Ist er Alkoholiker?

  • Hallo liebes Forum! Ich bin neu hier. Ich wende mich an Euch, weil ich mir Sorgen mache.
    Mein Freund trinkt zu viel. Wir kennen uns seit 6 Jahren, sind seit einem Jahr ein Paar. Unser gemeinsames Kind ist 2 Jahre alt. Es gibt noch 4 weitere Kinder aus erster Ehe. Kompliziert, ich weiss. Mein Freund wohnt nicht bei uns.
    Wenn er abends mal hier ist, trinkt er 2 Flaschen Wein. Übers Wochenende können das auch 4 Flaschen sein. Wenn wir mit dem Auto weg fahren, kauft er sich Bier . Er hat keinen Führerschein mehr. Wegen Alkohol natürlich. Wenn wir auf Familienfestem sind, hat er immer ein Weinglas in der Hand. Er ist nie betrunken... Er sagt, er trinke erst ab 16 Uhr. Am Wochenende trinkt er aber oft direkt nach dem Aufstehen das erste Glas. Ohne etwas zu essen. Wenn ich ihn anspreche, sagt er immer, ich sei verwirrt, er trinke doch gar nicht viel. Er kann ganze Abende schweigend da sitzen und Wein trinken...so ein bis 2 Flaschen sicher. Er verändert sich auch je mehr er trinkt. Er selbst merkt das aber nicht. Er kann schon mal Sonntags 4 Stunden abstinent sein aber spätestens 17 Uhr besorgt er sich was zu trinken, wenn nix da ist.... Er sagt, er habe alles im Griff? Was denkt ihr, ist er schon so abhängig, dass er da nicht mehr ohne Hilfe rauskommt? Ich weiss nicht so recht, wie ich damit umgehen soll. Meine Kinder haben FAS auch schon gemerkt, dass er ständig Wein nachschenkt und immer eine Alkoholfahne hat.... Ich danke Euch ;)

  • Liebe Bella,
    herzlich willkommen hier. Ich bin abstinente Alkoholikerin.
    Ich möchte deine Frage mit einem ganz klaren JA beantworten. Bitte treff für dich und deine Kinder die richtigen Entscheidungen.
    Lg Britt

    ~ bevör ik mi nu opregen deed, is dat mi lever egaal ~

  • Hallo Bella,

    herzlich Willkommen hier im Forum.

    Grundsätzlich ist die Frage ob jemand Alkoholiker ist oder nicht gar nicht so einfach zu beantworten. Es gibt grenzwertige Fälle, wo jemand zwar schon relativ viel und regelmäßig trinkt und trotzdem noch nicht süchtig ist. Eine Regel oder genaue Formel wann jemand definitiv Alkoholiker ist gibt es nicht.

    Jedoch gibt es mehrere Anzeichen die, wenn sie zutreffen, dann dafür sprechen das jemand bereits Alkoholiker ist.

    In dem von Dir geschilderten Fall würde ich tatäschlich gar nicht viel nachdenken. Das alles was Du schreibst klingt für mich nach einem Alkoholiker und zwar nach einem, der schon ganz gewaltig in der Sucht steckt.

    Aber ich hätte da jetzt mal eine Frage an Dich: Was ändert es, wenn Du weißt das er Alkoholiker ist? Könntest Du mit seinem Verhalten besser leben wenn Du Dir jemand bescheinigt, dass er kein Alki ist? Was macht das für Dich für einen Unterschied?

    Und, welche Erwartungen hast Du jetzt an uns hier im Forum? Wir können Deinen Partner nicht trocken legen, darüber musst Du Dir im Klaren sein. Wir können Dir hier nur dabei helfen, Hilfe für Dich und Deine Kinder zu finden. Andere Betroffene können Dir erzählen, wie sie sich von ihrem trinkenden Partner lösen konnten oder aber mit ihm gemeinsam eine Lösung gefunden haben. Alkoholiker wie ich z. B. können Dir hier aus der Sicht des Alkoholikers berichten wie sie die Dinge einschätzen und Dir sagen, was sie an Deiner Stelle tun würden. Das alles aber nur, wenn Du das auch möchtest.

