ich bin coabhängig und hoffe auf hilfe und antworten

  • hallo zusammen

    ich bin oder besser war 7 jahre die lebensgefährtin von einem alkoholiker.
    ich weiß gar nicht mehr wie oft er zur entgftung war. er hat auch eine langszeittherapie und zwei sechswöchige aufenthalte in einer psychosomatischen klinik hinter sich.
    immer wieder beteuerungen, es wird nicht mehr vorkommen. immer wieder verfiel er dem suff.
    bin ich eine coabhängige? ich denke ja.
    jetzt habe ich ihn auf die straße gesetzt. er ist nun obdachlos und mittellos.
    der kopf sagt es war richtig. das herz sagt nein.
    für eure beiträge und hilfe un meinungen wäre ich sehr dankbar.

    bitte nicht böse sein, dass ich alles klein schreibe - geht halt einfach schneller :)

    lg sutera

  • Hallo und HERZLICH WILLKOMMEN hier im Forum :welcome:

    Kurz zu mir: Ich bin 55, Alkoholiker, seit 10 Jahren trocken und in der Selbsthilfe aktiv.

    Wie Du an dem Beitrag von Schneehibiskus siehst, bist Du mit Deinem Problem beileibe nicht allein.

    Solltest Du weitergehende Hilfe als den Austausch hier im Forum suchen, empfehle ich Dir u.a. unsere Linksammlung.

    Ansonsten wünsche ich Dir einen guten Austausch - und viel Kraft!

    Gruß
    Greenfox

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Hallo schnehibiskus

    lieben dank für deinen beitrag. ich habe deine ganze geschichte auch schon gelesen- sie hätte von mir sein können.
    als ich ihn gestern bei mir nicht mehr reingelassen habe, hat er gebettelt, dass er nur eine nacht hier schlafen will und ich ihm bitte geld geben soll, damit er sich was zum essen kaufen kann.
    ich habe ihm nichtsgegeben.
    er hätte es ohnhin nur wieder in alkohol umgesetzt.
    er hat zu mir gesagt, er will nicht noch mal am bahnhof schlafen und dass er morgen einen termin bei einem ehrenamtlichen helfer wegen einer unterkunft hat.
    ich bin hart geblieben.
    Dann hat er sich vor meinem haus auf den gehweg gesetzt. es war für mich die hölle.
    mir tut es einfach um den menschen so leid. nüchtern hat er mich immer auf händen getragen.
    wir wollten eigentlich zusammen alt werden. ich dachte wirklich ich habe nochmal das glück gehabt, meinen traummann gefunden zu haben und das in einem alter von 48.
    heute geht es mir bescheiden. es kommen immer wieder zweifel, ob ich zu hart war. ;(
    bisher hat er mich über whatsapp einfach zugetextet heute nichts mehr . ist mir irgendwie aber auch nicht recht.
    ich bin innerlich total zerrissen.

    LG sutera

    PS. Würde mich sehr freuen, wenn trockene alkoholiker zu diesem thema auch ihre meinung sagen möchten.

  • noch ein zusatz:

    ich habe es nicht fertig gebracht, ganz mit ihm zu brechen.
    habe ihme gesagt, dass ich es nur als räumliche trennung ansehe und falls er sein leben in den griff bekommen sollte, d.h. einsehen, dass er abstinent leben will und einen job und eigenes einkommen hat, können wir ja vielleicht wieder zusammen kommen.
    war sicherlich auch nicht richtig.
    ihm aber komplett den boden unter den füßen wegzuziehen, habe ichc nicht geschafft.

    heute abend gehe ich das erste mal in eine selbsthilfegruppe für angehörige.

