Alkoholkranke Mutter

  • Erstmal Hallo an alle, bin jetzt seit paar Minuten ein Mietglied hier im Forum, stelle mich erstmal vor :)

    Ich bin 22 und Angehörige... ich lebe (noch) mit meiner alkoholkranken Mutter zusammen. Warum ich jetzt hier schreibe ist, weil ich selber nicht mehr wirklich weiterkomme. Nach tausenden Anrufen beim Sorgentelefon, Besuchen bei Psychologen, fasse ich all meinen Mut zusammen und schreibe hier meine Geschichte auf.

    Wie ich schon schrieb, lebe ich mit meiner Mutter zusammen, noch in einer gemeinsamen Wohnung. Seit ich mich erinnern kann, gab es nur uns 2. Meinen Vater habe ich ewig nicht gesehen, er lebt im Ausland, selber Alkoholiker, seit Jahren habe ich keinen Kontakt zu ihm.
    Nun zu meiner Mutter...
    Sie trinkt schon sehr lange, ich würde sagen, solange ich denken kann. Ich weiss noch als kleines Kind waren ständig Leute bei uns am Trinken und Feiern, ihre "Freunde", ich sass immer mit an den Tischen, konnte entweder nicht schlafen, weil es zu laut war oder weil mich keiner ins Bett brauchte. Als der ganze Besuch weg war, ich meine Mutter, die mit dem Gesicht auf der Klobrille lag, immer Wecken musste, weil ich mir Sorgen machte. Ständig hatte sie auch neue Partner angeschleppt, meistens welche mit eigenen massiven Problemen.

    Eines Abends wurde ich durch einen lauten Knall aus dem Bett geholt, meine Mutter stritt sich im angetrunkenen Zustand mit einem ihrer Exfreunde und schmiss ihm eine Tasse an den Kopf, die ganze Wand war ein Gemisch aus Blut & Kaffeeflecken und der Ex, obwohl am bluten, hörte nicht auf, sie anzuschreien. Beide merken nicht, dass ich inzwischen daneben stand und mir das Spektakel minutenlang angesehen habe.

    Jahrelang ging das so ähnlich weiter, sie trank jeden täglich direkt nach der Arbeit. Ich fing schon früh an den Haushalt zu schmeissen, putzen, Wäsche waschen, Essen zubereiten (meistens Mikrowellenkram), weil sie das immer vernachlässigte. Immer wenn ich Freundinnen einladen wollte, hatte ich vorher einen 2-tägigen Putzmarathon gestartet, während meine Mutter mit einem Glas in der Hand vor dem Fernseher sass. Ich hatte das Gefühl, dass ihr Verhalten von Jahr zu Jahr schlimmer wurde, mir gegenüber wurde sie öfters gewalttätig, Beleidigungen ohne Grund, fiese Bemerkungen z.b. 'du wirst immer fetter', 'Schweini, Schweini, Schweini' und andere Sachen die sie mir beim vorbeilaufen hinterher rief. Mehrmals sprach ich sie darauf an, warum sie sowas sagte, ihr Antworten waren, dass sie Angst hatte, dass ich dick werde oder dass sie sich nicht mehr erinnern kann.

    Mit 16 begann ich zu rebellieren, buchste oft aus, war selten zu Hause weil es einfach unerträglich war. Keiner hat auch wirklich geholfen, meine Mutter hatte ausser ihre Exen, keine Freundinnen oder Bekannte. Ich weiss noch, einmal sprach mich meine Klassenlehrerin an, was den mit mir los ist, wieso ich öfters fehle, blass aussehen würde. Ich erzählte ihr, dass zu Hause oft keine Lebensmittel sind, ich selber kaum Geld bekomme und allgemein einfach Probleme habe. Sie wandte sich sofort an meine Mutter, redete natürlich mit ihr, danach gab es zu Hause wirklich einen Knall, wieder mit verbalen und körperlichen Ausschreitungen, sodass ich damals beschlossen habe, lieber zu Schweigen als weiter Hilfe zu suchen.

    Ging die Jahre so weiter, ich wurde immer unglücklicher, nach der Schulzeit war ich selber so angeschlagen, dass ich für mehrere Monate stationär eine Therapie machte, die im Endeffekt nichts half, da ich ja trotzdem wieder nach Hause kehrte. Ich begann einfach still und leise alles auszuhalten, bis heute. Kurzzeitig wohnte ich mit meinem damaligen Lebensgefährten zusammen, ich muss echt sagen, das war die glücklichste Zeit meines Lebens, endlich weg von der Mutter, aber leider trennten wir uns und ich zog wieder zu Hause ein.

