Mutter mit Alkoholproblem

  • Hallo liebes Forum,

    ich bin mir gerade nicht sicher, wo ich beginnen soll. Am einfachsten ist es sehr wahrscheinlich, bei meiner Kindheit
    anzufangen.

    Kindheit: Geboren wurde ich vor 23 Jahren. An die ersten 6 Jahre meines Lebens kann ich mich kaum erinnern. Einzelne Erinnerungen kreisen um Weihnachtsfeste und Situationen, bei welchen ich mich vor meiner Mutter verstecke. Bei Kleinigkeiten ist sie damals teilweise ausgerastet und es gab Schläge. Ich kann mich nicht mehr perfekt erinnern, aber ich habe wohl die Wörter "ihm" und "ihr" öfter verwechselt, meine Mutter, hat es mir mit körperlicher Züchtigung eingeprägt. Ich bin mir nicht sicher, ob sie zu dieser Zeit schon getrunken hat. An eine andere Szene erinnere ich mich auch sehr gut, meine Mutter hat Rotkohl gekocht und ich mochte es nicht. Meine Mutter hat nicht lange gewartet und mich in den alten Stall gesperrt mit den Worten, dass wenn ich ihr Essen nicht schätze, dann eben mit den Ratten essen könne. Das gab mir immerhin die Möglichkeit das Essen zu vergraben, da ich mich ansonsten wohl übergeben hätte.

    Schulzeit: Auch hier stand Leistung für meine Mutter im Vordergrund. Wenn ich in einer Klassenarbeit eine Zwei geschrieben habe, kam die Frage, was ich denn falsch gemacht hätte, sodass ich kein eins geschrieben habe. Mit diesem gehörigen Leistungsdruck im Rücken war ich dann immerhin bis zur 5. Klasse Klassenbester. Die Schule sah ich sozusagen als Rückzugsraum vor meiner Mutter an. Als ich in der 4. Klasse meine erste vier geschrieben habe, weinte ich und meinte zu meinen Klassenkameraden, dass es Prügel von meiner Mutter gibt. Dies stieß bei meinen Mitschülern berechtigterweise auf Unverständnis und mit meinen damaligen 10 Jahren habe ich die Situation zum ersten Mal hinterfragt und sie nicht als selbstverständlich hingenommen. Es war mir vorher überhaupt nicht bewusst, dass es in anderen Familien anders sein könnte.

    Mit 14 oder 15 war ich körperlich soweit entwickelt, dass ich meiner Mutter Widerstand leisten konnte. Zwei mal habe ich mich gewehrt und sie musste wohl einsehen, dass die Zeit der Prügel unweigerlich vorbei war. Auch habe ich immer wieder versucht meinen vier Jahre jüngeren Bruder zu schützen. Was mir wichtig ist zu betonen, dass meine Mutter nicht permanent aggressiv war. Ganz im Gegenteil. Ich kann mich durchaus an viele schöne Momente mit ihr erinnern. Heute vermute ich, dass meine Mutter wohl an einer leichten bis mittleren Form einer bipolaren Störung leidet, aber wie gesagt, dass ist nur meine Vermutung.


    Auf das Alkoholproblem meiner Mutter aufmerksam geworden bin ich irgendwann zwischen 16 und 20. Ich weiß, dass dies ein großer Zeitraum ist. Ich verstehe dies als eine Art Prozess, da ich mir soetwas niemals hätte vorstellen können. Meine Mutter ein Alkoholproblem? Soetwas erschien mir immer sehr sehr weit weg. Gerade da sie in all den Jahren bis heute einer geregelten Arbeit nachgeht. Die eigentliche Erkenntis war dann erreicht, als ich von meinem kleinen Bruder auf die leeren Sektflaschen im Schlafzimmerschrank hingewiesen wurde. Seitdem ist mir einiges klar geworden. Meine Mutter reagiert sehr sehr stark auf Alkohol. Es reicht ein einziges Glas Sekt bei ihr aus, sodass sich ihr gesamter Charakter verändert. beispielsweise sollte ich eines abends den von ihr zubereiteten Salat probieren, wonach sie mir danach ihre Blutverletzung an der Hand zeigte mit der Bemerkung, dass sie im Salat Blut verloren hätte und wir nun unweigerlich verbunden wären. Dies ist wohl an Perversität kaum zu überbieten.

    Warum schreibe ich nun diesen Text? 2011 habe ich mein Abi gemacht und habe freiwilligen Wehrdienst geleistet. Hauptsache weg von zu Hause, weg von Mama war meine Devise. Danach habe ich mich für ein Studium entschieden, welches ich mich durchschnittlichen Ergebnissen derzeit bestreite. Ab September gehe ich für ein Auslandssemester in die Türkei, habe vor zwei Monaten mein anderes Zimmer untervermietet und bin für diese Zwischenphase eben wieder zu Hause eingezogen. Die ERnüchterung ist groß, da meine Mutter anscheinend mehr trinkt als vorher. sie gehört dabei wohl zu den TRinkern, die nicht dauerbreit sind. Sie hat glaube ich sogar einige Tage an denen sie komplett nüchtern ist. Jedoch ist es freitags, samstags und sonntags sehr sehr schlimm. Ich habe in der letzten Zeit viel geweint, weil ich für meine Mutter trotz ihres Fehlverhaltens Mitleid empfinde.

    Mein Vater ist in meinen Augen ein Schwächling. Er hat es nicht geschaft, mich und meinen Bruder vor unserer Mutter zu schützen. Stattdessen ist er meistens nicht da. Ein Alkoholproblem hat er nicht.

    Ich werde die nächsten Tage noch mehr schreiben, ich bitte darum, meinen etwas wirren Text zu entschuldigen, es waren einfach erstmal die Gedanken, welche mir eingefallen sind.

  • Hi TB

    erst einmal :welcome:

    Keine schöne Situation. Vielleicht erzählst du einfach von dir und liest hier schon einmal. Auf jeden Fall sind hier Menschen, die lesen bzw. dir "zuhören".

    Auf einen guten Austausch.

    LG Betty

    Auf dem Weg zu mir lerne ich mich immer besser kennen. <br />Ich habe Freundschaft mit mir geschlossen und freue mich, dass ich mir begegnet bin.<br /><br />Ich bin lieber ein Original als eine herzlose Kopie.

  • Auch von mir ein "Herzliches Willkommen" und ein "Hut ab", dass Du Dich so weit geöffnet hast!

    Hier findest Du Menschen, die Dir zuhören und die auch ihre Erfahrungen mit dem Alkohol gemacht haben - entweder als selbst Betroffene (so wie ich) oder als Angehörige.

    Mein Vater ist in meinen Augen ein Schwächling. Er hat es nicht geschaft, mich und meinen Bruder vor unserer Mutter zu schützen. Stattdessen ist er meistens nicht da. Ein Alkoholproblem hat er nicht.

    Hast Du mal mit ihm über das Thema gesprochen? Vielleicht hat er auch einfach nur irgendwann aufgegeben, resigniert?

    Egal, lies Dich hier durch, "kotz" Dich aus - und guck auch mal in unsere Linksammlung. Da gibt es auch noch Tipps und Hinweise auf andere gute, informative Seiten wie diese hier.

    Ich wünsche Dir und uns einen guten Austausch!

    Gruß
    Greenfox

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    können wir nur selber tun!

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