    LG sutera

  • Hallo zusammen,

    war gestern das erste mal bei Al-Anon.
    Am Anfang war das schon irgendwie ein komisches Gefühl. Es waren fast nur Frauen da und ein Quotenmann :)
    Erst habe ich gedacht, ich gehe gleich wieder, aber dann war es sehr hilfreich für mich.
    Die Geschichten wiederholen sich, so hat man den Eindruck.
    Auf alle Fälle habe ich erkannt, dass ich keine Schuld habe.
    Dennoch würde ich meinen vorerst räumlich getrennten Partner gerne unterstützen, falls er auf den richtigen Weg findet.
    Oder ist es besser, vorerst den Kontakt ganz abzubrechen?

    Wie seht ihr das?

    Eines steht für mich auf jeden Fall zweifelsfrei fest. Zu mir ins Haus kommt er defintiv nicht mehr. Da bleibe ich hart.

    Freue mich auf Eure Meinungen und Beiträge. Schon mal vielen Dank.

    LG sutera

  • Hallo Sutera,

    Frauen sind nicht etwa in der Mehrzahl in der Co-Abhängigkeit, weil Frauen eher zu Co-Abhängigkeit neigen, wie Männer. Sie sind in der Mehrzahl, weil auf der anderen Seite der Suchtmittelabhängigen der Anteil der Männer der überwiegt. Also umgekehrt proportional.

    Toll, dass Du für Dich etwas tust. Co-Abhängigkeit, die verkannte Krankheit, wie ich immer wieder sage. Co-Abhängige davon zu überzeugen wollen, dass sie etwas für sich und gegen ihre Co-Abhängigkeit tun müssen, ist oft sehr viel schwerer, wie Süchtige dazu zu bewegen gegen ihre Sucht etwas zu tun.

    Ich bin schon sehr dafür, dass der Suchtkranke durchaus unterstützt wird, wenn er aktiv etwas gegen seine Sucht unternimmt. Allerdings ist m. E. stets große Vorsicht geboten. Leider, so meine Erfahrungen, können Suchtkranke sogar, um die Hilfe durch die Partnerin zu erlangen – man könnte auch schreiben: …um sie weicher zu stimmen …- eine Zeitlang komplett auf Alkohol verzichten, oder den Konsum so ins Heimliche verlagern, dass die Partnerin gar nicht merkt, dass weitergetrunken wird.

    Da es bei der Genesung von der Co-Abhängigkeit auch das Bestreben ist, dass die Partnerin ihre Kontrollfunktion, wie z. B. permanente Atemkontrolle, nach Verstecken suchen, u.v.a.m., aufgibt, und sich nicht mehr um die Verantwortlichkeit des Alkoholikers kümmert, ist die gleichzeitig Hilfe auf dem Weg in die Trockenheit ein schwieriger Balanceakt.

    Aus Deinem bisherigen Erleben mit Deinem suchtkranken Partner weißt Du ja, dass vieles nicht so ist, wie er es vorgeben hat. Alkoholiker, Suchtkranke im Allgemeinen, neigen sehr zu exzellenten Trickserei und sind wahre Meister der Manipulation.

    Wenn Du – für Dich und auf Dich bezogen – die ganze Tragweite Deiner Partnerschaftsbeziehung zu einem suchtkranken Menschen begreifen und verstehen willst, dann empfehle ich Dir einfach mal einen Termin bei einer Suchtberatung auszumachen.
    Ich schrieb darüber hier schon im Forum: Meine Ex-Frau hat die ambulante Therapie bei der Suchtberatung zu keinem Zeitpunkt bereut.

  • hallo Dietmar,

    vielen Dank für Deine Antwort.
    Ja zur Suchtberatung werde ich auch mal gehen.
    Mein Ex lebt jetzt auf der Straße und hat mich angebettelt, ihn wieder aufzunehmen. Habe NEIN gesagt.

    Mein Ex ist ein Quartalsäufer und wenn er getrunken hat, merke ich das sofort. Das kann er nicht vertuschen.
    Außerdem bestehe ich auf einer räumlichen Trennung und wenn er säuft breche ich den kontakt ab. Mir ist schon klar, dass ich aus meinem Verhaltensmuster mit Kontrolle und so weiter auch nicht so schnell aussteigen kann.
    Habe ich ja schon mehrmals versucht und ihm auch oftmals unrecht getan. Daher getrennte Wohnungen und wenn, dann ein langsames Annähern.

