Hallo Nana,
herzlich willkommen hier im Forum. :welcome:
Also erst einmal: es ist nie, nie, nie zu spät. Das ist nicht nur so eine abgedroschene Phrase, sondern Realität. Du reflektierst, Du bist an einem Punkt, wo Du siehst, so kann es nicht weitergehen. Du möchtest etwas ändern, hast sogar schon kleine Veränderungen herbeigeführt. Glückwunsch hierzu. Die kleinen Schritte sind nicht unbedeutend, ganz im Gegenteil. Sie bringen Dich Deinem Ziel näher. Wenn auch nur im Schneckentempo, aber Du bist schon unterwegs. Das zählt!
Was mich hat aufhorchen lassen ist Deine Angststörung. Ich leide selbst unter einer generalisierten Angststörung und war auch in Psychotherapie bzw. Verhaltenstherapie wegen einer Panikstörung. Diese Panikstörung war "substanzinduziert", das heißt, sie wurde bei mir ausgelöst eben durch meine psychische Alkoholabhängigkeit. Du schreibst:
In Therapie möchte ich nicht, da ich mich nicht abhängig von Medikamenten machen möchte.
Also entschuldige meine Direktheit, aber hier rufe ich mal: "Einspruch". Auch ich hatte sehr viele Jahre Vorurteile gegenüber Psychopharmaka. Als ich in Psychotherapie ging hat man mir nichts aufgequatscht, sondern eine Verhaltenstherapie in Verbindung mit einer niedrig dosierten Tablette empfohlen. Ich habe das - anfangs widerwillig - angenommen. Die Dosierung war so niedrig, dass manche (Fach-)Ärzte, bei denen ich später war, sich sogar darüber gewundert haben. Aber es hat mir geholfen. Vielleicht war es auch mehr der Placebo-Effekt oder einfach nur, dass ich praktisch an meinen Panikattacken gearbeitet habe. Mir wurden Werkzeuge in die Hand gegeben und das war sehr effektiv.
Nun hast Du zwar keine Panikattacken... ich bin mir gerade nicht so sicher.... Aber worauf ich hinaus will: Mich haben die Tabletten nicht abhängig gemacht. Es kommt immer auf das Medikament selbst an und natürlich auch auf die Dosierung und dass es überwacht abläuft. Das Medikament, das ich genommen habe, das habe ich gar nicht gespürt. Früher dachte ich immer, man läuft wie im Nebel herum, wenn man Psychopharmaka nimmt, aber es kommt wirklich sehr stark auf den Wirkstoff an. Manchmal unterstützen Tabletten den Heilungseffekt und - entschuldige dass ich mich schon wieder wiederhole - Du MUSST ja gar keine Medikamente nehmen, wenn Du nicht magst. Vielleicht genügt ja schon eine Verhaltenstherapie.
Angst und Alkohol. Das ist ein Teufelskreis. Man trinkt gegen die Angst an, aber Alkohol wiederum verstärkt die Angst. Da beißt sich die Katze in den Schwanz. Ich habe erst vor knappen drei Monaten aufgehört zu trinken und nun mache ich wieder Bekanntschaft mit der kleinen Schwester der Angst: der Sorge. Zwar habe ich früher nie getrunken, um meine Sorgen zu vergessen, aber es war wohl ein Nebeneffekt. Dies fiel mir aber auch erst vor kurzem auf. Sobald ich mittlerweile spüre, dass ich wieder in einen Angst- oder Panikzustand rutsche, erinnere ich mich an die Strategien, die mir meine Psychotherapeutin damals empfohlen hat. Dann wende ich sie an und kann die Panik- oder Angstattacke schon im Vorfeld auflösen.
Vielleicht möchtest Du ja mal überlegen, eine Suchtberatungsstelle aufzusuchen und auch dort Deine Geschichte erzählen? Der Vorteil ist, dass dies alles anonym und kostenlos ist. Dort sitzen erfahrene, geschulte Leute, auch Psychologen. Manchmal auch Menschen, die selbst eine Sucht überwunden haben. Es ist unverbindlich und Du hast nichts zu verlieren. Denn es wäre zu schade, wenn Du vor lauter Angst keine weiteren Schritte in Deine persönliche Freiheit gehen würdest. Ich finde, einen Versuch solltest Du Dir wert sein, oder?
Liebe Grüße,
Pinguin