    Dazu kommt noch dass der letzte Lebensgefährte meiner Mutter letztes Jahr verstorben ist, das hat wirklich alles nur noch verschlimmert. Sie hatte ja vorher nicht wirklich was gemacht, sei es im Haushalt, in ihrem Sozialleben, aber jetzt trinkt sie noch mehr, lässt alles noch mehr Verwahrlosen und sich selbst.

    Ich war die letzten Monate wirklich kurz vor dem Ende, hatte Suizidgedanken. Es war wirklich unerträglich, all die Eskapaden, Streitereien, des Haushalt, ich war überfordert, sie will sich auch nicht helfen lassen, das ist das Problem, sie hält diese ganze Situation für in Ordnung. Habe ihr so oft versucht zu helfen, vorallem nach dem Tod ihres Lebensgefährten und jetzt begreife ich selber, dass ich die letzten Jahre mich selber vergessen habe, ich habe mich dauernd um sie gekümmert, dafür gesorgt, dass keinem auffällt was bei uns zu Hause passiert, dass trotz ihrer Trinkerei sie sich wenigstens noch gut ernährt und mir nicht vom Fleisch fällt, sie Behördengänge macht, die Wohnung sauber bleibt. Und jetzt sehe ich, dass ich wirklich kein eigenes Leben mehr habe.

    Mitte März werde ich hier ausziehen, ich habe das schon einige Monate geplant, organisiert und ich freue mich irgendwie endlich aus diesem 'Loch' rauszukommen, aber ich habe auch tierische Angst, grosse Sorgen, wie sie dass alleine schafft und wie ich ihr beibringen soll, dass ich nicht mehr mit ihr Leben werde. Deswegen schreibe ich im Forum, auch wenn es mir sehr schwer fällt, obwohl es ja eigentlich Anonym ist und hier viele Leute sind, die ebenfalls das gleiche erlebt haben, Betroffen sind oder eben Angehöriger.

    Sorry im Vorraus für Rechtschreibfehler

    LG

  • Hallo Blackeyed,

    geht mir sehr nahe deine Geschichte zu lesen, du hast ja eine Menge mitgemacht.
    Dein Auszug ist auf jeden Fall der richtige Schritt für dich, damit du den Fokus wieder auf dich bekommst. Suizidgedanken sind wirklich ein Anzeichen dafür, die Notbremse ziehen zu müssen.
    Wenn ich das richtig lese, weiß deine Mutter noch nicht, dass du ausziehst? Hast du schon überlegt, wie und wann du ihr das mitteilen möchtest?
    Bekommst du Unterstützung von außen, gehst du zu Gesprächen oder zur Beratung? Sowas kann in so einer Situation sehr rückenstärkend sein.

    Ich kann deine Angst verstehen, offenbar ist deine Mutter ja nicht mehr wirklich alltagsfähig. Natürlich wird sich ihr Leben einschneidend verändern, vielleicht fliegt ihre Suchterkrankung sogar auf. Doch das ist im Endeffekt erstmal in ihrer Verantwortung, auch wenn sie das schon seit Jahren nicht mehr wahrnimmt. Dass du aus dieser Verantwortung heraustrittst, ist jetzt deine Aufgabe.

    Eigentlich ist es ja erstaunlich, dass man sich als Kind immer noch kümmert, auch wenn man zuhause beschimpft, misshandelt und ausgenutzt wird. Das ist die Loyalität, die man als Kind seinen Eltern entgegen bringt, weil man keine andere Wahl hat. :(

    Ich möchte dich jedenfalls herzlich hier willkommen heißen!

    Liv

  • Auch von mir ein HERZLICHES WILLKOMMEN hir im Forum :welcome:

    Ich kann mich Liv nur anschließen: Deine Geschichte hat mich auch berührt und ich fragte mich "Warum zieht sie denn nicht aus, sucht sich eine eigene Bleibe!" Zum Glück kam ja dann doch noch der Satz, dass Du demnächst ausziehst :D :heartBalloon: :blumen:

    ... aber ich habe auch tierische Angst, grosse Sorgen, wie sie dass alleine schafft und wie ich ihr beibringen soll, dass ich nicht mehr mit ihr Leben werde.

    Aus meiner Sicht (der Sicht aus der "Säufer-Fraktion") sind das genau dieselben "Sorgen" - nur mit anderem Vorzeichen -, die mich damals davon abhielten, eine Therapie zu machen. Und als ich dann doch endlich zur Therapie ging - welch ein Wunder: die Erde drehte sich auch ohne mein Zutun weiter und meine Frau hat doch tatsächlich auch ohne mich "überlebt" ...

