Hallo, ich bin neu hier......

  • ......und bin Co-Abhängig. Mein Mann hat psychische Probleme und versucht diese durch Alkohol
    zu " lösen ". Das geht seit Jahren so und ich kann langsam nicht mehr.
    Ich bin seit einem Jahr bei einer Psychotherapeutin und erkenne dadurch so langsam, dass ich
    mein Verhalten ändern muss. Das fällt mir sehr schwer.
    Mein Mann geht seit ein paar Monaten endlich auch zur Psychotherapie.
    Ach ja, ich bin 57 Jahre alt, berufstätig und habe keine Kinder.
    Mit meinem Mann bin ich seit 1993 zusammen.
    So, das war eine kurze Schilderung meiner Situation, ich freue mich auf dieses Forum und hoffe
    auf einen regen Austausch.

  • Hallo, Lilly, und Herzlich Willkommen hier im Forum! :welcome:

    Auch als Betroffener wünsche ich Dir/uns einen guten Austausch! Hier findest Du etliche Angehörige, mit denen Du Dich austauschen und vielleicht von deren Erfahrungen profitieren kannst. Aber vielleicht kannst Du ja auch von uns Betroffenen ein paar Aspekte erfahren, die Dir helfen können.

    Ans Herz legen möchte ich Dir auch unsere Linksammlung.

    Aber lies Dich erst einmal ein wenig ein und schmöker Dich hier durch.

    Gruß
    Greenfox

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Hallo Lilly!

    Willkommen in unserer Runde!

    Du hast erkannt, dass Du Co-abhängig bist, das ist schon mal die Voraussetzung um zu gesunden.
    Gleichzeitig machst Du seit einem Jahr eine Therapie.
    Schwerpunktmäßig wegen Deiner Co-Abhängigkeit oder sind da noch andere Probleme?

    Leider hast Du nicht geschrieben, was für „psychische Probleme“ Dein Mann hat.
    Allgemein kann man nämlich schon sagen, dass es recht viele Abhängige gibt, die Gründe suchen um Alkohol zu konsumieren, und dabei sehr erfinderisch sind.
    Auch die andere Seite, nämlich dass überhaupt erst psychische Probleme auftreten, weil jemand abhängig trinkt, ist sehr häufig.

    Du schreibst auch: "Mein Mann geht seit ein paar Monaten endlich auch zur Psychotherapie."
    In der Regel wird für die Psychotherapie die Voraussetzung gesetzt, dass der Patient nüchtern ist.
    Das würde ja dann bedeuten, dass Dein Mann "seit ein paar Monaten" nicht mehr trinkt?
    Andererseits schreibst Du "ich kann langsam nicht mehr", was ja im Widerspruch zu der meist auftretenden Hoffnung steht, wenn der betroffene Alkoholiker "endlich" etwas gegen seine Sucht macht?

    Du findest hier im Forum sowohl Angehörige und Co-Abhängige, wie auch Alkoholiker, trockene und teils auch noch moderat nasse.
    Wie kann Dir das Forum helfen, was erwartest Du von ihm?

    Lieben Gruß
    Dietmar

  • Hallo,
    vielen Dank für die Antworten.
    @Dietmar,
    ich möchte gerne deine Fragen beantworten.
    Mit der Therapie habe ich begonnen, weil ich mit der Situation zuhause nicht mehr zurecht kam.
    Die Co-abhängigkeit hat dann die Therapeutin festgestellt. Ich hatte davon keine Ahnung.
    Natürlich habe ich alles getan, was zu dieser Diagnose gehört ( Alkohol weggeschüttet, meinen Mann
    geschützt u.s.w.). Auch dass er ein echtes Alkoholproblem hat wurde mir erst vor kurzem klar.
    Es ist nun auch nicht so, dass er täglich Unmengen trinkt. Aber er trinkt zum Beispiel sehr oft
    wenn ich nicht zuhause bin, er also allein ist. Oder wenn er Probleme mit seiner Familie, den Kollegen
    oder mit sich selbst hat.
    Seine psychischen Probleme hat er bereits seit langer Zeit, ca 12 Jahre würd ich tippen.
    Meiner Meinung nach sind es Depressionen und Angststörungen. Er hat sich jahrelang geweigert
    professionelle Hilfe anzunehmen. Im letzten Jahr ergab sich dann ( zum Glück) folgende
    Situation. Ein Freund war zu Besuch und wir saßen auf der Terrasse, es war nachmittags.
    Mein Mann ging oft in die Küche und ich bemerkte, dass er trank. Er hat sicher eine halbe Flasche Ouzo
    geleert. Da ich zu der Zeit bereits durch meine Therapeutin gelernt hatte, ihn nicht zu schützen,
    ließ ich die Situation laufen.
    Irgendwann ging er zu Toilette,und der Freund sprach mich an, was mit ihm los sei.
    Ich sagte es ihm. Daraufhin hat unser Freund sich eingemischt und mehrere Tage mit meinem
    Mann geredet. Er hat ihn dazu bekommen sich einen Therapieplatz zu suchen.
    Ich muss aber feststellen, dass sich die Alkoholabstürze seit Beginn der Therapie vermehrt haben.
    Das kann auch gut sein, ich weiß.
    Natürlich weiß ich auch nicht, was er dort bespricht und ob er über sein Alkoholproblem in aller
    Offenheit redet. Ich habe auch schon oft bemerkt, dass er sich selbst belügt. Und mich natürlich
    auch. Er hat Phasen, da geht er häufig in den Keller und kommt mit jedem Mal betrunkener
    wieder in die Wohnung. Darauf angesprochen leugnet er getrunken zu haben. Das ist schon häufiger
    passiert.
    Mit dem - ich kann nicht mehr - meine ich genau solche Dinge. Natürlich hoffe ich in den trockenen
    Phasen immer wieder und immer wieder, aber ich werde immer wieder enttäuscht.
    Und das seit Jahren. Mein Vertrauen ist gen Null gesunken.

