Es muss jetzt einfach raus

  • Hallo Zusammen,

    ich bin neu hier in dem Forum. Ich habe in Zeiten wo es mir, wegen meiner alkoholkranken Eltern, immer mal wieder schlecht ging hier immer ein wenig gelesen in der Hoffnung Tipps und Hilfe zu finden wie ich am besten mit ihnen umgehen kann oder wie ich es schaffe weiterhin mit ihnen unter einem Dach zu lesen.

    Kurz zu mir, ich bin 32 Jahre als und lebe in einem Zweifamilienhaus mit meinen alkoholkranken Eltern. Da mir schon sehr lange bewusst ist, dass deren Alkoholkonsum bei weitem nicht normal ist versuche ich mich weitestgehend von ihnen fernzuhalten (sofern dies in einem Mehrfamilienhaus möglich ist).

    Meine Kindheit war bereits dadurch geprägt, dass meine Eltern jeden Tag ihr Bier getrunken haben (unter der Woche erst abends und sonntags bereits ab mittags, was diese ja schließlich für absolut normal halten) und ich und mein Bruder sehr darunter zu leiden hatten. Natürlich hielten sie es im gleichen Atemzug für ebenso normal, dass ich und mein Bruder nur sehr wenig Taschengeld bekamen, oder wir von klein auf dazu gezwungen wurden arbeiten zu übernehmen (sei es im Haushalt oder im Garten), da wir ja schließlich nicht verlangen konnten, dass unsere Eltern, (meine Mutter war "nur" Hausfrau und mein Vater ging normal arbeiten) ihre Arbeit allein macht (sie legte sich nachmittags meist auf die Couch um zu schlafen und wir mussten dann fernsehen). Ständig wurde auf uns herumgehackt, wir wären faul (z.B. weil ich in meiner Freizeit gerne gelesen habe), wir müssten "mehr" mit anpacken sonst würde demnächst an unserem Essen gespart etc.

    Eine schöne Kindheit gab es daher nicht (ich meine damit nicht, dass ein normales unterstützen der Eltern nicht okay gewesen wäre, jedoch nicht dieses Übermaß... schließlich wollten wir auch wie normale Kinder neben der Schule mit Freunden spielen, oder einem anderen Hobby nachgehen). Auch gab es für dieses "mit anpacken müssen" niemals ein Dankeschön.

    Mit der Zeit wurde dies natürlich immer mehr... ich kann mich noch daran erinnern, wie mein Vater im alkoholisierten Zustand mich eines Abends aus dem Bett geholt hat um dem benutzten Teller meines Bruders in die Spülmaschine zu stellen, da es ja nicht sein könne, dass meine Mutter dies machen müsse. Schnell lernten wir also, gerade sonntags wo bereits ab mittags gebechert wurde (sei ja normal, da man sonntags ja nicht das Haus verlässt und irgendwo hinfahren müsse) das weite zu suchen. Das war jedoch auch nicht richtig, denn es wurde uns ebenfalls als falsches Verhalten ausgelegt, viel Zeit woanders zu verbringen, denn dann konnten wir ja schließlich nicht daheim zur Arbeit unserer Eltern herangezogen werden.

    So zog es sich viele Jahre hin mit einem streitsuchenden Vater (wenn er zu viel getrunken hatte und einer ebenfalls betrunkenen Mutter die an seinem Verhalten naürlich nichts änderte, da die beiden ja ihr eigenes Verhalten immer für richtig hielten/ halten).

    Mein Bruder zog mit 20 aus und lebt seit dem ein "normales" Leben während ich leider Pech hatte und wegen meiner schlecht bezahlten Ausbildung weiter dort wohnen bleiben musste.

    Jeder Versuch, mit den beiden ein normales Gespräch zu führen (über den krankhaften Alkoholkonsum) scheiterte natürlich und man wurde angeschrien und beleidigt... weil man ja nichts gegen das Bier sagen durfte.