    Ging die Jahre so weiter, ich wurde immer unglücklicher, nach der Schulzeit war ich selber so angeschlagen, dass ich für mehrere Monate stationär eine Therapie machte, die im Endeffekt nichts half, da ich ja trotzdem wieder nach Hause kehrte. Ich begann einfach still und leise alles auszuhalten, bis heute. Kurzzeitig wohnte ich mit meinem damaligen Lebensgefährten zusammen, ich muss echt sagen, das war die glücklichste Zeit meines Lebens ...

    Wie ich diesem kurzen Zitat entnehme, warst Du ja schon mindestens 2 Mal für einige Zeit von "zu Hause" abwesend - und Deine Mutter hat wie gehabt weitergemacht und "überlebt".

    Du machst das einzig Richtige, indem Du ausziehst, um Dein EIGENES Leben zu leben, um Dein eigenes Leben zu LEBEN.
    Wenn ICH an Deiner Stelle wäre, würde ich sie vor vollendete Tatsachen stellen, d.h., am Tage des Auszugs würde sie davon erfahren. Das einzige Zugeständnis, das ich ihr gegenüber machen würde, wäre vor dem Auszug nochmal den Kühlschrank mit Lebensmitteln zu füllen. Punkt.
    Aber wie gesagt: das wäre MEINE Art.

    Ich wünsche Dir jedenfalls ganz viel Kraft - und viel Erfolg in Deinem neuen LEBEN!

    Gruß
    Greenfox

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Hallo nochmal,
    möchte mich erstmal für eure Antworten bedanken. Gestern habe ich noch ein wenig im Forum gelesen, auch Ihren Beitrag, Liv. Ich bin wirklich froh dieses Forum gefunden zu haben, man fühlt sich wirklicht nicht mehr so alleine.

    Zitat

    Wenn ich das richtig lese, weiß deine Mutter noch nicht, dass du ausziehst? Hast du schon überlegt, wie und wann du ihr das mitteilen möchtest?
    Bekommst du Unterstützung von außen, gehst du zu Gesprächen oder zur Beratung? Sowas kann in so einer Situation sehr rückenstärkend sein.

    Nein, sie weiss es noch nicht. Ich habe oft überlegt, wie ich ihr denn sagen kann, dass ich ausziehen werde, ich habe nur Angst mich wieder auf eine Konfrontation einzulassen. Sie ist überzeugt davon, dass es mir hier am besten geht, ich keine eigene Wohnung brauche. Als ich vor 2 Jahren nach meiner Trennung wieder bei ihr einzog, aufgrund Geldmangels, hat sie sich bestätigt gefühlt, dass sie mit allem Recht hatte, sowas kratzt z.b. sehr an meinem Selbstbewusstsein und ich lasse mich schnell wieder 'einlullen'.
    Unterstützung habe ich zum Glück wieder, ich habe wieder soziale Kontakte, gehe mehr raus und wollte mich demnächst wieder für eine ambulante Therapie einschreiben lassen um das alles aufzuarbeiten und 'stark' zu bleiben.

    Zitat

    Eigentlich ist es ja erstaunlich, dass man sich als Kind immer noch kümmert, auch wenn man zuhause beschimpft, misshandelt und ausgenutzt wird. Das ist die Loyalität, die man als Kind seinen Eltern entgegen bringt, weil man keine andere Wahl hat. :(

    Ich möchte dich jedenfalls herzlich hier willkommen heißen!

    Vielen Dank Liv!
    Ja, da hast du Recht, wenn man keine Alternative hat, sei es z.b. finanziell, oder von der Familie, dann lernt man einfach 'durchzuhalten'. Hatte mir deinen Beitrag ebenfalls durchgelesen, ich kann dir wirklich nachempfinden. Man fühlt sich hin und her gerissen + Schuldgefühle. Konsequent zu bleiben ist wohl das schwierigste, sich nicht wieder bequatschen zu lassen um am Ende wieder enttäuscht zu werden.

    Zitat

    Auch von mir ein HERZLICHES WILLKOMMEN hir im Forum :welcome:


    Vielen Dank Greenfox!

    Zitat

    Wie ich diesem kurzen Zitat entnehme, warst Du ja schon mindestens 2 Mal für einige Zeit von "zu Hause" abwesend - und Deine Mutter hat wie gehabt weitergemacht und "überlebt".

    Du machst das einzig Richtige, indem Du ausziehst, um Dein EIGENES Leben zu leben, um Dein eigenes Leben zu LEBEN.
    Wenn ICH an Deiner Stelle wäre, würde ich sie vor vollendete Tatsachen stellen, d.h., am Tage des Auszugs würde sie davon erfahren. Das einzige Zugeständnis, das ich ihr gegenüber machen würde, wäre vor dem Auszug nochmal den Kühlschrank mit Lebensmitteln zu füllen. Punkt.
    Aber wie gesagt: das wäre MEINE Art.