    Ich wünsche Dir einen guten Austausch hier im Forum und natürlich auch alles alles Gute für Deine Zukunft.

    LG
    gerchla

  • Hallo und HERZLICH WILLKOMMEN!

    Ich kann mich meinen Vorschreibern nur anschließen.
    Wenn ich, wir bzw. die Mehrheit jetzt schreiben würden "Nöö, natürlich ist er noch lange KEIN Alkoholiker" - würdest Du Dich dann besser fühlen??
    Oder hättest Du dann nicht trotzdem noch dieses Jucken in den Fußsohlen und das Kribbeln in den Fingern, die Dir sagen: Schnapp Dir die Kinder und renn!

    Den als trockener Alkoholiker, der ich nunmal bin, wäre Letzteres mein Rat an Dich ...

    Gruß
    Greenfox

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Liebe Bella,

    schön, dass du da bist.

    Mein Name ist Nicole und mein Mann ist auch Alkoholiker, würde das aber (fast) nie zugeben. Bin also in der gleichen Situation.

    Ja leider muss man wohl sagen, dass dein Freund ein Problem mit Alkohol hat. Das merkt man wohl nicht zuletzt daran, dass er denkt, dass er kein Problem hat und trotzdem trinkt wie ein Wanderer in der Wüste.

    Wenn du zwei oder vier Flaschen Wein trinken würdest, nehme ich an, wärst du nicht mehr hier. Das ist das allerbeste Zeichen für Gewöhnung.

    Alle lieben Mitschreiber hier meinen es wirklich gut mit dir und geben gute Tipps, auch wenn die hier von Zeit zu Zeit sehr direkt und "böse" klingen. Das ist absolut nicht so gemeint. Ich kann es dir aber nachvollziehen, wenn es dir so vorkommt ;)

    Leider ist es ja so, dass die Leute hier die Erfahrung auf der einen oder anderen Seite schon hinter sich haben und dir ganz bestimmt nur helfen wollen, dass du dich nicht ewig damit rumquälst. Weil es nicht dein Problem ist, nicht sein darf!

    Und auch das ist schwer zu begreifen, ich weiß das alles.

    Auch ich bin noch nicht an dem Punkt angelangt, an dem ich bereit bin meine Ehe als gescheitert zu betrachten.

    Ich wünsche dir einen guten Austausch und ganz viel Kraft. Auch für Eure Kinder.


    Liebe Grüße Nicole

  • Vielen Dank Euch allen schonmal.... :)

    Wahrscheinlich wollte ich es einfach nicht wahr haben. Er ist schliesslich der Vater meines Jüngsten und das macht er super. Trotz allem ist er abhängig. Jetzt Frage ich mich nur, wie es weiter gehen soll. Wie könnten meine Konsequenzen aussehen? Würde das bedeuten, dass der kleine ganz auf seinen Vater verzichten muss? Ich kann ihn den kleinen ja unmöglich alleine beaufsichtigen lassen...
    Kann ich ihn vor die Wahl stellen einen Entzug zu machen oder er bekommt sein Kind nicht? Wie soll ich vorgehen? Ich liebe diesen Mann, kenne ihn ja auch ohne Sucht, aber ich kann meinen Kindern das nicht antun...wir haben ja schon so viel zu kämpfen und jetzt noch ein Alkoholiker? Will ihm auch nicht weh tun. ..
    Hat jemand einen Rat für mich?
    Dankeschön! Liebe Grüße Bella

  • Liebe Bella, hallo erstmal von mir.
    Ich bin ganz frisch hier, mein Beitrag geht eher in die rechtliche Richtung und wird vielleicht etwas... unsanft.

    Was das weitere Vorgehen angeht setzt voraus, dass du dir im Klaren bist, was du für dich und dein Kind möchtest.

    Zuerst einmal, eine Trennung heißt ja nicht automatisch, dass das Kind seinen Vater verliert. Du trennst dich ja vom Partner, du trennst nicht die Vaterschaft.