    Ich hoffe in diesem Forum Menschen mit ähnlichen Problemen zu finden. Vielleicht hilft mir der
    Austausch, ich kann ja mit kaum jemanden darüber reden. Meine Therapeutin tut mir sehr gut, aber
    es wäre schön auch noch von anderer Seite Hilfe und Erfahrungen zu bekommen.

    So, das war es zunächst einmal,

    lieben Gruß

    Lilly

  • Danke für Deine Ausführungen.
    Ich möchte aber noch mal kurz nachfragen: Wie ordnest Du seine psychischen Probleme zeitlich ein - bevor er anfing zu trinken oder begannen diese danach?

    Denn oft sind derartige Probleme das Ergebnis des Alkoholmißbrauchs und verschwinden oft wieder, wenn derjenige mit dem Trinken aufhört (war z.Bsp bei mir so). Es gibt aber auch viele Menschen, die benutzen irgendwann den Alkohol, um die psychischen Probleme (Depressionen, Zwangsstörungen u.ä.) zu ertragen, diese zu betäuben und rutschen dadurch - zusätzlich zu diesen Problemen - auch noch in die Sucht.

    Ansonsten finde ich es schon mal gut, dass der Freund überhaupt soweit zu ihm vorgedrungen ist, dass er einen Therapieplatz angetreten hat! Ich glaube, ICH hätte mich damals vehement dagegen verwehrt.
    Okay, was er in der Therapie macht und inwieweit er sich darauf einlässt - das steht auf einem ganz anderen Blatt. Aber vielleicht hilft es ja trotzdem dabei,einen mentalen Schalter bei ihm umzulegen.
    Ich persönlich bin auch erst durch eine (von meinem Arbeitgeber) aufgezwungene Teilnahme an einer therapieähnlichen Gruppe im Laufe der Zeit, vor allem durch die ständigen Gespräche mit anderen Betroffenen, zu der Einsicht gekommen, dass ich Alkoholprobleme haben könnte ... habe ... ich Alkoholiker bin. Und erst DANN (nach dieser Einsicht) konnte ich dagegen etwas tun, aktiv werden. Davor hätte und habe ich mich "mit Händen und Füßen" gewehrt.

    Ich drück Euch beiden die Daumen!

    Gruß
    Greenfox

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Liebe Lilly,

    ich meine, dass es wichtig ist uns darauf zu einigen, weswegen, bzw. wegen „wem“ Du hier bist.
    Nämlich wegen Dir.
    Es bringt nämlich überhaupt nichts, und würde Deine Co-Abhängigkeit sogar noch negativ unterstützen, wenn wir hier über Deinen Mann reden.

    Sehr positiv ist Deine Erkenntnis, ohne Hilfe noch kränker zu werden und letztlich, was so selten leider nicht ist, zusammen mit Deinem Mann „unterzugehen“.
    Deswegen ist es immens wichtig, dass Du in dieser Situation (so weit das möglich ist!) Deinen Weg gehst und, als Co-Abhängige, gesundest.