    Gestern in der Selbsthilfegruppe waren einige, bei denen es der Partner mit Unterstützung geschafft hat.
    Wenn mein Ex es ernsthaft versuchen würde, würde ich ihn auch unterstützen.
    Aber erst mal sehen, ob er es überhaupt einsieht.
    Mit dem Meister der Manipulation hast du absolut recht. Da ist meiner Weltmeister.

    LG sutera

  • Ich muss mir hier jetzt unbedingt was von der Seele schreiben:

    Es ist verdammt schwer. Mein Partner, den ich vor die Tür gesetzt habe, ist mittlerweile im Obdachlosenheim.
    Dauernd schreibt er mir SMS wie sehr er mich liebt und dass ich ihm helfen soll, damit er sich wenigstens eine Pension nehmen kann oder sich was zu essen kaufen kann.
    Ich habe ihm kein Geld gegeben, das wird in seinem momentanen Zustand ohnehin nur in Alk umgesetzt.
    Ich verstehe das nicht, ich wäre eher böse, wenn mich jemand vor die Tür setzt.
    Er hingegen schreibt wie sehr er mich liebt und wie sehr er mich vermisst.
    Kann es sein, dass es hierbei gar nicht um mich geht, sondern nur darum, wieder bei mir einzuziehen, um bequem weiter saufen zu können?
    Tickt ein Alkoholiker so?
    Am 25.05. hat er angeblich einen Termin zu Entgiftung.
    Ein Bekannter fährt ihn hin. Ich schaffe, das nervlich nicht mehr.
    Ich habe vor ihn zu besuchen und mit ihm zu sprechen. Dann ist er ja nüchtern und man kann mit ihm reden.
    Möchte ihm einfach meine Situation und das dadurch bedingte Verhalten erklären und im Hinblick auf seine Sucht nochmals Tacheles reden.
    Macht wahrscheinlich keinen Sinn, aber ich habe das Gefühl ich muss es für mich tun.

    Je länger ich hier im Forum unterwegs bin und die Beiträge lese, muss ich sagen, dass auch ich verdammt aufpassen muss, was den Alkohol betrifft.
    ich trinke zwar höchstens mal am Wochenende Wein. Wenn ich ehrlich bin, muss ich zugeben, dass es ab und an auch schon mal zuviel ist und ich nicht mehr weiß, wie z.B. der Film im Fernsehen ausgegangen ist.
    Auch gab es in den vergangenen Jahren, nie länger wie eine Woche, in der ich keinen Wein getrunken habe.
    Werde jetzt mal eine Alkoholpause von mindestens vier Wochen einlegen

    LG Sutera

  • Guten Morgen Sutera,

    Zitat

    Ich verstehe das nicht, ich wäre eher böse, wenn mich jemand vor die Tür setzt.

    Das musst Du doch auch gar nicht verstehen. Verstehen lernen solltest Du, was dabei mit und in Dir vorgeht.

    Nur so viel zu Deinem Partner nochmal: Wie bereits mehrfach geschrieben – solange ein Alkoholiker trinken muss, also seine Sucht nicht zum Stillstand bringen kann, ist das Suchtmittel die absolute Nr. 1. Danach kommt lange nichts, und dann, vielleicht, Du (die Partnerin).

    Versuche das mal mit einem nüchternen, klaren und verantwortungsvollen (auch fürsorglichen und liebenden) Blick zu sehen: Wenn es ihm um Dich gehen würde, dann würde er

    - Dich vor seiner Sucht und den dadurch bedingten Ausfällen schützen wollen.
    - Dich nicht mit in seine Sucht hineinziehen.
    - Alles tun, damit er Dir ein nüchterner, verantwortungsvoller Partner sein kann.
    - Seine Verantwortung für sich bei sich lassen, und nicht auf Dich abwälzen. (Bitte nimm mich wieder auf.)

