Erstmal Hallo an alle, bin jetzt seit paar Minuten ein Mietglied hier im Forum, stelle mich erstmal vor
Ich bin 22 und Angehörige... ich lebe (noch) mit meiner alkoholkranken Mutter zusammen. Warum ich jetzt hier schreibe ist, weil ich selber nicht mehr wirklich weiterkomme. Nach tausenden Anrufen beim Sorgentelefon, Besuchen bei Psychologen, fasse ich all meinen Mut zusammen und schreibe hier meine Geschichte auf.
Wie ich schon schrieb, lebe ich mit meiner Mutter zusammen, noch in einer gemeinsamen Wohnung. Seit ich mich erinnern kann, gab es nur uns 2. Meinen Vater habe ich ewig nicht gesehen, er lebt im Ausland, selber Alkoholiker, seit Jahren habe ich keinen Kontakt zu ihm.
Nun zu meiner Mutter...
Sie trinkt schon sehr lange, ich würde sagen, solange ich denken kann. Ich weiss noch als kleines Kind waren ständig Leute bei uns am Trinken und Feiern, ihre "Freunde", ich sass immer mit an den Tischen, konnte entweder nicht schlafen, weil es zu laut war oder weil mich keiner ins Bett brauchte. Als der ganze Besuch weg war, ich meine Mutter, die mit dem Gesicht auf der Klobrille lag, immer Wecken musste, weil ich mir Sorgen machte. Ständig hatte sie auch neue Partner angeschleppt, meistens welche mit eigenen massiven Problemen.
Eines Abends wurde ich durch einen lauten Knall aus dem Bett geholt, meine Mutter stritt sich im angetrunkenen Zustand mit einem ihrer Exfreunde und schmiss ihm eine Tasse an den Kopf, die ganze Wand war ein Gemisch aus Blut & Kaffeeflecken und der Ex, obwohl am bluten, hörte nicht auf, sie anzuschreien. Beide merken nicht, dass ich inzwischen daneben stand und mir das Spektakel minutenlang angesehen habe.
Jahrelang ging das so ähnlich weiter, sie trank jeden täglich direkt nach der Arbeit. Ich fing schon früh an den Haushalt zu schmeissen, putzen, Wäsche waschen, Essen zubereiten (meistens Mikrowellenkram), weil sie das immer vernachlässigte. Immer wenn ich Freundinnen einladen wollte, hatte ich vorher einen 2-tägigen Putzmarathon gestartet, während meine Mutter mit einem Glas in der Hand vor dem Fernseher sass. Ich hatte das Gefühl, dass ihr Verhalten von Jahr zu Jahr schlimmer wurde, mir gegenüber wurde sie öfters gewalttätig, Beleidigungen ohne Grund, fiese Bemerkungen z.b. 'du wirst immer fetter', 'Schweini, Schweini, Schweini' und andere Sachen die sie mir beim vorbeilaufen hinterher rief. Mehrmals sprach ich sie darauf an, warum sie sowas sagte, ihr Antworten waren, dass sie Angst hatte, dass ich dick werde oder dass sie sich nicht mehr erinnern kann.
Mit 16 begann ich zu rebellieren, buchste oft aus, war selten zu Hause weil es einfach unerträglich war. Keiner hat auch wirklich geholfen, meine Mutter hatte ausser ihre Exen, keine Freundinnen oder Bekannte. Ich weiss noch, einmal sprach mich meine Klassenlehrerin an, was den mit mir los ist, wieso ich öfters fehle, blass aussehen würde. Ich erzählte ihr, dass zu Hause oft keine Lebensmittel sind, ich selber kaum Geld bekomme und allgemein einfach Probleme habe. Sie wandte sich sofort an meine Mutter, redete natürlich mit ihr, danach gab es zu Hause wirklich einen Knall, wieder mit verbalen und körperlichen Ausschreitungen, sodass ich damals beschlossen habe, lieber zu Schweigen als weiter Hilfe zu suchen.
Ging die Jahre so weiter, ich wurde immer unglücklicher, nach der Schulzeit war ich selber so angeschlagen, dass ich für mehrere Monate stationär eine Therapie machte, die im Endeffekt nichts half, da ich ja trotzdem wieder nach Hause kehrte. Ich begann einfach still und leise alles auszuhalten, bis heute. Kurzzeitig wohnte ich mit meinem damaligen Lebensgefährten zusammen, ich muss echt sagen, das war die glücklichste Zeit meines Lebens, endlich weg von der Mutter, aber leider trennten wir uns und ich zog wieder zu Hause ein.
Dazu kommt noch dass der letzte Lebensgefährte meiner Mutter letztes Jahr verstorben ist, das hat wirklich alles nur noch verschlimmert. Sie hatte ja vorher nicht wirklich was gemacht, sei es im Haushalt, in ihrem Sozialleben, aber jetzt trinkt sie noch mehr, lässt alles noch mehr Verwahrlosen und sich selbst.
Ich war die letzten Monate wirklich kurz vor dem Ende, hatte Suizidgedanken. Es war wirklich unerträglich, all die Eskapaden, Streitereien, des Haushalt, ich war überfordert, sie will sich auch nicht helfen lassen, das ist das Problem, sie hält diese ganze Situation für in Ordnung. Habe ihr so oft versucht zu helfen, vorallem nach dem Tod ihres Lebensgefährten und jetzt begreife ich selber, dass ich die letzten Jahre mich selber vergessen habe, ich habe mich dauernd um sie gekümmert, dafür gesorgt, dass keinem auffällt was bei uns zu Hause passiert, dass trotz ihrer Trinkerei sie sich wenigstens noch gut ernährt und mir nicht vom Fleisch fällt, sie Behördengänge macht, die Wohnung sauber bleibt. Und jetzt sehe ich, dass ich wirklich kein eigenes Leben mehr habe.
Mitte März werde ich hier ausziehen, ich habe das schon einige Monate geplant, organisiert und ich freue mich irgendwie endlich aus diesem 'Loch' rauszukommen, aber ich habe auch tierische Angst, grosse Sorgen, wie sie dass alleine schafft und wie ich ihr beibringen soll, dass ich nicht mehr mit ihr Leben werde. Deswegen schreibe ich im Forum, auch wenn es mir sehr schwer fällt, obwohl es ja eigentlich Anonym ist und hier viele Leute sind, die ebenfalls das gleiche erlebt haben, Betroffen sind oder eben Angehöriger.
Sorry im Vorraus für Rechtschreibfehler
LG