    Als ich, als betroffener Alkoholiker, Anfang der 90er Jahre meine erste Langzeittherapie gemacht habe, war es unter anderem mit eines meiner ersten Anliegen, dass meine damalige Frau etwas für sich tut, d. h. ebenfalls in Therapie geht und, was sie auch getan hat, sich einer Selbsthilfegruppe, das war Al-Anon, für Angehörige von Suchtkranken anschließt.
    Ich muss sagen, das war eine ganz hervorragende Vorgehensweise.
    Bestimmt findest Du bei Dir in der Nähe auch so eine Gruppe!

    Du weißt inzwischen sicher durch Deine Therapie, dass Co-Abhängigkeit im Grunde genommen genauso schädigend und belastend ist, wie die Sucht selbst.
    Vor kurzem hat hier eine Forumsteilnehmerin über Co-Abhängigkeit geschrieben, und, wie ich finde, die Sache wirklich im Kern getroffen:
    "Wenn Du weiter trinken möchtest, ist das Deine Angelegenheit." (Liegt bei Dir. Ohne Abwertung.)
    "Wenn Du aufhören möchtest, ist es unsere." (Bekommst Du jede Unterstützung von mir.)
    Evtl. noch: "Wenn Du in die Klinik (Entzug) möchtest, sag Bescheid, ich fahre Dich." - Ende.
    (Findest Du im Angehörigenbereich hier im Forum unter „Meine Mutter ist alkoholkrank …“)

    Natürlich ist es eine sehr schwere Situation, wenn Dein Mann weitertrinkt (trotz Therapie) und Ihr ja zusammen wohnt. Aber Du solltest Dich so weit das möglich ist, von ihm dann abgrenzen, wenn er trinkt.
    Nur soviel dazu, ob seine Therapeutin von seinem Alkoholproblem weiß oder nicht: Normalerweise lehnen Therapeuten einen Patient ab, wenn er weitertrinkt, weil in "nassem" Zustand keine zielführende Therapiearbeit möglich ist.

    Ich möchte jetzt nicht gleich so weit gehen und schreiben: Setze ihm ein Ultimatum.
    Das schreibt sich außenstehend immer sehr leicht, auch, wenn es leider in den allermeisten Fällen die richtige Vorgehensweise wäre. Ein Süchtiger nimmt in nassem Zustand die Gesamtsituation, also auch, dass ggf. seine Ehe oder der Arbeitsplatz in Gefahr ist, schlicht nicht real wahr. Zudem Süchtige Meister der Manipulation sind.
    Davor musst Du Dich schützen.

    Klare Ansagen: Wenn Du trinkst, trink, aber von mir bekommst Du dann keine Hilfe und ich gehe meinen Weg auch ohne Dich.
    Wenn Du aufhören möchtest, unterstütze ich Dich und werde bei Dir bleiben.
    Wenn Du weitertrinkst musst Du damit rechnen, dass ich über kurz oder lang meinen Weg alleine, ohne Dich weitergehen werde.

    Nochmal: Es geht jetzt um Dich, und Du bist hier und suchst nach Hilfe für Dich.

    Lieben Gruß
    Dietmar

  • Hallo Lilly,

    ich gehöre zur Alkoholikerfraktion, also bin nicht Co-Abhängig. Und seid ein paar Jahren trocken.

    Das was Du so von Deinem Mann beschreibst sind ganz typische Verhaltensweisen eines Alkoholikers. Vieles davon kenne ich von mir selbst. Bei mir war es zwar eine etwas andere Situation weil ich meine Trinkerrei recht gut verheimlichen konnte. Trotzdem gab es natürlich die klassischen Momente, also z. B mal schnell den Raum verlassen und schnell was in sich rein schütten oder leugnen usw. Dein Mann ist krank, ich denke das ist Dir bewusst.

    Leider ist es so, dass Du ihm unmittelbar erst mal nicht helfen kannst. Wahrscheinlich hat Dir das Deine Therapeutin auch schon erzählt. Er muss selbst zu der Erkenntnis kommen, dass er etwas gegen siene Krankheit unternehmen will. Vielleicht muss er erst mal akzeptieren das er krank ist.

    Zitat

    Und erst DANN (nach dieser Einsicht) konnte ich dagegen etwas tun, aktiv werden. Davor hätte und habe ich mich "mit Händen und Füßen" gewehrt.

    Greenfox hat es hier auf den Punkt gebracht: Erst die Einsicht, dann kann man auch aktiv werden. Für Dich bedeutet das, dass Du ihn erst dann richtig helfen kannst, wenn er bereit ist etwas zu tun. Vorher wirst Du ihn nicht erreichen und kommst über Deine Co-Abhängigkeit immer tiefer rein in den Sumpf. Dann domiert seine Alkoholsucht nicht nur sein Leben komplett sondern auch Deines. Das gilt es zu verhindern. Und deshalb bist Du ja auch hier bzw. bei der Therapie und das finde ich super.