    Wenn er tatsächlich in die Entgiftung geht und Du weißt, wohin er gehen wird, dann würde ich, wäre ich in einer vergleichbaren Situation, Kontakt zu den dortigen Therapeuten aufnehmen und um ein gemeinsames Paargespräch bitten.
    Sie werden dann Deinen Partner fragen, ob er das auch will.
    Dann wirst Du sehr schnell sehen, wie ernst es ihm tatsächlich ist. Oft lehnen nämlich dann die Betroffenen die Gegenwart eines Therapeuten ab, weil sie wissen, dass sie vor dem kein Schauspiel aufführen können.

    Zitat

    Möchte ihm einfach meine Situation und das dadurch bedingte Verhalten erklären und im Hinblick auf seine Sucht nochmals Tacheles reden.

    Du lässt Dich immer noch viel zu sehr in seine Probleme mit hinein ziehen. Ich, als trockener Alki sehe das so: Du hast überhaupt keine Veranlassung, ihm Dein Verhalten erklären zu müssen. Und was seine Sucht anbetrifft, weiß er längst was zu tun wäre, damit eine Partnerschaft mit Dir wieder möglich sein könnte.

    Zitat

    Macht wahrscheinlich keinen Sinn, aber ich habe das Gefühl ich muss es für mich tun.

    Sehr häufig meinen Angehörige, wenn sie endlich dann einmal konsequent handeln und das süchtige Verhalten des Partners nicht mehr unterstützen, sie müssten sich dafür rechtfertigen. Ein großer Anteil in der Co-Abhängigkeit ist ja das fehlgeleitete Gefühl "mit schuld" an der Misere des Alkoholikers zu sein. Der Süchtige weiß das meist für sich (im Sinne seiner Sucht) zu nutzen. Es sind alles "Instrumentarien" um den Grund für die Sucht nicht bei sich, sondern außerhalb zu suchen.
    Kein Mensch muss sich erklären müssen, warum er mit einem saufenden Partner nicht zusammenleben möchte. Es ist Dein alleiniges Recht zu sagen: Ich will das nicht. Punkt.

    Was Deinen eigenen Alkoholkonsum anbetrifft: Sei bloß vorsichtig! Bekanntermaßen ist die Gefahr in den Suchtstrudel zu geraten gerade in solchen Belastungssituationen enorm hoch. Erst trinkt man, um sich zu erleichtern. Dann um die Probleme weicher zu sehen. Dann, weil einem die Probleme über den Kopf wachsen, und schließlich, weil man alles ohne trinken nicht mehr aushalten kann …

  • Ich, als trockener Alki sehe das so: Du hast überhaupt keine Veranlassung, ihm Dein Verhalten erklären zu müssen.

    Und ich, als ebenfalls trockener Alki, sehe es genauso. Abgesehen davon: Den Meisten, die es schaffen trocken zu werden, braucht man es auch nicht mehr zu erklären! Mit nüchternem Kopp habe ich/haben wir selbst gesehen, was wir unseren Angehörigen mit unserem Verhalten angetan haben :-[

    ich trinke zwar höchstens mal am Wochenende Wein. Wenn ich ehrlich bin, muss ich zugeben, dass es ab und an auch schon mal zuviel ist und ich nicht mehr weiß, wie z.B. der Film im Fernsehen ausgegangen ist.
    Auch gab es in den vergangenen Jahren, nie länger wie eine Woche, in der ich keinen Wein getrunken habe.