    Ich wünsche Dir jedenfalls ganz viel Kraft - und viel Erfolg in Deinem neuen LEBEN!

    Dankesehr dafür! Meine längste Zeit, die ich nicht mit ihr lebte, waren um die 2 Jahre. Es war wirklich die beste Zeit in meinem Leben. Mein Zuhause war immer sauber, keine Flaschen, ich war glücklich und hatte nebenbei die Therapie. Fehler machte ich ab und zu trotzdem, ich traf mich mit ihr während sie trank und konnte mir wieder Blödsinn anhören. Dieses mal werde ich Treffen erstmal meiden.
    Vor vollendete Tatsachen stellen finde ich gut, alles was Mietvertrag, Ummeldung, Möbeltransport betrifft ist geklärt, ich dachte mir ebenfalls vielleicht ein bis zwei Tage einfach vorher zu sagen, dass ich ausziehe, das letzte Mal aufräumen und vielleicht auch einkaufen und dann raus hier. Versuchen nicht zurückzublicken.


    Möchte mich nochmal bedanken, dass ihr mir geantwortet habt. Ich war nach meinem ersten Post sehr nervös wie die Reaktion sein wird, war nie in Foren, jetzt fühle ich mich besser, wie erwähnt, man fühlt sich weniger alleine, liesst sich andere Beiträge durch von Menschen, die Schritte weiter sind, ähnliches oder gleiches durchgemacht haben und das macht einem Hoffnung.
    Vielen Dank nochmal! :)

  • Hallo BlackEyed,

    erst mal auch von mir: HERZLICH WILLKOMMEN hier im Forum! Schön, dass Du zu uns gefunden hast.

    Deine Geschichte ist wieder eine dieser vielen Geschichten von Angehörigen, die mich so bewegen und innerlich stark berühren. Ich selbst bin Alkoholiker, gehöre als sozusagen zu den "Verursachern", war nie Co-Abhängig oder anderweitig betroffen.

    Während des Trocken-Werdens (bin seit ca. 2,5 Jahren trocken) war eine meiner größten Herausforderungen das Umgehen mit dem, was ich als Trinkender meinem Umfeld angetan habe. Auch heute habe ich noch, selten zwar, Flashbacks wo ich plötzlich Dinge vor mir sehe, die ich verursacht habe, Situationen für die ich verantwortlich war, vor allem im Zusammenhang mit meiner Tochter. Könnte ich das Rückgängig machen, ich würde alles dafür geben.

    Das mal nur kurz als Hintergrund für Dich.

    Zu Dir will ich sagen: Ich finde es wirklich ganz toll, dass Du Dich hier so öffnest. Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass das nicht einfach ist. Klar sind wir hier anonym, aber trotzdem ist es eine Hürde alles von sich zu erzählen. Aber, und diese Erfahrung habe ich gemacht, es kann auch unheimlich hilfreich sein. Es kann Dich weiter bringen, die Menschen hier können Dir helfen Deinen Weg in ein neues, glücklicheres Leben zu finden. Dein Weg wird individuell sein, genau wie der Weg von uns Alkoholikern raus aus der Sucht immer ganz individuell ist. Aber Du wirst sehen, dass Du nicht alleine bist, dass viele LEIDER Dein Schicksal teilen. Und viele es aber auch geschafft haben!

    Die Lösung Deines "Problems", wenn ich das mal so salopp sagen darf, sehe ich ganz klar in der Abgrenzug von Deiner Mutter. Du hast ja selbst geschrieben, dass die Zeit in der Du wo anders gewohnt hast, Deine glücklichste war. Ganz klar, Du musst da raus. Du bist jetzt 22 Jahre - ich sage jetzt mal: Du hast Dein Leben größtenteils noch vor Dir. Lass es ein schönes und glückliches Leben werden!

    Zu Deiner Mutter: Sie ist Alkoholikerin, hängt ganz tief drin, ist ganz unten angekommen. DU kannst ihr nicht helfen, das sage ich Dir als Alkoholiker! Wenn, dann kann sie das nur selbst. Nur wenn sie selbst, von sich aus, etwas gegen ihre Sucht unternimmt, dann kannst Du unterstützen. Nur dann. Alles andere wird auf Deinem Rücken ausgetragen. Ich hätte mir im Nachhinein gewünscht, meine Familie hätte mich schon Jahre bevor es zum Showdown kam verlassen. Es wäre besser für sie gewesen. Ich wollte nie allein sein, vielleicht hätte ich sogar früher die Kurve gekriegt, vielleicht auch nicht. Aber das wäre mein Problem gewesen, nicht das meiner Familie. Ich denke Du weist, was ich Dir damit sagen will.