    Da meine Großeltern, die ebenfalls in dem Haus wohnten, verstarben zog ich erst mal in diese Wohnung um den Abstand zu den beiden zu vergrößern. So weit, so gut.. Aber falsch gedacht, denn sobald ich meine Ausbildung abgeschlossen hatte und die beiden sich ja nicht mehr an meinem Kindergeld vergreifen konnten (von welchem ich nie viel bekommen hatte denn selbst Kleidung etc. musste ich von dem Geld bezahlen, welches ich zu Geburtstagen und co. bekommen hatte) kamen sie zu dem Entschluss sich von nun an an meinem Geld zu vergeifen. So wurde der Entschluss gefasst, dass ich den beiden jeden Monat Miete zu zahlen hätte (Trotz der Tatsache, dass das Haus in dem wir wohnen, von meinen Großeltern abbezahlt worden ist). Versteht mich bitte nicht falsch, natürlich finde ich es normal Miete zu zahlen, aber wie kann es angehen von den eigenen Eltern nie viel bekommen zu haben, aber für Miete von den eigenen Eltern gleichzeitig um das 15 fache des Taschengeldbetrages jeden Monat ausgenommen zu werden. Die Tatsache um die es mir hier geht ist ja, nie viel bekommen zu haben, aber viel geben zu müssen. Des Weiteren werden es ja immer mehr Forderungen von meinen Eltern, für Heizkosten zum Beispiel wollen diese noch extra Geld aus mir herauspressen, weil sie mein Geld ja für Urlaub, Essen gehen und andere Luxusgüter verprassen.

    Ich weiß, dass meine Eltern bei meinen Großeltern ebenfalls Miete gezahlt haben, aber von mir verlangen sie ungerechtfertigter Weise mehr Geld für eine vergleichsweise kleinere Wohnung. Ebenso scheut sich mein Vater nicht davor, sich vor meinen Freunden hinzustellen und diesen Brühwarm zu erzählen, dass ich ja nur Betrag XY an Miete zahlen muss, um sich so darzustellen, als wäre er großzügig.

    Aber für meine Eltern bedeutet es ebenfalls, mir ein eigenes Leben zu gönnen besteht darin, dass ich eine eigene Wohnung habe. Denn die gleichen Eltern, die wie oben erwähnt "nur" Hausfrau/ und "nur" arbeiten gehen kommen noch auf den Trichter, dass ich arbeiten zu gehen habe um mich von denen finanziell ausnutzen zu lassen, meinen Haushalt machen zu müssen (hier werde ich besonders oft gefragt wann ich denn gedenke diese oder jene Arbeit zu machen) und darüber hinaus noch die Arbeiten der Gemeinschaft machen soll, sprich Rasen mähen, Unkraut zupfen, den Keller saugen etc. Etliche Gespräche darüber, dass ich ein eigenes Leben führe seit dem ich volljährig bin, scheiterten ebenso mit der Begründung, dass es für mich ja normal sein müsste zuhause "mitanzupacken", während die beiden weiterhin nur sehr wenig machen.

    Sobald ich weg fahre (wohin auch immer) muss ich mich anschließend rechtfertigen wo ich denn war und nicht selten gibt hier auch den Spruch, ich müsse ja viel Geld haben, da ich weg fahre, mich mit Freunden treffe und evtl. Aktivitäten mache die Geld kosten.

    Immer wenn ich im Streit soweit war, mir eine Wohnung zu suchen kamen dann von meiner Mutter Vorwürfe, dass könne ich nicht tun, da die beiden sonst das Haus verkaufen müssten (angeblich aus finanzieller Sicht), also ergriff mich immer wieder das schlechte Gewissen und ich lies die ganze Tyrannei weiter über mich ergehen.

    Am Geld kann es jedoch meiner Meinung nach nicht liegen, denn neben dem abbezahlten Haus haben sie zum Beispiel 2 Autos, damit meine "Hausfrauenmutter" nicht morgens früh aufstehen muss um meinen Vater zur Arbeit zu fahren, oder abends von der Arbeit abholen muss. Das Problem an dieser Sache ist jedoch, dass ein Auto über Winter nicht angemeldet ist und somit ich immer gezwungen werde, mit meiner Mutter das Auto an der Arbeit des Vaters abzuholen, oder hinzubringen (denn schließlich kann man ja nicht von ihr erwarten, dass sie morgens aufsteht und ihren Mann zur Arbeit fährt damit sie ein Auto hat, oder ihn abends abholt, denn dann könne sie ja abends schließlich nichts trinken). Versuche mich hiergegen zu wehren endeten auch jedes Mal in riesigen Streits, wo mir gesagt wurde ich könne mich ja entscheiden, ob ich meinen Vater zur Arbeit fahre und abhole, oder eben meine Mutter durch die Gegend kutschiere... alles andere, also dass die beiden endlich mal anfangen ihre Arbeit selbst zu erledigen ist keine Option.