    Das, was Du da schilderst - und vor dem auch Dietmar warnt - haben wir bei uns in der Gruppe mal als "abhängig durch (Co-)Abhängigkeit" bezeichnet.
    Damit meinten wir (völlig unwissenschaftlich und nur aus unserem Bauch heraus), dass Menschen, die andere abhängige Menschen betreuen, selbst in die Gefahr einer Abhängigkeit geraten.
    Und zu den "abhängigen Menschen" zählten wir auch "von anderen Menschen abhängige Menschen" - also schwer kranke Angehörige zum Beispiel. Denn in unserer Gruppe waren Etliche, die ihre kranken Eltern/-teile betreuten - und die auf Grund dieser immensen körperlichen und seelischen Belastung selbst in die Such gerutscht sind:

    Erst trinkt man, um sich zu erleichtern. Dann um die Probleme weicher zu sehen. Dann, weil einem die Probleme über den Kopf wachsen, und schließlich, weil man alles ohne trinken nicht mehr aushalten kann …

    Und genauso bzw. ähnlich sehen wir es bei Co-Abhängigen: Was hat er/sie wieder angestellt, das ich gerade biegen muss? Hat er/sie sich mal wieder verletzt, dass ich ihn/sie pflegen muss? Keine Hilfe im Haushalt/bei anderen Problemen - man muss alles allein bewältigen. Und, und, und ...

    Auch aus diesem Grund raten wir immer wieder: Achte auf DICH! Sieh zu, dass es DIR gut geht! Er/sie ist selbst für sein/ihr Handeln verantwortlich - lass Dich nicht in den Strudel hineinziehen!

    Ich hoffe, ich habe es halbwegs deutlich rübergebracht, was wir meinen schwitz. ;)
    Von daher finde ich es gut, dass Du selbst auf Dich und DEIN Verhältnis zum Alkohol achten möchtest 44.

    Gruß
    Greenfox

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

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    können wir nur selber tun!

  • Hallo sutera,

    ich habe Deinen Thread jetzt eben nachgelesen, da ich die letzten Wochen unterwegs war und kaum ins Forum geschaut habe. Ich hab' das hier schon häufiger geschrieben und ich schreibe es wieder: Schlimm, einfach nur sehr schlimm wie ein Alkoholiker seine Umfeld mit in den Sumpf zieht.

    Ich bin Ende 40, Alkoholiker und lebe nun schon seit mehreren Jahren ohne Alkohol. Meine Vorschreiber haben Dir ja schon sehr viel (wie ich finde) wertvolles geschrieben. Ich möchte Dir noch kurz von mir Berichten. Ich war ein heimlicher Trinker. Ich hatte damals Familie, also eine Frau und zwei wunderbare Kinder. Ich trank sehr viele Jahre, wie schon gesagt, heimlich. Mein Trinkniveau war zum Ende meiner "Karriere" hin wirklich sehr hoch. Ich trank täglich zwischen 10 und 12 Bier + oft noch eine Flasche Wein, weils mir noch nicht langte. Es liegt mir fern, hier mit meiner Trinkmenge zu kokketieren - Es geht mir viel mehr darum Dir verständlich zu machen, wozu ein Alkoholiker im Bezug auf, ich nenne es jetzt mal "Schauspielerei", fähig ist.

    Diese Mengen, die ich wirklich fast täglich getrunken haben, müssten doch auffallen, oder? Es kann doch nicht sein, dass meine Frau / Kinder nicht mitbekommen haben, dass ich bei diesen Mengen (auf diesem Niveau war ich vielleicht etwa 2 Jahre unterwegs) nicht gemerkt haben, dass ich ein massives Alkoholproblem habe. Dass ich ein richtiger echter Alki bin, ganz tief drin in der Sucht.

    Nun, sie haben es nicht gemerkt. Sie machten sich Sorgen um mich, große Sorgen denn sie sahen, dass ich mich veränderte. Körperlich wie psychisch. Das bemerkten sie sehr wohl und meine Frau war ein ums andere mal völlig verzweifelt weil sie nicht wusste was los war bzw. was sie tun kann.

