Ausgerechnet zu Weihnachten: Trennung vom süchtigen Freund (mit Sohn)

  • Hallo liebe Phoenix,

    was du von der Reaktion deiner Familie (deines Vaters) erzählst kommt mir bekannt vor. In meiner Herkunftsfamilie waren (auch?) die Verantwortlichkeiten für die eigenen Gefühle nicht klar. Der Vorwurf des „Egoismus“ war einer der schlimmsten für mich als Kind und Heranwachsende. Da klingt also durch deine Erzählung viel eigenes Erinnern, aber auch mittlerweile eigene Klärung bei mir an.

    Dein Vater ist für seine eigenen Gefühle verantwortlich. Lass dich nicht verunsichern.

    Ansonsten gratuliere ich dir zu deiner erlangten Klarheit bezüglich der Trennung und wünsche dir alles Gute auf deinem sicherlich nicht einfachen Weg in die innere Unabhängigkeit. Vielleicht kannst du dir auch Unterstützung durch eine Psychotherapie holen?

    Herzlichen Gruß
    Camina
    w, trockene Alkoholikerin, geschieden

  • Ist dann meine Entscheidung egoistisch?

    Laut Lexikon und Wikipedia bedeutet "Egoismus" soviel wie "Eigeninteresse", "Eigennützigkeit".
    Also lautet die Antwort auf Deine Frage: JA!

    Und Deine Entscheidung war verdammt nochmal vollkommen richtig und gerechtfertigt - und zwar genau aus den von Dir genannten Gründen!

    Es gibt m.E. nicht nur den rücksichtslosen Egoismus (Narzissmus), sondern auch "gesunden Egoismus" - und der ist nicht nur für uns Betroffene wichtig, sondern auch für Angehörige. Wahrscheinlich für Jeden. Man nennt es auch "Grenzen setzen". Und wer Grenzen setzt, muss sie auch einhalten (lassen).

    Aber ich muss mal so nebenbei sagen: Ich finde es super, dass Dein Freund anscheinend Deine Entscheidung akzeptiert hat und keinen Krieg ausgelöst hat - es kam bei mir erst etwas später an, dass Du schriebst "WIR haben gestern ..." 44.

    Gruß
    Greenfox

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Hallo PhoenixBLN,

    auch Dir ein gutes, in allen Belangen erfolgreiches Neues Jahr!

    Ich finde, man muss Dein neuestes Update schon aufmerksam lesen, um die Verständnis für die Reaktion Deines Vaters zu haben.
    Die Bekanntmachung, dass Ihr Euch jetzt tatsächlich trennt, wurde ja, Deinem Beitrag nach, durch eine Lüge getragen.
    Wie es von außen scheint, ist in Eurer Familie Scheinharmonie, Verheimlichung und damit verbundene Unwahrheit im Umgang miteinander ein großes Thema?

    Nach Allem, was Du uns hier im Forum bislang mitgeteilt hast, ist primär die Sucht Deines Mannes der Grund für die Trennung. Er zeigt, so schreibst Du, keinerlei Einsicht und will seine Sucht – möglichst unerkannt und heimlich – weiterbetreiben, während er nach außen so tut, als wäre bei Euch alles in bester Ordnung.
    Ich frage mich dann: Wie soll Dein Vater die plötzliche, nur durch „es ist schade und traurig, dass wir uns trennen, aber für unsere Familie ist es das Beste“ begründete Trennung verstehen?

    Da entsteht doch mehr ein Bild von … nun ja, Verantwortungslosigkeit gegenüber der Familie und Eurem Kind, oder nicht?
    Ich nehme aufgrund Deines Alters an, dass Dein Vater aus einer Generation kommt, in der man nicht einfach so, wegen überhaupt nichts Gravierendem, die Flinte ins Korn wirft, und sich dann mal so nebenbei „halt trennt“. Zudem - wie Du bisher auch immer geschrieben hast - nach außen so getan wird, dass alles in bester Ordnung ist.
    Bitte korrigiere mich, wenn ich in meiner Annahme falsch liege.

    Dein Vater, so denke ich, hätte gerne, wie jeder liebende Opa, dass sein kleines Enkelkind in einer intakten Familie zusammen mit Mama und Papa aufwächst. Sehr verständlich.
    Wenn er nun die wahren und tatsächlichen Hintergründe Eurer Trennung nicht kennt, dann kann er den Vorgang doch auch gar nicht verstehen. Er kann nur spekulieren und vermuten, und da hat er eben in dem Moment die Gedanken, dass Ihr beide, also auch Du, vor „jeder kleinen Schwierigkeit in der Ehe davonläuft“, nur um – in seiner falschen Vermutung – Eurer „egoistischer Selbsterfüllung“ nachzugehen.

    Hättest Du ihm das hier gesagt …

    Zitat

    „Aber verdammte Hacke: ich habe jahrelang gekämpft um meinen Freund zur Seite zu stehen und geglaubt mit Liebe/ Geduld/Reden geht das. Aber wenn er sich nicht öffnet und ehrlich mir/sich gegenüber ist, geht das eben nicht. Und ich gehe kaputt dran.


    … dann, so glaube ich, hätte er ein völlig anderes Verständnis für Dich entwickelt!

    Und so bleibt mir hier nur noch da Fazit: Die Sucht Deines Partners hat Dich zu dem gemacht, was Du dann offenbar derzeit noch bist. Eine Co-Abhängige, die für ihren Partner zwar nicht direkt lügt, aber ihm dann doch durch die Vertuschung der realen Wahrheit über den „Ist-Zustand“ hilft, seine Sucht weiterhin im Verborgenen ausüben zu können.

    Ich hoffe, Du bist über meine Sichtweise nicht gekränkt!

