Beiträge von Biene67

    Hallo Rina,

    mir ist beim Lesen Eurer noch etwas eingefallen:
    Ich habe damals verlernt, meiner Wahrnehmung zu trauen
    - es ist gar nicht so schlimm, dass Papa sich nicht um mich kümmert
    - er ist gar nicht soooo betrunken, am Bahnhof liegen die echten Trinker
    - was ich mir gerade wünsche, ist nicht so wichtig
    - OK, die Stimmung zuhause ist nicht so gut, aber aushaltbar
    - ich bin nicht so wichtig
    - wenn ich alles gut mache, dann wird es besser
    - ich bin eben zu anspruchsvoll
    - ich störe, wenn ich etwas erwarte

    Also bestärke Deine Kinder darin, ihrer Wahrnehmung zu trauen. Wenn sie merken, dass Du wütend oder traurig bist, dann bestätige sie in ihrer Wahrnehmung.

    Hallo Rina,

    ich bin eine EKA, bei mir trank mein Vater. Wahrgenommen habe ich das ab meinem 15. Lebensjahr.
    Nachhaltig geprägt hat mich, dass ich mich auf die Stimmung meines Vaters nie verlassen konnte. Mal war er interessiert, mal gleichgültig, mal da, mal nicht ( er war ein "leiser" Alkoholiker, also ohne Wutausbrüche oder Gewalt).

    Noch heute habe ich ständig alle Antennen ausgefahren, wie jemand gerade tickt und ob ich das irgendwie positiv durch "Wohlverhalten" beeinflussen kann. Selbst, wenn jemand unberechtigt mieslaunig oder gar gemein ist, versuche ich nett und geduldig zu sein. Also Anpassung zu üben, um die miese Laune zu kompensieren oder eben ganz vorsichtig jede potentiell mögliche Reizung zu vermeiden.
    Ein bisschen, als habe man einen Hund neben sich, von dem man nicht weiß, ob er nun gestreichelt werden will oder dann zuschnappt. Das verunsichert enorm.

    Wenn Du Mutter so junger Kinder bist, empfehle ich Dir Einschätzbarkeit zu zeigen. So dass die Kinder sich auf Deine Stimmung verlassen können und nicht versuchen, Dich wieder zahm zu bekommen. Dazu musst Du nicht alles erlauben oder tolerieren. Aber GERADLINIGKEIT zeigen. Die Kinder sollen spüren, wie Du tickst - und vor allem, warum.

    Sei einfach nie rätselhaft, damit sie sich nicht angewöhnen, in ihrem Verhalten um Deine Stimmungen herumzukreisen. Dann lieber mal eine Auseinandersetzung, aber die klar und ohne Mutmaßungen durch die Kinder.
    Lass´ sie nicht im Nebel tappen.

    Liebe Ratlos,

    als ich die Frage las, wie Du ihm eine gute Ehefrau sein kannst, war ich ehrlich verwundert.
    Und das sogar unabhängig, ob er Alkoholiker ist oder "nur" einen kritischen Umgang damit hat.
    Ich musste ein wenig an ein 60-er Jahre Klischee denken.
    Der Mann ist das Familienoberhaupt und die Frau ist "adrett", freundlich, fürsorglich, hübsch zurechtgemacht und sorgt für das traute Heim. Sie hat immer gute Laune und lächelt seine kleinen Unfreundlichkeiten weg. Sie ist sein Sonnenschein und hält ihn bei Laune
    Das war so mein Bild.
    Du fragst, wie Du eine gute Frau sein kannst.
    Ist er denn Dir ein guter Mann?

    Er raunzt nur noch am Morgen. Ist das schon "nett"?
    Nur ein Detail, doch es klingt alles danach, als gestaltest Du allein ein halbwegs normales Familienleben, immer angepasst an seine jeweilige Befindlichkeit.

    Ist denn Dir das nicht zu wenig?
    Schau doch "einfach" mal auf Dich, auf Deine Bedürfnisse und auf das, was Du brauchst.
    Und sage das auch ihm.

