passiert an Weihnachten. Mein Vater war betrunken und hatte ein großes Küchenmesser in der Hand. Er wollte so tun, als ob er es wirft und hat es blitzschnell hervorschnellen lassen - und es ist ihm aus der Hand gerutscht. Über meinen Kopf geflogen so knapp, dass ich es an den Haaren gespürt habe. Ich hatte unglaubliches Glück, das wäre seeehr schief gegangen. >:( :-\ schwitz. Man hat gemerkt, dass ihn das auch schwer getroffen hat, er ist vor der Tür auf und abgelaufen. Ich bin draußen rumgelaufen im Schnee, bis ich meine Beine vor Kälte nicht mehr gespürt habe. Es wurde nicht darüber geredet. Er hat sich nicht entschuldigt.
Wenn ich das alles Schreibe, wird mir erst richtig bewusst, was mir da eigentlich passiert ist. Wie schlimm das war. Die Angst, mit der ich leben musste. Wie traurig das ist. Und ich merke auch, dass ich noch nicht bereit bin, es richtig zu fühlen. Vielleicht muss ich es noch öfter schreiben oder erzählen.
Ich ziehe bald um und in dem Ort gibt es eine Gruppe für erwachsene Kinder von Alkoholikern. Da möchte ich hingehen.
Meine Brüder wohnen beide noch daheim (beide älter als 27) bei meiner Mutter und es ist immer noch furchtbar dysfunktional. Es ist wie im Theater. Immerhin ist mein Vater nicht mehr da, aber für mich ist es immer noch schrecklich nach Hause zu fahren und ein paar Tage dazusein. Ich mache das nur, wenn es sich nicht vermeiden lässt oder ich mich verpflichtet fühle, z.B. Weihnachten. Öfter als 2mal pro Jahr jedenfalls nicht.
Warum das jetzt alles hochkommt ist wohl zum einen, weil ich erst zuhause war, 6 Tage :o und weil ich gerade wieder sehr merke, wie es mich im Alltag beeinflusst, auch wenn ich mittlerweile schon echt vieles überwunden habe.
Ich war 4 Jahre mit einem depressiven zusammen, was ganz gut ging in den 3 Jahren Fernbeziehung. Als wir dann zusammengezogen sind, war es erst eine wunderschöne Erleichterung und dann hat es mich alle Kräfte gekostet, sodass ich nach einem weiteren Jahr gegangen bin, weil ich sonst zerbrochen wäre, körperlich und seelisch. Auch wenn er es damals immer versprochen hat, er hat es leider bis heute nicht geschafft sich Hilfe zu holen. Er ist ein super lieber und toller Mensch und es tut mir sehr leid für ihn und es war sehr schwer für mich ihn "im Stich" zu lassen - und ich habe diese Entscheidung keine Sekunde bereut. Jetzt ein Jahr später sind wir ganz gut befreundet und soweit abgegrenzt, auch wenn das für mich immer noch eine schwere Übung ist, nicht seine Probleme lösen zu wollen oder ihn zu stützen. Das wird aber immer einfacher
Aktuell ist für mich vieles wieder aufgetaucht mit einem Freund, der mich regelrecht süchtig macht. Ich werde gefühlt wie high, glücklich, wenn er sich meldet. Soweit so gut, wenn er nicht die großartige Angewohnheit hätte, 2 von 3 Treffen abzusagen, monatelang zu verschwinden und mittlerweile nach jedem Treffen ne harte Mauer zu errichten die wohl aus "komm mir nicht zu Nahe", "erwarte nicht zu viel von mir" etc. bestehen. Er ist super nah und offen und für mich da - wenn er da ist - und danach kommt die Mauer, und wenn er weg ist, ist er richtig weg. Seine Familie hatte mich am Anfang vor seinem Verschwinden gewarnt, auch seine besten Freunde meckern ihn dafür an und er kennt das Problem.
Anfang des Jahres habe ich den Kontakt abgebrochen, nachdem er sich gemeldet hatte nach einem halben Jahr verschwunden. (er wohnt nicht hier, also vorbeigehen ist eh nicht) Ich war einfach nur wütend, als ich den Anruf sah. Er hat Verständnis dafür, sah sich aber nicht in der Lage was zu ändern.
Ich dachte nicht, dass ich mich jemals wieder bei ihm melden könnte, schon allein, weil ich viel zu viel Angst hätte, abgelehnt zu werden von jemand den ich so zur Sau gemacht hatte. Ich tue mir eh schwer mit melden, was sicher an dem "freundlichen Empfang" meines Vaters liegt. Nur offensichtlich hatte ich dann mein Problem vor Ablehnung so gut bearbeitet, dass ich plötzlich keine Angst mehr hatte mich bei ihm zu melden und auch so viel Verständnis für ihn, dass ich angerufen habe. Er hat sich gefreut, war sogar gerade hier, hatte auch überlegt anzurufen und das ganze begann von vorne. Ich absolut high. In seiner Gegenwart dann aber unglaublich angespannt und ich habe in der Nacht neben ihm hellwach gelegen. Wo ich normalerweise sehr gut und schnell schlafe und auch nicht dass erste Mal in seiner Nähe geschlafen habe. Er hatte mich noch zu ein paar Festen von ihm eingeladen - das macht er gern und dann bekommt er offensichtlich immer Angst und die nächste Mauer kommt. So auch diesmal. Ich bekam auf Nachfrage die Einladung mit allen Infos und wie sehr er sich doch freuen würde wenn ich komme - und gleichzeitig ein "machs nicht wegen mir, ich bin da eh zu beschäftigt". Zack, Mauer. Komm mir nicht zu nah, erwarte nichts von mir.
Ich war erstmal voll getroffen, dann hatte ich mal Mitgefühl und Verständnis (Probleme mit Nähe kenn ich ja auch) und mittlerweile ist mir auch klar, dass er nur voll meine Beziehung zu meinem Vater aktiviert. Ich habe nicht zurückgeschrieben und die Zeit wandelt so meinen Bezug dazu und ich komme immer mehr zu dem Entschluss, dass es einfach nicht funktionieren wird, nicht gesund für mich ist und ich mich wieder entfernen sollte. Nicht mehr so schwer jetzt beim zweiten Mal. Aber mein Gehirn will es einfach noch nicht so richtig verstehen, denn all diese tollen und positiven Eigenschaften und Momente und die tiefe Verbindung - wenn sie denn mal da ist :-X ::)
Ich habe das Gefühl, die Situation einfach nicht vernünftig beurteilen zu können. Das macht es mir super schwer. Aber ist wohl ein Indiz, dass da irgendwas gehörig schief läuft.
Das hat jetzt auf jeden Fall schon mal echt gut getan, das ganze zu reflektieren und aufzuschreiben und so besser zu verstehen!
Der Beitrag ist sehr lang...Respekt falls es jemand ganz liest ;D