    Schlussendlich ist mir Freitag der Kragen geplatzt. Aufgrund einer falschen Abbuchung wurden 20 Euro von der Kreditkarte meines Vaters abgebucht (ich weiß nicht wie das passieren konnte). Jedoch bekam ich hier den Spruch meiner Mutter, wann ich denn gedenke ihr diese 20 Euro wieder zu geben, denn schließlich könne ich ja nicht auf die Kosten meiner Eltern leben. Die Mutter, die seit meiner Kindheit auf meine Kosten lebt, wagt es sich mir so was an den Kopf zu werfen???? Ich bin einfach nur noch sprachlos und fertig. Ich weiß einfach nicht mehr weiter, wie ich mit ihnen noch umgehen soll. Ich kann einfach nicht mehr.

    Entschludigt bitte, dass es so viel Text geworden ist, aber es musste einfach mal alles raus.

    Ich hoffe, ihr versteht mich und könnt mir einen guten Rat geben.

  • Hallo und Willkommen an Bord, liebe Schreiberin, :)

    ich habe Deinen Bericht ganz gelesen und kann Dir die Verzweiflung nachfühlen,
    die Du in Deiner familiären Situation täglich erleben musst.

    Bei mir war es nicht so "schlimm" (sichtbar) wie bei Dir, dass meine Eltern zuviel
    tranken. Sie bemühten sich selbst, die Fassade aufrecht zu erhalten. Dafür wurde
    nicht ich heran gezogen, Arbeiten im oder am Haus betreffend.

    Aber emotional bin ich mit demselben Erbe ausgestattet (worden) wie Du: Mich
    überverantwortlich für das Wohlergehen meiner Eltern zu fühlen. Das klingt völlig
    verrückt, eben weil ich, ähnlich wie Du, mit gesunder Wut auf diese Überforderung
    und Einschränkung, mein Leben betreffend, zu reagieren begann. Trotzdem steckte
    ich fest, zwischen Wut und Schuldgefühl. Das war sehr zäh und aufreibend. ;(

    Ich habe eine längere Therapie gemacht und begriff dort nach und nach, wie sehr
    sich die Regeln einer dysfunktionalen (Gefühle deckelnden) Familie in mein Denken
    und Fühlen eingegraben hatten. Ich konnte gar nicht merken, was schräg war, es
    war ja so vertraut! Ich kannte keine anderen Gefühle als Druck, unterdrückte Wut,
    hilflosen Kummer, Schuldgefühle, Selbstzweifel, stumme Anstrengung und Aushalten,
    usw. ... - Gerade bin ich froh, das in der Vergangenheitsform schreiben zu können.

    Gesund im Sinn von "kein Problem mehr mit diesen inneren Gefühlen" bin ich jetzt
    nicht automatisch. Aber ich kenne andere, gesündere Zustände daneben. Ich konnte
    eine Ahnung gewinnen davon, was iCH eigentlich fühle und will, wenn ich nicht in den
    (aufgezwungenen) Reaktionen oder im Vorgreifen auf schwierige Verhaltensweisen
    meiner Eltern (oder z.B. Autoritätsfiguren) gefangen und voll damit angefüllt bin.

    Soviel vorne weg: Es gibt einen Weg aus dieser scheinbar allumfassenden Bedrängnis.
    Auch aus der falschen Loyalität eines Kindes aus suchtkranker Familie (Thema: Weg
    wollen). Bei Euch, wie auch bei uns, und bei unzähligen anderen Familien auch, haben
    sich scheinbar schon früh die Rollen vertauscht. Sie wurden durch Deine Eltern sogar
    aktiv von Dir abgefordert. (Ich finde das krass, wie sie Dich in der Entfaltung stören!)

    Für sie Arbeiten übernehmen, damit ... (sie in Ruhe trinken können?)
    Für sie Auto fahren und "Transporte" übernehmen ... (damit ... )
    Ihnen Miete zahlen sollen, damit ... (sie mehr Geld für ... haben)

    Ich lese das jetzt mal System-bezogen. Wer hat was, wovon?
    Es dient alles IHNEN. So können sie ungestört ihrer Sucht nachgehen. Die Finanzen,
    der "Biorhythmus" (Nachmittags-Schläfchen oder Trinken am Abend), die Kompensa-
    tion nach außen (alles geputzt, Garten in Ordnung), ... alles ist durch das eigene Kind
    abgedeckt. Mein lieber Schwan! - Ich finde das krass, würdelos (für Dich) und völlig
    empathiebefreit/lieblos von Deinen Eltern. Ihre Sucht fordert auch Deinen Verbleib
    in dieser auszehrenden Struktur.