    Als ich am Schluss Deiner Vorstellung gelesen habe, dass Du Mitte März ausziehen willst (und hoffentlich wirst) habe ich mich gefreut. Genau, habe ich mir gedacht, genau das muss sie tun!

    Wie sagst Du es Deiner Mutter? Ich weiß, es ist ganz schwer und wir Außenstehenden reden uns leicht. Das ist mir bewusst. Vielleicht so: Sag ihr das Du 22 Jahre alt bist und nun Dein eigenes Leben leben wirst. Sag ihr, dass sie ihr Leben hat und dass sie für ihr Leben alleine verantwortlich ist, so wie Du für Dein Leben verantwortlich bist. Sag ihr, dass Du sie unterstützen wirst, wenn sie in den Entzug geht, wenn sie eine Therapie macht, wenn sie zum Trinken aufhört und ihr Leben ändern will. Sag ihr, dass Du nicht (mehr) für sie da sein wirst, wenn sie weiterhin trinkt.

    Ja, ich rede mich leicht. Ich wollte Dir das trotzdem so schreiben. Zieh Dir das heraus, was Du für Dich anwenden kannst, das andere ignoriere einfach. Ich wünsche Dir auf jeden Fall von Herzen alles alles Gute! Schön, dass Du hier bist.

    LG
    gerchla


  • Hallo BlackEyed,

    erst mal auch von mir: HERZLICH WILLKOMMEN hier im Forum! Schön, dass Du zu uns gefunden hast.

    Vielen Dank Gerchla! Auch vielen Dank für deine Antwort!

    Zu Dir will ich sagen: Ich finde es wirklich ganz toll, dass Du Dich hier so öffnest. Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass das nicht einfach ist. Klar sind wir hier anonym, aber trotzdem ist es eine Hürde alles von sich zu erzählen. Aber, und diese Erfahrung habe ich gemacht, es kann auch unheimlich hilfreich sein. Es kann Dich weiter bringen, die Menschen hier können Dir helfen Deinen Weg in ein neues, glücklicheres Leben zu finden. Dein Weg wird individuell sein, genau wie der Weg von uns Alkoholikern raus aus der Sucht immer ganz individuell ist. Aber Du wirst sehen, dass Du nicht alleine bist, dass viele LEIDER Dein Schicksal teilen. Und viele es aber auch geschafft haben!

    Ich habe mir gestern vor dem Schreiben meines Beitrags auch viele Beiträge anderer Mitglieder hier durchgelesen, von Betroffenen, die es geschafft haben einen Entzug zu machen, von Angehörigen, die es schafften, sich loszulösen. Natürlich kann es zu Rückfällen kommen, manche sind schwach geworden und haben es dann im weiteren Anlauf geschafft. Ich würde meinen Einzug bei meiner Mutter damals auch als Rückfall bezeichnen, daraus lernte ich auch. Umso mehr ich las, auch die Antworten, umso mehr bekam ich den Mut, mich selber zu äußern.

    Wie sagst Du es Deiner Mutter? Ich weiß, es ist ganz schwer und wir Außenstehenden reden uns leicht. Das ist mir bewusst. Vielleicht so: Sag ihr das Du 22 Jahre alt bist und nun Dein eigenes Leben leben wirst. Sag ihr, dass sie ihr Leben hat und dass sie für ihr Leben alleine verantwortlich ist, so wie Du für Dein Leben verantwortlich bist. Sag ihr, dass Du sie unterstützen wirst, wenn sie in den Entzug geht, wenn sie eine Therapie macht, wenn sie zum Trinken aufhört und ihr Leben ändern will. Sag ihr, dass Du nicht (mehr) für sie da sein wirst, wenn sie weiterhin trinkt.

    Ja, ich rede mich leicht. Ich wollte Dir das trotzdem so schreiben. Zieh Dir das heraus, was Du für Dich anwenden kannst, das andere ignoriere einfach. Ich wünsche Dir auf jeden Fall von Herzen alles alles Gute! Schön, dass Du hier bist.

    Ich würde es nicht als leicht reden bezeichnen, ich bin mir sicher, dass es wirklich nur diese eine Lösung gibt, um selber wieder zu 'leben' und dem Betroffenen zu zeigen, dass man nicht mehr da sein kann/will. Natürlich ist Theorie leichter als Praxis, man macht sich oft Gedanken, wie wird wohl alles in Zukunft verlaufen, man mach sich Sorgen und es fällt einem schwer, sich zu lösen. Es ist ja von Mensch zu Mensch indivuell. Da ich mich als sehr scheuer Mensch beschreiben würde, mit wenig Selbstbewusstsein, habe ich natürlich Ängste, die ab und zu mehr die Kontrolle übernehmen, als die Logik. Ich würde als Aussenstehender selber jmd. sagen, dass eine Abgrenzung das einzige ist, was helfen kann. Bei einem selbst spielen die Emotionen einem oft Streiche. Aber umso mehr ich mich mit dem Thema beschäftige, habe vor dem Forum auch oft bei Hilfe-Hotlines angerufen, mich einem Freund anvertraut und hier im Forum, umso mehr mache ich mir Mut, dass ich das schaffe und es Richtig ist. Ganzer Umzug ist organisiert, Mietvertrag unterschrieben, also habe ich da schon alles fest in der Hand.

