Hallo zusammen,
ich bin Angehörige.Fange mal von ganz vorne an. Mein Vater war Alkoholiker,zuletzt 19 Jahre trocken und leider dann vor 6 Jahren an Krebs verstorben.Ich hatte früher eigentlich immer normale Beziehungen, keiner hatte ein Sucht Problem. Vor 12 Jahren habe ich dann meinen Partner kennen gelernt. Er hatte wenn wir uns gesehen haben seine 2 Bier getrunken oder auch mal Wein mitgebracht. Alles im gesunden Verhältnis.Dachte ich. Da wir uns das erste Jahr nur einmal unter der Woche und am Wochenende sahen ( unterschiedliche Wohnorte). Nach einem Jahr haben wir uns dann ein schönes Zechen Haus zur Miete angesehen und angemietet.Da dieses aber sehr renovierungsbedürftig war bin ich erst mal in meiner Wohnung noch geblieben. Ich habe aus meiner Ehe einen 18 Jährigen Sohn,der damals 6 Jahre alt war und ich natürlich nicht immer mit helfen konnte. Da fing es an das spät morgens schon um 11h die erste Bierflasche getrunken wurde. Es waren dann so 10/11 am Tag verteilt über Wochen,( am Wochenende 1 Flasche Jägermeister ) was ihn auch mir gegenüber immer mehr veränderte. Es wurde mir bewusst das da ein Problem ist. Wann ist der beste Zeitpunkt jemandem zu sagen das er ein Alkoholproblem hat. Den richtigen Zeitpunkt gibt es nicht. Also habe ich ihm dieses gesagt. Klar, es gab erst mal Theater,wie ich nur behaupten kann...
Seine Mutter hat mir dann gesagt das dieses Problem schon viel länger wäre,sie aber nie gedacht hat das es so schlimm wäre.Ich hatte immer im Kopf" Mein Papa hat es auch geschafft warum soll der Mann der mich liebt es nicht auch schaffen. Es war ein langjähriger Kampf vom weniger trinken , ein paar Wochen aufhören, dann wieder trinken weil man ja jetzt Kontrolliert trinken kann bis vor 3 Jahren die Einsicht eine Langzeit Therapie zu machen. Ich bin seit 10 Jahren immer Wege gegangen, für mich.Gruppen , eine Therapie für Kinder von Alkoholkranken Eltern,Ehrenamtlich im Cafe für Suchtkranke Menschen gearbeitet. Es war mir wichtig für mich was zu machen aber auch die Krankheit zu versteh Gruppen gesucht in der Abhängige, sowie Angehörige sind. Seit 3 Jahren gehe ich regelmäßig zu Caritas was mir unheimlich hilft und mich Stark gemacht hat.
Nach seiner 4 Monaten Therapie ist mein Freund Tag für Tag in sein altes Muster wieder verfallen. Kein reden mehr, mich ignoriert,schlechte Laune. "Er hatte durch seinen Job in seiner Selbständigkeit nicht die Zeit für die Nachsorge".Ich habe ihm immer wieder versucht zu erklären das die Nachsorge so wichtig ist. Nein! Es war nicht mehr auszuhalten für mich, denn auch ich habe ein Leben und ein Recht darauf und muss mich nicht derart behandeln lassen. Ich hatte mich getrennt. Dann hat er ca 6 Monate massiv jeden Tag Schnaps getrunken. Irgendwann hat seine Mutter ihn dann erst mal aufgenommen. Monatelang war er bei ihr,hat es bei sich nicht alleine ausgehalten weil ich nicht mehr da war. Irgendwann haben wir uns wieder getroffen ,er war ein paar Monate trocken. Wir sind wieder zusammen gekommen. Nur ich war nicht mehr die alte die alles mit sich machen ließ. Er wurde wieder rückfällig. Früher konnte er zu mir kommen oder ich war bei ihm wenn er wieder aufhören wollte. Habe gekocht gewaschen, geputzt...weil ich dachte das ich ihm helfen kann.Nein, ich konnte ihm nie helfen weil er sich keine Hilfe mehr geholt hat. Uns das gab es nicht mehr. Ich habe ihm ganz klare Grenzen gesetzt, das wenn er meint er muss trinken das ich gehe weil ich mich damit nicht mehr kaputt machen will das zu erleben. Es gab auch keinen Entzug mehr bei dem ich bei ihm war oder er bei mir. Ich habe ihm klar gemacht das wenn er sich Hilfe sucht, ich bereit bin alle Wege mitzugehen. Nein, es lief so hinaus das er bis heute dann zu seiner Mutter geht, dort bekommt er sein Essen, hat sein Bettchen,bekommt Beruhigungstabletten und Schlaftabletten, hat jemanden zum reden und die Welt ist in Ordnung. Seit ca 8 Monaten hat er alle 3-4 Wochen einen Rückfall sodass er sich 8 Tage lang mit 2 Flaschen Schnaps betrinkt. Wenn er mal wieder ein paar Tage trocken ist, selbst dann höre ich eigentlich nichts mehr von ihm. Warum? Er hat ja Mutti die alles macht und tut. Ich habe ihr mehrmals gesagt das sie mit ihrem Verhalten sein Leiden nur in die Länge Zieht und ihr auch geraten das sie sich Hilfe holen soll. Sie macht ihn im Grunde immer wieder trocken für seinen nächsten Absturz.