    Du wirst hier sicher auch noch mit anderen Co-Abhängigen (oder EX-co-Abhängigen) sprechen können. Und bestimmt auch den ein oder anderen Hinweis für Dein weiteres Vorgehen bekommen.

    Ich wünsche Dir auf jeden Fall alles alles Gute und einen guten Austausch hier.

    LG
    gerchla

  • Ich noch mal ...

    Es geht jetzt um Dich, und Du bist hier und suchst nach Hilfe für Dich.

    Da hat Dietmar absolut recht!
    Meine Fragen/Ausführungen waren zum Einen rein Interessehalber. Zum Anderen möchte ich Dir aber auch ein paar Aspekte der Sucht aufzeigen. Selten (mir ist kein Fall bekannt, hat aber nix zu heissen) verhält sich ein Suchtkranker so, um seine Umwelt, seine Angehörigen/Freunde zu ärgern - er/sie verhält sich vielmehr so, um weiter sein /e Suchtmittel zu konsumieren. Und das möglichst ungestört.

    Er belügt Dich also nicht, weil er Dir etwas Böses will - sondern weil er nicht will, dass Du ihm sein "Spielzeug" wegnimmst (mal harmlos ausgedrückt).

    Am besten hilfst Du ihm (und Dir!), indem Du ihm NICHT hilfst, sondern Dich um DICH und DEIN Wohlergehen kümmerst.
    Hier kannst Du es besser nachlesen, als ich es ausdrücken kann.

    So, nu reicht's aber erstmal ...

    Gruß
    Greenfox

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Guten Morgen und vielen lieben Dank für die Antworten.
    Es tut sehr gut eure Meinung zu hören. Und es bestätigt mich auf meinem Weg.
    Zu folgender Frage :

    Ich möchte aber noch mal kurz nachfragen: Wie ordnest Du seine psychischen Probleme zeitlich ein - bevor er anfing zu trinken oder begannen diese danach?

    Die psychischen Probleme waren zuerst da. Er erklärte mir einmal, dass der Alkohol ihm dabei hilft
    nicht nachzudenken. Er flüchtet dann in den Schlaf. Und meint dadurch seinen Kopf frei zu bekommen.

    Liebe Grüße

    Lilly

  • Liebe Lilly,

    Zitat


    Wie ordnest Du seine psychischen Probleme zeitlich ein - bevor er anfing zu trinken oder begannen diese danach?

    Die psychischen Probleme waren zuerst da. Er erklärte mir einmal, dass der Alkohol ihm dabei hilft
    nicht nachzudenken. Er flüchtet dann in den Schlaf. Und meint dadurch seinen Kopf frei zu bekommen.


    Ich bin mir sicher, Du weißt die Antwort darauf schon längst.
    Was Dein süchtiger Mann hier konstruiert, das ist sehr trickreich und soll seine Sucht beschönigen: Ich trinke weil ….
    (Mir fällt da gerade der kleine Prinz ein:
    Der nächste Planet wurde von einem Säufer bewohnt. Sein Besuch war nur sehr kurz, doch versenkte er den kleinen Prinzen in eine tiefe Traurigkeit:
    • »Was machst du hier?«, sprach er zu dem Säufer, den er stumm sitzend vor einer Reihe leerer und einer Reihe voller Flaschen vorfand.
    • »Ich trinke«, antwortete der Säufer mit düsterer Miene.
    • »Und warum trinkst du?«, fragte der kleine Prinz.
    • »Um zu vergessen«, antwortete der Säufer.
    • »Was willst du vergessen?«, fragte der kleine Prinz, der ihm schon leid tat.
    • »Ich will vergessen, dass ich mich schäme«, gestand der Säufer und ließ den Kopf hängen.
    • »Über was schämst du dich?«, fragte der kleine Prinz beharrlich weiter, denn er wollte ihm helfen.
    • »Ich schäme mich, weil ich saufe!«, sagte der Säufer abschließend und hüllte sich in tiefes Schweigen.)

