so wie es ist

  • Hallo,
    ich bin Simone 42 Jahre alt habe, 2 Mädchen 8 und 10. Seit 2009 erhalte ich eine Erwerbsunfähigkeits-Rente, ich habe schwere Depressionen und schon 8 Jahre Therapie hinter mir, es ging mir besser.... Seit Februar bin ich mit einem Alkoholiker zusammen, im Juni zog er bei uns ein. Von seiner Sucht wusste ich nichts, er ist starker Raucher und verwendet wie wohl viele ständig Eukalyptus-Bonbons etc. um seine Fahne zu verbergen. (angeblich die vom rauchen) Er ist sehr negativ und stark aggressiv, kommt im Beruf kaum mit einem Kollegen klar und die Kinder sind nie so wie er es möchte, ich natürlich auch nicht. Ich habe schon viel Ärger und Kummer gehabt er hat viele Schulden und durch sein Gewaltpotential auch schon einige Strafen....
    Am Wochenende habe ich mich endgültig von ihm getrennt (es war ein ständiges off-on, ich weiß nicht ob das jemand kennt) weil es gar nicht mehr geht. Die Kinder haben ihn jetzt auch schon im Vollrausch erlebt und ich möchte das nicht. Wir haben schon genug durch. Er sieht zwar das er Alkoholiker ist, aber "Er kann doch nicht in die Klinik gehen, dann verliert er ja seine Arbeit" leider kann ich aus Angst nicht so reagieren wie ich möchte, er ist halt sehr stark... Bei seiner Arbeit wird ihn wohl leider keiner vermissen, er hat eh mit fast allen Streit und pöbelt nur rum (soll seines erachtens normal sein, auf dem Bau) naja er macht aber seine Arbeit gut daher wird er nicht gefeuert. Ich habe hier einen sehr guten Bericht über Alkohol im Arbeitsleben gelesen, daher verstehe ich warum er nicht bzw. noch nicht gekündigt ist....
    Ich hoffe nun das er bald hier auszieht, ich kann ihm eh nicht helfen. Ich habe heute bei der Caritas einen Termin und möchte mich noch beraten lassen, was er für Möglichkeiten hat wenn er aus seiner Sucht raus kommen möchte, obwohl ich weiß das er es nicht will - vielleicht bin ich dann beruhigter...
    Simone

  • Hallo, Simone, und HERZLICH WILLKOMMEN hier im Forum!
    Als ich Deine Vorstellung las, habe ich leichte Beklemmungen bekommen. Aber zum Glück kam dann diese Stelle:

    Am Wochenende habe ich mich endgültig von ihm getrennt (es war ein ständiges off-on, ich weiß nicht ob das jemand kennt) weil es gar nicht mehr geht.

    Oh ja - ich kenne das zur Genüge. Nur leider beruflich C:-) Diese Mischung "Alkoholiker + Depressive" ist wie Nitroglyzerin. Allerdings ist der/die Leidtragende der depressive Part.

    Ich hoffe nun das er bald hier auszieht, ich kann ihm eh nicht helfen.

    Von daher kann ich Dir nur dringendst raten, ihn rauszuschmeissen - sofort. Und nicht wieder reinzulassen!
    Ich glaube, Du hast selbst genug Probleme mit Deinen Depressionen und Deinen Kindern (womit ich Deine Kinder nicht als Problem bezeichnen will - aber sie machen nun mal welche ...).
    Also bürde Dir nicht auch noch seine Probleme auf, von wegen


    möchte mich noch beraten lassen, was er für Möglichkeiten hat wenn er aus seiner Sucht raus kommen möchte, obwohl ich weiß das er es nicht will - vielleicht bin ich dann beruhigter...

    Sorry, wenn ich vielleicht ein wenig direkt bin - aber ich habe solche "Beziehungen" in meiner beruflichen Zeit zur Genüge gesehen ...

    Ich wünsche Dir viel Erfolg und uns hier einen guten Austausch!

    Gruß
    Greenfox

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Hallo Greenfox,
    danke für Deine Worte, dass die sehr direkt und nicht gerade beschönigend sind ist okay - ich habe ja hier schon oft von Dir gelesen ;) Dieses Thema ist ja auch keineswegs schön. Warum der Alkohol überall so verharmlost wird, ist mir auch erst jetzt wo ich so dramatisch damit konfrontiert bin, so richtig bewusst. Ich verstehe warum es so schwierig ist davon loszukommen, er ist überall präsent und total normal.