    Gehen wir mal davon aus, dass du eine Trennung in Erwägung und auch durchziehst. Dem zuvor sollten erstmal Gespräche stattfinden. Offenbar wurde von dir das Thema Alkoholkonsum schon angesprochen, aber es wird von ihm abgestritten und ignoriert. Zwei Flaschen Wein am Abend ist definitiv nicht mehr "normal" (was ist schon normal) und das Glas nach dem Aufstehen auch nicht.
    Du machst dir, und auch zu recht, Sorgen um dein Kind, um eine gefahrenlose Betreuung durch den Partner. Finde ich schon mal sehr gut. "ich liebe ihn aber so" ist allerdings für niemanden eine Lösung. Es wird der Tag kommen, wo du vielleicht mal auf seine Hilfe angewiesen bist. Würdest du einer Kindergärtnerin, die zwei Flaschen Wein intus hat, dein Kind anvertrauen? Möchtest du, dass dein Kind, wenn es älter wird, den Alkoholkonsum mitbekommt? Dies als Vorbild hat? Und spinnen wir mal weiter. Sagst du nichts und es passiert dann in der Betreuung in alkoholisiertem Zustand etwas, würdest du dir nicht Vorwürfe machen, wenn man dich dann (vielleicht das Jugendamt?) fragt, ob du davon nichts mitbekommen hast?

    Natürlich kannst und solltest du auch deinen Partner zumindest ansprechen und bei Uneinsichtigkeit vielleicht auch wirklich verlassen. Vielleicht hilft auch ein GEspräch mit einer Suchtberatung für Angehörige, wie du hier am sensibelsten vorgehen kannst. Ich verstehe dich, dass du deinen Freund nicht verletzen möchtest. Aber du hilfst ja weder ihm noch dir damit.

    Ebenfalls müsste man, im Falle einer Trennung, dann aber auch wirklich darauf hinweisen, dass ein (gesetzlich geregelter, vom Jugendamt geregelter... )Umgang z.B. übers Wochenende nicht ohne Weiteres möglich ist und du das nicht möchtest. In diesem Falle muss das Kind nämlich nicht ohne Umgang zum Vater. Ja, ich weiß, ist jetzt arg die rechtliche Schiene, aber 15 Jahre Alleinerziehend-Dasein und gelernte ReNo und eben genug erlebte Fälle, wo der andere Erziehungsberechtigte besoffen auf dem Biergartentisch lag, während das dreijährige Kind daneben saß, gehen nicht spurlos an einem vorbei. Umgang kann und sollte dann wirklich nur in deinem Beisein stattfinden, in deinen vier Wänden, nüchtern. Vielleicht ist allein diese Aussicht für ihn schon ein Schuss vor den Bug.

    Ironie bei der Geschicht... ich habe ja bis vor drei Wochen selbst getrunken und erziehe mein Kind alleine. Was ich ihm damit angetan habe, werde ich mir mein Leben lang nicht verzeihen. Auch wenn ich immer der Meinung war, er hat das nicht mitbekommen (Augenwischerei) Für mich wäre das der Weltuntergang gewesen, wenn mir jemand das Kind genommen hätte. DAS wäre, wäre ich nicht selbst zur Einsicht gekommen, mein Schuss vor den Bug gewesen. Und dann vielleicht zu spät.

    Ich wünsche dir von Herzen alles Gute.
    S.

  • Hallo Bella,

    ich will mal versuchen auf ein paar Deiner Fragen / Gedanken einzugehen.

    Vorher noch ganz kurz zu mir: Ich bin Alkoholiker, Ende 40, trinke jetzt schon lange nicht mehr. Ich bin 3facher Papa und lebe jetzt glücklich in zweiter Ehe. Meine zweite Ehe war und ist komplett alkoholfrei. Meine ganze Suchtgeschichte haben meine erste Frau und zwei meiner Kinder zu ertragen gehabt.

