Wie kann ich meinem Alkoholiker Vater helfen, wenn er im Ausland lebt?

  • Hallo

    Ich frage mich seit Jahren was ich tun kann um meinem Vater zu helfen. Ich lebe in Deutschland, mein Vater in Russland. Meine Eltern haben sich getrennt als ich 2 war. Nach Russland zurück gezogen ist mein Vater dann so 2 Jahre später. Demnach fehlte mir schon immer diese Vaterrolle in meinem Leben. Grund für die Trennung war hauptsächlich sein Alkoholkonsum. Mit den Jahren wurde es immer schlimmer. Er ging öfters durch Therapien in Russland und hörte für einige wenige Monate auf zu trinken aber bald wurde er wieder rückfällig. Ich habe das Gefühl dass es immer schlimmer wird und frage mich ob es denn überhaupt noch Hoffnung für ihn gibt. Ich weiß, dass ich ihn dazu nicht wirklich bringen kann aufzuhören, weil er es selbst wollen muss, aber muss ich denn nun wirklich tatenlos zusehen wie er sich dem Tode nähert und sein wertvolles Leben wegschmeißt? Nüchtern ist er so ein toller Mann, so humorvoll und intelligent. Ein guter Mann. Aber einfach krank. Er lebt wie gesagt nicht bei mir... ich weiß nicht ob das gut oder schlecht ist. Ich habe das Gefühlt ich könnte ihm irgendwie besser helfen wenn er in der Nähe wäre, vielleicht ist das aber auch nur ein naiver Gedanke von mir (17) aber so bin ich echt hilflos und weiß nicht was ich tun kann. Er hat mir nie was Schlimmes angetan aber so gesehen auch nicht wirklich irgendwas Gutes (woran ich mich erinnern kann) immer wenn ich ihn besuchen komme, ist es ist als würden wir immer zusammenleben und es fühlt sich so normal und gut an außer natürlich dass er durchgehend trinkt dabei, allerdings nicht gewalttätig oder so wird aber eben betrunken (bzw mit alkohol normaler ist als ohne) aber wenn ich wieder nach Hause fliege bricht der Kontakt sehr schnell wieder ab
    Wir schreiben nur sehr selten auf WhatsApp. Meistens ist er dabei auch betrunken. Diese bedingungslose Liebe die ich gegenüber ihm empfinde, weil er mein Vater ist, quält mich weil ich keine Lösung finde wie ich ihm helfen könnte, weil er so weit weg ist. Ich weiß nicht ob ich vielleicht sogar nur schade wenn ich versuche mit ihm zu reden. Hat jemand irgendwelche Vorschläge, Ideen oder selbst Erfahrungen mit Alkoholabhängigen denen man über große Distanz hinweg helfen kann oder denkt ihr das ist unmöglich? sollte ich einfach den Kontakt komplett abbrechen und ihn vergessen? sollte ich die Hoffnung aufgeben? ich weiß selber nicht was ich tun soll. ich bin für jede Meinung dankbar.

    Ich hoffe der Text war nicht allzu durcheinander und irgendwie verständlich aber jeder Gedanke an ihn bricht mir einfach nur das Herz weil ich so viel Potenzial in ihm sehe und er so viel Gutes verdient hat aber selber einfach sein Leben weg schmeißt. Ich vermisse ihn so sehr.

    LG Alina

  • Guten Morgen Alina,

    ich will mal versuchen Dir meine Sicht bezüglich Deines Vaters und auch was Deine eigene Rolle betrifft zu schildern. Es fällt mir aber sehr schwer.