  • Lieber Dietmar,

    Ich danke dir für dein Feedback. Für all euer Feedback.
    Dietmar hat Recht und hat mir sehr viel Erkenntnishgewinn gebracht: Ich will mich lösen aus der Co-Abhängigkeit. Das muss ich benennen lernen. Das setzt aber auch voraus, dass ich das akzeptiere co-abhänhig (gewesen) zu sein.
    Das ist schmerzhaft. Wie ihr ahnen könnt, bin ich auch nur das Kind meines Vaters, dass gelernt hat (oder so aufgewachsen ist) für die Familie zu kämpfen und nicht so schnell aufzugeben. Für meine n Vater tue ich das.
    Aber ich weiss, dass es nicht so ist.
    Mein Vater ist Generation 55+. Ich habe ihm auch nicht alles erzählt (zb das mein Freund alternativ angefangen hat zu kiffen), weil ich meine kleine Familie schützen wollte vor Anfeindumgen gg der Suchtkrankheit und Problematik.
    Ich habe ihm heute nochmal genau das in einem Brief geschrieben.

  • Liebe Phoenix,

    Dietmar hat es auf den Punkt gebracht. Als ich Deine Zeilen laß, dachte ich mir sofort: Warum lügen sie denn nur? Warum sagen sie nicht was der wahre Trennungsgrund ist? Was wollen sie damit erreichen? Wozu soll es gut sein?

    Ob Dein Vater mehr Verständnis oder überhaupt Verständnis hat, wenn er die Wahrheit kennt, das weiß ich nicht. Vielleicht ist der trotzdem der Meinung, ihr solltest Eure Beziehung nicht einfach wegwerfen. Solche Menschen und Einstellungen gibt es. ABER - das wäre dann wirklich sein Problem und Du hättest ein reines Gewissen weil Du die Wahrheit gesagt hast und Deine Sicht dargelegt hast. Vielleicht aber hätte er auch großes Verständnis, diese Reaktion wäre mir eine sehr logische. Egal wie, Dir wird es sicher besser gehen.

    Dieser Brief, den Du geschrieben hast, Du wirst sehen, wie er reagieren wird. Aber egal wie, Du hast jetzt die wirklichen Gegebenheiten dargelegt. Für Dich, egal wie er damit umgeht. Du musst jetzt Deinen Weg gehen, aber darauf achten nicht in alte Muster zu fallen. Immer ehrlich sein, immer sagen und vertreten was Du denkst, das ist sehr wichtig.

    Ich, als ein ständig lügender und betrügender Alkoholiker, musste das auch wieder lernen. Es war eine meiner zentralen Aufgaben, ganz bewusst immer das zu sagen, was ich wollte und was ich dachte. Und es war eine ganz wichtige Aufgabe für mich wieder zu lernen, keine praktischen Lügen mehr zu verwenden. Auch keine kleinen. Denn das war mein Muster während meiner Trinkerzeit.

    Damit wird man für manche vermeintlich zu einem Egoisten. Weil man dann auf sich und seine Wünsche achtet und diese auch durchsetzt. Aber dieser Egoismus ist ein sehr gesunder Egoismus. Ein Egoismus der einen wieder stark macht und davor schützt wieder zurück zu fallen. Und der einem auf lange Sicht gesehen auch so stark macht, dass man seine Energie auch wieder für andere Menschen einsetzen kann ohne das man dabei eigene Energie verliert.

    Gut, dass Du die Dinge in diesem Brief klar gestellt hast!

    LG
    Gerchla

  • Liebe PhoenixBLN,


    Ich will mich lösen aus der Co-Abhängigkeit. Das muss ich benennen lernen. Das setzt aber auch voraus, dass ich das akzeptiere co-abhänhig (gewesen) zu sein.


    Ich wollte zuerst schreiben "Wow - das ging aber schnell", dann habe ich aber den ersten Teil auch gelesen "Ich will mich lösen aus der Co-Abhängigkeit".

    Co-Abhängigkeit ist, obwohl nicht von den Krankenkassen (unverständlicherweise) als Krankheit anerkannt, mindestens genauso schwerwiegend für Betroffene, wie die Sucht selbst.
    Ich kenne nicht wenige Ex-Partnerinnen von Alkoholikern, die Jahre gebraucht haben, um ihre Verstrickung in die Sucht ihres Ex-Partners, also ihre Co-Abhängigkeit ablegen zu können.
    Dazu kommen noch mal so viele, die sich immer wieder fatalerweise neuen, süchtigen Partner zugewandt haben.

    Weil die Co-Abhängigkeit im Gegensatz zur Alkoholsucht nicht in den sozialen Systemen anerkannt wird und keine entsprechende Hilfs- und Behandlungsangebote zur Verfügung gestellt werden, meinen leider sehr viele Angehörige, die co-abhängig geworden sind, es würde wieder alles heil werden, wenn sie den süchtigen Partner verlassen haben. Sie machen dann nichts für sich selbst, und bleiben weiter mit dieser "verkannten Krankheit" behaftet.

    Toll ist, dass Du jetzt Deinem Vater die wahren Hintergründe Eurer Trennung mitgeteilt hast.

    Zitat

    weil ich meine kleine Familie schützen wollte vor Anfeindumgen gg der Suchtkrankheit und Problematik.


    Bei eingehender Betrachtung wirst Du feststellen, dass gerade die Offenlegung des wahren Problems - nämlich der Suchtkrankheit Deines Mannes - der effektivste Schutz für Dich und Euer Kind ist. Darüber hinaus ist es auch ein indirekter Schutz für Eure Angehörigen, dass sie sich nicht auch in die Sucht Deines Mannes verstricken lassen, weil sie jetzt Bescheid wissen.

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