Hallo liebe Laila,
ich bin hier eher stille Mitleserin. Habe vor einiger Zeit auch einmal einen Beitrag verfasst, den kannst du ja mal nachlesen, wenn du möchtest. Vor ganz langer Zeit gab es noch einen Beitrag von mir unter dem Namen "engel". Hatte dann aber meine E-Mailadresse gewechselt und konnte mich leider nicht mehr einloggen hier.
Ansonsten kurz zu mir: ich war ebenfalls in einer Beziehung mit einem Mann, der ein Alkoholproblem hat. Bin ebenfalls Anfang 30 und ich kann dich so gut verstehen! Bei ganzen vielen Sätzen dachte ich mir "ja, kenne ich". Fühle dich erstmal gedrückt.
Ich war mit meinem Partner knapp 2,5 Jahre in einer Beziehung. Relativ schnell hab ich gemerkt, dass er zu viel trinkt mit Kontrollverlust und das ganze Programm. Er hatte relativ schnell zugegeben, dass er ein Problem hat und hat Besserung versprochen. Das hat nur leider nie funktioniert, weil er nicht wirklich was ändern wollte. Er kann sich einfach schlecht abgrenzen, alle seine "Freunde" und auch die Familie trinken viel. Es geht immer nur ums trinken, bei so gut wie jeder Gelegenheit bzw. jedes Wochenende, in jedem Urlaub, bei jedem Fussballspiel, etc.
Ich bin dann irgendwie hängen geblieben in der Beziehung und habe nach ca. einem Jahr eine Therapie begonnen weil es mir richtig schlecht ging. Warum bin ich eigentlich bei ihm geblieben? Ich denke das ist eine Mischung aus vielem: Mitleid, Liebe, helfen wollen, der Wunsch nach einer Beziehung, etc. Aufgrund der vielen Vertrauensbrüche, Beleidigungen im Suff, etc. ist bei mir auch viel kaputt gegangen. Ich hatte irgendwann ein falsches Bild von mir und dachte, ich bin es wohl einfach nicht wert, dass man mich gut behandelt (kommt bei mir aber aus der Kindheit und kam dann jetzt wieder hoch).
Letztes Jahr im Herbst hat es mir dann gereicht, ich konnte nicht mehr und aus früheren Beziehungen wusste ich ja auch, dass ich was anderes will. Also hab ich meine Sachen gepackt und bin gegangen. Danach ging es mir wieder richtig gut! Klar, es gab auch Rückschläge. Er hat sich immer mal gemeldet um mir zu beweisen wie sehr er sich geändert hat (war aber nicht der Fall). Um nicht selbst schwach zu werden, habe ich mir eine Anti-Rückfall-Liste geschrieben mit all den Dingen, die schief gelaufen sind im betrunkenen Zustand. Das hat echt gut geholfen, um nicht nachzugeben. Und irgendwie hat es bei mir erst dann so richtig "Klick" gemacht und ich konnte den Kontakt komplett abbrechen. Das ging aber auch erst, als ich mit Abstand die ganze Situation betrachten konnte.
Ich hatte dann im Anschluss an meine Therapie noch einen Kurs gemacht zum Thema Selbstmitgefühl, das wurde mir von meiner Therapeutin empfohlen (die Kurse nennen sich MSC = mindful-self-compassion). Ich kannte das zuvor nicht. Das ging alles online und dazu gibt es auch ein Buch von der Psychologin Kristin Neff. Vielleicht bringt dir das ja was, also im Bezug zu dem was da in deiner Kindheit war. Mir hat das sehr gut geholfen und ich arbeite jetzt auch nochmal das Übungsbuch durch.
Meine Therapeutin (hat vorher in einer Suchtklinik gearbeitet) hat mir wirklich immer wieder klar gemacht, dass die abhängige Person selbst etwas ändern muss und auch die Gefahr bzgl. Rückfällen besteht und das sollte man sich eben auch bewusst machen als Partner. Die Therapie war auf jeden Fall eine gute Unterstützung für mich, auch wenn es oft eine totale Ernüchterung war. Aber genau das habe ich gebraucht.
Mein Ex-Partner hat es dann versucht mit kontrolliertem Trinken. Manchmal hat es geklappt, manchmal nicht. Nur das Problem war, dass er das schon als Erfolg gesehen hat, wenn er von 4 von 5x kontrolliert getrunken hat und dann nur noch einmal "zu viel". Und genau das hab ich nicht mehr ertragen. Ständig diese Ausreden, warum es geklappt hat oder nicht geklappt hat. Immer diese leeren Versprechen oder alleine schon der Geruch von Alkohol. Ich wusste dann für mich irgendwann, dass ich mich trennen muss und dass es keinen anderen Weg gibt, weil er es ja nicht wirklich ernsthaft ändern wollte, er hat immer noch zu sehr am Alkohol festgehalten. Ich hab mir oft die Frage stellt: "Wenn ich nur noch 2 Jahre zu leben hätte, will ich dann jetzt wirklich so leben?". Natürlich nicht. Aber es war bei mir auch ein längerer Prozess, bis ich mich lösen konnte.
Mach dir auf jeden Fall selbst nicht allzu viel Druck, jeder braucht da seine Zeit, um sich für oder gegen eine Beziehung zu entscheiden. Wenn du mal ein offenes Ohr brauchst, dann melde dich gerne.
Dir alles Gute!