    Möchte mich bei dir nochmal für deine Antwort bedanken, dein Beitrag hat mich ebenfalls sehr bewegt.
    Ich möchte dir auch alles Gute wünschen, dass es immer Vorwärts gehen wird und wenn man doch mal stolpert, man schnell wieder aufsteht!

    Liebe Grüße BlackEyed

  • Hi, BlackEyed!

    Mir ist noch etwas eingefallen:

    Da ich mich als sehr scheuer Mensch beschreiben würde, mit wenig Selbstbewusstsein, habe ich natürlich Ängste, die ab und zu mehr die Kontrolle übernehmen, als die Logik. Ich würde als Aussenstehender selber jmd. sagen, dass eine Abgrenzung das einzige ist, was helfen kann. Bei einem selbst spielen die Emotionen einem oft Streiche.

    Ich würde das fast als normal bezeichnen, schließlich hast Du es ja nie anders erlebt. Daher finde ich es wirklich stark, dass Du Dir selbst schon eine Wohnung besorgt hast und Dich selbst aus der Gefahrenzone holst! 44.

    Aber worauf ich eigentlich hinaus will: Du schriebst, dass Du Dich an Hilfe-Hotlines gewandt, einem Freund anvertraut und schließlich hier im Forum angemeldet hast. 44.
    Ich kann Dir nur empfehlen, Dir zusätzlich auch eine Selbsthilfegruppe zu suchen, wo Du Dich mit anderen Betroffenen austauschen kannst. Genau wie hier im Forum ist es nämlich nur von Vorteil, wenn man sich näher kennenlernt (was bei einer Hilfe-Hotline nicht möglich ist). Und - was ich auch für sehr wichtig/vorteilhaft finde - man es nicht zu sehr, zu dicht an sich herankommen lässt - wie es z.Bsp. bei dem Freund der Fall wäre.
    Auch ein gewisser Abstand ist wichtig. Früher war ICH so etwas wie dieser Freund und habe mir von meinen Freunden deren Sorgen und Nöte angehört. Und irgendwann war dann ICH so voll, dass ICH Erleichterung brauchte, suchte - und in der Flasche fand. Das ist zwar nur EIN Grund, warum ich mit dem Saufen anfing, aber ...

    Ich hoffe, ich habe mich jetzt nicht zu quer ausgedrückt und Du verstehst, was ich sagen möchte ...

    Gruß
    Greenfox

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

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    können wir nur selber tun!


  • Aber worauf ich eigentlich hinaus will: Du schriebst, dass Du Dich an Hilfe-Hotlines gewandt, einem Freund anvertraut und schließlich hier im Forum angemeldet hast.
    Ich kann Dir nur empfehlen, Dir zusätzlich auch eine Selbsthilfegruppe zu suchen, wo Du Dich mit anderen Betroffenen austauschen kannst. Genau wie hier im Forum ist es nämlich nur von Vorteil, wenn man sich näher kennenlernt (was bei einer Hilfe-Hotline nicht möglich ist). Und - was ich auch für sehr wichtig/vorteilhaft finde - man es nicht zu sehr, zu dicht an sich herankommen lässt - wie es z.Bsp. bei dem Freund der Fall wäre.
    Auch ein gewisser Abstand ist wichtig. Früher war ICH so etwas wie dieser Freund und habe mir von meinen Freunden deren Sorgen und Nöte angehört. Und irgendwann war dann ICH so voll, dass ICH Erleichterung brauchte, suchte - und in der Flasche fand. Das ist zwar nur EIN Grund, warum ich mit dem Saufen anfing, aber ...

    Ich hoffe, ich habe mich jetzt nicht zu quer ausgedrückt und Du verstehst, was ich sagen möchte ...