    Erst mal will ich Dir sagen, dass ich all Deine Gedanken komplett nachvollziehen kann. Zumal Du ja auch noch schreibst, dass Du Deinen Partner auch schon vor seiner Sucht gekannt hast. Du kennst also auch den anderen Menschen. Ein wenig bin ich hier schon ins Grübeln gekommen, das muss ich ehrlich sagen, denn Du schreibst Du kennst ihn seit 6 Jahren. D. h. vor 6 Jahren hatte er überhaupt kein Problem mit Alkohol? Quasi gar nichts getrunken? Ich finde die Mengen, die Du beschreibst schon ganz ordentlich hoch, und er hat dabei ja offensichtlich keine Ausfallerscheinungen, "funktioniert" also noch einwandfrei. Das deutet für mich darauf hin, dass er sich sich nach und nach auf dieses Niveau hochgetrunken hat. Das dauert normalerweise eine gewisse Zeit bzw. kann oft einen sehr langen Zeitraum in Anspruch nehmen. Bei mir waren es um die 10 Jahre, wo ich kontinuierlich immer mehr steigerte um dann noch ein paar Jahre auf einem für mich extrem hohen Niveau zu trinken. Mein nächster Schritt in meiner Alkohlikerkarriere wäre dann wohl die absolute Aufgabe meines allerletzten Willens gewesen um dann soviel zu saufen,wie halt irgendwie hinein gepasst hätte.

    Im Grunde ist es völlig egal, ob er jetzt seit 4 Jahren abhängig trinkt oder vielleicht schon vor Eurem Kennenlernen ein kritisches Trinkverhalten hatte. Ich frage nur deshalb um Deine / Eure Grundsituatin ein wenig besser einschätzen zu können. Wenn Du möchtest, dann kannst Du mir darauf gerne antworten.

    Ich hätte da dann auch noch weitere Fragen. Z. B. was Du denkst, warum er zu trinken begonnen hat. Sagt er irgendwas dazu? Was ist Deine Meinung dazu? Hast Du eine Ahnung, ein Gefühl was da in ihm abgeht?

    Es wäre für mich interessant hier Deine Einschätzung zu lesen.

    Grundsätzlich möchte ich Dir sagen, dass Du einem nassen Alkoholiker nicht einmal die Hälfte dessen glauben solltest, was er sagt. Oder besser noch, Du glaubst erst mal gar nichts. Wenn er Dir also sagt, er hätte alles im Griff, dann darfst Du das getrost vergessen. Wenn er Dir sagt, er trinkt erst ab 16 Uhr, dann darfst Du das wenigstens anzweifeln. Im Grunde ist es auch egal ab wann er sich seinen Alkohol reinkippt. Und irgendwann wird er (wenn er das nicht schon immer dann tut wenn Du es nicht mitbekommst) auch schon früher oder sogar morgens trinken. Ich spreche nur aus meiner ganz eigenen persönlichen Erfahrung. Kennst Du den Spruch "kein Bier vor 4, aber wann 4 Uhr ist bestimme ich?" - also was ich sagen will, mach Dich grundsätzlich davon frei zu glauben was er Dir erzählt. Da können Sachen stimmen, andere können komplett erfunden oder erlogen sein.

    Ich z. B. war ein Meister im Lügen und Betrügen. Ich hatte die höchsten Weihen erreicht. Ich war so gut, dass ich irgendwann selbst nicht mehr wusste, ob Dinge gelogen waren oder nicht. Was mich dann teilweise richtig gestresst hat, weil ich ja oft Lügen auf anderen Lügen aufgebaut hatte und ich da natürlich verdammt vorsichtig sein musste, dass mein ganzes Kostrukt nicht aufgrund eines Fehlers entlarvt wird.

    Vielleicht solltest Dui noch wissen, dass ich fast meine ganze Alkoholikerkarriere als heimlicher Trinker verbracht habe. Meine Familie hat mich so gut wi nie mit Alkohol gesehen. Ich hatte offiziell nicht mal Bier im Haus. Trotzdem hatte ich jeden Tag 8, 10 oder noch mehr Flaschen intus.

    Zurück zu Dir.

    Ich finde es sehr gut, dass Du Dir Gedanken darüber machst, wie Du eine oder Deine Zukunft mit oder auch ohne ihn aussehen könnte. Meist wirst Du von anderen Betroffen (Angehörigen / Alkoholikern) hören, dass Du Deine Beine in die Hand nehmen solltest und so schnell so weit wie möglich laufen solltest.