Er hat sich nochmal für eine Langzeittherapie entschieden. Geht alle 14 Tage zur Diakonie. Die Therapie macht er aber nicht weil er die Einsicht hat, nein,weil er gutes Krankengeld bekommt und die Therapie solange es geht raus zögert damit er das Krankengeld voll ausschöpfen kann.
Vor 14 Tagen war es dann so das er wieder bereit war aufzuhören,mir versprochen hat 2 Tage später mit mir zusammen zur Gruppe zu gehen,damit ich auch sehe das er Wege geht. Ich hatte ihm gesagt das Worte nicht mehr zählen,sondern Taten. Zwei Tage später saß ich in meiner Wohnung und habe vergeblich auf ihn gewartet. Den ganzen Tag kaum Kontakt .Er kam nicht. Irgendwann schrieb er mir abends das er in der Gruppe gewesen wäre. Ich habe darauf keine Antwort mehr gegeben. Zwei Tage später sagte mir seine Mutter das er wieder trinkt. Bis heute ist kein Kontakt. Gestern war es wieder so das sie mich anrief..."ja ich habe ihm gesagt wenn du jetzt zur Gruppe gehst kannst du ab heute wieder hier schlafen und ich mache dir Essen..Ich habe ihr jetzt zu verstehen gegeben das ich das nicht mehr mitmache ,sie muss mich nicht mehr anrufen und mir mitteilen was ihr Sohn macht oder nicht,sie muss mir nicht mehr vor jammern das sie mit fast 70 Jahren keine Lust mehr hat für ihn zu kochen sich die Nächte rumschlägt und voller Sorgen ist usw. .Dann soll sie sich selber Hilfe holen. Sie hängt so in dieser Co Abhängigkeit drin. Ich will das nicht mehr.Ich bin nicht Mutter Theresa die es sich zur Lebensaufgabe gemacht hat sich ein Leben lang um suchtkranke Menschen zu kümmern und das eigene Leben weg wirft.
Jahre und viele Wege habe ich gebraucht um zu lernen das ich keinem Helfen kann wenn er sich nicht Hilfe sucht, Jahre habe ich gebraucht um zu erkennen das ich nicht Schuld bin wenn jemand trinkt. Und solange jemand selber nicht einsieht“ Ich rebelliere,der Alkohol ist stärker und schließe damit jetzt Frieden weil ich jeden Kampf mit ihm verliere“wird er nie aufhören. Ich kann nur jedem Raten, ob Angehörige oder Betroffener sich Hilfe zu holen. Um Gottes willen ich möchte in keinster weise behaupten das es leicht ist davon weg zukommen, doch wenn man will...es gibt so viele Hilfen.Ich war immer offen und bereit alle Wege mitzugehen, doch dazu gehören Zwei. Ich bin so dankbar das mein Vater diese Wege gegangen ist und letztendlich verstanden hatte wie sehr ich darunter gelitten habe und mir sagen konnte"Du warst nicht Schuld"Ich werde weiter für mich nach vorne schauen. Wenn ich merke das es mir nicht gut geht bin ich achtsam mir gegenüber und mache etwas was mir gut tut. Ich bin letztes Jahr das erste mal ganz alleine in den Urlaub geflogen. Ich hatte nie zuvor so ein Wahnsinns Gefühl „Ich lebe“. Es war für mich eine ganz neue Erfahrung Kraft zu tanken...
Libelle1972