    Vorher möchte ich Dir aber sagen, dass mich Deine Geschichte sehr bewegt hat. Es macht mich immer traurig, wenn ich lesen muss, was die Alkoholsucht besonders bei Angehörigen anrichtet. Und wenn es dabei um Kinder geht, wie in Deinem Fall, dann trifft es mich noch mehr. Ich bin selbst Alkoholiker, trinke jetzt aber schon lange nicht mehr. Ich habe eine Tochter, die ist jetzt etwa so alt wie Du, sie war noch ein kleines Mädchen als ich aufgehört habe mit dem Trinken. Und dann habe ich noch einen Sohn, der ist ein ganzes Stück älter als Du. Er war damals, als ich aufhörte, ziemlich genau in Deinem Alter. Das ist sicherlich ein Grund, warum mich Deine Geschichte so berührt.

    Ich möchte Dir einfach ein paar Dinge sagen. Weißt Du, es leider so, dass Du Deinem Vater nicht helfen kannst. Das hat noch nicht mal damit was zu tun, dass er in Russland lebt und ganz weit weg von Dir ist. Auch wenn er bei Dir im Hause leben würde, könntest Du nichts tun. Ich schreibe Dir das, weil ich das ja selbst erlebt habe. Ich liebte meine Kinder wirklich wie ich noch nie jemanden geliebt habe (tue ich natürlich immer noch), aber das reichte nicht aus um mit dem Trinken aufzuhören. Obwohl ich wusste, dass ich damit ihr Leben enorm belaste und das es ganz schlimm enden kann. Es ist so, dass nur Dein Vater selbst seine Sucht besiegen könnte. Wenn er das wirklich möchte. Ich denke, es ist für so eine junge Frau wie Dich schwer zu verstehen und dazu bist Du ja auch noch seine Tochter. Du willst helfen, willst ihn weg bringen von dem Zeug, glaube mir, ich verstehe Dich sehr sehr gut.

    Aber weißt Du, das ist nicht Deine Aufgabe und es gäbe ja auch keine Aussicht auf Erfolg. Erfolgreich könnte es nur sein, wenn er es selbst, von sich aus, angehen würde. Du startest jetzt gerade in Dein Leben, bei Dir geht es jetzt erst mal so richtig los. Lass Dir das nicht nehmen. Es ist schwer die richtigen Worte zu finden. Ich gehe jetzt einfach mal auf ein paar Aussagen von Dir ein:

    Zitat

    Grund für die Trennung war hauptsächlich sein Alkoholkonsum. Mit den Jahren wurde es immer schlimmer.


    Was Du hier beschreibst ist ein ziemlich normaler Verlauf dieser Sucht. Irgendwie geht es mal los, meist mit noch ganz überschauberen Mengen an Alkohol und mit der Zeit wird es mehr und mehr und schlimmer und schlimmer. Deine Mama hat damals Konsequenzen gezogen und sich getrennt, so nehme ich jetzt mal an. Kannst Du mit ihr darüber sprechen oder machst Du das alles mit Dir alleine aus? Ich denke mir, dass diese Trennung bestimmt auch für Deinen Vater nicht einfach war, schließlich hat er Dich damit erst mal "verloren". Bei mir war das auch so, es war ganz schlimm meine Kinder nicht mehr um mich zu haben. Aber es hat bei Deinem Papa nicht ausgereicht um ihm den Anstoss zu geben, sein Trinkverhalten zu verändern. Da siehst Du schon, wie mächtig diese Krankheit ist und wie hilflos Außenstehende sind, selbst die eigenen Kinder.

    Zitat

    Nüchtern ist er so ein toller Mann, so humorvoll und intelligent. Ein guter Mann.


    Ja, ich weiß genau was Du meinst. So ist das oft. Hinter der alkoholisierten Fassade steckt oft ein ganz anderer Mensch. Je länger die Sucht andauert und je schlimmer sie wird, desto seltener kommt dieser Mensch zum Vorschein. Manchmal verschwindet er auch ganz, weil die Sucht das Wesen und den Charakter des Trinkers oft sehr verändert. Aber natürlich kennt man ja diesen Menschen und wünscht sich, er wäre wieder so, wie er einmal war.