    Ich würde Dir das in Deiner Situation (noch) nicht raten wollten. Dafür weiß ich zu wenig von Dir und deshalb habe ich Dir ja auch schon ein paar Fragen gestellt. Ich finde es also absolut legitim, dass Du Dir auch Gedanken darüber machst, wie Du diese Beziehung vielleicht auch retten könntest. Sie zu retten ist allerdings, das muss ich auch sagen, ein ganz schwerer Weg bei dem Du selbst nur recht wenig in der Hand hast. Du bist nicht diejenige, die die Macht hätte ihn trocken zu legen. Du kannst ihn nicht dazu zwingen mit dem Trinken aufzuhören.

    Was Du aber tun kannst ist ihn anzusprechen. Ihn mit seiner Sucht konfrontieren, ihn Deine Situation, Deine Sicht der Dinge schildern und ihm auch Deine Konsequenzen ankündigen, wenn er nichts an dieser Situation ändert. Du musst Dir aber auch im Klaren darüber sein, dass Du diese angekündigten Konsequenzen (z. B. Trennung ) auch durchziehen muss, denn sonst wirst Du ein ewiges hin und her Spielchen verwickelt und er wird Dich bald sowieso nicht mehr ernst nehmen.

    Wenn er jedoch bereit ist, von sich aus weil er aufgrund Deiner Ansprache wachgerüttelt wurde, etwas zu tun und das dann auch von sich aus aktiv tut, dann kannst Du ihn unterstützen. ABER bitte nur dann. Und bitte auch nur, wenn er das selbst in die Hand nimmt. Wenn er zur Suchtberatung geht, wenn er in die Entgiftung geht, wenn er sich um eine Threapie bemüht usw. Wenn er nur davon spricht, dass er das tun wird, dann vergiss es. Versprechen und hinhalten sind leider bei Alkoholikern weit verbreitete und sehr beliebte Methoden um weiter trinken zu kiönnen und gleichzeitig den Partner bei der Stange zu halten.

    Also, ich denke Du bist jetzt gerade in einer sehr bescheidenen Situation. So oder so stehen für Dich und Deine Kinder Veränderungen an. Ganz gut und auch sehr wichtig finde ich es, dass Du Deine Kinder im Fokus hast. Du willst ihnen keinen Leben mit einem nassen Alkoholiker zumuten. Und das, liebe Bella, halte ich für eine ganz wichtige und richtige Einschätzung Deinerseits. Kinder bekommen quasi im jeden Alter viel mehr mit als wir denken. Du hast die Verantwortung für Dein Leben und für das Deiner Kinder. Schütze sie davor mit einem nassen Alkoholiker zusammen leben zu müssen, denn das kann eine Bürde für's Leben für sie werden.

    Du kannst hier oder in anderen Foren auch die Geschichten von erwachsenen Kindern von Alkoholikern lesen. Das was man da lesen darf ist ganz schlimm. Du solltest Deine Kinder davor schützen.

    Was die Vaterrolle Deines Partner betrifft: Solange er trinkt, wird es sicher schwer sein ihm sein Kind anzuvertrauen. Auch das solltest Du bei einem Gespräch thematisieren. Solltet ihr Euch tatsächlch trennen, wirst Du Dein Kind nicht guten Gewissens zu ihm geben können. Da wird es Regeln brauchen. Es ist also alles andere als einfach.

    Und weil das so ist, solltest Du auch unbedingt auf Dich achten. Du bist nun hier im Forum, das ist prima. Vielleicht hast Du auch die Möglichkeit Dir Hilfe in einer realen SHG für Anghörige zu suchen? Menschen die das alles schon durch haben sind oft die besten Gesprächspartner. Wie es bei Dir jetzt weiter geht ist meiner Meinung nach jetzt davon abhängig, wie Dein Partner reagiert. Wenn er abstreitet, ignoriert oder gar aggressiv wird, dann wirst Du einen Plan brauchen, wie Du Dein Leben weiter gestalten möchtest. Wenn er bereit ist etwas zu tun, dann wirst Du Kraft brauchen ihn dabei zu begleiten, wenn Du ihn begleiten möchtest wovon ich aber aufgrund Deiner Ausführungen ausgehe.

