Ich will leben
Jahre des missbräuchlichen Konsums von Alkohol liegen hinter mir. Mir fällt der Abschied schwer, sehr schwer. Im Gegensatz zu den meisten Menschen habe ich Alkohol bereits in frühster Zeit zweckmäßig eingesetzt. Für mich stand früh fest, dass ich Alkoholiker bin. Ich hatte mich damit abgefunden. Oder besser, ich hatte mich damit angefreundet. Aus der Not machtre ich eine Tugend, ich machte den Alkoholismus zu meinem Hobby.
Ich ersetzte Freunde durch Alkohol, Gefühle ließ ich durch Alkohol kontrollieren, aushebeln, verstärken... oder gänzlich verschwinden. Arbeiten und Alkohol – diese Dinge stellten meinen Lebensinhalt. Ich kann nicht sagen, dass ich es nicht gerne gemacht habe. Aber wie es mit Hobbies so ist, die meisten kosten etwas. Im Falle des Alkohols waren die Kosten anfangs sehr gering. So wenig, für soviel positives. Keine Gedanken, Entspannung, Zeitvertreib, Ruhe und das für mich wichtigste: Das Gefühl unbesiegbar zu sein, solange die Flasche griffbereit steht.
Aber ich übertrieb es Maßlos. Die Kosten stiegen. Ich beanspruchte meinen Körper zu sehr, nahm ihm die Möglichkeit sich zu erholen, zu heilen, zu wachsen und reifen. Die positiven Effekte die der Alkohol mir brachte, sie wurden immer geringer, bis nichts positives mehr übrig war. Als ich merkte dass ich diesem Kreislauf nichtmehr entkommen konnte, brach jeder Widerstand. Der Alkohol übernahm mein Handeln. Wenn ich nicht genug trank quälten mich Panikattacken, Gedanken und Wahnvorstellungen. Ich wandelte durch die Welt wie ein Zombie aus einem schlechten Film. Leere Augen, leerer Kopf und unfähig aufzuhören. Die Folgen wie einen Krampfanfall tat ich mit einem Lächeln ab – schon schlimmeren Muskelkarter gehabt- .
Das Gefühl " Nüchtern", es war lange nicht gewünscht.
Ich kenne kein Leben ohne Alkohol. Es liegt zu weit zurück, ich habe es nie vermisst. Der Spruch " Ich trinke nie wieder", es gab ihn in meinem Wortschatz nicht. Egal wie schlecht es mir ging, ich trank gerne. Und genau das macht es so schwer:
Ich war bereit, den Konsum mit meinem Leben zu bezahlen. Ich bereue es nicht. Unter allen Wegen und Alternativen die das Universum für mich hätte bereit halten können, ist ein Weg evtl. Schon der Beste. Und gewählt hatte ich sowieso schon.
Vor einem Jahr sollte ein Leben allerdings in andere Bahnen gelenkt werden Ich wollte schneller höher hinaus. Ich wollte MEHR!
Der Alkohol stand mir im Weg, also weg mit ihm.... Diesen Kampf sollte ich schlett verlieren. Der Konsum kostete mich meine Existens. Bis dahin dachte ich, ich sei bereit mit meinem Leben zu bezahlen, also zerstörte ich in meinem Wahn die Reste meines Seins, - aber sterben ließ mich der Alkohol nicht. Als ich alles verloren hatte, nahe dem Tode, merkte ich dass ich es doch nicht war Ich war eben nicht bereit zu sterben. So begann ich den Kampf erneut.
Mein Leben welches keine Bedeutung für mich hatte, ich glaube, ich muss erst lernen, dass es Bedeutung haben kann. Für jemanden der die Möglichkeit hatte ohne Alkohol zu leben stellt sich diese Frage evtl. Nicht, aber ich mzss mein Leben neu kennen lernen, lernen zu leben. Ich will lernen ohne Alkohol zu leben. Für mich ist diese Vorstellung unbeschreiblich schwierig zu verstehen und zu greifen.
Die Perspektivlosigkeit die mich so lange quälte...:
Kein Job, keine Wohnung, keinen Führerschein und schlechte finazielle Aussichten, falsche Freunde, falsche Vorstellungen, wie ein Leben aussehen muss, sie quält mich heute nicht mehr. Ich dachte ich kann nichts mehr machen ausser trinken und mein Leben wegwerfen wie ein schlechtes Blatt beim Poker. Aber ich lebe, also kann ich auch versuchen das Beste daraus zu machen und ein Leben finden, welches ich mir bisher nicht vorstellen konnte. 10 Tage Entzug, 4 Wochen offene Station und 10 Wochen Therapie am Stück haben mir geholfen meine Gedanken zu Ordnen, wieder Schattierungen und Farben zu sehen und wieder Licht am Ende des Tunnels. Diese Zeit war für mich sehr hilfreich, sie war wertvoll. Anstatt auf das zu sehenm was ich verloren habe, blicke ich auf das, was ich Gewinnen kann. Und ich will es nicht riskieren, wieder alles zu verlieren. Heute stehe ich vor Euch.(12.01.2016). Ich bin wieder Mensch. Ich betrachte mein altes Leben als wertvolle Erfahrung. Ich bin jetzt in der Lage meine Gefühle zuzulassen und zu erleben. Ich habe keine Angst mehr vor ihnen.Ich nehme mein altes Leben als Mahnmal mit in mein neues Leben, in der Hoffung nicht zu vergessen. Bereit sein zu leben, heißt auch bereit sein die schlechten Seiten zu erleben und zu ertragen.
Dennoch: Sollte ich einen Rpckfall haben, und er wird kommen, da bin ich mir sicher, dann bin ich beret wieder aufzustehen, ihn zu akzeptieren und als Teil meines Lebens anzunehmen. Mein altes Leben kann ich nicht wieder haben. Ich will es auch nicht mehr. Ich will MEHR. Die Lebensqualität die ich ohne den Konsum erfahren habe, ich will sie bewahren und nicht mehr missen. Als ich zu meiner bisher letzten Entgiftung antrat wählte ich das Leben. Ich wähle auch jetzt das Leben und will dem Alkohol nicht nochmal die Chance geben mich zu töten.
Ich gebe auf. Ich gebe auf in der Hoffnung, dass ich lerne, wie es ist ohne Alkohol zu leben.
Wie es ist ohne Kampf zu leben.