    Zitat

    immer wenn ich ihn besuchen komme, ist es ist als würden wir immer zusammenleben und es fühlt sich so normal und gut an


    Damit hast Du etwas, das viele nicht haben. Wie Du schreibst wird er auch nicht gewaltätig und ich nehme jetzt mal an, das er auch verbal nicht ausfällig wird. Das ist trotz der ganzen Tragik positiv, denn bei ganz vielen ist das anders. Aber gleichzeitig macht es das Dir natürlich schwer, weil er ja eigentlich ein lieber Mensch ist und Du nur möchtest, dass er nicht mehr trinkt. Und alles wäre gut.... Aber leider ist das eben nicht so einfach. Es gibt sicher Gründe weshab Dein Vater da hinein gerutscht ist. Warum es bei ihm so ist wie es ist. Darum müsste er sich kümmern. Er müsste erst mal nicht mehr trinken wollen und dann an sich arbeiten um dauerhaft nicht mehr trinken zu müssen. Dazu gibt es hier in Deutschland sehr viele Hilfsangebote, ich weiß nicht wie das in Russland ist. Aber auch hier müsste er es wollen und sich diese Hilfe selbst suchen. Er müsste zum Arzt gehen, er müsste in die Klinik zum Entgiften, er müsste anschließend eine Therapie beantragen usw. Das wären alles seine Aufgaben, keinesfalls Deine.

    Zitat

    Diese bedingungslose Liebe die ich gegenüber ihm empfinde, weil er mein Vater ist, quält mich weil ich keine Lösung finde wie ich ihm helfen könnte, weil er so weit weg ist.


    Das verstehe ich gut, denn ein Vater ist ein Vater und noch dazu war er Dir gegenüber nie böse. Aber das ist genau der Punkt. Mit seiner Krankheit belastet er jetzt Dein Leben, Dein Wohlbefinden. Gleichzeitig kannst Du nichts tun. Du musst also lernen ihn loszulassen, ihm seins zu lassen und zu aktzeptieren das es ist wie es ist.

    Hier nochmal meine Frage, ob Du mit dieser ganzen Geschichte alleine bist. Oder ob Du z. B. Deine Mutter an Deiner Seite hast. Oder jemand anderen? Vielleicht wäre es auch gut für Dich, wenn Du Dich z. B. einem Psychologen gegenüber öffnen würdest. Meine Tochter hatte damals psychologische Hillfe, in dem Fall war es eine Kinderpsychologin. Ich weiß nicht wie sie ohne klar gekommen wäre, obwohl sie eine starke Mama an ihrer Seite hatte. Vielleicht kannst Du darüber ja auch mal mit Deiner Mutter sprechen?

    Ich kann Dir leider nicht mehr schreiben. Ich lese Deine Verzweiflung und ich möchte Dir sagen: Hol Dir Hilfe auch im "richtigen" Leben, nicht nur hier im Forum. Das was da bei Dir gerade passiert ist was großes, was richtig großes und da wäre es nur gut, wenn Du Menschen an Deiner Seite hättest, die mit Dir zusammen einen Weg für Dich finden. Damit Du lernst gut damit umzugehen und damit Du erkennen kannst, was gut für Dich ist, aber auch wo Deine Grenzen liegen.

    Ich wünsche Dir alles alles Gute!

    LG
    gerchla

  • Liebe Alina,

    herzlich willkommen hier im Forum!

    Als ich Deinen Hilferuf las, da spürte ich mal wieder den beklemmenden Schmerz, der mich auch heute noch immer dann überfällt, wenn ich das Leid der Angehörigen von Suchtkranken wahrnehme.

    Du bist gerade mal 17 Jahre alt, und es schrecklich, in diesem Alter, in dem Du alle Ressourcen und Energien für Dein eigenes junges Erwachsenenwerden benötigst, die Sucht Deines geliebten Vaters miterleben musst.