    Gruß aus dem Norden

    Liebe Pyrophoric,

    ich glaube, Susanne will Dir nur vor Augen führen, dass die Beziehung eben nicht "wundervoll" war. Weil eben doch Entscheidendes nicht gut war. Das ist nicht gegen Dich, sondern soll nur den Blick erweitern.
    Wir Partner neigen ja sehr dazu, das weniger Schöne auszublenden. Krass ausgedrückt: Es ist nicht schön, doch es könnte schön sein, wenn ...."
    Es geht darum, eben alles zu sehen, nicht nur das selektiv Gewünschte.

    Mein früherer Partner war der sensibelste Mann, den ich je kennengelernt habe. Das ist das unglaublich Besondere an ihm. Doch ich muss eben auch annehmen und wahrnehmen, dass da auch eine andere Seite ist, die eben nicht wundervoll ist. Oder einfach für mich nicht, vielleicht passt diese andere Seite ja zu einer anderen Partnerin oder sie kann damit besser umgehen, sich abgrenzen etc.

    Ich bin jedenfalls sehr lange mit diesem Wunschdenken beschäftigt gewesen und habe das andere, unpassende ausgeblendet. Dadurch war eben auch ich irgendwie nicht authentisch und folglich "unpassend".

    Hallo Pyrophoric,

    das mit dem Stress ist aus meiner Sicht eine Ausrede zum Trinken. Wenn es danach ginge, dann wären die meisten Arbeitnehmer, fast sämtliche Eltern, jeder Berufspendler und selbst Frau Merkel Alkoholiker.

    Mein Partner hatte definitiv keinen beruflichen Stress, eher Langeweile. Er MACHTE Stress im Sinne von Streit anzetteln. Das Beispiel mit dem Geschirrspüler habe ich genau so erlebt, ebenso das Glas Wasser. Banalitäten eben, doch man bewegt sich immer vorsichtiger.

    Ich las mal irgendwo, der Kranke will damit von sich ablenken, indem er Fehler beim Gegenüber sucht.
    Gleichzeitig wertet er sich gegenüber dem "Tollpatsch" oder vermeintlichen Egoisten auf.
    Das maßregeln (so habe ich es empfunden) hielt mich jedenfalls klein. Fast wurde ich erzogen.
    Wenn ich heute darüber nachdenke, dann wäre selbst ein unsorgfältig eingeräumter Geschirrspüler ein geringeres Übel als stockbetrunken in´s Schlafzimmer zu fallen oder ungeniert zu rülpsen.

    Ebenso wie Du bin ich mit solchen Dingen toleranter oder entspannter umgegangen und habe nie gemaßregelt.
    Böse ausgedrückt: Man war viel duldsamer - wahrscheinlich, um keinen Streit zu provozieren.

    Die Angehörigengruppe möchte ich Dir in der akuten Situation unbedingt an´s Herz legen. Der Austausch mit Leuten, die genau das Gleiche erlebt haben, ist "offline" einfach noch effektiver. Und vielleicht nimmt es Dir auch ein bisschen von dem "Schuldgefühl". Man denkt irgendwo ganz hinten ja doch immer, man sei nicht gut genug oder nicht geduldig genug gewesen.

    LG Biene

    Liebe Pyrophoric,
    ich lese Deine Beiträge und kann aus eigenem Erleben alles beschriebene regelrecht nachfühlen.
    Den weinenden betrunkenen Mann im Schlafzimmer, der Urlaub mit dem Trinken am Abend, vor allem dies:


    ... den Mensch, den sie davon übrig gelassen hat (stets gereizt, gestresst, schlecht gelaunt, zickig, impulsiv) nicht mehr der, den ich kannte.


    Es sind - das ist so unglaublich klar - eben ZWEI Seiten eines Menschen, mit denen man lebt. Der empfindsame, den man liebt. Und das "Monster" (Sucht), das alles überdeckt.
    Ich glaube, Du hast es ihm deutlich gemacht, dass Du nur das eine ablehnst. Aus Selbstschutz.
    Ich selbst habe über Jahre versucht, das Gereizte, Launische, Zickige auszuhalten in der Hoffnung auf das Empfindsame dahinter. Ich glaube, das ist auch eine Sucht, dieses Warten auf die guten Momente, während man die unguten aushält. Vor allem nimmt man sich arg zurück, um diese Launen zu beschwichtigen.