    Gruß
    Greenfox

    Abend Greenfox, danke nochmal für deine Antwort. Ich gebe dir vollkommen recht, ein Sorgentelefon ist natürlich nur für den Notfall gedacht, wenn ich dringend reden wollte, hatte einfach in den letzten Jahren kaum noch jemanden zum reden, und selbst wenn, erwähnte ich selten meine Probleme, bin da immer schweigsam gewesen.
    An eine Selbsthilfegruppe habe ich auch schon gedacht, in der nächstgrößeren Stadt wäre eine, meines Wissens. Ich würde dies gerne mal ausprobieren, habe aber einbisschen Angst, vor vielen Leuten zu sprechen, deswegen wollte ich erst wieder eine Ambulante Therapie beginnen, hatte damit auch schon sehr gute Erfahrungen gemacht und würde mich an meine ehemalige Therapeutin wenden, die meine Geschichte kennt und der ich damals auch vieles anvertraut habe, möchte mich einfach dadurch selber wieder stärken, einbisschen das Selbstbewusstsein aufbauen.

    Den Freund, den ich erwähnte, war einer der Auslöser warum ich das mit der eigenen Wohnung ins Rollen gebracht habe, er hat ebenfalls einen Elternteil der von der Sucht betroffen ist, somit fiel es mir tausend mal leichter, darüber zu reden, als mit jemandem anders. Er sieht das alles weniger emotional und hat es geschafft, sich davon abzukapseln. Aber wie du sagtest, manchmal gehen Freundschaften auch an vielen Sorgen kaputt, deswegen möchte ich das lieber mit professioneller Hilfe aufarbeiten.

    Liebe Grüße


  • Ich würde dies gerne mal ausprobieren, habe aber einbisschen Angst, vor vielen Leuten zu sprechen, deswegen wollte ich erst wieder eine Ambulante Therapie beginnen ...
    Aber wie du sagtest, manchmal gehen Freundschaften auch an vielen Sorgen kaputt, deswegen möchte ich das lieber mit professioneller Hilfe aufarbeiten.

    Das mit der professionellen Hilfe ist super. Mit der Unterstützung durch Freunde (idealer Weise auch durch die Familie - geht hier ja leider nicht) - wäre perfekt.

    Um auf Deine Angst, vor vielen Leuten zu sprechen, einzugehen: Mach Dir bitte klar, dass Du da keinen Vortrag vor einem Riesen-Publikum halten musst. Vielmehr kannst Du da vor einem überschaubarem Kreis von Menschen (die SHG, die ich kenne, haben meist so um die 10 Leute), die das selbe wie Du durchgemacht haben, die Deine Probleme "kennen" erzählen und Dir Rat holen. Und oft kann man auch erst einmal nur dasitzen und zuhören (ist zumindest bei "meiner" SHG so), sich einfühlen, die anderen beschnuppern. Und wenn man dann "bereit" ist, kann man erzählen, was einen bedrückt ...
    Probier es einfach mal aus.

    LG
    Greenfox

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

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  • Hallo Blackeyed,

    wenn du nicht so gern in Gruppen sprechen magst, vielleicht wäre dann eine Suchtberatungsstelle ja auch was für dich? Da bekommt man Einzelgespräche (auch als Angehöriger), und ich habe die auch immer als sehr konstruktiv empfunden. Auch wenn du schon bald einen Therapieplatz hast, kann das ja noch mal eine zusätzliche Hilfe sein. Ich würde da im Zweifelsfal alles mitnehmen, was geht.
    Worauf du dich ja auch gedanklich schon vorbereitest, ist dass du massiv Gegenwind bekommst, wenn du ihr von dem Auszug erzählst. Vielleicht kannst du versuchen, da wirklich so wenig wie möglich in die Diskussion einzusteigen, einfach nur deine Entscheidung kundzutun und dann bei dem Standpunkt zu bleiben. Vielleicht kann auch jemand dabei sein, der dich unterstützt? Lass dich da nicht kleinmachen.

    Dass bei der eigenen Familie, und sei sie noch so zerrüttet, die Emotionen mit ins Spiel kommen, ist denke ich ganz normal und menschlich. Dass du trotzdem alles so klar siehst und deinen Weg gehst, finde ich super!

    Lieben Gruß
    Liv

  • Hallo BlackEyed,

    ich finde es toll, dass Du den Besuch einer SHG nicht von vorne herein ausschließt. Das Du da bisl Bammel vor hast ist ja ganz normal. Meine Erfahrungen sind genau die selben, die auch Greenfox Dir schon geschildert hat. Normalerweise musst Du da nicht reden, wenn Du nicht dazu bereit bist. Aber auch das Zuhören kann ja schon sehr viel helfen! Es ist auch nochmal was anderes wie jetzt hier im virtuellen Forum. Du hast die Menschen dann ja direkt vor Dir, Du siehst wie sie aussehen, kannst die Emontionen sehen, wahrnehmen.