    Ich wünsche Dir jedenfalls alles alles Gute und ich wünsche Dir auch eine guten Austausch hier und hoffentlich viele für Dich richtige und gute Anregungen von anderen aus dem Forum hier.

    LG
    gerchla

  • Hallo gerchla
    Danke für Deine ausführliche Antwort!

    Also es ist möglich, dass er schon früher getrunken hat. Ich kannte ihn nur von der Baustelle, also tagsüber und da war er nüchtern und hatte auch keine Fahne. Er selbst sagt, er trinkt seit man ihm das kiffen verboten hat (Verlust Führerschein durch Alkohol und Cannabis) . Er sagt, man zwinge ihn ja dazu. Sein Vater hat übrigens auch bis vor drei Jahren täglich getrunken, Frau und Kinder allein gelassen jeden Abend, bis er dann einen schlimmen Treppensturz im Suff hatte. Seitdem ist er trocken meines Wissens. Die Familie schweigt das Thema allerdings tot. Mein Freund sagt ab und zu, er macht jetzt halt das selbe wie sein Vater, der war ja auch nie da.
    Das halte ich aber für eine Entschuldigung für sein Trinkverhalten . Ja wahrscheinlich trinkt er schon länger. Seinen Führerschein hätte er 2 Mal wegen Alkohol weg, dann wegen Cannabis. Dann verlor er noch den Job und dann ging's ganz Bach ab. Das Ganze ist jetzt 3 Jahre her. Mittlerweile arbeitet er wieder. Ohne Führerschein ist das in seinem Beruf ziemlich schwierig. Naja MPU will er nicht machen. Er sagt, er schiebt denen doch kein Geld in den Hintern...sieht seinen Fehler gar nicht ein. Könnte auch sein, dass er Angst vor dem Abstinenzjahr hat, das dafür nötig ist. Mir ist aufgefallen, dass er oft die selben Dinge immer wieder erzählt. Oder, dass er nicht mehr weiss, wann er zu wem was gesagt hat. Er streitet dann alles ab. Denke er vergisst es einfach? Er kann seinen Pegel glaub gut verstecken denn er läuft auch nach 11 Bier und 2 Flaschen Wein noch gerade. Man riecht es halt. An Weihnachten hat sein Chef was gesagt wegen der Fahne, die er als morgens noch hat und wegen dem häufigen Verschlafen...
    Komischerweise ist er nüchtern gut gelaunt und humorvoll. Sobald der Pegel steigt wird er pessimistisch, arrogant, lieblos.
    Am liebsten würde ich ihm sagen, dass unsere Beziehung nur einen Wert hat wenn er den MPU macht. Hierfür muss er trocken sein. Ich brauche einen Mann, der mich unterstützt und sich in die Familie einbringt. Im moment ist er mein 6.Kind, das ich überall hinfahren muss, und das nur an der Flasche hängt den ganzen Tag lang. Er schläft bis nachmittags und ich kümmer mich um den kleinen. Wenn er mal aufsteht dann frühstückt er nicht. Spätestens eine Stunde nach dem Aufstehen geht er sich Wein einschenken.
    Ich mag das nicht mehr. Er merkt gar nicht, was er aufs Spiel setzt.
    Auf jeden Fall geht es so nicht weiter. Ich will nicht, dass meine Kinder das normal finden, wenn der Mann im Haus zu jeder Tageszeit mit Alkohol rumläuft. Und er würde den kleinen nicht bekommen. Er hört es nicht, wenn der kleine nachts schreit...Er entweder vom Suff oder weil er so tief schläft. Er hat auch immer das Glas in der Hand, nicht so vorteilhaft mit Kleinkind...
    Könnte er denn einfach so aufhören zu trinken? Oder muss er hierfür zum Arzt? Glg Bella

  • Hallo Bella,

    Ich habe leider gerade wenig Zeit, darum nur ganz kurz. Erst mal Danke für Deine offenen Zeilen. Ich denke mal Dein Partner steckt noch viel tiefer in der Sucht als Du vielleicht glaubst. Ich weiß nicht, in wieweit Du Dich schon mal über die Alkoholsucht im Allgemeinen informiert hast.