    Ich musste bei dem Beispiel mit den Schampooflaschen fast lachen: Genau die wurden mir dann auch vorgeworfen als "Fehler". Und ich habe irgendwann versucht, all solche "Fehler" zu vermeiden - in der irrigen Annahme, er bekäme dann keine schlechte Laune.
    Erst jetzt, eine lange Zeit nach der Trennung, habe ich begriffen, dass wir als Angehörige quasi eine Doppelrolle haben:
    Da sein, damit der Kranke nicht allein ist und gleichzeitig "stören" wir, weil wir den Freiraum des Trinkens einschränken oder kritisieren.
    Mein Partner sagte irgendwann, ihm fehle meine ursprüngliche Leichtigkeit.
    Ja, denn ich war permanent auf der Hut, schaute, wie er gerade drauf war, bewegte mich vorsichtig, um keinen Unmut hervorzurufen.

    Liebe Fragestellerin, es ist richtig, dass Du da herausgehst und Dir Deinen Freiraum schaffst für eine Leben ohne diese Ungewissheit und ohne diese Anpassung an das "Monster", das da auf den Schultern Deines Partners sitzt.
    Und dieses Monster vergiftet eben nicht nur ihn, sondern auch Dich.

    LG Biene

    Danke, Susanne, für Deine Ausführungen.

    Ich meinte, ob man im engen Kontakt mit dem Alkoholiker (wenn man sich denn nicht distanziert/trennt) mehr oder weniger automatisch diese Strategien anwendet, so als logische Folge.

    Aus der kopfgesteuerten Distanz ist das natürlich anders, da würde man Grenzen setzen.
    Doch im System, wenn man emotional involviert ist, dann RE-agiert man doch oft mit vermeidenden Schutzstrategien. Die entwickeln sich doch peu-á-peu im Laufe der Zeit.
    Darauf zielte meine Frage.

    Rein "vernünftig" stiege man doch aus Selbstschutz früh aus, weil die eigenen Grenzen zu oft überschritten werden.

    Liebe Forumsteilnehmer,

    eine Frage beschäftigt mich als Ex-Angehörige noch immer:
    Ist die Co-Abhängigkeit eine logische Folge, wenn man mit Alkoholismus in der Partnerschaft oder Familie zu tun hat?
    Man wird duldsam, übersieht die eigenen Bedürfnisse, setzt keine Grenzen, ist "lieb", vermeidet Streit, kompensiert, schluckt Ärger herunter, überwindet Ekel, übernimmt Verantwortung.
    Wird man dorthin "erzogen" oder wenigstens beeinflusst
    weil
    - man eine halbwegs heile Welt erhalten will
    - um Stimmungsschwankungen und Launen auszugleichen
    - um Reizbarkeit möglichst zu vermeiden
    - für die eigene Illusion, dass doch eigentlich alles "ganz nett" ist
    - um nicht schuld zu sein, dass die Stimmung kippt
    - zur Kompensation der Anspannung
    - um wenigstens ab und zu ein paar Krümel positive Aufmerksamkeit zu bekommen

    Coabhängigkeit also als Überkompensation des schwierigen Miteinanders?

    Oder gibt es auch Partner, die nicht coabhängig sind und diesem Mechanismus widerstehen?

    Habt Ihr da Erfahrungen?

    Viele Grüße
    Biene

    Liebes Glühwürmchen,

    ich finde, Du bist viel zu sehr bei I H M.
    Was macht er, wohin geht er, was schreibt er, er möchte, "er tankt Leben" ....

    Was willst DU?
    Willst Du verfügbar sein, dass er bei Dir "tankt", dass er Phantasien an (nicht mit) Dir auslebt?

    Es ist schon fast egal, ob er Alkoholiker ist oder nicht - derzeit bist Du es, die jeden Tropfen Information durchdenkst, deutest, interpretierst.