    Sucht spaltet die Gefühle ab, bestimmt ein emotional verarmtes Miteinander, saugt
    allen Beiwohnern die Kräfte ab, ... sie frisst sich durch eine Familie, bis die alle ist.
    Der Süchtige kommt mit etwas Glück am weitesten, die "Retter" (Gespräch suchen,
    Einsicht wecken wollen) fallen oft schon auf halber Strecke aus. Und keiner erfasst,
    worum es wirklich geht. Die Isolation eines Mitgefangenen in einem Suchtsystem
    ist der schwierigste und aus meiner Sicht unmenschlichste Teil, den Du da mitträgst.
    Deine Erschöpfung, die Entmutigung, in meinem Fall sogar Depressionen, scheinen
    so gar nicht begründet (für die Menschen außerhalb der Familienfassade). Heftig!

    Ich lernte viel über die Gebote dysfunktionaler Familien:
    Ein "gutes Kind" spricht nirgendwo über die Suchtprobleme der Eltern.
    Ein "gutes Kind" bekommt sein eigenes Leben gebacken (gefälligst), s. Fassade.
    Ein "gutes Kind" vergnügt sich nicht ausgelassen, die Schwere der Eltern geht vor.
    Usw. ... Es gibt so viele ungeschriebene Gesetze in dysfunktionalen Familien. Und
    alle Lebensgeschichten von (inzwischen) "erwachsenen Kindern suchtkranker Fa-
    milien oder Erzieher" gleichen sich auf verblüffende Weise. Ich fand mich in allen.

    Von mir fiel soviel Druck ab, als ich das erste Mal eine junge Frau von ihrer
    Beklemmung und Scham wegen des Trinkens ihrer Eltern sprechen hörte ...
    Ich war nicht mehr allein, dieses Heimlichtun, Schweigen, alles allein tragen,
    das war schlagartig VORBEI. - Und ich bekam sehr viel Rückendeckung in dieser
    Selbsthilfegruppe damals, MEHR auf mich selbst zu achten, als mir meine Eltern
    das je "erlauben" würden/könnten. Ihre Sucht brauchte mich ohne eigenes "ich".
    Aber ICH, ich brauchte dringend innere Klarheit darüber, wer ich ohne sie war!

    Das hat viele Kräfte in mir gefordert, aber auch hervor gebracht, ganz langsam
    diesen inneren Wechsel zu wagen: Weg davon, was von mir verlangt und scheinbar
    so unumstößlich ist, hin zu: WILL ICH DAS ÜBERHAUPT? FÜHLT ES SICH GUT AN?
    Nein. Aber es ändern, das fühlte sich auf andere Weise schräg und anstrengend an.
    Die Schuldgefühle zeigten mir unmissverständlich, dass mein Verhalten, Machtworte
    für mich selbst zu sprechen, völlig neu und UNKOMPATIBEL mit den Erwartungen
    daheim waren/sind.

    Ich möchte Dir jedenfalls alle nötige Kraft wünschen, diesen Schritt, raus aus dem
    kranken und Dich zerstörenden Gefüge, zu wagen. Egal womit, und egal wann. Nur
    mit dem Wissen, dass unser Leben anders gedacht ist, als im Schatten krank lebender
    Menschen auszuharren. (Die nachweislich nicht anders leben wollen.) Diese Gewissheit
    konnte ich in mir stärken, allein indem ich genesenden Alkoholikern zuhörte, oder
    co-abhängig aufgewachsenen Menschen, die mir ihre Art der Selbstfürsorge mitteilten.

    Das war jetzt viel Text. :-X Ich hoffe, es ist etwas für Dich dabei. :)

    Ich find's toll, dass Du Deine Gefühle und Deine Not ernst nimmst, indem Du Dich
    mitteilst. (Das war für mich damals der schwierigste Teil, das Schweige-Gebot zu
    brechen und meine Wut erstmals zuzugeben.)

    Liebe Grüße und bleib dran!