    Zitate ausschneiden kann ich leider noch nicht, aber ich möchte noch auf Deine Aussage mit dem Nitroglyzerin (= Beziehung zwischen Alkoholiker/in mit psychisch Kranker/en) etwas sagen.
    Er selbst ist sehr auch depressiv (hat u. a. traumatische Ereignisse aus dem Kosovo-Krieg als Soldat).
    Das macht wahrscheinlich die starke Bindung aus (eine ähnliche Kindheit und traumatische Erlebnisse) wir haben sehr viele leider negative parallelen. Also haben wir nicht die Beziehung Alkoholiker und Depressive sondern noch schlimmer depressiver Alkoholiker und Depressive. Also mehr als die volle Ladung, ich möchte dass jetzt mal für mich und nur für mich mit Humor nehmen.

    Mein Termin bei der Caritas (Suchtberatung) war sehr angenehm und hilfreich, ich kann es nur jedem ans Herz legen sich als Betroffener oder Angehöriger dort hin zu wenden. Es gibt viele Möglichkeiten und Wege sich helfen zu lassen und es ist Balsam für die Seele.... Man ist nicht allein, hat ein Gegenüber das sich ganz auf das eigene Problem konzentriert und das tut richtig gut es gibt neuen Mut und Kraft.

    Danke nochmal!
    Simone

  • Hallo Simone,

    willkommen im Forum!

    Ich kann mich nur Greenfox anschliessen: wirf ihn hinaus, und lass dich ja nicht erweichen, wenn er dann zu jammern, drohen, einzuschüchtern ... beginnt. Der Typ hat eh schon genug Ärger gemacht, und ein Wille zur Veränderung ist ohnehin nicht erkennbar. Also eindeutig, noch dazu Vorstrafen, gewalttätige Veranlagung, ... der ist zu gar nichts gut! Soll er doch alleine klarkommen, dieser Tr..tel, hätt ich fast geschrieben.

    Sorry auch von meiner Seite heftig, aber wenns eh schon nicht richtig einfach aussieht, und dann noch jmd. kommt, der dauernd Unruhe in das Leben von anderen bringt, bin ich für die radikale Entsorgung.

    Franz

  • Hallo Franz,
    ist es wirklich so, kann "Resozialisierung" in manchen Fällen nicht erfolgen? Müssen sich manche einfach tot saufen?
    Ich weiss nicht wie weit man sich ohne Alkohol und mit Therapie ändern kann, wieviel "Gutes" wieder zum Vorschein kommen kann.

    Über positive Wandlungen habe ich hier vieles gelesen. Ein guter Mensch zu sein ist wohl auch hilfreich.... Aber reicht ein guter Kern?
    Danke Dir!
    Simone


  • Hallo Franz,
    ist es wirklich so, kann "Resozialisierung" in manchen Fällen nicht erfolgen? Müssen sich manche einfach tot saufen?
    Ich weiss nicht wie weit man sich ohne Alkohol und mit Therapie ändern kann, wieviel "Gutes" wieder zum Vorschein kommen kann.

    Über positive Wandlungen habe ich hier vieles gelesen. Ein guter Mensch zu sein ist wohl auch hilfreich.... Aber reicht ein guter Kern?
    Danke Dir!
    Simone

    Hallo Simone, deine Fragen kann ich leider nicht beantworten, sind mir zu schwierig bzw. kann ich da nicht mit Erfahrung aufwarten. Ob der gleiche Mensch ohne Alkohol gut oder besser ist, oder ob Alkohol den Charakter nur (meist negativ) verstärkt? Wird durch das Weglassen von Alk der Mensch automatisch besser? Vom Gefühl her würde (ich) meinen, nein, warum auch, Alkohol verstärkt, löst aus, aber die Persönlichkeit war schon vorher vorhanden. Wenn ich mich so umsehe, dann sind die meisten (die trinken), auch angeheitert immer noch brauchbar angenehm und höflich, nur eine Minderzahl wird lästig oder gar aggressiv. Es kann auch sien, dass bei Alkoholeinwirkung die im Nüchternen verdrängten Aggressionen durchkommen, und wenn die enthemmende Wirkung von Alk auch noch da ist, doppelt nachteilig das ganze dann.

    Vielleicht kann das wer andere/r hier im Forum. Ich bin da immer recht skeptisch was "Resozialisierung" betrifft. Aber es ist ja schon gut, dass Du bei der Cartias warst, und dich dort recht gut aufgenommen und verstanden fühlst. Dort kannst du sicher auch diese Themen ansprechen (oder auch einmal bei einer Selbsthilfegruppe für Alkohol (SHG) vorbeischauen, dort ist eh alles anonym.