    Und ich? Ich log und betrog was das Zeug hielt. Mein ganzes Leben bestand nur noch aus einer einzigen Lügenkonstruktion bei Dir ich selbst teilweise nicht mehr wusste, was nun tatsächlich gelogen war und was nicht. Eine Lüge baute auf die nächste auf, meine Kreativität was das Erfinden von glaubwürdigen und teilweise ganz wilden Geschichten betrifft war grenzenlos. Ich täuschte sogar einen schweren, lebengefährlichen Unfall meiner Mutter vor um wieder etwas "Luft" zu bekommen und weiter saufen zu können. Natürlich fand dieser Umfall bei einer Urlaubsreise ihrerseits statt und sie war natürlich dann in einem Krankenhaus recht weit von meinem Wohnort entfernt. Und da musste ich dann natürlich häufig hin fahren um sie zu sehen. Tage, an denen ich in aller Ruhe saufen konnte wie ich wollte. Und jeder hatte Verständnis dafür und natürlich großes Mitleid mit mir armen, der nicht weiß ob seine Mutter durchkommt oder nicht.

    Ok, kannst Du Dir sowas vorstellen? Kannst Du Dir vorstellen wie weit man sein muss, wenn man so eine Story erfindet und diese dann monatelang so ausbaut, dass es immer dramatischer wird und am Ende dann doch noch irgendwie gut ausgeht? Wie charakterlos muss man sein um seine eigene Mutter für sowas zu missbrauchen? Was für ein Mensch muss man sein um so etwas tun zu können?

    Nun, was für ein Mensch muss man denn sein um soetwas tun zu können? Ein ganz mießer Charatker sicherlich, oder? Die Antwort ist: Es reicht vollkommen aus ein starker Alkoholiker zu sein, der sich im Laufe seiner Sucht in eine Parallel- und Scheinwelt geflüchtet hat und keine Ahnung hat, wie er da jemals wieder heraus kommen soll.

    Ich will Dich jetzt nicht damit langweilen, welche Gefühle ich damals dabei hatte und wie das Spiel zwischen meinen (noch vorhandenen) Gewissen und der Sucht funktioniert hat. Fakt ist aber: Alkoholiker sind die besten und überzeugensten Lügner und Schauspieler die es gibt.

    Das wollte ich Dir damit sagen und das ist Grund für diese ganze Abhandlung von mir. Übrigens alles echt, was ich da geschrieben habe, alles selbst von mir so fabriziert.

    Du kannst also jetzt wirklich nur Dir selbst vertrauen. Auf keinem Fall Deinem alkoholkranken Partner oder dem was er von sich gibt. Liebesschwüre.... Oh Gott, die hatte ich sowas von drauf. Und ja, die waren ja sogar ernst gemeint, irgendwie und in dem Moment wo ich sie abgab. Aber das half ja nix.... Es bleibt ja nur gefasel, wenn man als Alki die Sache nicht in die Hand nimmt.

    Es gibt nur eine Möglichkeit, eine Einzige aus meiner Sicht, um etwas zum Positiven zu verändern. Und dass ist, dass der Alkoholiker seine Sucht bekämpft und alles dafür tut sie zu besiegen. Idealerweise von sich selbst aus, ohne dass er dazu "gezwungen" wird. Es klappt aber auch manchmal über Zwang, wenn der Alkoholiker während z. B. einer Therapie erkennt, welche Vorteile ein trockenes Leben hat. Aber erst mal egal: Ohne das aktive Vorgehen gegen die Krankheit wird nichts passieren. Die ganzen Lippenbekenntnisse kannst Du alle vergessen. Ich trinke weniger, bla bla, ich trinke nur noch in Gesellschaft, bla bla, morgen höre ich auf, bla bla - kannst du gerne unendlich fortführen.

    Entgiftung machen und dann weitere Hilfangebote annehmen. Zum Arzt gehen, dort alles besprechen, das weitere vorgehen planen. Evtl. dann eine Therapie beantragen, eine SHG besuchen oder was auch immer für Hilfangebote annehmen. Und dann an der Aufarbeitung der eigenen Sucht arbeiten - so kanns es dann funktionieren. Die Wege raus sind vielfältig, genau wie die in die Sucht hinein.