    Wolfsfrau

  • Hallo verzweifelt,

    erst mal herzlich Willkommen hier bei uns im Forum. Ich habe mich jetzt tatsächlich schwer getan, Dich mit "verzweifelt" anzuschreiben, viel lieber hätte ich Dich mit "hoffnung" o. ä. ansprochen aber Du hast Dir Deinen Nick so ausgesucht und er drückt Deinen derzeitigen Gemütszustand aus. So lese ich es jedenfalls aus dem was Du alles geschrieben hast.

    Ganz kurz zu mir selbst, damit Du weißt mit wer Dir hier schreibt: Ich bin Ende 40, geschieden, wieder verheiratet, mehrfacher Papa. In meiner ersten Ehe lag meine ganze Trinkerzeit. Ich trank mehr als 10 Jahre abhängig, die letzten Jahre davon auf sehr hohem Niveau. Fast meine komplette Trinkerzeit trank ich jedoch heimlich, d.h. ich habe das auch meiner Frau und meinen Kinder gegenüber verheimlicht. Nach Beendigung meiner Sucht zerbrach meine Ehe, mittlerweile bin ich jedoch wieder verheiratet und sehr zufrieden mit meinem Leben. Ich kann für mich selbst sagen, dass ich mich als sehr glücklich empfinde. Und ich trinke jetzt schon seit mehreren Jahren keinen Alkohol mehr.

    Obwohl ich eine, wie ich selbst sagen möchte, recht gute Kindheit hatte, machte ich innerhalb meiner Familie dort regelmäßig Erfahrung mit Alkohol. Mein Opa, bei dem ich vor allem im Vorschulalter sehr viel Zeit verbrachte war wohl Alkoholiker, soweit ich das im Nachhinein beurteilen kann. Jedoch trug er ich mich auf Händen, so dass ich hier keine negativen Erinnerungen habe. Allerdings weiß ich heute, dass dieses "auf Händen tragen" für mein späteres Leben nicht unbedingt ideal war. Aber das ist ein anderes Thema. Mein Vater trank auch kritisch und tut das heute noch. Wobei er nie komplett abgestürzt ist. Er ist einer derjenigen, die ihr Leben lang deutlich zu viel Alkohol trinken, jedoch nie komplett in die Suchtspirale hinein gerutscht sind. Hier habe ich dann schon einige negative Erinnerung aus meiner Kindheit. Jedoch waren das i. d. R. eher peinliche Situationen und nichts, dass mit meiner Rolle als Kind zu tun gehabt hätte. Mein Vater hat mich immer sehr gut "behandelt" und mir seine Zuneigung auf seine Weise so gut er konnte gezeigt. Und das tut er heute noch. Meine Mutter trank nicht, hatte aber immer gut mit meinem Vater zu tun, der auch wenn er nicht trinkt sehr viel Aufmerksamkeit verlangt.

    So, das war jetzt eine längere Vorstellen aber nun weißt Du in etwa wer Dir schreibt.

    Was Dich betrifft bzw. was das betrifft was Du geschrieben hast, da würde ich Dir gern ein paar Gedanken von mir da lassen. Nur das, was ich mir beim Lesen Deiner Geschichte spontan gedacht habe:

    Ich dachte mir, dass da jemand schreibt, der ein sehr schwieriges Verhältnis zu seinen Eltern hat. Jemand, der von seinen Eltern sehr enttäuscht ist und der eigentlich nur, wie jedes Kind, von seinen Eltern ernst genommen und geliebt werden möchte (und das ist auch unabhängig davon wie alt man ist). Diese Liebe aber nicht bekommt, weil die Eltern offenbar nicht dazu in der Lage sind. Der Grund dafür könnte in der Sucht der Eltern liegen, er muss es aber nicht.
    Ein hoher Fokus liegt bei Deinen Eltern offenbar beim Thema Geld. Wobei ich sagen muss, dass Dein Fokus ebenfalls stark darauf ausgerichtet scheint. Allerdings auf andere Weise wie das bei Deinen Eltern der Fall ist. Für Dich scheint das Thema Geld all die Probleme die Du mit Deinen Eltern hast am besten zu verdeutlichen. Ich hatte beim Lesen Deiner Zeilen dann das Gefühl, dass das Thema Alkohol sogar in den Hintergrund gerückt ist. Es las sich für mich so, als ob Du da bereits einen Haken gemacht hast. Deine Eltern trinken und Du glaubst nicht, dass sich daran etwas ändern lässt.