    Sei’s drum, eine abschließende Antwort, also ob da nun zuerst die psychischen Probleme waren oder doch erst das Saufen, bringt niemand wirklich weiter.
    Weil ganz egal was für psychische Probleme einem Menschleben zugrunde liegen: Durch Saufen ist noch kein einziges gelöst worden. Aber: Durch Saufen verschlimmern sich alle (wirklich ALLE!) Grunderkrankungen, egal ob psychisch oder physisch.
    Natürlich kommt kein Mensch auf die Welt, ohne dass ihm nicht psychische Herausforderungen gestellt werden. Die einen kommen damit zurecht – bei anderen entwickeln sich Depressionen, Ängste, usw.
    Ich habe aber noch von keiner psychischen Krankheit gehört, die durch Alkohol geheilt wurde. Was ich allerdings, auch selbst, erlebt habe: Dass durch das Saufen der Berg an Problemen höher und höher wurde.

    Ich weiß jetzt nicht mehr, wer das hier war (Greenfox?), aber es wurde bereits angesprochen, dass Alkoholismus und Depressionen sozusagen „Geschwister“ sind.
    In den allermeisten Fällen von diagnostizierter Depression habe ich bisher erlebt, dass die Depressionen nach Weglassen des Suchtmittels meist ganz, zumindest aber erheblich verschwunden sind. (Es gibt ja auch eine rein alkoholisch bedingte Depression, also eine, die ausschließlich durchs Saufen und dem daraus resultierenden, katastrophalen psychischen und physischen Zustand entsteht. Das hat etwas mit der Gehirnchemie zu tun. Weil Alkohol das sogenannte „Belohnungssystem“ und die ganzen Glückshormone ganz schön durcheinander wirbelt.)

    Lilly, sicher hast Du Dich schon hier im Forum ein wenig eingelesen. Dann wirst Du auch gelesen haben, wie Alkoholiker versuchen ihre Sucht „schön zu reden“, zu kaschieren und mit was-weiß-ich zu begründen.
    Ich habe momentan in meinem Umfeld einen Aspiranten, schwerer Alkoholiker, der hat es sogar fertiggebracht seine Psychiaterin davon zu überzeugen, dass er „psychosomatisch“ erkrankt wäre. Und hat dann prompt einen Psychosomatische „Kur“ genehmigt bekommen.
    Die hätte ihm so viel mehr gebracht, wie die 4! (in Worten: Vier!) Langzeit-Alkoholtherapien.

    Schau mal: Es gibt „ehrliche“ Alkoholiker, die sich zu ihrer Sucht bekennen – und es gibt unehrliche, die unzählige, irreführende Gründe finden, warum sie einfach saufen müssen.
    Am Ende lautet bei allen die Diagnose: Alkoholimus.

    Und am Ende steht bei allen fest: Alkohol weg – mindestens! 80% aller psychischen Probleme auch weg.

    Aber: Wollten wir nicht über Dich reden?
    (Mein jetziger Beitrag soll Dir ausschließlich dabei helfen, klarzusehen, wie sehr nasse Alkoholiker zu manipulieren versuchen!)

    Lieben Gruß
    Dietmar

  • Lieber Dietmar,

    Danke für deine Antwort.
    Ja, mir ist das alles schon sehr bewusst. Ich setze mich ja schon lange mit diesem Thema auseinander.
    Wollte auch nur auf die gestellte Frage antworten.

    Und ja, es geht hier um mich, endlich mal.
    Ich muss, nachdem mir klar geworden ist, er hat ein Alkoholproblem, meinen Weg finden damit
    umzugehen.
    Ich schwanke zwischen Mitgefühl, Wut, Enttäuschung und Hoffnung hin und her.
    Wenn er nicht trinkt ist unser Zusammenleben schön. Dann keimt wieder die Hoffnung auf.
    Aber die Enttäuschung im umgekehrten Fall ist jedesmal schrecklich für mich.
    Ich habe schon darüber nachgedacht mir ein kleines Appartement anzumieten, um in diesen Phasen einfach zu gehen. Wir haben 2 Katzen, diese müsste ich dann mitnehmen, da er, wenn er trinkt die beiden nicht richtig versorgt.
    Andererseits habe ich ihm auch schon gesagt, er soll sich eine Wohnung suchen, wenn er nichts gegen seine Trinkerei tut. Ich habe aber eine Riesenangst davor, dass er dann komplett abstürzt.
    Auch davor, dass er sich etwas antut. Die Gedanken hat er auch schon geäußert während der depressiven Phasen.
    Mir ist natürlich klar, dass er mich damit manipuliert, aber das macht es nicht einfacher.
    Es ist auch so, wenn ich nachmittags unterwegs bin, und weiß er ist allein zuhause, dann weiß ich nie was mich erwartet wenn ich heim komme. Hat er dann getrunken oder nicht?
    Das war vorgestern wieder der Fall, er trinkt aber zum Glück im Moment nicht. Aber dieses Gefühl nicht in Ruhe etwas unternehmen zu können ist furchtbar.
    Ich fahre auch seit Jahren mit meinen Mädels zu einem Beautywochenende. Ich tue das, aber entspannen kann ich mich dabei nicht. Im letzten Jahr kam ich von dem WE zurück und fand ihn völlig unterzuckert vor ( er hat seit 2 Jahren Diabetes ). Ich hab dann Blutzucker bei ihm gemessen und ihm Traubenzucker eingeflößt. Sowas braucht doch kein Mensch :-\.
    Ich weiß, ich weiß, er ist ein erwachsener Mann, ich fühle mich aber trotzdem verantwortlich für ihn.
    Ich lerne ganz langsam, dass ich an mich denken muss und stelle auch schon Fortschritte fest.
    Wenn er trinkt gehe ich jetzt auch weg, besuche Freunde oder gehe zum Sport. Das kann ich bereits ohne mich schlecht zu fühlen.
    Aber mich komplett zu lösen, das wird noch dauern.
    So, das muss erstmal reichen,