    Diese Sucht ist ziemlich heftig und sie ist nicht einfach so zu besiegen. Grundsätzlich muss der Süchtige das selbst wollen. Zwingen kann man ihn nicht und die Erfolgsaussichten bei Alkoholikern, die quasi zu einer Therapie überredet wurden ohne diese eigentlich machen zu wollen, sind sehr gering. Überhaupt ist die Quote derer, die diese Sucht überwinden und anschließend dauerhaft ohne Alkohol leben nicht sehr hoch. Die meisten Alkoholiker sehen sich erst mal gar nicht als solche und die meisten unternehmen dann auch nichts gegen ihre Krankheit. Und ohne Einsicht geht leider nichts.

    Also, ich will Dir morgen, wenn meine Zeit erlaubt, nochmal in Ruhe schreiben. Jedenfalls kann ich Dir sagen, dass er wohl nicht „einfach so“ aufhören kann. Alleine wenn er jetzt nichts mehr trinken würde, bestünde die große Gefahr das er durch den kalten Entzug in Lebensgefahr gerät (Delir). Er müsste also erst mal in einer Klinik entgiften. Vielleicht ginge es auch ambulant, jedoch immer mit ärztlicher Betreuung. Alles andere ist ein sehr gefährliches Spiel.

    Wenn er dann mal entgiftet hat, ich sage mal so nach 10 Tagen, dann ginge die eigentliche Arbeit erst los. Denn entgiften ist das Eine, anschließend trocken bleiben das andere. Das ist dann die eigentliche Sucht, die es zu überwinden gilt.

    Morgen hoffentlich mehr dazu.

    Alles Gute und einen schönen Abend.

    LG
    Gerchla

  • Guten Morgen Bella,

    so, jetzt will ich mal versuchen nochmal auf Deine Zeilen von gestern einzugehen.

    Ich hatte Dir ja geschrieben, dass ich es grundstäzlich gut finde, wenn man eine Beziehung zu einem nassen Alkoholiker nicht automatisch und sofort als aussichtslos ansieht. Bei gewachsenen, langjährigen Beziehungen, die vielleicht auch eine lange Zeit sehr gut funktioniert haben und wo dann irgendwann der Alkohol das Zepter übernommen hat, kann es sich durchaus rentieren, wenn man Energie in die Rettung einer solchen Beziehung investiert.

    Es gibt auch Beispiele, wo das gelungen ist. Einfach ist das aber nie, zumindest habe ich das bisher immer so empfunden, wenn ich mir die Geschichten von Betroffen die diesen Weg zusammen gegangen sind reveue passieren lasse.

    Leider ist es aber auch recht häufig so, dass eine Fortführung einer Beziehung mit einem nassen Alkoholiker keinen Sinn macht. Ich denke mal. dass das der häufigere Fall ist. Die Entscheidung, ob man nun weiter an der Seite des Trinkers bleiben möchte in der Hoffnung, das ganze kann sich noch zum Guten wenden, hängt meiner Meinung nach von ganz wenigen (aber wichtigen) Faktoren ab.

    Diese sind für mich erst mal, dass der Betroffene eine Krankheitseinsicht hat. Das er sagt: Ja, ich habe ein Problem, ja ich trinke zu viel, ja ich habe es nicht mehr im Griff, ich bin Alkoholiker. Ein weiterer Punkt wäre dann, dass er von sich aus bereit ist etwas zu ändern. D. h. er unternimmt etwas. Er geht zum Arzt und schildert seine Lage, er vereinbart mit dem Arzt weitere Schritte, er geht zur Suchtberatung usw. Aus diesen ersten Schritten folgen dann weitere bis hin zu einer Therapie, wenn diese notwendig sein sollte.

    Diese Bereitschaft, dieses WOLLEN, das muss meiner Meinung nach vorhanden sein um überhaupt eine Chance zu haben, dass sich irgendwas zum Besseren verändert. Und nur dann hat es aus meiner Sicht einen Sinn, gibt es eine lebenswerte Zukunft an der Seite eines Alkoholiker. Auch dann ist es ein langer und oft schwieriger Weg. Aber dann weiß man wenigstens, wofür man kämpft und das man diesen Kampf auch gewinnen kann.