  • Hi Simone,

    Zitat

    Ich weiss nicht wie weit man sich ohne Alkohol und mit Therapie ändern kann, wieviel "Gutes" wieder zum Vorschein kommen kann.


    Alle Richtungen sind möglich, aber auch deinen Kindern zuliebe empfehle ich dir, das aus einiger Entfernung zu beobachten. Du selbst wirst kaum Einfluss haben.
    LG Gerd

  • Seine Erlebnisse im Kosovo können durchaus auch der/ein Auslöser für die Alkoholsucht gewesen sein. Bei mir war es zwar nicht gerade Krieg, aber auch nicht gerade sehr schöne Ereignisse, die zu einer kräftigen PTBS geführt haben und die mit eine Rolle für meine "Flucht" in den Alkohol gespielt haben.

    Nur: Etwas gegen seine Depressionen und seine Alkoholabhängigkeit kann/muss nur ER etwas unternehmen - nicht Du!

    Natürlich ist es möglich, dass er wieder der "Alte" wird bzw. so ähnlich. Aber das funktioniert nicht von alleine!! Dafür muss ER etwas unternehmen.

    DU bist gar nicht in der Lage, ihn zu "ändern". Zum Einen kann solche ein Kurswechsel nur von innen kommen und zum Anderen hast Du viel zu viel eigene Probleme - du musst an Dich selbst und Deine Kinder denken ...

    Du kannst ihm nur helfen, indem Du für ihn aus der Distanz (Selbstschutz!!) da bist, wenn er an sich arbeitet, wenn er externe Hilfe annimmt.
    Aber nicht, indem Du ihn aufnimmst und Dich niedermachen lässt, ihm hilfst, seine Sauf--Eskapaden zu vertuschen (Co-Abhängigkeit).

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    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

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    können wir nur selber tun!

  • Hallo Franz, Gerd und Greenfox,
    ich danke Euch für Eure Antworten und Eure Sicht der Dinge.
    Jetzt habe ich neue Denkanstöße :)
    Es grüßt Simone

  • Halli Simone, gern geschehen.

    Mich reibt so etwas auch immer mit auf, wenn ich solche Geschichten lese. Melde dich
    doch immer wieder einmal hier. Es freut mich, dass Du dich bei einer Organisation (hier die
    Caritas) schon einmal gut verstanden fühlst. Wär noch super, wenns da noch wirkliche Hilfe
    gibt oder dir so etwas vermitteln können.

    Franz

  • Hallo,
    ich schreibe hier einmal wie es mir so ergangen ist.
    Mit den Kindern werde ich im nächsten Jahr umziehen.
    Mein Ex- Partner zieht am Wochenende aus.
    Er hat mir noch ein Abschiedsgeschenk gemacht, ich bekam Post: Er wurde mit meinem Auto ohne Fahrerlaubnis (das weiß ich erst seit kurzem) geblitzt. Da bekomme ich ein weiteres Mal wegen ihm mit der Polizei Ärger. Dummheit muss bestraft werden.
    Die letzten 4 Wochenenden hat er mit umherreisen und saufen verbracht. Entzug kann er ja erst im Winter machen, sonst ist er seine Arbeit los. Dass wird er aber sicher wie alles vor sich her schieben.

    Eins muss ich auch noch schreiben, weil es mich total aufgeregt hat: Er ist bei fast allen Frauen beliebt, ich weiß nicht ob das auch ein Teil des Krankheitsbildes ist? Jede meiner Bekannten flirtet angeblich mit ihm und alle Verkäuferinnen wollen seine Telefonnummer.
    Das fand ich schon immer ätzend, diese Überheblichkeit - total fern von der Realität. Sowas der Partnerin aufs Brot zu schmieren.
    Jetzt werde ich mich auf andere Dinge konzentrieren, Luft holen und hoffen das meine Gesundheit stabil bleibt.
    Ich bin froh hier her gefunden zu haben!
    Simone

  • Mein Ex- Partner zieht am Wochenende aus.

    Ich gehe mal davon aus, dass er das nicht unbedingt freiwillig macht ;) von daher 44.

    Und dass Du mit Deinen Kindern (trotzdem) auch in naher Zukunft umziehen willst, zeigt mir, dass Du neu durchstarten willst.

    Und dafür :blumen: :heartBalloon: drücke ich alle Daumen.

    LG
    Greenfox

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