    Wie Dir Gerchla schon schrieb, wirst Du aller Erfahrung nach nichts an der Sucht Deines Papas ändern können, solange er das selbst nicht will.
    Aber Du kannst etwas für Dich tun, damit Du in Deiner liebevollen Begleitung seines Lebens nicht leidest.
    Ich nehme an, dass Du, als junge Frau in unsere Zeit, sehr für ein selbst bestimmtes Leben bist, indem jeder Mensch sein Leben so gestalten kann und darf, wie er das für sich möchte?
    Auch Dein Papa hat dieses Recht.

    Ich weiß, wie schwer es für uns ist, andere Lebensweisen, die für uns unvorstellbar und fürchterlich sind, zu akzeptieren, und ohne unsere Einmischung miterleben zu müssen. Du hast eine Vorstellung von einem gesunden und erfüllten Leben – und das ist für Dich auch gut und richtig!
    Dein Vater hat durch die Therapien und Entzugsbehandlungen das Wissen erlangt, dass es auch eine „andere Welt“ ohne Alkohol gibt.
    Aber er hat sich dafür entschieden, in seiner Welt, also in der Sucht mit Alkohol, leben zu wollen.

    Diese, seinen Entscheidung kannst Du nun in Liebe akzeptieren, Dich frei machen von den Gedanken, die Dir immer wieder die Last auflegen, zu glauben, Du könntest ihm helfen, und – was ich immer wieder hier an Angehörige schreibe – „in Liebe loslassen“.
    Das bedeutet nicht, dass Du ihn dann nicht mehr liebst. Im Gegenteil!
    Das bedeutet, dass Du ihn so leben lässt, wie er es für sich wünscht, nicht anders kann, und tut.

    Besonders ans Herz legen möchte ich Dir dazu die Caritas Suchtberatungen, die extra für Kinder von suchtkranken Eltern(teile) Gruppen und Beratung anbieten. In diesen findest Du nicht nur Jugendliche, die genauso wie Du davon betroffen sind, sondern hast Gleichgesinnte, die mit demselben Problem umgehen, und den Schmerz bewältigen lernen.

    Noch ein Erfahrungswert aus meinem eigenen Leben: Auch, wenn Dich der Schmerz der Entfernung, und weil Du dadurch zur Tatenlosigkeit „verdammt“ bist, fast zerreißt: Es wäre noch viel, viel schlimmer, wenn Du in unmittelbarer Nähe Deines Papas seinen suchtbedingten Zerfall miterleben müsstest!

  • Hallo, Alina, und ersteinmal HERZLICH WILLKOMMEN hier im Forum :welcome:

    Kurz zu mir: Ich bin m, 56, Alkoholiker und seit einigen Jahren trocken.

    Und als ich Deine Geschichte las, kamen noch mehr Verbindungen: Nicht nur, dass meine Nichte auch Alina heisst, auch der angeheiratete Teil meiner stammt aus Russland. Ich habe sehr viele Russen und Russlanddeutsche als Freunde. Alles liebe, nette Menschen. Aber sie haben oft mindestens EIN Problem: ihr Verhältnis zum Alkohol.
    Entweder trinken sie selbst gern und zu viel oder sie können nicht verstehen, dass man überhaupt nichts trinkt.

    Als ich mich damals endlich aus MEINER Sucht befreien konnte - ich konnte es ihnen nicht verklickern, dass (und schon gar nicht, WARUM) ich nichts mehr trinke und auch nichts und nie wieder trinken will. nixweiss0 In meiner 11jährigen Trockenheit haben es vielleicht 3-4 meiner Freunde verstanden, der Rest allerhöchstens akzeptiert. Und sie meinen es auch absolut nicht böse, wenn sie mir trotzdem hin und wieder doch noch mal "ein Gläschen auf die Gesundheit" anbieten.

    Was Deinen Vater anbelangt: Wie Dietmar und Gerchla schon schrieben - solange er es selbst nicht will, kann nichts und niemand ihm helfen. Egal, ob er hier in Deutschland, in Russland oder sonstwo wohnt.
    DU kannst nur eines tun: Das so hinnehmen und Dich um DICH und DEIN Leben kümmern!