    Lieben Gruß,

    Lilly

  • Liebe Lilly,

    mein erster Gedanke, als ich heute Deinen Beitrag gelesen habe: Es tut mir weh und macht mich traurig, wie rücksichtslos und absolut egoistisch betroffene, nasse Alkoholiker nicht nur „ihr Ding“ machen, sondern auch ihre Lieben damit hineinziehen!

    Vorweg: Ich finde, Du hast eine Menge für Dich getan, Vieles in Dir auch schon Richtungsweisend bewegt, und bist auf einem insgesamt guten, befreienden Weg!

    An Deinem Bespiel sieht man, dass die Suche nach dem richtigen Weg für Co-Abhängige Angehörige mindestens genauso schwer ist, wie die Suche der betroffenen Alkoholiker nach einer zufrieden gelebten Abstinenz.

    Zitat

    Ich schwanke zwischen Mitgefühl, Wut, Enttäuschung und Hoffnung hin und her.


    Diese Gefühle musst Du unbedingt zulassen!
    Zunächst einmal hervorzuheben sind meiner Meinung nach „Wut und Enttäuschung“. Auf diese Gefühle hast Du ein absolutes Grundrecht!

    Aber niemand will ja deswegen „verhärmen“. Also ist auch Mitgefühl und immer wieder motivierende Hoffnung notwendig. Sonst könntest Du Dich sofort trennen, weil es keine Perspektive gibt.
    Dass es die gibt, siehst Du u. a. auch an den trockenen, recht zufrieden lebenden Alkoholikern hier im Forum.

    Zu Deinen Gedanken bzgl. „kleines Appartement suchen“ kann ich nur über meine Vorgehensweise in den letzten Zügen meines Nassseins berichten:
    Ich war damals noch mit meiner Ex-Frau und meinem Sohn gemeinsam in einer Wohnung. Es tat mir sehr weh, wie die Beiden unter meiner Sucht gelitten haben, wenn sie mal wieder aufkam.
    Ich schlug dann vor, dass ich künftig Beide komplett außen vor lasse, wenn ich wieder meinte saufen zu müssen.
    Und so haben wir das dann auch bis zu meinem endgültigen Suchtausstieg gehalten.
    Sobald ich getrunken habe, habe ich kurz Zuhause Bescheid gesagt (natürlich war ich immer per Handy erreichbar) und musste schauen, wo ich unterkomme. Das war damals eine kleine, billige Pension. Die Wirtin dort wusste Bescheid, und da ich ein sehr friedliebender Zeitgenosse bin, konnte ich dort in Ruhe weitersaufen, bis ich schließlich selbst in Entgiftung ging.

    Was ich damit ausdrücken möchte: Nicht Du musst Dir nach einer Bleibe für die Zeit suchen, in der Dein Mann säuft, sondern er! Weil das kann ja nicht sein, dass Du gleich doppelt gestraft wirst, zudem Du auf Eure Katzen aufpassen musst.

    Es klingt vielleich sehr hart, entspricht aber letztlich nur der Realität und dem überwiegenden Verlaufs einer Alkoholikerkarriere: Logisch hast Du Riesenangst vor seinem Totalabsturz! Aber Du wirst daran, egal was Du machst, egal wie Du „Rücksicht“ auf ihn nimmst, überhaupt nichts ändern können, dass er abstürzt!

    Was Du aber verhindern kannst, wenn Du Dich gesund und „gesund egoistisch“ abgrenzt, das ist, dass Du mit abstürzt und mit krank wirst.