    Meine Erfahrung ist die, dass man natürlich nicht automatisch jeden sympathisch findet, "nur" weil der ähnliches durchmacht wie man selbst. Aber in solchen Gruppen gibt es immer ein paar Leute, zu denen man eine engere Beziehung aufbauen kann, wenn man das will, weil man einfach merkt, dass man sie mag, dass sie ähnlich ticken wie man selbst. Auch mal ein Gespräch vor oder nach der eigentlichen Sitzung, mal über ganz andere Dinge reden. Mal miteinander lachen, mal Blödsinn machen.

    Ich will Dir nur die Angst nehmen. Schau's Dir doch einfach mal an. Sicher ist eine SHG nicht für jeden das Richtige, manche gehen andere Wege und das funktioniert auch. Aber wenn Du es nicht ausprobierst, dann weißt Du es ja nicht. ::)

    Ich habe damals alles ausprobiert, alles um mein Ziel zu erreichen. Einiges ist mir bis heute geblieben, anderes war zu der damaligen Zeit gut und ist jetzt nicht mehr notwendig und wieder anderes war von Anfang an nicht das Richtige. Aber das es so ist oder so war, weiß ich jetzt nur weil ich es probiert habe.

    LG
    gerchla

  • Hallo Black Eyed .
    Wie können uns fast die Hand geben .. Habe auch einen Mutter die seit dem ich denken kann trinkt. Aber ich muss sagen es hat mich nicht so schlimm wie dich getroffen meine Mutter trinkt 1-2 mal die Woche . Man kann fast sagen Freitags geht es nicht ohne Alkohol bei ihr. Doch mein Vater lebt noch mit ihr zusammen ich bin selbst vor 3 Jahren ausgezogen bei meinen Eltern . Ach ja zur Info bin auch 22 Jahre alt . Habe wirklich schon alles versucht um meiner Mutter zu helfen aber außer das sie einmal die Woche zur Psychologin ging hab ich nichts hin bekommen . Es hatte ihr zwar geholfen aber nicht lange . Meines Erachtens auch viel zu wenig Betreuung für sie . Als ich klein war 7 Jahre war eine ganz schlimme Zeit wo auch sie jeden zweiten Tag trank da hatte mein Vater ihr gedroht sie zu verlassen da ging sie zur Psychiatrie für 2 Monate ich muss da sagen es war bis heute meine schönste Zeit meines Lebens . Da machte meine Mutter auch mal was mit uns . Denn sonst war sie immer antriebslos und es hieß ich habe keine Lust oder ich kann zB nicht schwimmen oder so . Ich muss sagen meine Mutter hat nie viel mit uns unternommen ich bin froh das ich meinen Vater hatte der mit uns schwimmen gegangen ist oder ins Kino damit man etwas Kindheit hatte . Denn du hattest ja nicht wirklich nicht viel Kindheit was mir unheimlich leid tut für dich weil ich weiß wie es sich anfühlt das man denkt man sei für die Mutter verantwortlich . Jetzt wo ich meinen eigenen Haushalt habe krieg ich zwar nicht mehr alles mit und meide den Freitag dort hin zu gehen aber ich lebe ständig in Angst das mein Vater erkrankt durch den ganzen Stress mit ihr oder er abhaut . Was manchmal einen echt zerreißt . Weil er ist die einzige Person an die man sich lehnen kann wenn man Probleme hat . Meine Brüder haben null Verständnis. Für sie ist unsere Mutter unheilbar krank und wird irgendwann dran sterben weil sie es drauf anlegt . Mit ihnen kann man nicht reden . Und ich kann dir nur wünschen das du Freunde hast wo du deinen Kummer los werden kannst manchmal . Aber nichts desto trotzdem zieh aus bleib konsequent finde dich selbst und gehe nur dann zu deiner Mutter wenn du es wirklich willst ohne danach wieder fertig zu sein mit der Welt. :) ;)

  • @Lynn931106:

    Herzlich Willkommen hier im Forum! Schön, dass Du hergefunden hast.
    Ich weiss ja nicht, ob Du - bevor Du Dich angemeldet hast - hier schon mal ein wenig geschnökert hast. Denn zu

    Habe wirklich schon alles versucht um meiner Mutter zu helfen aber außer das sie einmal die Woche zur Psychologin ging hab ich nichts hin bekommen .

    wirst Du hier auch viel lesen können - und alles nur mit einem Fazit:

    Solange der/die Betroffene nicht selber etwas ändern will, geht gar nichts. Da kann man sich auf den Kopf stellen, La Paloma pfeifen und mit dem Hintern Fliegen fangen - es wird nicht funktionieren!
    Auf jeden Fall wünsche ich Dir und uns einen guten Austausch!

    @BlackEyed
    Auch wenn Du schon "ewig" nicht mehr hier warst: Hat mit dem Aus-/Umzug alles geklappt?

    Gruß
    Greenfox

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    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

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