    Nur ein Anstoß, wie es bei mir ankommt

    Ich kann aus eigenem Erleben nur beisteuern, dass ich diese Ungläubigkeit, meiner
    Wahrnehmung ("etwas reicht mir nicht", "ich komme hier zu kurz", "etwas tut weh")
    gegenüber, durchaus kenne.

    Vorzugsweise kurz vor der Trennung (durch mich). Ich habe dann Runde (Treffen) um
    Runde (Treffen) gebraucht, immer wieder ins Gesicht meines Partners geguckt, konnte
    das nicht mit seiner emotionalen Distanz und meinem Schmerz "zusammen bringen".


    So habe ich das auch wahrgenommen, die Abwesenheit, die emotionale Distanz.
    Ich war jedoch überzeugt, an dieser Distanz schuld zu sein.
    Weil ich nicht genug lieb, geschmeidig, werbend war, musste er sich ja distanzieren.
    Entsprechende Andeutungen kamen von ihm:
    "Du hast keine Leichtigkeit mehr"
    Das war der entscheidende Vorwurf. Ich war zu ernst, empfindlich, uneasy geworden.
    Da MUSS er sich doch abwenden.

    Meine Bedürfnisse waren übrigens unangemessen und nicht erfüllbar.
    "Da kann ich Dir nicht helfen" (Erstaunlich, er musste MIR helfen und konnte das nicht mehr)
    Also auch da das Problem bei mir.


    Ich "sah" immer noch das Gesicht, dem ich so gern vertrauen wollte. Und dahin passte
    das andere, seine Abwesenheit, Lieblosigkeit, die anstrengenden Rückzüge, einfach nicht.
    Die wollte ich nicht haben. Das Fachwort dafür heißt "Leugnen".

    Eine Weile lang bin ich immer wieder gegen meine Wahrnehmung angetreten, weil ich den
    Traum nicht aufgeben wollte.


    Bei mir war es das anspruchslose Warten, dass da wieder mehr kommt an Zuwendung.
    Die winzigen Krümel habe ich als Zeichen der Hoffnung gedeutet.

    Und oft habe ich mich einfach geekelt ....

    Glühwürmchen, mache nicht den Fehler, Dich als das Problem zu sehen.

    Hallo Wolfsfrau,

    Du triffst ganz genau die Worte, die mich beschäftigen, drückst es sehr klar aus. Danke dafür.

    Ganz besonders folgende Punkte:

    - Wie verhalte ich mich richtig, damit der andere sich nicht zurückzieht (das Beispiel mit Deiner Mutter). Unglaublich vorsichtig austarieren. Dabei spielen die eigenen Bedürfnisse keine Rolle mehr, man passt nur auf, dem Gegenüber gerecht zu werden.

    - Man wird als anstrengend wahrgenommen, weil man wegen des wahrgenommenen Mangels nicht locker und entspannt ist

    - Das Stichwort: Man ist ZUVIEL. Das meinte ich mit dem Begriff "stören". Ja, da wird man zurechtgeschrumpft (schönes Bild übrigens).

    Ganz bleiben wäre schön. Bin ich aber nicht. Ich fühle mich ja mangelhaft ( als Grund für Spannungen, weil ich zuviel bin/störe, weil ich "geschrumpft" bin.

    Natürlich, so rein pragmatisch, könnte ich mich schlicht distanzieren von Bewertungen.
    Nur fühlt es sich eben anders an.
    Ich sehe meinen Anteil an solchen Spannungen als den Größeren.

    Ich kann das nicht so schön prägnant ausdrücken wie Du ...

    Biene

    Liebe Forumsmitglieder,

    eine ganze Zeitlang habe ich hier nur mitgelesen, habe mich viel - auch mit meiner - Problematik beschäftigt. Wenn mich nicht gerade die Hitze ausgebremst hat, war ich sehr viel Laufen nach Feierabend. Fast immer mit einem Hörbuch. Manchmal fand ich mich sehr wieder in den Themen, besonders bei Stefanie Stahl und dem Themenbereich des inneren Kindes.

    Ich kann nun mein eingangs erwähntes "Schuldgefühl" konkreter benennen, es beschäftigt mich noch immer:

    Ich fühle mich schuldig, nicht heiter und fröhlich gewesen zu sein.