    Es mag vielleicht hart und herzlos klingen. Das ist es aber beileibe nicht. Es ist nur das Ergebnis des eigenen Erlebens und der eigenen Erfahrung in der Suchtselbsthilfearbeit. Beziehungsweise der eigenen Erfahrungen der anderen Angehörigen hier.

    Ich wünsche Dir ganz viel Kraft - und einen guten Austausch hier, der Dir vielleicht noch mehr Kraft gibt.

    Gruß
    Greenfox

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Liebe Alina,

    Deine Geschichte berührt mich sehr. Wie schön, dass Du hier schreibst und Dich so
    offen anvertraust! Danke für Dein Vertrauen. :)

    Ich schreibe Dir als Tochter aus suchtkrankem Elternhaus. Auch bei uns ist nie etwas
    "Schlimmes" (Kräche, Gewalt oder so) passiert. Dennoch waren meine Eltern süchtig.
    (Sie sind heute trocken, haben aber nie eine Therapie für ihre Seele gemacht.)
    Und dennoch hatte IHRE Sucht für MEINE seelische Gesundheit Folgen. Alkoholismus
    ist eine Familienkrankheit. Das bedeutet, dass sich auch das Denken und Fühlen von
    uns Kindern verschiebt. Weg vom Unbefangenen, hin zu übermäßiger Sorge und Für-
    sorge ... Wir lernen schon früh, unsere Eltern retten zu wollen. Ich denke, wir wollen
    sie einfach als gesunde und starke Eltern wieder haben, damit sie für UNS da sein
    können.

    Auch ich bin mit diesem drängenden Wunsch aufgewachsen. Ich habe ihn weit mit
    in mein Erwachsen-Sein mitgenommen und muss noch heute sehr aufpassen, nicht
    wieder darin zu versinken, meine Eltern "retten" zu wollen.

    Ich schreibe einfach mal aus meiner Sicht, was mir zu Deinen Gedanken und Gefühlen
    einfällt, ja?



    Er hat mir nie was Schlimmes angetan aber so gesehen auch nicht wirklich irgendwas Gutes
    (woran ich mich erinnern kann) immer wenn ich ihn besuchen komme, ist es ist als würden
    wir immer zusammenleben und es fühlt sich so normal und gut an außer natürlich dass er
    durchgehend trinkt dabei, allerdings nicht gewalttätig oder so ...

    Dieses vertraute, "friedliche" Gefühl mit meinen Eltern, wenn sie betrunken waren,
    kenne ich auch. Ihre Entspanntheit fühlte sich unbedrohlich an. Ich dachte immer, ich
    hätte es besser als die Kinder in Familien, wo es laute Streits zwischen den Eltern oder
    Schläge für irgend jemanden gab.

    Ich wusste damals noch nicht, wie wenig Gutes (wie auch Du schreibst) zu mir kam:
    Echte Zugewandtheit, aktives Interesse, oder offen ausgesprochene Gefühle, Wärme,
    eigene Lebensfreude. - Da war nur die gleichbleibende, eher passive Anwesenheit.

    Tatsache war und ist, dass meine Eltern mir alles Lebensnotwendige gegeben haben,
    und dass es mir äußerlich nie an etwas fehlte. Im Gegenteil, alles war sehr hochwertig.
    "Nur" diese emotionale Verbindung zwischen uns blieb in Worten immer eher flach. Ich
    weiß inzwischen auch, dass sie selbst das in ihren Familien nicht lernen konnten.
    Und dass langer Alkoholmissbrauch auch zu Abstumpfung im Gefühlsleben führt.

    Dein Papa scheint auch sehr durch seine Sucht ausgefüllt zu sein, mit wenig Offenheit
    für Dein inneres Bemühen um Verbindung:


    ... aber wenn ich wieder nach Hause fliege bricht der Kontakt sehr schnell wieder ab.
    Wir schreiben nur sehr selten auf WhatsApp. Meistens ist er dabei auch betrunken.


