Hallo liebes Forum,
auch ich möchte mich kurz vorstellen. Ich bin 43 Jahre alt und Tochter einer
alkoholkranken Mutter...
Meine Ma hat seit ich denken kann (hauptsächlich nur Bier) getrunken. Meine
ersten Erinnerungen daran habe ich, als ich ca. 3 oder 4 Jahre alt war. Meine
Ma kam damals ins Krankenhaus und vorher stritt sie oft mit meinem Vater.
Ich weiß noch, dass ich total angst hatte, die beiden würden sich trennen.
Ich hatte natürlich keinen Schimmer, was da abging. Ehrlich gesagt, habe ich
das auch erst mit ca. 22 Jahren geschnallt. Vorher dachte ich immer, dass
ich Schuld bin am Zustand meiner Mutter und den Streitereien...
Danach folgten in Abständen immer wieder Phasen, wo meine Mutter bewußtlos
wurde und sie irgendwo im Haus rumlag. Oder sie lag im Bett und beschimpfte
irgendeinen aus unserer Familie - meistens meinen Vater. Er war meiner Mutter
quasi "nicht gut genug" und sie liebte ihn auch eigentlich nie. Oder sie saß in
ihrem Sessel, trank, rauchte, schimpfte, predigte, heulte oder verachtete einfach
ihr Umfeld.
Heutzutage liegen viele Gespräche von Vati und mir, Krankenhausaufenthalte von
ihr, ungläubige Reaktionen der Bekannten und Verwandten und jede Menge dieser
fiesen völlig unnützen Streitereien innerhalb der Familie hinter uns. Meine Mutter
bezeichnet sich selbst allerdings nicht als Alkoholikerin, denn sie trinkt ja schließlich
NUR BIER. Woraufhin ich ihr dann sagte, dass ich Nichtraucher sei, weil ich schließlich
nur Light-Zigaretten rauche.
Die schlimmsten Phasen sind die, in denen sie aufhört zu essen. Dann fliesst der
Gerstensaft weiter (und ab und an mal ein kleiner Grappa oder Cherry aus dem
Barfach), aber sie nimmt keine Nahrung mehr zu sich. Mein Vater ist dann immer
fix und fertig und versucht alles, um sie zum Essen zu bewegen. Meistens ohne
Erfolg. Dann wird geraucht, getrunken, verachtet, geheult, geredet und geschlafen.
Für Tage oder Wochen. Zwischendurch isst sie dann mal etwas Knäcke oder ein
gekochtes Ei. Gerade genug, um nicht ganz abzuklappen. Wobei das auch schon
oft vorkam... das sind dann die Momente, in denen sie ins Krankenhaus kommt.
Für mich ist es inzwischen zur Routine geworden. Ich höre mir ihre Vorwürfe und
Verachtungen an, ihre klugen Ratschläge und Weisheiten (denn sie weiß und kann
nahezu ALLES) und sehe meinem Vater zu, wie er älter und älter wird, bis sie ihn
endlich im Grab hat. Wo er ja, laut ihrer Aussage, erst NACH ihr hin soll, denn sie
hat angst auf mich angewiesen zu sein. Womöglich, weil ich ihr nicht das Leben
so zuckersüß und einfach gestalten würde wie mein Dad es tut.
Wenn sie trinkt (ohne zu essen) ist sie für mich nur noch "der Zombie". Eine
fiese, unerträgliche Person im Mama-Kostüm. Ich kann und will sie dann eigentlich
nicht sehen, tue es aber meinem Vater Zuliebe. Und, weil ich wahrscheinlich auch
ein mieses Gewissen hätte, wenn ich mich komplett entziehen würde. Meine jetzt
10-jährige Tochter wurde vor ca. 2 Jahren, leider, Zeuge eines Mama-Angriffs in
(diesmal) meine Richtung. Meine Mutter umklammerte mein Kind und tätschelte
ihr Gesicht und wünschte mir, dass es mir in Zukunft doch bitte auch schlecht
ergehen möge wie ihr und, dass sie jetzt Abschied nehmen möchte mit einem
bestimmten Lied, was ich ihr doch bitte besorgen möge. Ich schrie sie an und
mein Kind weinte inzwischen. Mein Dad, der mich normalerweise IMMER vor die
Tür setzte, wenn ich Mama gegenüber laut wurde, stand teilnahmslos daneben.
Ich trank auch mal eine Weile. Jeden Abend zum Einschlafen. Ich brauchte es,
um runterzukommen. Allerdings habe ich es dann irgendwann gelassen, als ich
einen guten Freund am Telefon genauso behandelt habe wie meine Mutter uns.
So von oben herab und komplett abwertend, borniert und dämlich. Da hatte ich
eine ganze Flasche Rotwein intus und war jenseits von gut und böse.
Ich entschuldigte mich am nächsten Tag bei ihm, denn ich wusste noch fast
alles von dem Gespräch.
Heutzutage rauche ich 2-3 Zigaretten am Tag (immernoch Lights), trinke ab und
zu mal ein Glas Sekt oder Hugo und lebe ein ganz normales Leben. Wenn meine
Ma gesund wäre, wäre alles super.
Liebe Grüsse, Tante Dany