    Leider ist es nun mal so, dass ein nasser Alkoholiker nach ein paar läppischen Nücherntage schnell meint, die Welt wäre dadurch jetzt wieder in Ordnung. Und, wie Du ja selbst immer wieder erlebst, dann auch schnell wieder zur Flasche greift.

    Ich denke, die schwierigste, aber sicher zu bewältigende Aufgabe für Dich besteht darin, Dein Tun und Handeln, auch Deine Gefühlswelt, Deine Ängste und Nöte, nicht von Deinem trinkenden Mann abhängig zu machen.
    Dich schlicht los-lösen! Loslassen ist ein großes, weites Thema in der Sucht!

    Nochmal: Ich kann Dir nur wärmstens empfehlen zusätzlich zu Deiner Therapie in eine Selbsthilfegruppe für Angehörige zu gehen.
    Du fühlst Dich für ihn verantwortlich. Aber Du bist es nicht! Nicht, was seine Trinkerei anbetrifft. Dafür trägt er ganz alleine, mit allen Konsequenzen die Verantwortung!
    Ich kann jedem Angehörigem nur empfehlen: Schafft Euch eine Alkoholfreie Zone, Euer Zuhause! Wenn der nasse Partner saufen will, soll er es außerhalb tun!
    Alles auch Maßnahmen, die den Suchtausstieg beschleunigen – oder halt das erreichen des tiefsten Punktes des Alkoholikers.

    Lieben Gruß
    Dietmar

  • Hallo Dietmar,
    vielen Dank für deine aufmunternden Worte :).
    Die Idee, ihn außerhalb unserer Wohnung trinken zu lassen, klingt sehr verlockend.
    Das muss ich mal in Ruhe überdenken. Ich möchte mir eigentlich auch nicht antun, aus meinem geliebten Zuhause zu flüchten. Und den Katzen würde das auch nicht gut tun.

    Zu Thema Selbsthilfegruppe. Meine Therapeutin rät mir auch schon seit längerem dazu.
    Ich habe mir schon eine rausgesucht, da werde ich nächste Woche wohl mal hingehen.
    Und du hast völlig recht, das Loslassen ist sehr schwer. Aber ich arbeite hart an mir und das werde ich auch noch schaffen!!! Alles andere würde mir meine Lebensfreude nehmen und das will und kann ich nicht zulassen.

    Lieben Gruß und Dank,

    Lilly

  • Was Du aber verhindern kannst, wenn Du Dich gesund und „gesund egoistisch“ abgrenzt, das ist, dass Du mit abstürzt und mit krank wirst.

    44. Yepp - so ist es!

    Die Idee, ihn außerhalb unserer Wohnung trinken zu lassen, klingt sehr verlockend.
    Das muss ich mal in Ruhe überdenken. Ich möchte mir eigentlich auch nicht antun, aus meinem geliebten Zuhause zu flüchten.

    Das musst Du Dir auch nicht antun.
    Nicht umsonst wird schon seit Jahren zum Beispiel in Fällen der Häuslichen Gewalt nicht mehr die Frau zu ihrem Schutz aus der Wohnung geholt und in ein Frauenhaus gebracht, sondern der Mann für mehrere Tage aus der Wohnung verwiesen/geschmissen! (Btw: Es gibt auch Fälle, da ist die Frau der Aggressor - da ist es dann natürlich umgekehrt! Darüber wird nur nicht/selten geredet.)

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

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  • So, es geht wieder los. Er war einige Tage trocken, seit gestern trinkt er wieder.
    Ich bin bereits seit einer Woche krankgeschrieben, fette Erkältung und versuche mich zu erholen.
    Gestern Abend haben wir zusammen gekocht und dabei ein Glas Wein getrunken. Soweit so gut.
    Später ging er dann wieder in den Keller ……
    Seit heute morgen ist er auch stark erkältet. Ich war dann kurz Brötchen holen, als ich zurück kam, kam er mir aus Richtung Keller entgegen. Sichtlich angeschickert, um 10:00 Uhr morgens.
    Jetzt schläft er. Ich sitze mal wieder fassungslos hier.
    Was kann ich tun ? Meine Therapeutin rät mir dazu die Dinge laufen zu lassen und nicht einzugreifen.
    Auch das Thema nicht anschneiden wenn er trinkt. Fällt mir sehr schwer.
    Hat jemand einen Rat für mich?
    Bin so froh über dieses Forum, mit wem kann ich denn sonst darüber reden.