    Hier ist es für Dich glaube ich sehr wichtig und befreiend, das Thema "Liebe" von den
    Zwängen seiner Sucht zu unterscheiden. Ich weiß aus eigener Erfahrung, wie schmerz-
    haft es ist, mit der Sucht des Elternteils allein zu sein UND auch mit dem Kummer darüber.
    Ohne Austausch darüber, wie "gesunde Familien" und "gesunde Eltern" sich verhalten
    würden, entsteht in Kindern sehr schnell das Bedürfnis, den Elternteil retten zu wollen.
    (So kehren sich die Rollen um und wir Kinder verlieren den Blick dafür, dass auch wir
    Aufmerksankeit und Liebe brauchen, um Lebensmut zu entwickeln und Freude zu fühlen.)

    Das Wichtigste für Dich und Deine Unbefangenheit ist aus meiner Sicht, dass Du Men-
    schen und einen Ort findest, an dem Du über all dies sprechen kannst. Es gibt, wie Dir
    Dietmar schon schrieb, neben Beratungen auch freie Selbsthilfegruppen für Kinder aus
    suchtkranker Familie. Dort hörst Du Geschichten, die Deiner teils haargenau gleichen.
    Und Du lernst dort auch, wie Du mit Deinen Gefühlen, auch Deiner Liebe zu Deinem Vater,
    umgehen kannst, ohne Dich von seiner Sucht und SEINER Entscheidung, nicht aufzuhören,
    in Deinem Leben behindern zu lassen. :)



    Diese bedingungslose Liebe die ich gegenüber ihm empfinde, weil er mein Vater ist,
    quält mich weil ich keine Lösung finde wie ich ihm helfen könnte, weil er so weit weg ist.

    Dazu möchte ich gern noch einen Gedanken ins Feld bringen:
    Es ist möglich, dass Du so einen besonderen Sog und Schmerz für seine Unerreichbar-
    keit spürst, WEIL er süchtig ist und möglicherweise schon sehr früh emotional für Dich
    nicht wirklich aktiv und zugewandt da sein konnte. (?) Daraus kann das Verlangen in Dir
    entstehen, ihn jetzt irgendwie aus seiner Sucht heraus zu bekommen, damit er für eine
    nahe Verbindung zur Verfügung steht.

    Ich schreibe das, weil ich auch hier denke: Das Wichtigste ist, dass Du für Deine Gefühle
    ein offenes Ohr und Herz bei anderen, mitfühlenden Menschen (Berater oder Gleichgesinnte)
    findest, die genau wissen, was in Dir vorgeht. Weil sie dasselbe erleben und sich daraus
    befreien. Das meinen die Ratschläge hier, die sagen: Kümmere Dich um Dein LEBEN. Es
    sollte ein Leben sein, kein Über-leben und dahin kümmern an Dingen, die gar nicht in
    unserem Einfluss liegen!

    Nähe, Wärme und Annahme durch Menschen, die das auch real geben können, :blumen2:
    sind der beste Schutz für Deine Gefühle! Und sie helfen Dir, immer besser zu verstehen,
    in welche unnatürliche und überfordernde Situation Du durch die Sucht eines Elternteils
    selbst geraten bist.

    Alle hier im Forum mussten sich - egal auf welcher Seite - frei von den Verwirrungen machen,
    die die Sucht im Denken und Fühlen (und Handeln) eines Menschen bewirkt.

    Ich wünsche Dir von Herzen Kraft, Neugier und Mut, Dich und Deine Möglichkeiten ganz neu
    und im Schutz anteilnehmender Menschen kennen zu lernen! - Schreib' jederzeit hier, wenn
    Du mehr loswerden willst. Auch ich begleite Dich hier gern weiter.

    Liebe Grüße
    Wolfsfrau

    :sun:

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