    In Deinem Fall, das muss ich leider sagen, lese ich nichts von Einsicht, nichts von dem Willen etwas verändern zu wollen. Ich lese das typische Gerede eines typischen Alkoholikers. Ist halt so, mein Vater hat's genauso gemacht, ich schieb denen doch kein Geld in den Rachen, ich werde ja gezwungen zu saufen, usw.... Ich lese nichts von Selbstkritik, eher von Verharmlosung in die Richtung: ich tue ja keinem was.

    Du schreibst er wäre Dein 6. Kind. Genau das hat meine Ex-Frau auch zu mir gesagt. Also wir hatten keine 5 Kinder sondern nur 2 aber sie sagte immer: Du bist wie mein 3. Kind, kannst Du nicht mal ein richtiger Partner sein, kannst Du nicht mal erwachsen sein? Und sie wusste noch nicht mal warum das so war weil ich ja heimlich trank. Ich darf Dir sagen, dass Du mit einem nassen Alkoholiker nie eine richtigen Partner an Deiner Seite haben wirst. Nie jemanden haben wirst, der Dich unterstützt oder entlastet. Vielleicht mal ganz kurz, in lichten Momenten. Auf die Dauer jedoch hast Du eine enorme, höchstgefährliche (vor allem auch für Deine Psyche) Belastung an Deiner Seite, ohne Aussicht auf Besserung. Nur mit Aussicht auf kontinuierliche Verschlechterung, denn die Sucht bleibt i. d. R. nicht stehen, sie entwickelt sich fort.

    Für Deinen Partner gibt es erst mal nur die Sucht und die Befriedigung der selbigen. Dann kommt ganz lange erst mal nichts. Und dann kommst vielleicht mal Du. Aber nur wenn Du nicht nervst und funktionierst. Das macht die Sucht aus Menschen.

    Ich bin mir nach dem was Du geschrieben hast nicht mehr sicher, ob ein Gespräch mit Deinem Partner viel bringen wird. Mein Gefühl ist, dass er Dich abtropfen lassen wird. Aber ich bin nach wie vor der Meinung, dass Du ein solches, offenes Gesrpäch in jedem Fall einmal führen solltest. Allein der Fairness halber.

    Was Du aber auf jeden Fall machen solltest, ist ein Plan B. Du bist nur für Dein Leben verantwortlich und natürlich für das Deiner Kinder. Er ist für seines verantwortlich. Ein Leben an der Seite eines trinkenden Alkoholikers ist kein lebenswertes Leben, jedenfalls habe ich noch keinen Angehörigen getroffen, der mir gesagt hätte, es ist ja gar nicht so schlimm einen Trinker als Partner zu haben. D. h. Du musst für Dich (und Deine Kinder) entscheiden, wie Du DEIN Leben künftig leben möchtest. Und dann die entsprechenden Maßnahmen treffen.

    Ich weiß natürlich, dass das alles leicht dahingeschrieben ist von mir. Und dass es in Deinem Leben sicher viele Dinge gibt, die Du im Kopf hast und die das alles ganz und gar nicht einfach machen. Aber am Ende zählt eben das was Du willst. Du entscheidest wie es mit Deinem Leben weiter geht, Du entscheidest ob Du weiter mit ihm leben möchtest oder eben nicht.

    Ich wünsche Dir nur das allerbeste. Und bezüglich Deiner Frage, ob er einfach so aufhören kann, habe ich Dir ja schon geschrieben. Aber es geht ja gar nicht darum, ob er aufhören kann, sondern darum ob er WILL. Wenn er nicht will, dann kann er auch nicht. Wenn er aber will, dann kann er auch - und tut das dann hoffentlich mit ärztlicher Unterstützung. Und bitte vergiss die ganze MPU Geschichte. Hier geht es um viel mehr. Es geht um sein Leben. Und es geht um DEIN Leben und das liegt ausschließlich in Deiner Verantwortung.

    Alles alles Gute wünsche ich Dir.

    LG
    gerchla

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