    Lieben Gruß

    Lilly

  • Hallo Lilly

    Um einen Ausdruck zu gebrauchen denn ich vor kurzem hörte:
    Dein Mann muss vermutlich noch lange auf die Weide. Soweit so gut.

    Zitat

    Gestern Abend haben wir (...) ein Glas Wein getrunken


    (Übrigens das einzige wir in deinem letzten Beitrag)

    Was hast du dir dabei gedacht? Das dein Gemahl bemerkt wie schön es doch sein kann gemütlich beim Kochen
    an einem Glas zu nippen. Wenn es so ist hast du die hemmungslose Begierde, die den Alkoholismus ausmacht
    noch nicht erkannt. Eine Frau, deren Problem offenkundig die Trinkerei ihres Partners ist und die sich deshalb
    eine Psychotherapeutin gesucht hat und an dieses Forum gewandt hat. Ich würde dir ein nächstes Glas auf dem
    Beautyweekend vorschlagen. Weit weg vom Gatten.

    Zitat

    Hat jemand einen Rat für mich?

    Nein. Es gibt für dich nur die beiden Möglichkeiten: Bleiben und aushalten oder eben weggehen bzw. er kann
    die Koffer packen. Die Entscheidung nimmt dir niemand ab. Wenn du noch Luft nach unten hast wirst du bleiben.
    Wenn nicht ... da ist am ehesten deine Handlungsfähigkeit gefragt.

    Brant

  • Hallo, Lilly!

    Genau wie Brant ist mir der Satz

    Gestern Abend haben wir zusammen gekocht und dabei ein Glas Wein getrunken. Soweit so gut.
    Später ging er dann wieder in den Keller ……

    ins Auge gefallen - und zwar so, als hättest Du ihn so wie ich in diesem Semi-Zitat markiert.

    Du trinkst mit ihm (auch wenn es nur ein Glas ist) und anschließend bist Du sauer auf IHN, weil er Appetit auf mehr hatte nixweiss0

    Sehr, sehr kontraproduktiv - für Euch beide!

    Und auch in punkto Rat stimme ich mit Brant überein: Entweder - oder.

    Deine Entscheidung.

    Gruß
    Greenfox

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

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    können wir nur selber tun!

  • Hi Lilly,

    das war mein erster Eindruck auch. Dein Mann schafft es nicht, nach dem ersten Glas, das zweite Glas stehen zu lassen. Ich konnte das auch nicht. So wird das nicht funktionieren. ???

    LG Betty

    Auf dem Weg zu mir lerne ich mich immer besser kennen. <br />Ich habe Freundschaft mit mir geschlossen und freue mich, dass ich mir begegnet bin.<br /><br />Ich bin lieber ein Original als eine herzlose Kopie.

  • Ein Glas Wein trinken und dann aufhören, kann funktionieren, wenn nur Alkoholmissbrauch betrieben wird. Ist aber der Schwellenpunkt zur Abhängigkeit erreicht oder wird überschritten, wirds schwierig (mit hohem Einsatz der Willenskraft bzw. Disziplin), meist aber unmöglich. Und für diesen "Point of no return" gibt es (noch) keinen Reset, selbst nach langer Abstinenz.

    Den einen oder anderen Abend, vielleicht sogar einige Wochen, wirds wohl selbst ein Abhängiger mit grosser Disziplin noch schaffen können, aber auf Dauer nicht. Dann pfeifft man irgendwann auf die Disziplin, weil das auf Dauer einfach nicht zufriedenstellend ist, und alles ist dann wieder beim alten (ich spreche dabei aus eigener früherer Erfahrung). Immer wenns beginnt, gut zu tun, die Wirkung angenehm spüren beginnt, soll man dann aufhören. Und das "gut tun" ist ja im Unterschied zu "gut schmecken" auch ein Hinweis zur Abhängigkeit.

    Einfacher ist, kein Glas zu trinken, als ein oder zwei, und dann stoppen (auf die Art: "das wars dann (für heute"). Der Weitertrink-Drang ist ja ein Kennzeichen der Sucht im Ggs. zu normalen Trinken Nichtabhängiger.

    Einmal editiert, zuletzt von franz68 (21. Januar 2017 um 18:59)

  • Danke euch für die Antworten und für eure Ehrlichkeit. Harte Worte, aber auch danke dafür!!!
    Und ja, vielleicht bin ich noch zu blauäugig. Es kann gut sein, dass ich das Ausmaß noch nicht erkenne !! Trotz allem bin ich froh und dankbar über eure Reaktionen!!
    Lieben Dank,
    Lilly

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