    So habe ich das gelesen. Du bist nicht verzweifelt am Fragen, was Du tun könntest, damit Deine Eltern zur Besinnung kommen, damit sie ihr Trinkverhalten ändern, sondern Du bist verzweifelt, weil Deine Eltern Dich so behandeln wie sie Dich behandeln und Du aus dieser Geschichte nicht heraus kommst. Was ich Dir hier schreibe soll nicht bewertend sein, ich will mir nur klar werden, ob ich Deine Situation richtig einschätze.

    Ich würde Dir gerne eine Frage stellen: Denkst Du, dass sich am Verhalten Deiner Eltern etwas ändern würde, wenn sie ab sofort nicht mehr trinken würden?

    Die Antwort auf diese Frage würde mich sehr interessieren. Ich will dazu nur sagen, dass sich nicht automatisch alles komplett verändert "nur" weil jemand nicht mehr trinkt. Bei Deinen Eltern scheint mir die ganze Sache auch noch etwas komplizierter: Zum Einen kann ich bei Dir nicht herauslesen, dass sich Deine Eltern jemals ernsthaft Gedanken darüber gemacht haben, dass sie Alkoholiker sein könnten und etwas an ihrer Sitution ändern müssten und zum Anderen trinken auch noch alle beide. Also selbst wenn einer von beiden erleuchtet wird, bleibt noch der andere. Mir scheint aber, dass Du Dir dessen bewusst bist und das es Dir gar nicht darum geht, Deine Eltern trocken zu legen. Es geht Dir vielmehr um Dich und Dein Leben.

    Wenn dem so ist, dann hättest Du schon mal viel erreicht. Nämlich die Erkenntnis, dass DU nichts tun kannst um Deine Eltern zu verändern. Du kannst und solltest Dich dringend um Dich selbst kümmern und Dein Leben selbst in die Hand nehmen. Lass Deine Eltern ihr Leben so leben wie sie es möchten, mit Alkohol und allem, was sie sich halt so einbilden. Aktuell ist es aber einfach so, dass Du enorm leidest unter Deiner Situation. Deshalb glaube ich, dass Du da dringend raus musst. Weg aus dem Elternhaus in eigene 4-Wände. Selbst wenn es aus finanziellen Gründen nur sehr kleine 4-Wände sein sollten oder gar winzige 4-Wände, egal. Du musst da raus.

    Du bist eine erwachsene Frau (? oder auch Mann?), Du brauchst Dir nicht mehr von Deinen Eltern vorschreiben lassen was Du darfst und was nicht und es ist auch Deine Sache, ob Du Dein Geld sparst oder zum Fenster raus wirfst. Das geht sie absout nichts mehr an. Ich glaube also, dass es bei Dir um viel mehr geht als die Alkoholsucht Deiner Eltern. Ich glaube Du musst lernen Dich komplett zu lösen, Dich nicht mehr verantwortlich fühlen und Dich um Dein eigenes Leben kümmern. Und ich glaube das musst Du tun völlig unabhängig davon ob und wieviel Deine Eltern trinken.

    Du hast nicht die Verantwortung für Deine Eltern, weder für ihren Alkoholkonsum noch für sonst was. Dein Bruder hat das offenbar recht schnell verstanden und die Biege gemacht. Jetzt bist Du dran.

    Ich vermute jetzt aber mal, dass bei all Deinem Groll, bei all Deinen negativen Gefühlen irgendwas in Dir vorhanden ist, dass Dir diesen Schritt enorm schwer macht. Und ich glaube nicht, dass es nur der finanzielle Aspekt ist. Vielleicht war es auch damals, als Du bleiben "musstest" weil Du nicht so viel verdient hast, ein willkommener Vorwand um diesen Schritt, den Schritt weg von Deinen Eltern in Dein eigenes Leben, nicht tun zu müssen. Aber wie gesagt, ich weiß es natürlich nicht, ich lese es aber so.

    In diesem Zusammenhang finde ich es sehr wertvoll, was Wolfsfrau Dir geschrieben hat. Vielleicht erkennst Du Dich an der ein oder anderen Stelle wieder.

    Das war's jetzt erst mal mit meinen Gedanken. Schön, dass Du zu uns gefunden hast. Alles alles Gute wünsche ich Dir und einen guten Austausch hier im Forum!

    LG
    gerchla

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