    Und Du? Du bist auch hier erst mal nur Statist. Kannst nicht viel tun. Der Antrieb muss vom Alkoholier kommen. Du kannst, wenn er wirklich konkrete Maßnahmen vornimmt (nur entgiften ist übrigens VIEL zu wenig und wird zu nichts führen wenn er für die Zeit danach keinen Plan hat), überlegen ob Du ihn begleiten möchtest. So lange er nicht rückfällig wird könntest Du ihn unterstützen, wo das notwendig ist. Aber Du steht da nicht in der Pflicht. Denn es sein Leben und er hat gesoffen. Nicht Du. Du bist für Dein Leben verantworlich, er für seines.

    Übrigens, sollte er trocken werden, wirst Du sicher einen anderen Menschen vor Dir haben als den den Du jetzt kennst. Also auch anders als den, den Du aktuell im nüchteren Zustand kennst und den Du liebst. Wenn eine Therapie erfolgreich ist, ist "man" am Ende ein anderer Mensch. Ich habe selbst keine klassische Therapie gemacht, jedoch recht viel alternative Dinge unternommen um meine Sucht zum Stillstand zu bringen und mein Leben wieder in den Griff zu bekommen. Ich bin heute ein ganz anderer Mensch als damals, ich bin aber auch ein ganz anderer Mensch als der, der ich vor meiner Trinkerzeit war. Das ist einfach so und das muss auch so sein, glaube ich zumindest.

    Ich wollte Dir nur ein paar Anregungen geben. Ich glaube auf jeden Fall, dass es wichtig ist, dass Du hart bleibst, auf Dich schaust, Dich um Dich und Deine Gefühle kümmerst. Er muss jetzt mal selbst sehen, was er tun will. Wenn Du ihm wieder "hilfst", wirst Du ihm wahrscheinlich einen Bärendienst erweisen.

    Alles alles Gute wünsche ich Dir.

    LG
    gerchla

  • Hallo Dietmar,
    Hallo Greenfox,
    Hallo Gerchia,

    vielen vielen Dank für Eure ausführlichen Antworten. Ich bin so froh, dass ich mich in diesem Forum angemeldet habe. Ihr seid mir eine echte Stütze. Ihr habt absolut recht. Ich spiele nur die zweite Geige.
    Dietmar hat mit seiner Aussage ja so recht:

    "Wenn es ihm um Dich gehen würde, dann würde er

    - Dich vor seiner Sucht und den dadurch bedingten Ausfällen schützen wollen.
    - Dich nicht mit in seine Sucht hineinziehen.
    - Alles tun, damit er Dir ein nüchterner, verantwortungsvoller Partner sein kann.
    - Seine Verantwortung für sich bei sich lassen, und nicht auf Dich abwälzen. (Bitte nimm mich wieder auf.)"

    Ich bin euch so dankbar für Eure ehrlichen Worte. Ich hoffe ich nerve Euch nicht. Aber ich würde gerne, wenn ich darf, einfach weiter über den Verlauf berichten. Eure Sicht ist mir sehr wichtig. Und hilft mir persönlich sehr.

    LG Sutera

  • Guten Morgen sutera,

    also erst mal: Du brauchst Dir keinen Kopf darüber machen, ob Du uns hier langweilen könntest. Denn Du langweilst uns ganz sicher nicht. Schreib' hier einfach wenn Dir danach ist. Schreib' hier das, wovon Du denkst Du willst es schreiben. Genau dafür ist sind wir ja da. Wenn wir etwas dazu zu sagen haben, dann werden wir Dir unsere Sicht der Dinge mitteilen. Davon wiederum kannst Du dann profitieren bzw. Dir das herausziehen, von dem Du glaubst das es Dir hilft oder Dich weiter bringt.