    Ein Teil von mir sucht immer nach Geborgenheit, Dazugehörigkeit, Erfüllung einiger Bedürfnisse.
    Ich war enttäuscht, dass ich so wenig bekam in der letzten Beziehung, gab immer mehr, versuchte, dem Partner Freude zu machen. Da dies nicht gelang, wurde ich zaghafter, setzte keine Grenzen, resignierte.
    Genau das wurde mir dann vorgeworfen:
    Ich sei nicht mehr leicht und unbeschwert.

    Das hängt mir nun immer noch nach, also wieder das Schuldgefühl, nicht locker und entspannt zu sein.
    Und deshalb werde ich "folgerichtig" als störend empfunden.
    Ich vertraue dabei meiner Wahrnehmung nicht, ob ich zu Recht frustriert und deshalb "uneasy" bin oder ob ich zu empfindlich bin und seltsame Verhaltensweisen einfach zu persönlich nehme. Nach dem Motto: "Kein Wunder, dass das Gegenüber sich so verhält"-

    Komisch, im Berufsleben ticke ich da ganz anders. Gelte als Macherin, die (so die Rückmeldungen) eine gute Balance findet zwischen Geben und Nehmen, zwischen Grenzen ziehen und Miteinander.

    Wie geht es anderen Angehörigen, wurdet Ihr auch "unentspannter" durch die Stimmungsschwankungen der Abhängigen? Durch das vorsichtige Austarieren, durch die Unsicherheit, wie man auf Euch oder gar eure Bedürfnisse reagiert? Durch das Komm-her-geh-weg?

    LG Biene

    Wunderbar auf den Punkt gebracht.
    Und da liegt vielleicht die Aufgabe:
    Seine eigenen Enttäuschung NICHT mehr durch Aktionismus kompensieren.
    Nicht mehr "mehr machen", um irgendein Defizit aufzufüllen.
    Puh, was habe ich mich angestrengt, um das (mir) Fehlende auszugleichen.

    Ent-Täuschung ist übrigens ein sehr treffender Begriff.
    Und durch den Aktionismus, das Tun, das Vedrängen
    weicht man der Enttäuschung irgendwie aus.
    Im Sinne von: Wenn ICH mich genug anstrenge, dann wird alles gut.

    Danke für Eure Begrüßung hier.

    Eine Frage beschäftigt mich immerzu:
    Ist es normal, dass ich mich "schuldig" fühle, zu stören?
    Ist es typisch für CO´s, dass sie den Blick auf die Realität verlieren
    und sich/ihrer eigenen Wahrnehmung nicht glauben?
    (z.B.: Die ständigen Stimmungswechsel meines Partners habe ich als Ergebnis meines Fehlverhaltes gedeutet.)

    Kennt jemand das?

    Liebe Mitschreiber und Leser,
    ich lese hier schon eine ganze Weile still mit und stelle mich hier nun vor:
    Bin Norddeutsche, 51 Jahre alt und erkenne allmählich meine Muster - die mir immer wieder zu schaffen machen.
    Mein Vater war Alkoholiker - ein lieber, eher stiller, zurückhaltender Mensch.
    Ich habe weder körperliche Gewalt noch verbale Aggression erlebt.
    Nur eins hat mich geprägt: Ich bin nicht wichtig, am Besten, ich störe nicht und funktioniere lautlos.
    Ich bin (ebenso wie mein älterer Bruder) irgendwie so nebenbei mitgelaufen im Familienalltag. Als Kind macht ich keine Probleme, war gute Schülerin und konnte viel leisten. Wirklich bemerkt wurde es nie.

    Ich hatte später nie eine Beziehung, die auch auf mich einging. Irgendwie gab ich immer mehr als mein gegenüber. Da war erst ein depressiver junger Mann, der dann aggressiv wurde. Später ein heiterer Luftikus, der Spaß am Leben hatte, allerdings mit meiner Ernsthaftigkeit wohl irgendwann keinen Spaß mehr hatte. Er wechselt noch heute häufig Beziehungen.

    Vor sieben Jahren dann lernte ich meinen Expartner kennen. Sehr sensibel, gebildet, musikalisch. Und Vieltrinker.
    Ohne jetzt Details dieser Beziehung nennen zu wollen - es war die ganz klassische EKA-Prägung, die mich fesselte. Viel investieren und nur gelegentlich "belohnt" werden. Ich war süchtig nach diesen kleinen Zuwendungen. Wurde jedoch subtil dahin erzogen, keine eigenen Bedürfnisse zu haben.
    Ich "störte" oft, meine beruflichen Erfolge waren nicht wichtig genug, meine (vermeintlichen) Erwartungen unangemessen.

    Ich habe keine Grenzen gesetzt. Denn ich wollte die wenige Zuwendung nicht durch zu viel Wollen gefährden.
    Irgendwann war ich überzeugt, dass ich zuviel wollte. Dass meine Bedürfnisse nicht so wichtig sind. Das es in Ordnung ist, mitten in der Nacht angerufen zu werden (besser als gar nicht).
    Ich fand Urlaube normal, in denen man abends vor dem Wohnwagen 8 Bier trinkt.
    Es gibt unzählige Beispiele.
    Irgendwann war ich in allem falsch, vor allem in meiner Wahrnehmung. Auch meine zaghaft vorgetragenen Wünsche waren "falsch", weil ich falsch wünsche und fühle, daran erst einmal arbeiten soll.
    Ich sollte also zunächst Bedingungen erfüllen. Das habe ich allen Ernstes versucht.
    Also funktionierte ich, ohne zu stören oder zu erwarten. Ich war auf Abruf der .... Mülleimer.

    Und fühle mich wider besseren Wissens "schuldig", weil ich so behandelt wurde.
    Es MUSS doch an mir liegen, dass ich so wenig wertgeschätzt wurde.
    Und ich bin noch nach der Trennung in der untergeordneten Position (gefühlt), weil ich nicht wertvoll genug bin, so angenommen und auf Augenhöhe behandelt zu werden, wie ich es mir wünsche.

    Ihr seht - ich bin noch etwas konfus.
    Ich erkenne mich aber sehr gut wieder in den beschriebenen Mustern der EKAs.
    Und ich will heraus aus dieser Sucht nach Resonanz, wo keine kommen wird.

    Biene

    Liebe Zeka,
    noch ein Gedanke:
    Ganz EKA-typisch bemühst Du Dich um etwas, das sich nicht um Dich bemüht.
    In diesem Fall um diesen "Freund".
    Um ganz wenig zu bekommen (über das Du Dich dann unglaublich freust) hältst Du sehr viel Abweisung aus.

    Es ist wie beim Pingpong: Du kannst es nicht allein spielen, der Spielpartner muss zurückspielen, damit es läuft.
    Du versuchst es irgendwie allein.

    Die Aufgabe lautet, das loszulassen, was nicht guttut.

    Liebe Zeka,

    besonders den Beitrag von Wolfsfrau solltest Du Dir genau anschauen.
    Sie beschreibt wunderbar und prägnant das Schlüssel-Schloss-Prinzip, nach dem wir EKAs funktionieren.
    Und jedesmal wieder, wenn wir so einen abweisenden Menschen treffen, läuft unsere alte Prägung auf Hochtouren. Das Distanzierte, kränkende erkennen wir durchaus.
    Doch statt uns gesund davon abzugrenzen, machen wir uns einen Kopf um diese Abweisung. Wenn es arg wird, versuchen wir sogar, diese Abweisung zu überwinden.
    Wolfsfrau nannte den Begriff: Stören. Man kennt das Gefühl, mit den eigenen Bedürfnissen zu stören und glaubt, man sei schuld daran.

    Ein gesunder Mensch würde sich wahrscheinlich von diesem seltsam abweisenden Freund abwenden und sich nicht als störend empfinden. Eher denken "Dann eben nicht". Und sich Menschen zuwenden, denen sie nicht auf Zehenspitzen und bedürfnislos begegnen müssen.

    Ich danke Wolfsfrau für ihren Beitrag.
    So gut kann sie es erklären!