    Ich bin jetzt schon einige Jahre hier und ich kam hier an, als ich schon eine gute lange Zeit trocken war. Also nicht als akut Ratsuchender. Trotzdem hat mir dieses Forum hier, obwohl ich nicht in akuter Not war, sehr sehr viel gegeben und gebracht. Durch das viele lesen und später auch schreiben bekam und bekomme ich immer wieder Denkanstösse, die mich in der Entwicklung meiner Persönlichkeit voran bringen. Und dabei geht es bei mir jetzt schon lange nicht mehr darum, dass ich nichts mehr trinke. Das ist mittlerweile normal für mich. Aber ich will mich ja weiter entwickeln und persönlich voran kommen. Auch dafür finde ich dieses Forum und die Erfahrungen die hier ausgetauscht werden sehr wertvoll.

    Ich glaube dass Du davon auch sehr sehr profitieren kannst. Also schreibe hier wann immer Dir danach ist!

    Zu Deiner Frage betzüglich des Zitierens:

    Als erstest markierst Du den Text, z. B. den von Dir abgeschriebenen Text von Dietmar und anschließend kopierst Du ihn. Das kannst Du z. B. mit den Tasten STRG+C auf Deiner Tastatur machen oder mit einer anderen Kopierfunktion. Dann findest Du oberhalb des Textfensters in dem wir hier alle schreiben eine Leiste mit verschiedenen Symbolen, also da sind z. B. die ganzen Smileys aber auch viele andere quadratische Kästchen. Eines davon (bei mir befindet es sich genau über dem 44. Smiley) sieht aus wie eine viereckige Sprechblase. Da klickst Du drauf und dann siehst Du das im Textfeld, da wo Dein Coursor stand, folgendes erscheint [ quote][/quote]

    Zwischen den eckigen Klammern fügst Du nun Deinen kopierten Text ein. Du hast dann also vorne ein quote und hinten ein /quote jeweils mit den eckigen Klammern abgeschlossen. Und zwischen den beiden quotes steht Dein Text. Und schon hast Du Dein Zitat. Ich hoffe es war einigermaßen verständlich.... :o

    Bis bald und

    LG
    gerchla

  • Als Ergänzung wegen den Zitaten: Nicht wundern - nur in Deinem geschriebenen Text siehst Du die eckigen Klammern [ quote]Testtext[/quote]. Erst wenn Du den Text abschickst ist das Zitat als solches zu sehen

    Zitat

    Testtext

    Und als Ergänzung zu

    Ich bin jetzt schon einige Jahre hier und ich kam hier an, als ich schon eine gute lange Zeit trocken war. Also nicht als akut Ratsuchender. Trotzdem hat mir dieses Forum hier, obwohl ich nicht in akuter Not war, sehr sehr viel gegeben und gebracht. Durch das viele lesen und später auch schreiben bekam und bekomme ich immer wieder Denkanstösse, die mich in der Entwicklung meiner Persönlichkeit voran bringen. Und dabei geht es bei mir jetzt schon lange nicht mehr darum, dass ich nichts mehr trinke. Das ist mittlerweile normal für mich. Aber ich will mich ja weiter entwickeln und persönlich voran kommen. Auch dafür finde ich dieses Forum und die Erfahrungen die hier ausgetauscht werden sehr wertvoll.

    Ist bei mir genau dasselbe 44.

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Guten Tag, Sutera,
    ich bin Alkoholiker und schonlänger trocken. Lese ich deinen Beitrag, bin ich überzeugt davon, dass du richtig gehandelt hast. Es macht keinen Sinn, aus lauter Anhänglichkeit an einen Alkoholiker mit ihm gemeinsam Selbstmord zu begehen.
    Dass das weh tut, ist eine andere Frage. Aber leider tun wir Menschen uns gegenseitig oder uns selbst oft und manchmal gern weh.

    Gruß

    Laurids

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